&&am &&lg=0 &&lh=0 &&c=9 . &&c=0 &&SGLogo &&___A4A5A6_Z0___halb16zu9_Z16___T3A7_Z-1___SVGHTML_Z0 &&fa &&g="[Titelseite]" {{Kinder- und Hausmärchen}} &&fe gesammelt durch &&sw0 die Brüder Grimm (Jacob und Wilhelm) &&x &&ns &&ll=0 &&lg=x &&g="[Verlagseite]" Zweiter Band Große Ausgabe Siebente Auflage Göttingen Verlag der Dieterichschen Buchhandlung 1857 &&g="(Inhaltsverzeichnis)" {{Inhalt}} &&gv &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g0="Märchen" Märchen &&g1="87._Der_Arme_und_der_Reiche" 87. Der Arme und der Reiche. &&sw02 &&ax &&lg=x &&fe Vor[[Präpos]] alten Zeiten, als der liebe Gott noch selber auf Erden unter den Menschen wandelte, trug es sich zu, daß er eines Abends müde war und ihn die Nacht überfiel, bevor er zu einer Herberge kommen konnte. Nun standen auf dem Weg vor ihm zwei Häuser einander gegenüber, das eine groß und schön, das andere klein und ärmlich anzusehen, und gehörte das große einem Reichen, das kleine einem armen Manne. Da dachte unser Herr Gott »dem Reichen werde ich nicht beschwerlich fallen: bei ihm will ich übernachten.« Der Reiche, als er an seine Türe klopfen hörte, machte das Fenster auf und fragte den Fremdling was er suche? Der Herr antwortete »ich bitte um ein Nachtlager.« Der Reiche guckte den Wandersmann von Haupt bis zu den Füßen an, und weil der liebe Gott schlichte Kleider trug und nicht aussah wie einer, der viel Geld in der Tasche hat, schüttelte er mit dem Kopf und sprach »ich kann euch nicht aufnehmen, meine[[Besitz]] Kammern liegen voll Kräuter und Samen, und sollte ich einen jeden beherbergen, der an meine[[Besitz]] Türe klopft, so könnte ich selber den Bettelstab in die Hand nehmen. Sucht euch anderswo ein Auskommen.« Schlug damit sein Fenster zu und ließ den lieben Gott stehen. Also kehrte ihm der liebe Gott den Rücken und ging hinüber zu dem kleinen Haus. Kaum hatte er angeklopft, so klinkte der Arme schon sein Türchen auf und bat den Wandersmann einzutreten. »Bleibt die Nacht über bei mir,« sagte er »es ist schon finster, und heute könnt ihr doch nicht weiter kommen.« Das gefiel dem lieben Gott und er trat zu ihm ein. Die Frau des Armen reichte ihm die Hand, hieß ihn willkommen und sagte er möchte sichs bequem machen und vorlieb nehmen, sie hätten nicht viel, aber was es wäre, gäben sie von Herzen gerne. Dann setzte sie Kartoffeln ans Feuer, und derweil sie kochten, melkte sie ihre Ziege, damit sie ein wenig Milch dazu hätten. Und als der Tisch gedeckt war, setzte sich der liebe Gott nieder und aß mit ihnen, und schmeckte ihm die schlechte Kost gut, denn es waren vergnügte Gesichter dabei. Nachdem sie gegessen hatten, und Schlafenszeit war, rief die Frau heimlich ihren Mann und sprach »hör, lieber Mann, wir wollen uns heute Nacht eine Streu machen, damit der arme Wanderer sich in unser Bett legen und ausruhen kann: er ist den ganzen Tag über gegangen, da wird einer müde.« »Von Herzen gern,« antwortete er, »ich wills ihm anbieten,« ging zu dem lieben Gott und bat ihn, wenns ihm recht wäre, möcht er sich in ihr Bett legen und seine Glieder ordentlich ausruhen. Der liebe Gott wollte den beiden Alten ihr Lager nicht nehmen, aber sie ließen nicht ab, bis er es endlich tat und sich in ihr Bett legte: sich selbst aber machten sie eine Streu auf die Erde. Am andern Morgen standen sie vor Tag schon auf und kochten dem Gast ein Frühstück, so gut sie es hatten. Als nun die Sonne durchs Fensterlein schien und der liebe Gott aufgestanden war, aß er wieder mit ihnen und wollte dann seines Weges ziehen. Als er in der Türe stand, kehrte er sich um und sprach »weil ihr so mitleidig und fromm seid, so wünscht euch dreierlei, das will ich euch erfüllen.« Da sagte der Arme »was soll ich mir sonst wünschen als die ewige Seligkeit, und daß wir zwei, so lang wir leben, gesund dabei bleiben und unser notdürftiges tägliches Brot haben; fürs dritte weiß ich mir nichts zu wünschen.« Der liebe Gott sprach »willst du dir nicht ein neues Haus für das alte wünschen?« »O ja,« sagte der Mann, »wenn ich das auch noch erhalten kann, so wär mirs wohl lieb.« Da erfüllte der Herr ihre Wünsche, verwandelte ihr altes Haus in ein neues, gab ihnen nochmals seinen Segen und zog weiter. Es war schon voller Tag, als der Reiche aufstand. Er legte sich ins Fenster und sah gegenüber ein neues, reinliches Haus mit roten Ziegeln, wo sonst eine alte Hütte gestanden hatte. Da machte er große Augen, rief seine Frau herbei und sprach »sag mir, was ist geschehen? Gestern Abend stand noch die alte elende Hütte, und heute steht da ein schönes neues Haus. Lauf hinüber und höre wie das gekommen ist.« Die Frau ging und fragte den Armen aus: er erzählte ihr »gestern Abend kam ein Wanderer, der suchte Nachtherberge, und heute Morgen beim Abschied hat er uns drei Wünsche gewährt, die ewige Seligkeit, Gesundheit in diesem Leben und das notdürftige tägliche Brot dazu und zuletzt noch statt unserer alten Hütte ein schönes neues Haus.« Die Frau des Reichen lief eilig zurück und erzählte ihrem Manne wie alles gekommen war. Der Mann sprach »ich möchte mich zerreißen und zerschlagen: hätt ich das nur gewußt! der Fremde ist zuvor hier gewesen und hat bei uns übernachten wollen, ich habe ihn aber abgewiesen.« »Eil dich,« sprach die Frau, »und setze dich auf dein Pferd, so kannst du den Mann noch einholen, und dann mußt du dir auch drei Wünsche gewähren lassen.« Der Reiche befolgte den guten Rat, jagte mit seinem Pferd davon und holte den lieben Gott noch ein. Er redete fein und lieblich und bat er möchts nicht übel nehmen, daß er nicht gleich wäre eingelassen worden, er hätte den Schlüssel zur Haustüre gesucht, derweil wäre er weggegangen: wenn er des Weges zurück käme, müßte er bei ihm einkehren. »Ja,« sprach der liebe Gott, »wenn ich einmal zurückkomme, will ich es tun.« Da fragte der Reiche ob er nicht auch drei Wünsche tun dürfte, wie sein Nachbar? Ja, sagte der liebe Gott, das dürfte er wohl, es wäre aber nicht gut für ihn, und er sollte sich lieber nichts wünschen. Der Reiche meinte er wollte sich schon etwas aussuchen, das zu seinem Glück gereiche, wenn er nur wüßte, daß es erfüllt würde. Sprach der liebe Gott »reit heim, und drei Wünsche, die du tust, die sollen in Erfüllung gehen.« Nun hatte der Reiche was er verlangte, ritt heimwärts und fing an nachzusinnen was er sich wünschen sollte. Wie er sich so bedachte und die Zügel fallen ließ, fing das Pferd an zu springen, so daß er immerfort in seinen Gedanken gestört wurde und sie gar nicht zusammen bringen konnte. Er klopfte ihm an den Hals und sagte »sei ruhig, Liese,« aber das Pferd machte aufs neue Männerchen. Da ward er zuletzt ärgerlich und rief ganz ungeduldig »so wollt ich, daß du den Hals zerbrächst!« Wie er das Wort ausgesprochen hatte, plump, fiel er auf die Erde, und lag das Pferd tot und regte sich nicht mehr; damit war der erste Wunsch erfüllt. Weil er aber von Natur geizig war, wollte er das Sattelzeug nicht im Stich lassen, schnitts ab, hings auf seinen Rücken, und mußte nun zu Fuß gehen. »Du hast noch zwei Wünsche übrig« dachte er und tröstete sich damit. Wie er nun langsam durch den Sand dahin ging, und zu Mittag die Sonne heiß brannte, wards ihm so warm und verdrießlich zu Mut: der Sattel drückte ihn auf den Rücken, auch war ihm noch immer nicht eingefallen, was er sich wünschen sollte. »Wenn ich mir auch alle Reiche und Schätze der Welt wünsche,« sprach er zu sich selbst, »so fällt mir hernach noch allerlei ein, dieses und jenes, das weiß ich im voraus: ich wills aber so einrichten, daß mir gar nichts mehr übrig zu wünschen bleibt.« Dann seufzte er und sprach »ja, wenn ich der bayrische Bauer wäre, der auch drei Wünsche frei hatte, der wußte sich zu helfen, der wünschte sich zuerst recht viel Bier, und zweitens so viel Bier als er trinken könnte, und drittens noch ein Faß Bier dazu.« Manchmal meinte er jetzt hätte er es gefunden, aber hernach schiens ihm doch zu wenig. Da kam ihm so in die Gedanken was es seine Frau jetzt gut hätte, die säße daheim in einer kühlen Stube und ließe sichs wohl schmecken. Das ärgerte ihn ordentlich, und ohne daß ers wußte, sprach er so hin »ich wollte die säße daheim auf dem Sattel, und könnte nicht herunter, statt daß ich ihn da auf meinem Rücken schleppe.« Und wie das letzte Wort aus seinem Munde kam, so war der Sattel von seinem Rücken verschwunden, und er merkte daß sein zweiter Wunsch auch in Erfüllung gegangen war. Da ward ihm erst recht heiß, er fing an zu laufen und wollte sich daheim ganz einsam in seine Kammer hinsetzen und auf etwas Großes für den letzten Wunsch sinnen. Wie er aber ankommt und die Stubentür aufmacht, sitzt da seine Frau mittendrin auf dem Sattel und kann nicht herunter, jammert und schreit. Da sprach er »gib dich zufrieden, ich will dir alle Reichtümer der Welt herbei wünschen, nur bleib da sitzen.« Sie[[1]] schalt ihn aber einen Schafskopf und sprach »was helfen mir alle Reichtümer der Welt, wenn ich auf dem Sattel sitze; du hast mich darauf gewünscht, du mußt mir auch wieder herunter helfen.« Er mochte wollen oder nicht, er mußte den dritten Wunsch tun, daß sie vom Sattel ledig wäre und herunter steigen könnte; und der Wunsch ward alsbald erfüllt. Also hatte er nichts davon als Ärger, Mühe, Scheltworte und ein verlornes Pferd: die Armen aber lebten vergnügt, still und fromm bis an ihr seliges Ende. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="88._Das_singende_springende_Löweneckerchen" 88. Das singende springende Löweneckerchen. {{[Löweneckerchen]}} &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Mann, der hatte eine große Reise vor, und beim Abschied fragte er seine drei Töchter was er ihnen mitbringen sollte. Da wollte die älteste Perlen, die zweite wollte Diamanten, die dritte aber sprach »lieber Vater, ich wünsche mir ein singendes springendes Löweneckerchen (Lerche).« Der Vater sagte »ja, wenn ich es kriegen kann, sollst du es haben,« küßte alle drei und zog fort. Als nun die Zeit kam, daß er wieder auf dem Heimweg war, so hatte er Perlen und Diamanten für die zwei ältesten gekauft, aber das singende springende Löweneckerchen für die jüngste hatte er umsonst aller Orten gesucht, und das tat ihm leid, denn sie war sein liebstes Kind. Da führte ihn der Weg durch einen Wald, und mitten darin war ein prächtiges Schloß, und nah am Schloß stand ein Baum, ganz oben auf der Spitze des Baums aber sah er ein Löweneckerchen singen und springen. »Ei, du kommst mir gerade recht« sagte er ganz vergnügt und rief seinem Diener, er sollte hinauf steigen und das Tierchen fangen. Wie er aber zu dem Baum trat, sprang ein Löwe darunter auf, schüttelte sich und brüllte, daß das Laub an den Bäumen zitterte. »Wer mir mein singendes springendes Löweneckerchen stehlen will,« rief er, »den fresse ich auf.« Da sagte der Mann »ich habe nicht gewußt, daß der Vogel dir gehört: ich will mein Unrecht wieder gut machen, und mich mit schwerem Golde loskaufen, laß mir nur das Leben.« Der Löwe sprach »dich kann nichts retten, als wenn du mir zu eigen versprichst, was dir daheim zuerst begegnet; willst du das aber tun, so schenke ich dir das Leben und den Vogel für deine Tochter obendrein.« Der Mann aber weigerte sich und sprach »das könnte meine[[Besitz]] jüngste Tochter sein, die hat mich am liebsten und läuft mir immer entgegen, wenn ich nach Haus komme.« Dem Diener aber war angst und er sagte »muß euch denn gerade eure Tochter begegnen, es könnte ja auch eine Katze oder ein Hund sein.« Da ließ sich der Mann überreden, nahm das singende springende Löweneckerchen und versprach dem Löwen zu eigen was ihm daheim zuerst begegnen würde. Wie er daheim anlangte und in sein Haus eintrat, war das erste, was ihm begegnete, niemand anders als seine jüngste liebste Tochter: die kam gelaufen, küßte und herzte ihn, und als sie sah, daß er ein singendes springendes Löweneckerchen mitgebracht hatte, war sie außer sich vor Freude. Der Vater aber konnte sich nicht freuen, sondern fing an zu weinen und sagte »mein liebstes Kind, den kleinen Vogel habe ich teuer gekauft, ich habe dich dafür einem wilden Löwen versprechen müssen, und wenn er dich hat, wird er dich zerreißen und fressen,« und erzählte ihr da alles, wie es zugegangen war, und bat sie nicht hin zu gehen, es möchte auch kommen was da wollte. Sie[[1]] tröstete ihn aber und sprach »liebster Vater, was ihr versprochen habt muß auch gehalten werden: ich will hingehen und will den Löwen schon besänftigen, daß ich wieder gesund zu euch komme.« Am andern Morgen ließ sie sich den Weg zeigen, nahm Abschied und ging getrost in den Wald hinein. Der Löwe aber war ein verzauberter Königssohn, und war bei Tag ein Löwe, und mit ihm wurden alle seine Leute Löwen, in der Nacht aber hatten sie ihre natürliche menschliche Gestalt. Bei ihrer Ankunft ward sie freundlich empfangen und in das Schloß geführt. Als die Nacht kam, war er ein schöner Mann und die Hochzeit ward mit Pracht gefeiert. Sie[[1]] lebten vergnügt mit einander, wachten in der Nacht und schliefen am Tag. Zu einer Zeit kam er und sagte »morgen ist ein Fest in deines Vaters Haus, weil deine älteste Schwester sich verheiratet, und wenn du Lust hast hinzugehen, so sollen dich meine[[Besitz]] Löwen hinführen.« Da sagte sie ja, sie möchte gern ihren Vater wiedersehen, fuhr hin und ward von den Löwen begleitet. Da war große Freude, als sie ankam, denn sie hatten alle geglaubt sie wäre von dem Löwen zerrissen worden und schon lange nicht mehr am Leben. Sie[[1]] erzählte aber was sie für einen schönen Mann hätte und wie gut es ihr ginge, und blieb bei ihnen so lang die Hochzeit dauerte, dann fuhr sie wieder zurück in den Wald. Wie die zweite Tochter heiratete und sie wieder zur Hochzeit eingeladen war, sprach sie zum Löwen »diesmal will ich nicht allein sein, du mußt mitgehen.« Der Löwe aber sagte das wäre zu gefährlich für ihn, denn wenn dort der Strahl eines brennenden Lichts ihn berührte, so würde er in eine Taube verwandelt, und müßte sieben Jahre lang mit den Tauben fliegen. »Ach,« sagte sie, »geh nur mit mir: ich will dich schon hüten und vor allem Licht bewahren.« Also zogen sie zusammen und nahmen auch ihr kleines Kind mit. Sie[[1]] ließ dort einen Saal mauern, so stark und dick daß kein Strahl durchdringen konnte, darin sollt er sitzen, wann die Hochzeitslichter angesteckt würden. Die Tür aber war von frischem Holz gemacht, das sprang und bekam einen kleinen Ritz, den kein Mensch bemerkte. Nun ward die Hochzeit mit Pracht gefeiert, wie aber der Zug aus der Kirche zurückkam mit den vielen Fackeln und Lichtern an dem Saal vorbei, da fiel ein haarbreiter Strahl auf den Königssohn, und wie dieser Strahl ihn berührt hatte, in dem Augenblick war er auch verwandelt, und als sie hineinkam und ihn suchte, sah sie ihn nicht, aber es saß da eine weiße Taube. Die Taube sprach zu ihr »sieben Jahr muß ich in die Welt fortfliegen: alle sieben Schritte aber will ich einen roten Blutstropfen und eine weiße Feder fallen lassen, die sollen dir den Weg zeigen, und wenn du der Spur folgst, kannst du mich erlösen.« Da flog die Taube zur Tür hinaus, und sie folgte ihr nach, und alle sieben Schritte fiel ein rotes Blutströpfchen und ein weißes Federchen herab und zeigte ihr den Weg. So ging sie immer zu in die weite Welt hinein, und schaute nicht um sich und ruhte sich nicht, und waren fast die sieben Jahre herum: da freute sie sich und meinte sie wären bald erlöst, und war noch so weit davon. Einmal, als sie so fortging, fiel kein Federchen mehr und auch kein rotes Blutströpfchen, und als sie die Augen aufschlug, so war die Taube verschwunden. Und weil sie dachte »Menschen können dir da nicht helfen,« so stieg sie zur Sonne hinauf und sagte zu ihr »du scheinst in alle Ritzen und über alle Spitzen, hast du keine weiße Taube fliegen sehen?« »Nein,« sagte die Sonne, »ich habe keine gesehen, aber da schenk ich dir ein Kästchen, das mach auf, wenn du in großer Not bist.« Da dankte sie der Sonne und ging weiter bis es Abend war, und der Mond schien, da fragte sie ihn »du scheinst ja die ganze Nacht und durch alle Felder und Wälder, hast du keine weiße Taube fliegen sehen?« »Nein,« sagte der Mond, »ich habe keine gesehen, aber da schenk ich dir ein Ei, das zerbrich wenn du in großer Not bist.« Da dankte sie dem Mond, und ging weiter, bis der Nachtwind heran kam und sie anblies: da sprach sie zu ihm »du wehst ja über alle Bäume und unter allen Blättern weg, hast du keine weiße Taube fliegen sehen?« »Nein,« sagte der Nachtwind, »ich habe keine gesehen, aber ich will die drei andern Winde fragen, die haben sie vielleicht gesehen.« Der Ostwind und der Westwind kamen und hatten nichts gesehen, der Südwind aber sprach »die weiße Taube habe ich gesehen, sie ist zum roten Meer geflogen, da ist sie wieder ein Löwe geworden, denn die sieben Jahre sind herum, und der Löwe steht dort im Kampf mit einem Lindwurm, der Lindwurm ist aber eine verzauberte Königstochter.« Da sagte der Nachtwind zu ihr »ich will dir Rat geben, geh zum roten Meer, am rechten Ufer da stehen große Ruten, die zähle, und die elfte schneid dir ab, und schlag den Lindwurm damit, dann kann ihn der Löwe bezwingen, und beide bekommen auch ihren menschlichen Leib wieder. Hernach schau dich um, und du wirst den Vogel Greif sehen, der am roten Meer sitzt, schwing dich mit deinem Liebsten auf seinen Rücken: der Vogel wird euch übers Meer nach Haus tragen. Da hast du auch eine Nuß, wenn du mitten über dem Meere bist, laß sie herab fallen, alsbald wird sie aufgehen, und ein großer Nußbaum wird aus dem Wasser hervor wachsen, auf dem sich der Greif ausruht: und könnte er nicht ruhen, so wäre er nicht stark genug euch hinüber zu tragen: und wenn du vergißt die Nuß herab zu werfen, so läßt er euch ins Meer fallen.« Da ging sie hin und fand alles wie der Nachtwind gesagt hatte. Sie[[1]] zählte die Ruten am Meer und schnitt die elfte ab, damit schlug sie den Lindwurm, und der Löwe bezwang ihn: alsbald hatten beide ihren menschlichen Leib wieder. Aber wie die Königstochter, die vorher ein Lindwurm gewesen war, vom Zauber frei war, nahm sie den Jüngling in den Arm, setzte sich auf den Vogel Greif, und führte ihn mit sich fort. Da stand die arme weitgewanderte, und war wieder verlassen, und setzte sich nieder und weinte. Endlich aber ermutigte sie sich und sprach »ich will noch so weit gehen als der Wind weht und so lange als der Hahn kräht, bis ich ihn finde.« Und ging fort, lange lange Wege, bis sie endlich zu dem Schloß kam, wo beide zusammen lebten: da hörte sie daß bald ein Fest wäre, wo sie Hochzeit mit einander machen wollten. Sie[[1]] sprach aber »Gott hilft mir noch,« und öffnete das Kästchen, das ihr die Sonne gegeben hatte, da lag ein Kleid darin, so glänzend wie die Sonne selber. Da nahm sie es heraus und zog es an und ging hinauf in das Schloß, und alle Leute, und die Braut selber, sahen sie mit Verwunderung an; und das Kleid gefiel der Braut so gut, daß sie dachte es könnte ihr Hochzeitskleid geben, und fragte ob es nicht feil wäre. »Nicht für Geld und Gut,« antwortete sie, »aber für Fleisch und Blut.« Die Braut fragte was sie damit meinte. Da sagte sie »laßt mich eine Nacht in der Kammer schlafen, wo der Bräutigam schläft.« Die Braut wollte nicht, und wollte doch gerne das Kleid haben, endlich willigte sie ein, aber der Kammerdiener mußte dem Königssohn einen Schlaftrunk geben. Als es nun Nacht war und der Jüngling schon schlief, ward sie in die Kammer geführt. Da setzte sie sich ans Bett und sagte »ich bin dir nachgefolgt sieben Jahre, bin bei Sonne und Mond und bei den vier Winden gewesen, und habe nach dir gefragt, und habe dir geholfen gegen den Lindwurm, willst du mich denn ganz vergessen?« Der Königssohn aber schlief so hart, daß es ihm nur vorkam als rauschte der Wind draußen in den Tannenbäumen. Wie nun der Morgen anbrach, da ward sie wieder hinausgeführt und mußte das goldene Kleid hingeben. Und als auch das nichts geholfen hatte, ward sie traurig, ging hinaus auf eine Wiese, setzte sich da hin und weinte. Und wie sie so saß, da fiel ihr das Ei noch ein, das ihr der Mond gegeben hatte: sie schlug es auf, da kam eine Glucke heraus mit zwölf Küchlein ganz von Gold, die liefen herum und piepten und krochen der Alten wieder unter die Flügel, so daß nichts schöneres auf der Welt zu sehen war. Da stand sie auf, trieb sie auf der Wiese vor sich her, so lange bis die Braut aus dem Fenster sah, und da gefielen ihr die kleinen Küchlein so gut, daß sie gleich herab kam und fragte ob sie nicht feil wären? »Nicht für Geld und Gut, aber für Fleisch und Blut; laßt mich noch eine Nacht in der Kammer schlafen, wo der Bräutigam schläft.« Die Braut sagte »ja,« und wollte sie betrügen wie am vorigen Abend. Als aber der Königssohn zu Bett ging, fragte er seinen Kammerdiener was das Murmeln und Rauschen in der Nacht gewesen sei. Da erzählte der Kammerdiener alles, daß er ihm einen Schlaftrunk hätte geben müssen, weil ein armes Mädchen heimlich in der Kammer geschlafen hätte, und heute Nacht sollte er ihm wieder einen geben. Sagte der Königssohn »gieß den Trank neben das Bett aus.« Zur Nacht wurde sie wieder hereingeführt, und als sie anfing zu erzählen wie es ihr traurig ergangen wäre, da erkannte er gleich an der Stimme seine liebe Gemahlin, sprang auf und rief »jetzt bin ich erst recht erlöst, mir ist gewesen wie in einem Traum, denn die fremde Königstochter hatte mich bezaubert, daß ich dich vergessen mußte, aber Gott hat noch zu rechter Stunde die Betörung von mir genommen.« Da gingen sie beide in der Nacht heimlich aus dem Schloß, denn sie fürchteten sich vor dem Vater der Königstochter, der ein Zauberer war, und setzten sich auf den Vogel Greif, der trug sie über das rote Meer, und als sie in der Mitte waren, ließ sie die Nuß fallen. Alsbald wuchs ein großer Nußbaum, darauf ruhte sich der Vogel, und dann führte er sie nach Haus, wo sie ihr Kind fanden, das war groß und schön geworden, und sie lebten von nun an vergnügt bis an ihr Ende. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="89._Die_Gänsemagd" 89. Die Gänsemagd. &&ax &&lg=x &&fe Es lebte einmal eine alte Königin, der war ihr Gemahl schon lange Jahre gestorben, und sie hatte eine schöne Tochter. Wie die erwuchs, wurde sie weit über Feld an einen Königssohn versprochen. Als nun die Zeit kam, wo sie vermählt werden sollten und das Kind in das fremde Reich abreisen mußte, packte ihr die Alte gar viel köstliches Gerät und Geschmeide ein, Gold und Silber, Becher und Kleinode, kurz alles, was nur zu einem königlichen Brautschatz gehörte, denn sie hatte ihr Kind von Herzen lieb. Auch gab sie ihr eine Kammerjungfer bei, welche mitreiten und die Braut in die Hände des Bräutigams überliefern sollte, und jede bekam ein Pferd zur Reise, aber das Pferd der Königstochter hieß &&c=8 Falada &&c=0 und konnte sprechen. Wie nun die Abschiedsstunde da war, begab sich die alte Mutter in ihre Schlafkammer, nahm ein Messerlein und schnitt damit in ihre Finger, daß sie bluteten: darauf hielt sie ein weißes Läppchen unter und ließ drei Tropfen Blut hineinfallen, gab sie der Tochter und sprach »liebes Kind, verwahre sie wohl, sie werden dir unterweges Not tun.« Also nahmen beide von einander betrübten Abschied: das Läppchen steckte die Königstochter in ihren Busen vor sich, setzte sich aufs Pferd und zog nun fort zu ihrem Bräutigam. Da sie eine Stunde geritten waren, empfand sie heißen Durst und sprach zu ihrer Kammerjungfer »steig ab, und schöpfe mir mit meinem Becher, den du für mich mitgenommen hast, Wasser aus dem Bache, ich möchte gern einmal trinken.« »Wenn ihr Durst habt,« sprach die Kammerjungfer, »so steigt selber ab, legt euch ans Wasser und trinkt, ich mag eure Magd nicht sein.« Da stieg die Königstochter vor großem Durst herunter, neigte sich über das Wasser im Bach und trank, und durfte nicht aus dem goldnen Becher trinken. Da sprach sie »ach Gott!« da antworteten die drei Blutstropfen »wenn das deine Mutter wüßte, das Herz im Leibe tät ihr zerspringen.« Aber die Königsbraut war demütig, sagte nichts und stieg wieder zu Pferd. So ritten sie etliche Meilen weiter fort, aber der Tag war warm, die Sonne stach, und sie durstete bald von neuem. Da sie nun an einen Wasserfluß kamen, rief sie noch einmal ihrer Kammerjungfer »steig ab und gib mir aus meinem Goldbecher zu trinken,« denn sie hatte aller bösen Worte längst vergessen. Die Kammerjungfer sprach aber noch hochmütiger, »wollt ihr trinken, so trinkt allein, ich mag nicht eure Magd sein.« Da stieg die Königstochter hernieder vor großem Durst, legte sich über das fließende Wasser, weinte und sprach »ach Gott!« und die Blutstropfen antworteten wiederum »wenn das deine Mutter wüßte, das Herz im Leibe tät ihr zerspringen.« Und wie sie so trank und sich recht überlehnte, fiel ihr das Läppchen, worin die drei Tropfen waren, aus dem Busen und floß mit dem Wasser fort ohne daß sie es in ihrer großen Angst merkte. Die Kammerjungfer hatte aber zugesehen und freute sich daß sie Gewalt über die Braut bekäme: denn damit, daß diese die Blutstropfen verloren hatte, war sie schwach und machtlos geworden. Als sie nun wieder auf ihr Pferd steigen wollte, das da hieß Falada, sagte die Kammerfrau »auf Falada gehör ich, und auf meinen[[Besitz]] Gaul gehörst du;« und das mußte sie sich gefallen lassen. Dann befahl ihr die Kammerfrau mit harten Worten die königlichen Kleider auszuziehen und ihre schlechten anzulegen, und endlich mußte sie sich unter freiem Himmel verschwören daß sie am königlichen Hof keinem Menschen etwas davon sprechen wollte; und wenn sie diesen Eid nicht abgelegt hätte, wäre sie auf der Stelle umgebracht worden. Aber Falada sah das alles an und nahms wohl in Acht. Die Kammerfrau stieg nun auf Falada und die wahre Braut auf das schlechte Roß, und so zogen sie weiter, bis sie endlich in dem königlichen Schloß eintrafen. Da war große Freude über ihre Ankunft, und der Königssohn sprang ihnen entgegen, hob die Kammerfrau vom Pferde und meinte sie wäre seine Gemahlin: sie ward die Treppe hinaufgeführt, die wahre Königstochter aber mußte unten stehen bleiben. Da schaute der alte König am Fenster, und sah sie im Hof halten und sah wie sie fein war, zart und gar schön: ging alsbald hin ins königliche Gemach und fragte die Braut nach der, die sie bei sich hätte und da unten im Hofe stände, und wer sie wäre? »Die hab ich mir unterwegs mitgenommen zur Gesellschaft; gebt der Magd was zu arbeiten, daß sie nicht müßig steht.« Aber der alte König hatte keine Arbeit für sie und wußte nichts, als daß er sagte »da hab ich so einen kleinen Jungen, der hütet die Gänse, dem mag sie helfen.« Der Junge hieß &&c=8 Kürdchen &&c=0 (Conrädchen {{[Conrädchen]}}), dem mußte die wahre Braut helfen Gänse hüten. Bald aber sprach die falsche Braut zu dem jungen König »liebster Gemahl, ich bitte euch tut mir einen Gefallen.« Er antwortete »das will ich gerne tun.« »Nun so laßt den Schinder rufen und da dem Pferde, worauf ich hergeritten bin, den Hals abhauen, weil es mich unterweges geärgert hat.« Eigentlich aber fürchtete sie daß das Pferd sprechen möchte wie sie mit der Königstochter umgegangen war. Nun war das so weit geraten, daß es geschehen und der treue Falada sterben sollte, da kam es auch der rechten Königstochter zu Ohr, und sie versprach dem Schinder heimlich ein Stück Geld, das sie ihm bezahlen wollte, wenn er ihr einen kleinen Dienst erwiese. In der Stadt war ein großes finsteres Tor, wo sie Abends und Morgens mit den Gänsen durch mußte, »unter das finstere Tor möchte er dem Falada seinen Kopf hinnageln, daß sie ihn doch noch mehr als einmal sehen könnte.« Also versprach das der Schindersknecht zu tun, hieb den Kopf ab und nagelte ihn unter das finstere Tor fest. Des Morgens früh, da sie und Kürdchen unterm Tor hinaus trieben, sprach sie im Vorbeigehen »o du Falada, da du hangest,« da antwortete der Kopf »o du Jungfer Königin, da du gangest, wenn das deine Mutter wüßte, ihr Herz tät ihr zerspringen.« Da zog sie still weiter zur Stadt hinaus, und sie trieben die Gänse aufs Feld. Und wenn sie auf der Wiese angekommen war, saß sie nieder und machte ihre Haare auf, die waren eitel Gold, und Kürdchen sah sie und freute sich wie sie glänzten, und wollte ihr ein paar ausraufen. Da sprach sie »weh, weh, Windchen, nimm Kürdchen sein Hütchen, und laß'n sich mit jagen, bis ich mich geflochten und geschnatzt, und wieder aufgesatzt.« Und da kam ein so starker Wind, daß er dem Kürdchen sein Hütchen weg wehte über alle Land, und es mußte ihm nachlaufen. Bis es wieder kam war sie mit dem Kämmen und Aufsetzen fertig, und er konnte keine Haare kriegen. Da war Kürdchen bös und sprach nicht mit ihr; und so hüteten sie die Gänse bis daß es Abend ward, dann gingen sie nach Haus. Den andern Morgen, wie sie unter dem finstern Tor hinaus trieben, sprach die Jungfrau »o du Falada, da du hangest,« Falada antwortete »o du Jungfer Königin, da du gangest, wenn das deine Mutter wüßte, das Herz tät ihr zerspringen.« Und in dem Feld setzte sie sich wieder auf die Wiese und fing an ihr Haar auszukämmen, und Kürdchen lief und wollte danach greifen, da sprach sie schnell »weh, weh, Windchen, nimm Kürdchen sein Hütchen, und laß'n sich mit jagen, bis ich mich geflochten und geschnatzt, und wieder aufgesatzt.« Da wehte der Wind und wehte ihm das Hütchen vom Kopf weit weg, daß Kürdchen nachlaufen mußte; und als es wieder kam, hatte sie längst ihr Haar zurecht, und es konnte keins davon erwischen; und so hüteten sie die Gänse bis es Abend ward. Abends aber, nachdem sie heim gekommen waren, ging Kürdchen vor den alten König und sagte »mit dem Mädchen will ich nicht länger Gänse hüten.« »Warum denn?« fragte der alte König. »Ei, das ärgert mich den ganzen Tag.« Da befahl ihm der alte König zu erzählen wies ihm denn mit ihr ginge. Da sagte Kürdchen »Morgens, wenn wir unter dem finstern Tor mit der Heerde durchkommen, so ist da ein Gaulskopf an der Wand, zu dem redet sie »Falada, da du hangest,« da antwortet der Kopf »o du Königsjungfer, da du gangest, wenn das deine Mutter wüßte, das Herz tät ihr zerspringen.« Und so erzählte Kürdchen weiter was auf der Gänsewiese geschähe, und wie es da dem Hut im Winde nachlaufen müßte. Der alte König befahl ihm den nächsten Tag wieder hinaus zu treiben, und er selbst, wie es Morgen war, setzte sich hinter das finstere Tor und hörte da wie sie mit dem Haupt des Falada sprach: und dann ging er ihr auch nach in das Feld und barg sich in einem Busch auf der Wiese. Da sah er nun bald mit seinen eigenen Augen wie die Gänsemagd und der Gänsejunge die Heerde getrieben brachte, und wie nach einer Weile sie sich setzte und ihre Haare losflocht, die strahlten von Glanz. Gleich sprach sie wieder »weh, weh, Windchen, faß Kürdchen sein Hütchen, und laß'n sich mit jagen, bis daß ich mich geflochten und geschnatzt, und wieder aufgesatzt.« Da kam ein Windstoß und fuhr mit Kürdchens Hut weg, daß es weit zu laufen hatte, und die Magd kämmte und flocht ihre Locken still fort, welches der alte König alles beobachtete. Darauf ging er unbemerkt zurück, und als Abends die Gänsemagd heim kam, rief er sie bei Seite, und fragte warum sie dem allem so täte? »Das darf ich euch nicht sagen, und darf auch keinem Menschen mein Leid klagen, denn so hab ich mich unter freiem Himmel verschworen, weil ich sonst um mein Leben gekommen wäre.« Er drang in sie und ließ ihr keinen Frieden, aber er konnte nichts aus ihr herausbringen. Da sprach er »wenn du mir nichts sagen willst, so klag dem Eisenofen da dein Leid,« und ging fort. Da kroch sie in den Eisenofen, fing an zu jammern und zu weinen, schüttete ihr Herz aus und sprach »da sitze ich nun von aller Welt verlassen, und bin doch eine Königstochter, und eine falsche Kammerjungfer hat mich mit Gewalt dahin gebracht daß ich meine[[Besitz]] königlichen Kleider habe ablegen müssen, und hat meinen[[Besitz]] Platz bei meinem Bräutigam eingenommen, und ich muß als Gänsemagd gemeine Dienste tun. Wenn das meine[[Besitz]] Mutter wüßte, das Herz im Leib tät ihr zerspringen.« Der alte König stand aber außen an der Ofenröhre, lauerte ihr zu und hörte was sie sprach. Da kam er wieder herein und hieß sie aus dem Ofen gehen. Da wurden ihr königliche Kleider angetan, und es schien ein Wunder wie sie so schön war. Der alte König rief seinen Sohn und offenbarte ihm daß er die falsche Braut hätte: die wäre bloß ein Kammermädchen, die wahre aber stände hier, als die gewesene Gänsemagd. Der junge König war herzensfroh, als er ihre Schönheit und Tugend erblickte, und ein großes Mahl wurde angestellt, zu dem alle Leute und guten Freunde gebeten wurden. Obenan saß der Bräutigam, die Königstochter zur einen Seite und die Kammerjungfer zur andern, aber die Kammerjungfer war verblendet und erkannte jene nicht mehr in dem glänzenden Schmuck. Als sie nun gegessen und getrunken hatten, und gutes Muts waren, gab der alte König der Kammerfrau ein Rätsel auf, was eine solche wert wäre, die den Herrn so und so betrogen hätte, erzählte damit den ganzen Verlauf und fragte »welches Urteils ist diese würdig?« Da sprach die falsche Braut »die ist nichts besseres wert, als daß sie splitternackt ausgezogen und in ein Faß gesteckt wird, das inwendig mit spitzen Nägeln beschlagen ist: und zwei weiße Pferde müssen vorgespannt werden, die sie Gasse auf Gasse ab zu Tode schleifen.« »Das bist du,« sprach der alte König, »und hast dein eigen Urteil gefunden, und danach soll dir wiederfahren.« Und als das Urteil vollzogen war, vermählte sich der junge König mit seiner rechten Gemahlin, und beide beherrschten ihr Reich in Frieden und Seligkeit. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="90._Der_junge_Riese" 90. Der junge Riese. &&ax &&lg=x &&fe Ein Bauersmann hatte einen Sohn, der war so groß wie ein Daumen und ward gar nicht größer und wuchs in etlichen Jahren nicht ein Haarbreit. Einmal wollte der Bauer ins Feld gehen und pflügen, da sagte der Kleine »Vater, ich will mit hinaus.« »Du willst mit hinaus?« sprach der Vater, »bleib du hier, dort bist du zu nichts nutz: du könntest mir auch verloren gehen.« Da fing der Däumling an zu weinen, und um Ruhe zu haben, steckte ihn der Vater in die Tasche und nahm ihn mit. Draußen auf dem Felde holte er ihn wieder heraus und setzte ihn in eine frische Furche. Wie er da so saß, kam über den Berg ein großer Riese daher. »Siehst du dort den großen Butzemann?« sagte der Vater, und wollte den Kleinen schrecken, damit er artig wäre, »der kommt und holt dich.« Der Riese aber hatte mit seinen langen Beinen kaum ein paar Schritte getan, so war er bei der Furche. Er hob den kleinen Däumling mit zwei Fingern behutsam in die Höhe, betrachtete ihn und ging ohne ein Wort zu sprechen, mit ihm fort. Der Vater stand dabei, konnte vor Schrecken keinen Laut hervor bringen und dachte nicht anders als sein Kind für verloren, also daß ers sein Lebtag nicht wieder mit Augen sehen würde. Der Riese aber trug es heim und ließ es an seiner Brust saugen, und der Däumling wuchs und ward groß und stark nach Art der Riesen. Nach Verlauf von zwei Jahren ging der Alte mit ihm in den Wald, wollte ihn versuchen und sprach »zieh dir eine Gerte heraus.« Da war der Knabe schon so stark, daß er einen jungen Baum mit den Wurzeln aus der Erde riß. Der Riese aber meinte »das muß besser kommen,« nahm ihn wieder mit, und säugte ihn noch zwei Jahre. Als er ihn versuchte, hatte seine Kraft schon so zugenommen, daß er einen alten Baum aus der Erde brechen konnte. Das war dem Riesen noch immer nicht genug, er säugte ihn abermals zwei Jahre, und als er dann mit ihm in den Wald ging, und sprach »nun reiß einmal eine ordentliche Gerte aus,« so riß der Junge den dicksten Eichenbaum aus der Erde, daß er krachte, und war ihm nur ein Spaß. »Nun ists genug,« sprach der Riese, »du hast ausgelernt,« und führte ihn zurück auf den Acker, wo er ihn geholt hatte. Sein Vater stand da hinter dem Pflug, der junge Riese ging auf ihn zu und sprach »sieht er wohl, Vater, was sein Sohn für ein Mann geworden ist.« Der Bauer erschrak, und sagte »nein, du bist mein Sohn nicht, ich will dich nicht, geh weg von mir.« »Freilich bin ich sein Sohn, laß er mich an die Arbeit, ich kann pflügen so gut als er und noch besser.« »Nein, nein, du bist mein Sohn nicht, du kannst auch nicht pflügen, geh weg von mir.« Weil er sich aber vor dem großen Mann fürchtete, ließ er den Pflug los, trat zurück und setzte sich zur Seite ans Land. Da nahm der Junge das Geschirr und drückte blos mit einer Hand darauf, aber der Druck war so gewaltig, daß der Pflug tief in die Erde ging. Der Bauer konnte das nicht mit ansehen und rief ihm zu »wenn du pflügen willst, mußt du nicht so gewaltig drücken, das gibt schlechte Arbeit.« Der Junge aber spannte die Pferde aus, zog selber den Pflug und sagte »geh er nur nach Haus, Vater, und laß er die Mutter eine große Schüssel voll Essen kochen; ich will derweil den Acker schon umreißen.« Da ging der Bauer heim und bestellte das Essen bei seiner Frau: der Junge aber pflügte das Feld, zwei Morgen groß, ganz allein, und dann spannte er sich auch selber vor die Egge und eggte alles mit zwei Eggen zugleich. Wie er fertig war, ging er in den Wald und riß zwei Eichenbäume aus, legte sie auf die Schultern, und hinten und vorn eine Egge darauf, und hinten und vorn auch ein Pferd, und trug das alles, als wär es ein Bund Stroh, nach seiner Eltern Haus. Wie er in den Hof kam, erkannte ihn seine Mutter nicht und fragte »wer ist der entsetzliche, große Mann?« Der Bauer sagte »das ist unser Sohn.« Sie[[1]] sprach »nein, unser Sohn ist das nimmermehr, so groß haben wir keinen gehabt, unser war ein kleines Ding.« Sie[[1]] rief ihm zu »geh fort, wir wollen dich nicht.« Der Junge schwieg still, zog seine Pferde in den Stall, gab ihnen Hafer und Heu, alles wie sichs gehörte. Als er fertig war, ging er in die Stube, setzte sich auf die Bank und sagte »Mutter, nun hätte ich Lust zu essen, ists bald fertig?« Da sagte sie »ja« und brachte zwei große große Schüsseln voll herein, daran hätten sie und ihr Mann acht Tage lang satt gehabt. Der Junge aber aß sie allein auf und fragte ob sie nicht mehr vorsetzen könnte? »Nein,« sagte sie, »das ist alles, was wir haben.« »Das war ja nur zum Schmecken, ich muß mehr haben.« Sie[[1]] getraute nicht ihm zu widerstehen, ging hin und setzte einen großen Schweinekessel voll übers Feuer, und wie es gahr war, trug sie es herein. »Endlich kommen noch ein paar Brocken« sagte er und aß alles hinein; es war aber doch nicht genug seinen Hunger zu stillen. Da sprach er »Vater, ich sehe wohl, bei ihm werd ich nicht satt, will er mir einen Stab von Eisen verschaffen, der stark ist, und den ich vor meinen[[Besitz]] Knien nicht zerbrechen kann, so will ich fort in die Welt gehen.« Der Bauer war froh, spannte seine zwei Pferde vor den Wagen und holte bei dem Schmied einen Stab so groß und dick, als ihn die zwei Pferde nur fort schaffen konnten. Der Junge nahm ihn vor die Knie, und ratsch! brach er ihn wie eine Bohnenstange in der Mitte entzwei und warf ihn weg. Der Vater spannte vier Pferde vor und holte einen Stab so groß und dick, als ihn die vier Pferde fort schaffen konnten. Der Sohn knickte auch diesen vor dem Knie entzwei, warf ihn hin und sprach »Vater, der kann mir nicht helfen, er muß besser vorspannen und einen stärkern Stab holen.« Da spannte der Vater acht Pferde vor und holte einen so groß und dick, als ihn die acht Pferde herbei fahren konnten. Wie der Sohn den in die Hand nahm, brach er gleich oben ein Stück davon ab und sagte »Vater, ich sehe er kann mir keinen Stab anschaffen wie ich ihn brauche, ich will nicht länger bei ihm bleiben.« Da ging er fort und gab sich für einen Schmiedegesellen aus. Er kam in ein Dorf, darin wohnte ein Schmied, der war ein Geizmann, gönnte keinem Menschen etwas und wollte alles allein haben; zu dem trat er in die Schmiede und fragte ob er keinen Gesellen brauchte. »Ja« sagte der Schmied, sah ihn an und dachte »das ist ein tüchtiger Kerl, der wird gut vorschlagen und sein Brot verdienen.« Er fragte »wie viel willst du Lohn haben?« »Gar keinen will ich haben,« antwortete er, »nur alle vierzehn Tage, wenn die andern Gesellen ihren Lohn bezahlt kriegen, will ich dir zwei Streiche geben, die mußt du aushalten.« Das war der Geizmann von Herzen zufrieden und dachte damit viel Geld zu sparen. Am andern Morgen sollte der fremde Geselle zuerst vorschlagen, wie aber der Meister den glühenden Stab brachte und jener den ersten Schlag tat, so flog das Eisen von einander und der Ambos sank in die Erde, so tief, daß sie ihn gar nicht wieder heraus bringen konnten. Da ward der Geizmann bös und sagte »ei was, dich kann ich nicht brauchen, du schlägst gar zu grob, was willst du für den einen Zuschlag haben?« Da sprach er »ich will dir nur einen ganz kleinen Streich geben, weiter nichts.« Und hob seinen Fuß auf und gab ihm einen Tritt, daß er über vier Fuder Heu hinausflog. Darauf suchte er sich den dicksten Eisenstab aus, der in der Schmiede war, nahm ihn als einen Stock in die Hand und ging weiter. Als er eine Weile gezogen war, kam er zu einem Vorwerk und fragte den Amtmann ob er keinen Großknecht nötig hätte. »Ja,« sagte der Amtmann, »ich kann einen brauchen: du siehst aus wie ein tüchtiger Kerl, der schon was vermag, wie viel willst du Jahreslohn haben?« Er antwortete wiederum er verlangte gar keinen Lohn, aber alle Jahre wollte er ihm drei Streiche geben, die müßte er aushalten. Das war der Amtmann zufrieden, denn er war auch ein Geizhals. Am andern Morgen, da sollten die Knechte ins Holz fahren, und die andern Knechte waren schon auf, er aber lag noch im Bett. Da rief ihn einer an »steh auf, es ist Zeit, wir wollen ins Holz, und du mußt mit.« »Ach,« sagte er ganz grob und trotzig, »geht ihr nur hin, ich komme doch eher wieder als ihr alle mit einander.« Da gingen die andern zum Amtmann und erzählten ihm der Großknecht läge noch im Bett und wollte nicht mit ins Holz fahren. Der Amtmann sagte sie sollten ihn noch einmal wecken und ihn heißen die Pferde vorspannen. Der Großknecht sprach aber wie vorher »geht ihr nur hin, ich komme doch eher wieder als ihr alle mit einander.« Darauf blieb er noch zwei Stunden liegen, da stieg er endlich aus den Federn, holte sich aber erst zwei Scheffel voll Erbsen vom Boden, kochte sich einen Brei und aß den mit guter Ruhe, und wie das alles geschehen war, ging er hin, spannte die Pferde vor und fuhr ins Holz. Nicht weit vor dem Holz war ein Hohlweg, wo er durch mußte, da fuhr er den Wagen erst vorwärts, dann mußten die Pferde stille halten, und er ging hinter den Wagen, nahm Bäume und Reisig und machte da eine große Hucke (Verhack {{[Verhack]}}), so daß kein Pferd durchkommen konnte. Wie er nun vors Holz kam, fuhren die andern eben mit ihren beladenen Wagen heraus und wollten heim, da sprach er zu ihnen »fahrt nur hin, ich komme doch eher als ihr nach Haus.« Er fuhr gar nicht weit ins Holz, riß gleich zwei der allergrößten Bäume aus der Erde, warf sie auf den Wagen und drehte um. Als er vor der Hucke anlangte, standen die andern noch da und konnten nicht durch. »Seht ihr wohl,« sprach er, »wärt ihr bei mir geblieben, so wärt ihr eben so schnell nach Haus gekommen und hättet noch eine Stunde schlafen können.« Er wollte nun zufahren, aber seine Pferde konnten sich nicht durcharbeiten, da spannte er sie aus, legte sie oben auf den Wagen, nahm selber die Deichsel in die Hand, und hüf! zog er alles durch, und das ging so leicht als hätt er Federn geladen. Wie er drüben war, sprach er zu den andern »seht ihr wohl, ich bin schneller hindurch als ihr,« fuhr weiter, und die andern mußten stehen bleiben. In dem Hof aber nahm er einen Baum in die Hand, zeigte ihn dem Amtmann und sagte »ist das nicht ein schönes Klafterstück?« Da sprach der Amtmann zu seiner Frau »der Knecht ist gut; wenn er auch lang schläft, er ist doch eher wieder da als die andern.« Nun diente er dem Amtmann ein Jahr: wie das herum war, und die andern Knechte ihren Lohn kriegten, sprach er es wäre Zeit, er wollte sich auch seinen Lohn nehmen. Dem Amtmann ward aber angst vor den Streichen, die er kriegen sollte, und bat ihn inständig er möchte sie ihm schenken, lieber wollte er selbst Großknecht werden, und er sollte Amtmann sein. »Nein,« sprach er, »ich will kein Amtmann werden, ich bin Großknecht und wills bleiben, ich will aber austeilen was bedungen ist.« Der Amtmann wollte ihm geben, was er nur verlangte, aber es half nichts, der Großknecht sprach zu allem »nein.« Da wußte sich der Amtmann nicht zu helfen und bat ihn um vierzehn Tage Frist, er wollte sich auf etwas besinnen. Der Großknecht sprach die Frist sollte er haben. Der Amtmann berief alle seine Schreiber zusammen, sie sollten sich bedenken und ihm einen Rat geben. Die Schreiber besannen sich lange, endlich sagten sie vor dem Großknecht wäre niemand seines Lebens sicher, der schlüge einen Menschen wie eine Mücke tot. Er sollte ihn heißen in den Brunnen steigen und ihn reinigen, wenn er unten wäre, wollten sie einen von den Mühlensteinen, die da lägen, herbei rollen und ihm auf den Kopf werfen, dann würde er nicht wieder an des Tages Licht kommen. Der Rat gefiel dem Amtmann, und der Großknecht war bereit in den Brunnen hinab zu steigen. Als er unten auf dem Grund stand, rollten sie den größten Mühlstein hinab, und meinten der Kopf wäre ihm eingeschlagen, aber er rief »jagt die Hühner vom Brunnen weg, die kratzen da oben im Sand und werfen mir die Körner in die Augen, daß ich nicht sehen kann.« Da rief der Amtmann »husch! husch!« und tat als scheuchte er die Hühner weg. Als der Großknecht mit seiner Arbeit fertig war, stieg er herauf und sagte »seht einmal, ich habe doch ein schönes Halsband um,« da war es der Mühlenstein, den er um den Hals trug. Der Großknecht wollte jetzt seinen Lohn nehmen, aber der Amtmann bat wieder um vierzehn Tage Bedenkzeit. Die Schreiber kamen zusammen und gaben den Rat er sollte den Großknecht in die verwünschte Mühle schicken um dort in der Nacht Korn zu mahlen: von da wäre noch kein Mensch Morgens lebendig herausgekommen. Der Anschlag gefiel dem Amtmann, er rief den Großknecht noch denselben Abend und hieß ihn acht Malter Korn in die Mühle fahren und in der Nacht noch mahlen; sie hättens nötig. Da ging der Großknecht auf den Boden und tat zwei Malter in seine rechte Tasche, zwei in die linke, vier nahm er in einem Quersack halb auf den Rücken, halb auf die Brust, und ging also beladen nach der verwünschten Mühle. Der Müller sagte ihm bei Tag könnte er recht gut da mahlen, aber nicht in der Nacht, da wäre die Mühle verwünscht, und wer da noch hinein gegangen wäre, den hätte man am Morgen tot darin gefunden. Er sprach »ich will schon durchkommen, macht euch nur fort und legt euch aufs Ohr.« Darauf ging er in die Mühle und schüttete das Korn auf. Gegen elf Uhr ging er in die Müllerstube und setzte sich auf die Bank. Als er ein Weilchen da gesessen hatte, tat sich auf einmal die Tür auf und kam eine große große Tafel herein, und auf die Tafel stellte sich Wein und Braten, und viel gutes Essen, alles von selber, denn es war niemand da, ders auftrug. Und danach rückten sich die Stühle herbei, aber es kamen keine Leute, bis auf einmal sah er Finger, die hantierten mit den Messern und Gabeln und legten Speisen auf die Teller, aber sonst konnte er nichts sehen. Da er hungrig war und die Speisen sah, so setzte er sich auch an die Tafel, aß mit und ließ sichs gut schmecken. Als er satt war und die andern ihre Schüsseln auch ganz leer gemacht hatten, da wurden die Lichter auf einmal alle ausgeputzt, das hörte er deutlich, und wies nun stockfinster war, so kriegte er so etwas wie eine Ohrfeige ins Gesicht. Da sprach er »wenn noch einmal so etwas kommt, so teil ich auch wieder aus.« Und wie er zum zweiten Mal eine Ohrfeige kriegte, da schlug er gleichfalls mit hinein. Und so ging das fort die ganze Nacht, er nahm nichts umsonst, sondern gab reichlich zurück und schlug nicht faul um sich herum: bei Tagesanbruch aber hörte alles auf. Wie der Müller aufgestanden war, wollt er nach ihm sehen und verwunderte sich daß er noch lebte. Da sprach er »ich habe mich satt gegessen, habe Ohrfeigen gekriegt, aber ich habe auch Ohrfeigen ausgeteilt.« Der Müller freute sich und sagte nun wäre die Mühle erlöst, und wollte ihm gern zur Belohnung viel Geld geben. Er sprach aber »Geld will ich nicht, ich habe doch genug.« Dann nahm er sein Mehl auf den Rücken, ging nach Haus und sagte dem Amtmann er hätte die Sache ausgerichtet und wollte nun seinen bedungenen Lohn haben. Wie der Amtmann das hörte, da ward ihm erst recht angst: er wußte sich nicht zu lassen, ging in der Stube auf und ab, und die Schweißtropfen liefen ihm von der Stirne herunter. Da machte er das Fenster auf nach frischer Luft, eh er sichs aber versah, hatte ihm der Großknecht einen Tritt gegeben, daß er durchs Fenster in die Luft hinein flog, immer fort, bis ihn niemand mehr sehen konnte. Da sprach der Großknecht zur Frau des Amtmanns »kommt er nicht wieder, so müßt ihr den anderen Streich hinnehmen.« Sie[[1]] rief »nein, nein, ich kanns nicht aushalten,« und machte das andere Fenster auf, weil ihr die Schweißtropfen die Stirne herunter liefen. Da gab er ihr einen Tritt, daß sie gleichfalls hinaus flog und da sie leichter war, noch viel höher als ihr Mann. Der Mann rief »komm doch zu mir,« sie aber rief »komm du zu mir, ich kann nicht zu dir.« Und sie schwebten da in der Luft, und konnte keins zum andern kommen, und ob sie da noch schweben, das weiß ich nicht; der junge Riese aber nahm seine Eisenstange und ging weiter. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="91._Dat_Erdmänneken" 91. &&wt0 {{Dat Erdmänneken.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Et was mal en rik Künig west, de hadde drei Döch¬ter had, de wören alle Dage in den Schlott¬go¬ren spa¬ze¬ren gaen, un de Künig, dat was so en Leiv¬hawer von aller¬hand wackeren Bömen west: un einen, den had¬de he so leiv had, dat he den¬je¬ni¬gen, de üm¬me en Ap¬pel der¬von plückede, hun¬nerd Klaf¬ter un¬ner de Eere ver¬wün¬schede. Als et nu Her¬vest war, da wor¬den de Ap¬pel an den einen Bau¬me so raut ase Blaud. De drei Döch¬ter gun¬gen alle Dage un¬ner den Baum un seihen to ov nig de Wind 'n Ap¬pel herun¬ner schla¬gen häd¬de, awerst se fan¬nen ir Le¬ve¬da¬ge kie¬nen, un de Baum de satt so vull, dat he bre¬ken wull, un de Tel¬gen (Zwei¬ge) hun¬gen bis up de Eere. Da ge¬lus¬tede den jun¬ges¬ten Künigs¬kin¬ne ge¬wal¬dig un et seg¬de to sinen Süs¬tern »use Tei¬te (Va¬ter), de hett us viel to leiv, ase dat he us ver¬wün¬schen dei¬he: ik glö¬ve dat he dat nur we¬gen de früm¬den Lude da¬hen hat.« Un in¬des plücked dat Kind en gans dicken Ap¬pel af un sprunk fur sinen Süs¬tern un seg¬de »a, nu schmecket mal, mine lewen Süster¬kes, nu hew ik doch min Le¬ve¬da¬ge so wat scho¬nes no nig schmecket.« Da beeten de bei¬den an¬nern Künigs¬döch¬ter auch mal in den Ap¬pel, un da ver¬sün¬ken se alle drei deip un¬ner de Eere, dat kien Haan mer da¬nach krä¬hete. As et da Mid¬dag is, da wull se de Künig do Diske roo¬pen, do sind se nir¬gends to fin¬nen: he söket se so viel im Schlott un in Goren, awerst he kun se nig fin¬nen. Da werd he so be¬drö¬wet un let dat gan¬se Land up¬beien (auf¬bieten), un wer ün¬ne sine Döch¬ter wier brech¬te, de sull ene da¬von tor Fruen he¬wen. Da ga¬het so vie¬le jun¬ge Lude uwer Feld un söket, dat is gans ut der Wie¬se (über alle Maßen), denn jeder had¬de de drei Kin¬ner geren had, wiil se wören ge¬gen jeder¬mann so frün¬dlig un so schön von An¬ge¬sich¬te west. Un et togen auck drei Jäger¬bur¬schen ut, un ase da wol en acht Dage rieset had¬den, da kum¬met se up en grot Schlot, da woren so hüb¬sche Sto¬ben inne west, un in einen Zim¬mer is en Disch decket, darup wören so söte Spisen, de sied noch so war¬me dat se dam¬pet, awerst in den gan¬zen Schlott is kien Minsk to hö¬ren noch to sei¬hen. Do war¬tet se noch en hal¬wen Dag, un de Spie¬sen blie¬wet im¬mer war¬me un dam¬pet, bis up et lest, da we¬ret se so hun¬gerig, dat se sik der¬bie set¬tet un et¬tet, un macket mit en an¬ner ut, se wül¬len up den Schlot¬te wuh¬nen blie¬wen, un wül¬len da¬rüm¬me loo¬sen, dat eine in Hu¬se blev un de beid¬en an¬nern de Doch¬ter sö¬ke¬ten; dat doet se auck, un dat Loos drep¬pet den ölesten. Den an¬nern Dag da gaet de twei jün¬gesten söken, un de öleste mot to Huse blie¬wen. Am Mid¬dage kümmt der so en klein klein Män¬ne¬ken un hölt um 'n Stü¬kes¬ken Braud ane, da nümmt he von dem Brau¬de, wat he da fun¬nen häd¬de, un schnitt en Stücke rund um¬me den Braud weg un will ünne dat gie¬wen, in¬des dat he et ün¬ne rei¬ket, lett et dat klei¬ne Män¬ne¬ken fal¬len un segd he sul¬le dok so gut sin un gie¬wen ün dat Stücke wier. Da will he dat auck doen un bucket sik, mit des nümmt dat Män¬ne¬ken en Stock un päckt ün¬ne bie den Haa¬ren un giwt ün¬ne düete Schlä¬ge. Den an¬ne¬ren Dag, da is de twei¬de to Hus blie¬wen, den geit et nicks bet¬ter. Ase de bei¬den an¬nern da den Avend nah Hus küm¬met, da segd de öleste »no, wie hätt et die dann gaen?« »O, et geit mie gans schlech¬te.« Da kla¬get se sik en¬an¬ner ere Naud, awerst den jun¬gesten had¬den se nicks da¬von¬ne sagd, den had¬den se gar nig lien (lei¬den) mogt un had¬den ünne jum¬mer den dum¬men Hans hei¬ten, weil he nig recht van de Weld was. Den drit¬ten Dag, da blivt de jun¬geste to Hus, da küm¬met dat kleine Män¬neken wier un hölt um en Stücks¬ken Braud an; da he ün¬ne dat giewen hätt, let he et wier fal¬len un segd he mügte dock so gut sien un reicken ün¬ne dat Stücks¬ken wier. Da segd he to den klei¬nen Män¬ne¬ken »wat! kannst du dat Stücke nig sul¬wens wier up nüm¬men, wenn du die de Möhe nig mal um dine däg¬liche Na¬run¬ge gie¬wen wust, so bist du auck nich wert, dat du et etest.« Da word dat Män¬ne¬ken so bös un seh¬de he möst et doen: he awerst nig fuhl, nam min lewe Män¬ne¬ken un drosch et duet dör (tüch¬tig durch). Da schrie¬ge dat Män¬ne¬ken so viel un rep »hör up, hör up, un lat mie ge¬we¬ren, dann will ik die auck seg¬gen wo de Künigs¬döch¬ter sied.« Wie he dat hörde, häll hei up to slaen, un dat Män¬ne¬ken ver¬tel¬de he wör en Erd¬män¬ne¬ken, un sul¬ke wären mehr ase du¬send, he mög¬te man mit ün¬ne gaen, dann wul¬le he ün¬ne wie¬sen wo de Künigs¬döch¬ter we¬ren. Da wist he ün¬ne en dei¬pen Born, da is awerst kien Water in¬ne west. Da segd dat Män¬ne¬ken he wuste wohl dat et sine Ge¬sel¬len nig ehr¬lich mit ün¬ne mein¬ten, wenn he de Künigs¬kin¬ner er¬lö¬sen wul¬le, dann möste he et allei¬ne doen. De bei¬den an¬nern Broer wul¬len wohl auck geren de Künigs¬döch¬ter wier he¬wen, awerst se wul¬len der kiene Möge un Gefahr um¬me doen, he möste so en grau¬ten Korv nüm¬men, un möste sik mit sinen Hirsch¬fän¬ger un en Schel¬le da¬rin¬ne set¬ten un sik herun¬ter win¬nen laten: un¬nen da wören drei Zim¬mer, in jeden set¬te ein Künigs¬kind un häd¬de en Dra¬chen mit vil¬len Köp¬pen to lu¬sen, den möste he de Köp¬pe af¬schla¬gen. Ase dat Erd¬män¬ne¬ken nu dat al¬le sagd had¬de, ver¬schwand et. Ase't Awend is, da küm¬met de bei¬den an¬nern un fra¬get wie et ün gaen häd¬de, da segd he »o, so wit gud,« un häd¬de kei¬nen Mins¬ken se¬hen, ase des Mid¬dags, da wer so ein klein Män¬ne¬ken kum¬men, de häd¬de ün um¬me en Stücks¬ken Braud bid¬dit, do he et ün¬ne gie¬wen häd¬de, häd¬de dat Män¬ne¬ken et fal¬len laten un häd¬de segd he mög¬tet ün¬ne doch wier up nüm¬men, wie he dat nig hädd¬e doen wullt, da häd¬de et an¬fan¬gen to puchen, dat häd¬de he awerst un¬recht ver¬stan un häd¬de dat Män¬ne¬ken prü¬gelt, un da häd¬de et ün¬ne ver¬tellt wo de Kü¬nigs¬döch¬ter wä¬ren. Da är¬ger¬ten sik de bei¬den so viel, dat se gehl un grön wö¬ren. Den an¬nern Mor¬gen da gun¬gen se to hau¬pe an den Born un mack¬ten Loo¬se, wer sik dat erste in den Korv set¬ten sul¬le, da feel dat Loos wier den ölles¬ten to, he mot sik darin set¬ten un de Klin¬gel mit¬nüm¬men. Da segd he »wenn ik klin¬gele, so mutt gi mik nur ge¬schwin¬ne wier herup¬win¬nen.« Ase he en bit¬ken herun¬ner is, da klin¬gelte wat, da win¬nen se ünn¬e wier heruper: da sett sik de tweide herin¬ne, de ma¬ket ewen sau: nu küm¬met dann auck de Rie¬ge an den jun¬ges¬ten, de lät sik awerst gans drin¬ne run¬ner win¬nen. Ase he ut den Korve stie¬gen is, da nüm¬met he sinen Hirsch¬fän¬ger un geit vor der ersten Doer staen un lustert, da hort he den Drachen gans lute schnar¬chen. He macket lang¬sam de Döre op¬pen, da sitt da de eine Künigs¬doch¬ter un häd op eren Schot nie¬gene (neun) Drachen¬köp¬pe ligen un luset de. Da nüm¬met he sinen Hirsch¬fän¬ger un hog¬get to, da siet de nieg¬ne Kop¬pe awe. De Künigs¬doch¬ter sprank up un fäl ün¬ne um den Hals un drucket un pie¬pete (küßte) ünn so viel, un nüm¬met ihr Brust¬stücke, dat wor von rauen Gol¬le west, un hen¬get ün¬ne dat um¬me. Da geit he auck nach der twei¬den Künigs¬doch¬ter, de häd en Dra¬chen mit sie¬ven Köp¬pe to lu¬sen un er¬lö¬set de auck, so de jun¬geste, de had¬de en Dra¬chen mit vie¬re Köp¬pen to lu¬sen had, da geit he auck hin¬ne. Do fro¬get se sich alle so viel, un drucke¬ten un pie¬pe¬ten ohne up¬hören. Da klin¬gel¬te he sau har¬de, bis dat se owen hört. Da set he de Künigs¬döch¬ter ein nach der an¬nern in den Korv un let se alle drei herup¬trecken, wie nu an ünne de Riege kümmt, da fal¬let ün de Woore (Worte) von den Erd¬män¬ne¬ken wier bie, dat et sine Ge¬sel¬len mit ün¬ne nig gut mein¬den. Da nüm¬met he en gro¬ten Stein, de da ligt un legt ün in den Korv, ase de Korv da un¬ge¬fähr bis in de Mid¬de herup is, schnien de fals¬ken Broer owen dat Strick af, dat de Korv mit den Stein up den Grund füll, un mein¬ten he wöre nu dau¬de, un lau¬pet mit de drei Künigs¬döch¬ter wege un latet sik der¬van ver¬spre¬ken dat se an ehren Vater seg¬gen willt dat se bei¬den se er¬lö¬set häd¬den; da küm¬met se tom Künig, un be¬gert se tor Fru¬gen. Un¬ner¬dies geit de jun¬geste Jäger¬bur¬sche gans be¬drö¬wet in den drei Kam¬mern herum¬mer un den¬ket dat he nu wull ster¬wen möste, da süht he an der Wand 'n Fleu¬ten¬pi¬pe han¬gen, da segd he »worüm¬me hen¬gest du da wull, hier kann ja doch keiner lustig sin?« He be¬kucket auck de Dra¬chen¬köp¬pe, un segd »ju künnt mie nu auck nig helpen.« He geit so man¬nig¬mal up un af spat¬ze¬ren, dat de Erd¬bo¬den da¬von glat werd. Up et lest, da kriegt he an¬ne¬re Ge¬dan¬ken, da nüm¬met he de Fleu¬ten¬pi¬pen van der Wand un blest en Stücks¬ken, up een¬mahl kum¬met da so vie¬le Erd¬män¬ne¬kens, bie jed¬en Don, den he däht, kummt eint mehr: da blest he so lange dat Stücks¬ken, bis det Zim¬mer stop¬te vull is. De fra¬get alle wat sin Be¬ge¬ren wöre, da segd he he wull geren wier up de Ere an Dages Licht, da fat¬ten sie ün¬ne alle an, an je¬den Spir (Fa¬den) Haar, wat he up si¬nen Kop¬pe had¬de, un sau flei¬get se mit ün¬ne herup¬per his up de Ere. Wie he owen is, geit he glick nach den Künigs¬schlott, wo gra¬de de Hoch¬tit mit der einen Künigs¬doch¬ter sin sul¬le, un geit up den Zim¬mer, wo de Künig mit sinen drei Döch¬tern is. Wie ünne da de Kin¬ner seihet, da wered se gans bes¬chwämt (ohn¬mäch¬tig). Da werd de Künig so böse un let ün¬ne glick in een Ge¬fäng¬nis¬se set¬ten, weil he meint he häd¬de den Kin¬nern en Leid anne daen. Ase awer de Künigs¬döch¬ter wier to sik kummt, da bid¬det se so viel he mog¬te ün¬ne doch wier lose laten. De Künig fra¬get se wo¬rüm¬me, da segd se dat se dat nig ver¬tel¬len dorf¬ten, awerst de Vaer de segd se sul¬len et en Owen (Ofen) ver¬tel¬len. Da geit he herut un lustert an de Döre un hört alles. Da lät he de bei¬den an en Gal¬gen hän¬gen, un den einen givt he de jun¬geste Doch¬ter: un da trok ik en Paar glä¬ser¬ne Schohe an, un da stott ik an en Stein, da segd et »klink!« da wören se caput.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="92._Der_König_vom_goldenen_Berg" 92. Der König vom goldenen Berg. &&ax &&lg=x &&fe Ein Kaufmann, der hatte zwei Kinder, einen Buben und ein Mädchen, die waren beide noch klein und konnten noch nicht laufen. Es gingen aber zwei reichbeladene Schiffe von ihm auf dem Meer, und sein ganzes Vermögen war darin, und wie er meinte dadurch viel Geld zu gewinnen, kam die Nachricht, sie wären versunken. Da war er nun statt eines reichen Mannes ein armer Mann und hatte nichts mehr übrig als einen Acker vor der Stadt. Um sich sein Unglück ein wenig aus den Gedanken zu schlagen, ging er hinaus auf den Acker, und wie er da so auf- und abging, stand auf einmal ein kleines schwarzes Männchen neben ihm und fragte warum er so traurig wäre, und was er sich so sehr zu Herzen nähme. Da sprach der Kaufmann »wenn du mir helfen könntest, wollt ich dir es wohl sagen.« »Wer weiß,« antwortete das schwarze Männchen, »vielleicht helf ich dir.« Da erzählte der Kaufmann daß ihm sein ganzer Reichtum auf dem Meer zu Grunde gegangen wäre, und hätte er nichts mehr übrig als diesen Acker. »Bekümmere dich nicht,« sagte das Männchen, »wenn du mir versprichst das, was dir zu Haus am ersten widers Bein stößt, in zwölf Jahren hierher auf den Platz zu bringen, sollst du Geld haben so viel du willst.« Der Kaufmann dachte »was kann das anders sein als mein Hund?« aber an seinen kleinen Jungen dachte er nicht und sagte ja, gab dem schwarzen Mann Handschrift und Siegel darüber und ging nach Haus. Als er nach Haus kam, da freute sich sein kleiner Junge so sehr darüber, daß er sich an den Bänken hielt, zu ihm herbei wackelte und ihn an den Beinen fest packte. Da erschrak der Vater, denn es fiel ihm sein Versprechen ein und er wußte nun was er verschrieben hatte: weil er aber immer noch kein Geld in seinen Kisten und Kasten fand, dachte er es wäre nur ein Spaß von dem Männchen gewesen. Einen Monat nachher ging er auf den Boden und wollte altes Zinn zusammen suchen und verkaufen, da sah er einen großen Haufen Geld liegen. Nun war er wieder guter Dinge, kaufte ein, ward ein größerer Kaufmann als vorher und ließ Gott einen guten Mann sein. Unterdessen ward der Junge groß und dabei klug und gescheit. Je näher aber die zwölf Jahre herbei kamen, je sorgvoller ward der Kaufmann, so daß man ihm die Angst im Gesicht sehen konnte. Da fragte ihn der Sohn einmal was ihm fehlte: der Vater wollte es nicht sagen, aber jener hielt so lange an, bis er ihm endlich sagte er hätte ihn, ohne zu wissen was er verspräche, einem schwarzen Männchen zugesagt und vieles Geld dafür bekommen. Er hätte seine Handschrift mit Siegel darüber gegeben, und nun müßte er ihn, wenn zwölf Jahre herum wären, ausliefern. Da sprach der Sohn »o Vater, laßt euch nicht bang sein, das soll schon gut werden, der Schwarze hat keine Macht über mich.« Der Sohn ließ sich von dem Geistlichen segnen, und als die Stunde kam, gingen sie zusammen hinaus auf den Acker, und der Sohn machte einen Kreis und stellte sich mit seinem Vater hinein. Da kam das schwarze Männchen und sprach zu dem Alten »hast du mitgebracht, was du mir versprochen hast?« Er schwieg still, aber der Sohn fragte »was willst du hier?« Da sagte das schwarze Männchen »ich habe mit deinem Vater zu sprechen und nicht mit dir.« Der Sohn antwortete »du hast meinen[[Besitz]] Vater betrogen und verführt, gib die Handschrift heraus.« »Nein,« sagte das schwarze Männchen, »mein Recht geb[[geben]] ich nicht auf.« Da redeten sie noch lange mit einander, endlich wurden sie einig, der Sohn, weil er nicht dem Erbfeind und nicht mehr seinem Vater zugehörte, sollte sich in ein Schiffchen setzen, das auf einem hinabwärts fließenden Wasser stände, und der Vater sollte es mit seinem eigenen Fuß fortstoßen, und dann sollte der Sohn dem Wasser überlassen bleiben. Da nahm er Abschied von seinem Vater, setzte sich in ein Schiffchen, und der Vater mußte es mit seinem eigenen Fuß fortstoßen. Das Schiffchen schlug um, so daß der unterste Teil oben war, die Decke aber im Wasser; und der Vater glaubte, sein Sohn wäre verloren, ging heim und trauerte um ihn. Das Schiffchen aber versank nicht, sondern floß ruhig fort, und der Jüngling saß sicher darin, und so floß es lange, bis es endlich an einem unbekannten Ufer festsitzen blieb. Da stieg er ans Land, sah ein schönes Schloß vor sich liegen und ging darauf los. Wie er aber hineintrat, war es verwünscht; er ging durch alle Zimmer, aber sie waren leer bis er in die letzte Kammer kam, da lag eine Schlange darin und ringelte sich. Die Schlange aber war eine verwünschte Jungfrau, die freute sich, wie sie ihn sah, und sprach zu ihm »kommst du, mein Erlöser? auf dich habe ich schon zwölf Jahre gewartet; dies Reich ist verwünscht, und du mußt es erlösen.« »Wie kann ich das?« fragte er. »Heute Nacht kommen zwölf schwarze Männer, die mit Ketten behangen sind, die werden dich fragen was du hier machst, da schweig aber still und gib ihnen keine Antwort, und laß sie mit dir machen was sie wollen: sie werden dich quälen, schlagen und stechen, laß alles geschehen, nur rede nicht; um zwölf Uhr müssen sie wieder fort. Und in der zweiten Nacht werden wieder zwölf andere kommen, in der dritten vier und zwanzig, die werden dir den Kopf abhauen: aber um zwölf Uhr ist ihre Macht vorbei, und wenn du dann ausgehalten und kein Wörtchen gesprochen hast, so bin ich erlöst. Ich komme zu dir, und habe in einer Flasche das Wasser des Lebens, damit bestreiche ich dich, und dann bist du wieder lebendig und gesund wie zuvor.« Da sprach er »gerne will ich dich erlösen.« Es geschah nun alles so, wie sie gesagt hatte: die schwarzen Männer konnten ihm kein Wort abzwingen, und in der dritten Nacht ward die Schlange zu einer schönen Königstochter, die kam mit dem Wasser des Lebens und machte ihn wieder lebendig. Und dann fiel sie ihm um den Hals und küßte ihn, und war Jubel und Freude im ganzen Schloß. Da wurde ihre Hochzeit gehalten, und er war König vom &&c=8 goldenen Berge. &&c=0 Also lebten sie vergnügt zusammen, und die Königin gebar einen schönen Knaben. Acht Jahre waren schon herum, da fiel ihm sein Vater ein und sein Herz ward bewegt, und er wünschte ihn einmal heimzusuchen. Die Königin wollte ihn aber nicht fortlassen und sagte »ich weiß schon daß es mein Unglück ist,« er ließ ihr aber keine Ruhe bis sie einwilligte. Beim Abschied gab sie ihm noch einen Wünschring und sprach »nimm diesen Ring und steck ihn an deinen Finger, so wirst du alsbald dahin versetzt, wo du dich hinwünschest, nur mußt du mir versprechen daß du ihn nicht gebrauchst, mich von hier weg zu deinem Vater zu wünschen.« Er versprach ihr das, steckte den Ring an seinen Finger und wünschte sich heim vor die Stadt, wo sein Vater lebte. Im Augenblick befand er sich auch dort und wollte in die Stadt: wie er aber vors Tor kam, wollten ihn die Schildwachen nicht einlassen, weil er seltsame und doch so reiche und prächtige Kleider an hatte. Da ging er auf einen Berg, wo ein Schäfer hütete, tauschte mit diesem die Kleider und zog den alten Schäferrock an und ging also ungestört in die Stadt ein. Als er zu seinem Vater kam, gab er sich zu erkennen, der aber glaubte nimmermehr daß es sein Sohn wäre und sagte er hätte zwar einen Sohn gehabt, der wäre aber längst tot: doch weil er sähe daß er ein armer dürftiger Schäfer wäre, so wollte er ihm einen Teller voll zu essen geben. Da sprach der Schäfer zu seinen Eltern »ich bin wahrhaftig euer Sohn, wißt ihr kein Mal an meinem Leibe, woran ihr mich erkennen könnt?« »Ja,« sagte die Mutter, »unser Sohn hatte eine Himbeere unter dem rechten Arm.« Er streifte das Hemd zurück, da sahen sie die Himbeere unter seinem rechten Arm und zweifelten nicht mehr daß es ihr Sohn wäre. Darauf erzählte er ihnen er wäre König vom goldenen Berge und eine Königstochter wäre seine Gemahlin, und sie hätten einen schönen Sohn von sieben Jahren. Da sprach der Vater »nun und nimmermehr ist das wahr: das ist mir ein schöner König, der in einem zerlumpten Schäferrock hergeht.« Da ward der Sohn zornig und drehte, ohne an sein Versprechen zu denken, den Ring herum und wünschte beide, seine Gemahlin und sein Kind, zu sich. In dem Augenblick waren sie auch da, aber die Königin, die klagte und weinte, und sagte er hätte sein Wort gebrochen und hätte sie unglücklich gemacht. Er sagte »ich habe es unachtsam getan und nicht mit bösem Willen« und redete ihr zu; sie stellte sich auch als gäbe sie nach, aber sie hatte Böses im Sinn. Da führte er sie hinaus vor die Stadt auf den Acker und zeigte ihr das Wasser, wo das Schiffchen war abgestoßen worden, und sprach dann »ich bin müde, setze dich nieder, ich will ein wenig auf deinem Schooß schlafen.« Da legte er seinen Kopf auf ihren Schooß und sie lauste ihn ein wenig, bis er einschlief. Als er eingeschlafen war, zog sie erst den Ring von seinem Finger, dann zog sie den Fuß unter ihm weg und ließ nur den Toffel zurück: hierauf nahm sie ihr Kind in den Arm und wünschte sich wieder in ihr Königreich. Als er aufwachte, lag er da ganz verlassen, und seine Gemahlin und das Kind waren fort und der Ring vom Finger auch, nur der Toffel stand noch da zum Wahrzeichen. »Nach Haus zu deinen Eltern kannst du nicht wieder gehen,« dachte er, »die würden sagen, du wärst ein Hexenmeister, du willst aufpacken und gehen bis du in dein Königreich kommst.« Also ging er fort und kam endlich zu einem Berg, vor dem drei Riesen standen und mit einander stritten, weil sie nicht wußten wie sie ihres Vaters Erbe teilen sollten. Als sie ihn vorbei gehen sahen, riefen sie ihn an und sagten kleine Menschen hätten klugen Sinn, er sollte ihnen die Erbschaft verteilen. Die Erbschaft aber bestand aus einem Degen, wenn einer den in die Hand nahm und sprach »Köpf alle runter, nur meiner nicht,« so lagen alle Köpfe auf der Erde: zweitens aus einem Mantel, wer den anzog, war unsichtbar; drittens aus ein paar Stiefeln, wenn man die angezogen hatte und sich wohin wünschte, so war man im Augenblick da. Er sagte »gebt mir die drei Stücke damit ich probieren könnte ob sie noch in gutem Stande sind.« Da gaben sie ihm den Mantel, und als er ihn umgehängt hatte, war er unsichtbar und war in eine Fliege verwandelt. Dann nahm er wieder seine Gestalt an und sprach »der Mantel ist gut, nun gebt mir das Schwert.« Sie[[1]] sagten »nein, das geben wir nicht! wenn du sprächst ›Köpf alle runter, nur meiner nicht!‹ so wären unsere Köpfe alle herab und du allein hättest den deinigen noch.« Doch gaben sie es ihm unter der Bedingung daß ers an einem Baum probieren sollte. Das tat er und das Schwert zerschnitt den Stamm eines Baums wie einen Strohhalm. Nun wollt er noch die Stiefeln haben, sie sprachen aber »nein, die geben wir nicht weg, wenn du sie angezogen hättest und wünschtest dich oben auf den Berg, so stünden wir da unten und hätten nichts.« »Nein,« sprach er, »das will ich nicht tun.« Da gaben sie ihm auch die Stiefeln. Wie er nun alle drei Stücke hatte, so dachte er an nichts als an seine Frau und sein Kind und sprach so vor sich hin »ach wäre ich auf dem goldenen Berg,« und alsbald verschwand er vor den Augen der Riesen, und war also ihr Erbe geteilt. Als er nah beim Schloß war, hörte er Freudengeschrei, Geigen und Flöten, und die Leute sagten ihm seine Gemahlin feierte ihre Hochzeit mit einem andern. Da ward er zornig und sprach »die Falsche, sie hat mich betrogen und mich verlassen, als ich eingeschlafen war.« Da hing er seinen Mantel um und ging unsichtbar ins Schloß hinein. Als er in den Saal eintrat, war da eine große Tafel mit köstlichen Speisen besetzt, und die Gäste aßen und tranken, lachten und scherzten. Sie[[1]] aber saß in der Mitte in prächtigen Kleidern auf einem königlichen Sessel und hatte die Krone auf dem Haupt. Er stellte sich hinter sie und niemand sah ihn. Wenn sie ihr ein Stück Fleisch auf den Teller legten, nahm er ihn weg und aß es: und wenn sie ihr ein Glas Wein einschenkten, nahm ers weg und tranks aus; sie gaben ihr immer, und sie hatte doch immer nichts, denn Teller und Glas verschwanden augenblicklich. Da ward sie bestürzt und schämte sie sich, stand auf und ging in ihre Kammer und weinte, er aber ging hinter ihr her. Da sprach sie »ist denn der Teufel über mir, oder kam mein Erlöser nie?« Da schlug er ihr ins Angesicht und sagte »kam dein Erlöser nie? er ist über dir, du Betrügerin. Habe ich das an dir verdient?« Da machte er sich sichtbar, ging in den Saal und rief »die Hochzeit ist aus, der wahre König ist gekommen!« Die Könige, Fürsten und Räte, die da versammelt waren, höhnten und verlachten ihn: er aber gab kurze Worte und sprach »wollt ihr hinaus oder nicht?« Da wollten sie ihn fangen und drangen auf ihn ein, aber er zog sein Schwert und sprach »Köpf alle runter, nur meiner nicht.« Da rollten alle Köpfe zur Erde, und er war allein der Herr und war wieder König vom goldenen Berge. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="93._Die_Rabe" 93. Die Rabe. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal eine Königin, die hatte ein Töchterchen, das war noch klein und mußte noch auf dem Arm getragen werden. Zu einer Zeit war das Kind unartig, und die Mutter mochte sagen was sie wollte, es hielt nicht Ruhe. Da ward sie ungeduldig, und weil die Raben so um das Schloß herum flogen, öffnete sie das Fenster und sagte »ich wollte du wärst eine Rabe und flögst fort, so hätt ich Ruhe.« Kaum hatte sie das Wort gesagt, so war das Kind in eine Rabe verwandelt und flog von ihrem Arm zum Fenster hinaus. Sie[[1]] flog aber in einen dunkeln Wald und blieb lange Zeit darin und die Eltern hörten nichts von ihr. Danach führte einmal einen Mann sein Weg in diesen Wald, der hörte die Rabe rufen und ging der Stimme nach: und als er näher kam, sprach die Rabe »ich bin eine Königstochter von Geburt und bin verwünscht worden, du aber kannst mich erlösen.« »Was soll ich tun?« fragte er. Sie[[1]] sagte »geh weiter in den Wald und du wirst ein Haus finden, darin sitzt eine alte Frau, die wird dir Essen und Trinken reichen, aber du darfst nichts nehmen: wenn du etwas ißest oder trinkst, so verfällst du in einen Schlaf und kannst du mich nicht erlösen. Im Garten hinter dem Haus ist eine große Lohhucke {{[Lohhucke]}}, darauf sollst du stehen und mich erwarten. Drei Tage lang komm ich jeden Mittag um zwei Uhr zu dir in einem Wagen, der ist erst mit vier weißen Hengsten bespannt, dann mit vier roten und zuletzt mit vier schwarzen, wenn du aber nicht wach bist, sondern schläfst, so werde ich nicht erlöst.« Der Mann versprach alles zu tun, was sie verlangt hatte, die Rabe aber sagte »ach, ich weiß es schon, du wirst mich nicht erlösen, du nimmst etwas von der Frau.« Da versprach der Mann noch einmal er wollte gewiß nichts anrühren weder von dem Essen noch von dem Trinken. Wie er aber in das Haus kam, trat die alte Frau zu ihm und sagte »armer Mann, was seid ihr abgemattet, kommt und erquickt euch, esset und trinkt.« »Nein,« sagte der Mann, »ich will nicht essen und nicht trinken.« Sie[[1]] ließ ihm aber keine Ruhe und sprach »wenn ihr dann nicht essen wollt, so tut einen Zug aus dem Glas, einmal ist keinmal.« Da ließ er sich überreden und trank. Nachmittags gegen zwei Uhr ging er hinaus in den Garten auf die Lohhucke und wollte auf die Rabe warten. Wie er da stand, ward er auf einmal so müde, und konnte es nicht überwinden und legte sich ein wenig nieder: doch wollte er nicht einschlafen. Aber kaum hatte er sich hin gestreckt, so fielen ihm die Augen von selber zu, und er schlief ein und schlief so fest daß ihn nichts auf der Welt hätte erwecken können. Um zwei Uhr kam die Rabe mit vier weißen Hengsten gefahren, aber sie war schon in voller Trauer und sprach »ich weiß daß er schläft.« Und als sie in den Garten kam, lag er auch da auf der Lohhucke und schlief. Sie[[1]] stieg aus dem Wagen, ging zu ihm und schüttelte ihn und rief ihn an, aber er erwachte nicht. Am andern Tag zur Mittagszeit kam die alte Frau wieder und brachte ihm Essen und Trinken, aber er wollte es nicht annehmen. Doch sie ließ ihm keine Ruhe und redete ihm so lange zu bis er wieder einen Zug aus dem Glase tat. Gegen zwei Uhr ging er in den Garten auf die Lohhucke und wollte auf die Rabe warten, da empfand er auf einmal so große Müdigkeit, daß seine Glieder ihn nicht mehr hielten: er konnte sich nicht helfen, mußte sich legen und fiel in tiefen Schlaf. Als die Rabe daher fuhr mit vier braunen Hengsten, war sie schon in voller Trauer und sagte »ich weiß daß er schläft.« Sie[[1]] ging zu ihm hin, aber er lag da im Schlaf und war nicht zu erwecken. Am andern Tag sagte die alte Frau was das wäre? er äße und tränke nichts, ob er sterben wollte? Er antwortete »ich will und darf nicht essen und nicht trinken.« Sie[[1]] stellte aber die Schüssel mit Essen und das Glas mit Wein vor ihm hin, und als der Geruch davon zu ihm aufstieg, so konnte er nicht widerstehen und tat einen starken Zug. Als die Zeit kam, ging er hinaus in den Garten auf die Lohhucke und wartete auf die Königstochter: da ward er noch müder, als die Tage vorher, legte sich nieder und schlief so fest als wär er ein Stein. Um zwei Uhr kam die Rabe und hatte vier schwarze Hengste, und die Kutsche und alles war schwarz. Sie[[1]] war aber schon in voller Trauer und sprach »ich weiß daß er schläft und mich nicht erlösen kann.« Als sie zu ihm kam, lag er da und schlief fest. Sie[[1]] rüttelte ihn und rief ihn, aber sie konnte ihn nicht aufwecken. Da legte sie ein Brot neben ihn hin, dann ein Stück Fleisch, zum dritten eine Flasche Wein, und er konnte von allem so viel nehmen, als er wollte, es ward nicht weniger. Danach nahm sie einen goldenen Ring von ihrem Finger, und steckte ihn an seinen Finger, und war ihr Name eingegraben. Zuletzt legte sie einen Brief hin, darin stand was sie ihm gegeben hatte und daß es nie all würde, und es stand auch darin »ich sehe wohl daß du mich hier nicht erlösen kannst, willst du mich aber noch erlösen, so komm nach dem goldenen Schloß von Stromberg, es steht in deiner Macht, das weiß ich gewiß.« Und wie sie ihm das alles gegeben hatte, setzte sie sich in ihren Wagen und fuhr in das goldene Schloß von Stromberg. Als der Mann aufwachte und sah daß er geschlafen hatte, ward er von Herzen traurig und sprach »gewiß nun ist sie vorbei gefahren und ich habe sie nicht erlöst.« Da fielen ihm die Dinge in die Augen, die neben ihm lagen, und er las den Brief darin geschrieben stand wie es zugegangen war. Also machte er sich auf und ging fort, und wollte nach dem goldenen Schloß von Stromberg, aber er wußte nicht wo es lag. Nun war er schon lange in der Welt herumgegangen, da kam er in einen dunkeln Wald und ging vierzehn Tage darin fort und konnte sich nicht heraus finden. Da ward es wieder Abend, und er war so müde, daß er sich an einen Busch legte und einschlief. Am andern Tag ging er weiter und Abends als er sich wieder an einen Busch legen wollte, hörte er ein Heulen und Jammern daß er nicht einschlafen konnte. Und wie die Zeit kam, wo die Leute Lichter anstecken, sah er eins schimmern, machte sich auf und ging ihm nach: da kam er vor ein Haus, das schien so klein, denn es stand ein großer Riese davor. Da dachte er bei sich »gehst du hinein und der Riese erblickt dich, so ist es leicht um dein Leben geschehen.« Endlich wagte er es und trat heran. Als der Riese ihn sah, sprach er »es ist gut, daß du kommst, ich habe lange nichts gegessen: ich will dich gleich zum Abendbrot verschlucken.« »Laß das lieber sein,« sprach der Mann, »ich lasse mich nicht gerne verschlucken; verlangst du zu essen, so habe ich genug, um dich satt zu machen.« »Wenn das wahr ist,« sagte der Riese, »so kannst du ruhig bleiben; ich wollte dich nur verzehren, weil ich nichts anderes habe.« Da gingen sie und setzten sich an den Tisch, und der Mann holte Brot, Wein und Fleisch, das nicht all ward. »Das gefällt mir wohl,« sprach der Riese und aß nach Herzenslust. Danach sprach der Mann zu ihm »kannst du mir nicht sagen wo das goldene Schloß von Stromberg ist?« Der Riese sagte »ich will auf meiner Landkarte nachsehen, darauf sind alle Städte, Dörfer und Häuser zu finden.« Er holte die Landkarte, die er in der Stube hatte, und suchte das Schloß, aber es stand nicht darauf. »Es tut nichts,« sprach er, »ich habe oben im Schranke noch größere Landkarten; darauf wollen wir suchen;« aber es war auch vergeblich. Der Mann wollte nun weiter gehen; aber der Riese bat ihn noch ein paar Tage zu warten bis sein Bruder heim käme, der wäre ausgegangen Lebensmittel zu holen. Als der Bruder heim kam, fragten sie nach dem goldenen Schloß von Stromberg, er antwortete »wenn ich gegessen habe und satt bin, dann will ich auf der Karte suchen.« Er stieg dann mit ihnen auf seine Kammer und sie suchten auf seiner Landkarte, konnten es aber nicht finden: da holte er noch andere alte Karten, und sie ließen nicht ab, bis sie endlich das goldene Schloß von Stromberg fanden, aber es war viele tausend Meilen weit weg. »Wie werde ich nun dahin kommen?« fragte der Mann. Der Riese sprach »zwei Stunden hab ich Zeit, da will ich dich bis in die Nähe tragen, dann aber muß ich wieder nach Haus und das Kind säugen, das wir haben.« Da trug der Riese den Mann bis etwa hundert Stunden vom Schloß und sagte »den übrigen Weg kannst du wohl allein gehen.« Dann kehrte er um, der Mann aber ging vorwärts Tag und Nacht, bis er endlich zu dem goldenen Schloß von Stromberg kam. Es stand aber auf einem gläsernen Berge, und die verwünschte Jungfrau fuhr in ihrem Wagen um das Schloß herum und ging dann hinein. Er freute sich als er sie erblickte und wollte zu ihr hinauf steigen, aber wie er es auch anfing, er rutschte an dem Glas immer wieder herunter. Und als er sah daß er sie nicht erreichen konnte, ward er ganz betrübt und sprach zu sich selbst »ich will hier unten bleiben und auf sie warten.« Also baute er sich eine Hütte und saß darin ein ganzes Jahr und sah die Königstochter alle Tage oben fahren, konnte aber nicht zu ihr hinauf kommen. Da sah er einmal aus seiner Hütte wie drei Räuber sich schlugen und rief ihnen zu »Gott sei mit euch!« Sie[[1]] hielten bei dem Ruf inne, als sie aber niemand sahen, fingen sie wieder an sich zu schlagen, und das zwar ganz gefährlich. Da rief er abermals »Gott sei mit euch!« Sie[[1]] hörten wieder auf, guckten sich um, weil sie aber niemand sahen, fuhren sie auch wieder fort sich zu schlagen. Da rief er zum drittenmal »Gott sei mit euch!« und dachte »du mußt sehen was die drei vorhaben« ging hin, und fragte warum sie auf einander losschlügen. Da sagte der eine er hätte einen Stock gefunden, wenn er damit wider eine Tür schlüge, so spränge sie auf; der andere sagte er hätte einen Mantel gefunden, wenn er den umhinge, so wär er unsichtbar; der dritte aber sprach er hätte ein Pferd gefangen, damit könnte man überall hin reiten, auch den gläsernen Berg hinauf. Nun wüßten sie nicht ob sie das in Gemeinschaft behalten oder ob sie sich trennen sollten. Da sprach der Mann »die drei Sachen will ich euch eintauschen: Geld habe ich zwar nicht, aber andere Dinge, die mehr wert sind! doch muß ich vorher eine Probe machen, damit ich sehe ob ihr auch die Wahrheit gesagt habt.« Da ließen sie ihn aufs Pferd sitzen, hingen ihm den Mantel um und gaben ihm den Stock in die Hand, und wie er das alles hatte, konnten sie ihn nicht mehr sehen. Da gab er ihnen tüchtige Schläge und rief »nun, ihr Bärenhäuter, da habt ihr was euch gebührt: seid ihr zufrieden?« Dann ritt er den Glasberg hinauf und als er oben vor das Schloß kam, war es verschlossen: da schlug er mit dem Stock an das Tor und alsbald sprang es auf. Er trat ein und ging die Treppe hinauf bis oben in den Saal, da saß die Jungfrau und hatte einen goldenen Kelch mit Wein vor sich. Sie[[1]] konnte ihn aber nicht sehen, weil er den Mantel um hatte. Und als er vor sie kam, zog er den Ring, den sie ihm gegeben hatte, vom Finger und warf ihn in den Kelch daß es klang. Da rief sie »das ist mein Ring, so muß auch der Mann da sein, der mich erlösen wird.« Sie[[1]] suchten im ganzen Schloß und fanden ihn nicht, er war aber hinaus gegangen, hatte sich aufs Pferd gesetzt und den Mantel abgeworfen. Wie sie nun vor das Tor kamen, sahen sie ihn und schrien vor Freude. Da stieg er ab und nahm die Königstochter in den Arm: sie aber küßte ihn und sagte »jetzt hast du mich erlöst, und morgen wollen wir unsere Hochzeit feiern.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="94._Die_kluge_Bauerntochter" 94. Die kluge Bauerntochter. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein armer Bauer, der hatte kein Land, nur ein kleines Häuschen und eine alleinige Tochter, da sprach die Tochter »wir sollten den Herrn König um ein Stückchen Rottland bitten.« Da der König ihre Armut hörte, schenkte er ihnen auch ein Eckchen Rasen, den hackte sie und ihr Vater um, und wollten ein wenig Korn und der Art Frucht darauf säen. Als sie den Acker beinah herum hatten, so fanden sie in der Erde einen Mörsel von purem Gold. »Hör,« sagte der Vater zu dem Mädchen, »weil unser Herr König ist so gnädig gewesen und hat uns diesen Acker geschenkt, so müssen wir ihm den Mörsel dafür geben.« Die Tochter aber wollt es nicht bewilligen und sagte »Vater, wenn wir den Mörsel haben und haben den Stößer nicht, dann müssen wir auch den Stößer herbei schaffen, darum schweigt lieber still.« Er wollte ihr aber nicht gehorchen, nahm den Mörsel, trug ihn zum Herrn König und sagte den hätte er gefunden in der Heide, ob er ihn als eine Verehrung annehmen wollte. Der König nahm den Mörsel und fragte ob er nichts mehr gefunden hätte? »Nein,« antwortete der Bauer. Da sagte der König er sollte nun auch den Stößer herbeischaffen. Der Bauer sprach den hätten sie nicht gefunden; aber das half ihm so viel, als hätt ers in den Wind gesagt, er ward ins Gefängnis gesetzt, und sollte so lange da sitzen, bis er den Stößer herbeigeschafft hätte. Die Bedienten mußten ihm täglich Wasser und Brot bringen, was man so in dem Gefängnis kriegt, da hörten sie, wie der Mann als fort schrie »ach, hätt ich meiner Tochter gehört! ach, ach, hätt ich meiner Tochter gehört!« Da gingen die Bedienten zum König und sprachen das, wie der Gefangene als fort schrie »ach, hätt ich doch meiner Tochter gehört!« und wollte nicht essen und nicht trinken. Da befahl er den Bedienten sie sollten den Gefangenen vor ihn bringen, und da fragte ihn der Herr König warum er also fort schrie »ach, hätt ich meiner Tochter gehört!« »Was hat eure Tochter denn gesagt?« »Ja sie hat gesprochen ich sollte den Mörsel nicht bringen, sonst müßt ich auch den Stößer schaffen.« »Habt ihr so eine kluge Tochter, so laßt sie einmal herkommen.« Also mußte sie vor den König kommen, der fragte sie ob sie denn so klug wäre, und sagte er wollte ihr ein Rätsel aufgeben, wenn sie das treffen könnte, dann wollte er sie heiraten. Da sprach sie gleich ja, sie wollts erraten. Da sagte der König »komm zu mir, nicht gekleidet, nicht nackend, nicht geritten, nicht gefahren, nicht in dem Weg, nicht außer dem Weg, und wenn du das kannst, will ich dich heiraten.« Da ging sie hin, und zog sich aus splinternackend, da war sie nicht gekleidet, und nahm ein großes Fischgarn, und setzte sich hinein und wickelte es ganz um sich herum, da war sie nicht nackend: und borgte einen Esel fürs Geld und band dem Esel das Fischgarn an den Schwanz, darin er sie fortschleppen mußte, und war das nicht geritten und nicht gefahren: der Esel mußte sie aber in der Fahrgleise schleppen, so daß sie nur mit der großen Zehe auf die Erde kam, und war das nicht in dem Weg und nicht außer dem Wege. Und wie sie so daher kam, sagte der König sie hätte das Rätsel getroffen, und es wäre alles erfüllt. Da ließ er ihren Vater los aus dem Gefängnis, und nahm sie bei sich als seine Gemahlin und befahl ihr das ganze königliche Gut an. Nun waren etliche Jahre herum, als der Herr König einmal auf die Parade zog, da trug es sich zu, daß Bauern mit ihren Wagen vor dem Schloß hielten, die hatten Holz verkauft; etliche hatten Ochsen vorgespannt, und etliche Pferde. Da war ein Bauer, der hatte drei Pferde, davon kriegte eins ein junges Füllchen, das lief weg und legte sich mitten zwischen zwei Ochsen, die vor dem Wagen waren. Als nun die Bauern zusammen kamen, fingen sie an sich zu zanken, zu schmeißen und zu lärmen, und der Ochsenbauer wollte das Füllchen behalten und sagte die Ochsen hättens gehabt: und der andere sagte nein, seine Pferde hättens gehabt, und es wäre sein. Der Zank kam vor den König, und der tat den Ausspruch wo das Füllen gelegen hätte, da sollt es bleiben; und also bekams der Ochsenbauer, dems doch nicht gehörte. Da ging der andere weg, weinte und lamentierte über sein Füllchen. Nun hatte er gehört wie daß die Frau Königin so gnädig wäre, weil sie auch von armen Bauersleuten gekommen wäre: ging er zu ihr und bat sie ob sie ihm nicht helfen könnte daß er sein Füllchen wieder bekäme. Sagte sie »ja, wenn ihr mir versprecht daß ihr mich nicht verraten wollt, so will ichs euch sagen. Morgen früh, wenn der König auf der Wachtparade ist, so stellt euch hin mitten in die Straße, wo er vorbei kommen muß, nehmt ein großes Fischgarn und tut als fischtet ihr, und fischt also fort und schüttet das Garn aus, als wenn ihrs voll hättet,« und sagte ihm auch was er antworten sollte, wenn er vom König gefragt würde. Also stand der Bauer am andern Tag da und fischte auf einem trockenen Platz. Wie der König vorbei kam und das sah, schickte er seinen Laufer hin, der sollte fragen was der närrische Mann vor hätte. Da gab er zur Antwort »ich fische.« Fragte der Laufer wie er fischen könnte, es wäre ja kein Wasser da. Sagte der Bauer »so gut als zwei Ochsen können ein Füllen kriegen, so gut kann ich auch auf dem trockenen Platz fischen.« Der Laufer ging hin und brachte dem König die Antwort, da ließ er den Bauer vor sich kommen und sagte ihm das hätte er nicht von sich, von wem er das hätte: und sollts gleich bekennen. Der Bauer aber wollts nicht tun und sagte immer Gott bewahr! er hätt es von sich. Sie[[1]] legten ihn aber auf ein Gebund Stroh und schlugen und drangsalten ihn so lange, bis ers bekannte, daß ers von der Frau Königin hätte. Als der König nach Haus kam, sagte er zu seiner Frau »warum bist du so falsch mit mir, ich will dich nicht mehr zur Gemahlin: deine Zeit ist um, geh wieder hin, woher du kommen bist, in dein Bauernhäuschen.« Doch erlaubte er ihr eins, sie sollte sich das Liebste und Beste mitnehmen was sie wüßte, und das sollte ihr Abschied sein. Sie[[1]] sagte »ja, lieber Mann, wenn dus so befiehlst, will ich es auch tun,« und fiel über ihn her und küßte ihn und sprach sie wollte Abschied von ihm nehmen. Dann ließ sie einen starken Schlaftrunk kommen, Abschied mit ihm zu trinken: der König tat einen großen Zug, sie aber trank nur ein wenig. Da geriet er bald in einen tiefen Schlaf und als sie das sah, rief sie einen Bedienten und nahm ein schönes weißes Linnentuch und schlug ihn da hinein, und die Bedienten mußten ihn in einen Wagen vor die Türe tragen, und fuhr sie ihn heim in ihr Häuschen. Da legte sie ihn in ihr Bettchen, und er schlief Tag und Nacht in einem fort, und als er aufwachte, sah er sich um, und sagte »ach Gott, wo bin ich denn?« rief seinen Bedienten, aber es war keiner da. Endlich kam seine Frau vors Bett und sagte »lieber Herr König, ihr habt mir befohlen ich sollte das Liebste und Beste aus dem Schloß mitnehmen, nun hab ich nichts Besseres und Lieberes als dich, da hab ich dich mitgenommen.« Dem König stiegen die Tränen in die Augen, und er sagte »liebe Frau, du sollst mein sein und ich dein,« und nahm sie wieder mit ins königliche Schloß und ließ sich aufs neue mit ihr vermählen; und werden sie ja wohl noch auf den heutigen Tag leben. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="95._Der_alte_Hildebrand" 95. &&wt0 {{Der alte Hildebrand.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Es war amahl a Baur und a Bäu¬rin, und dö Bäu¬rin, dö hat der Pfar¬ra im Dorf gern gesegn, und da hat er alle¬weil gwun¬schen, wann er nur amahl an gan¬zen Tag mit der Bäu¬rin allan recht ver¬gnügt zu¬brin¬ga kunnt, und der Bäu¬rin der wars halt a recht gwesn. No, da hat er amahl zu der Bäu¬rin gsagt »hanz, mei liebi Bäurin, hietzt hab i was aus¬stu¬diert, wie wir halt amahl an gan¬zen Tag recht ver¬gnügt mit¬anan¬der zu¬brin¬ga kunn¬ten. Wißts was, ös legts eng aufm Mitt¬woch ins Bett und sagts en¬gern Mon ös seits krang, und lama¬tierts und übelts nur recht, und das treibts fort bis aufm Sunta, wann i die Predi halt, und da wir (werde) i predi¬gen daß wer z' Haus a krangs Kind, an kran¬gen Mon, a krangs Weib, an kran¬gen Vader, a kran¬ge Muader, a krange Schwester, Bruader, oda wers sunst nacha is, hat, und der tut a Wollfart aufm Göcker¬li¬berg in Wälisch¬land, wo ma um an Kreu¬zer an Metzen Lor¬ber¬bla¬den kriegt, dem wirds kran¬ge Kind, der krange Mon, 's kran¬ge Weib, der kran¬ge Vader, d' krange Muader, d' kran¬ge Schwester, oda wers sunst nacha is, auf der Stell gsund.« »Dös wir i schon machen« hat die Bäurin drauf gsagt. No, drauf, aufm Mitt¬woch hat sie halt d' Bäu¬rin ins Bett glegt und hat glama¬tiert und gübelt als wie, und ihr Mon hat ihr alles braucht, was er nur gwißt hat, 's hat aber halt nix gholfn. Wie denn der Sunta kuma is, hat d' Bäu¬rin gsagt »mir is zwar so mise¬ra¬bel als ob i glei ver¬scha¬den sollt, aber ans möcht i do no vor mein End, i möcht halt in Herrn Pfarra sei Predi hörn, dö er heund halten wird.« »A, mei Kind,« sagt der Baur drauf, »tu du dös nit, du kunntst schlech¬ter wern, wann auf¬stundst. Schau, es wir i in d«Predi gehn und wir recht acht gebe und wir dir alles wieder der¬zöhln, was der Herr Pfarra gsagt hat.« »No,« hat d' Bäurin gsagt, »so geh halt und gib recht Acht und der¬zöhl mir alles, was d' ghört hast.« No, und da is der Baur halt in d' Predi ganga, und da hat der Herr Pfarra also an gfangt zun predi¬gen und hat halt gsagt, wann ans a krangs Kind, an kran¬gen Mon, a krangs Weib, an kran¬gen Vader, a kran¬ge Muader, a kran¬ge Schwester, Bruader, oda wers sunst nacha war, z' Haus hät, und der wollt a Woll¬fart machen aufm Göcker¬li¬berg in Wälisch¬land, wo der Metzen Lor¬ber¬bla¬den an Kreu¬zer kost, dem wirds kran¬ge Kind, der kran¬ge Mon, 's kran¬ge Weib, der kran¬ge Vader, d' kran¬ge Muader, d' kran¬ge Schwester, Bruader, oda wers sunst nacha war, auf der Stell gesund wern, und wer also dö Ras unter¬nehma wollt, der soll nach der Meß zu ihm kuma, da wird er ihm den Lorber¬sack gebn und den Kreu¬zer. Da war niembd fröher als der Bauer, und nach der Meß is er gleich zum Pfarra ganga, und der hat ihm also den Lor¬ber¬sack gebn und den Kreu¬zer. Drauf is er nach Haus kuma und hat schon bei der Haustür eini gschrien »juchesha, lie¬bes Weib, hietzt is so viel als obs gsund warst. Der Herr Pfarra hat heunt predigt, daß wer a krangs Kind, an kran¬gen Mon, a kran¬ges Weib, an kran¬gen Vader, a kran¬ge Muader, a kran¬ge Schwester, Bruader, oda wers sunst nacha war, z' Haus hat, und der macht a Woll¬fart aufm Göcker¬li¬berg in Wälisch¬land, wo der Metzen Lor¬ber¬bla¬den an Kreu¬zer kost, dem wird 's kran¬ge Kind, der kran¬ge Mon, 's kran¬ge Weib, der kran¬ge Vader, d' kran¬ge Muader, d' kran¬ge Schwester, Bruader, oda wers sunst nacha war, auf der Stell gsund; und hietzt hab i mir schon den Lor¬ber¬sack gholt vom Herrn Pfarra und den Kreuzer, und wir glei mein Wan¬der¬schaft an¬tre¬ten, daß d' desto ehen¬der gsund wirst;« und drauf is er fort gan¬ga. Er war aber kam fort, so is die Bäurin schon auf gwesn, und der Pfarra war a glei do. Hietz lassen wir aber dö zwa in¬des¬sen auf der Sei¬ten und gänga mir mit'n Baur. Der is halt alle¬weil drauf los gan¬ga, damit er desto ehen¬der aufm Göcker¬li¬berg kummt, und wie halt so geht, be¬gegnt ihm sein Gvatter. Sein Gvatter dös war an Armon (Eier¬mann), und der is just von Mark kuma, wo er seine Ar ver¬kauft hat. »Globt seist,« sagt sein Gvatter, »wo gehst denn so trabi hin, Gvatter?« »In Ewig¬keit, Gvatter,« sagt der Baur, »mein Weib is krang worn, und da hab i heund in Herrn Pfarra sein Predi ghört, und da hat er predigt, daß wann aner z' Haus an krangs Kind, an kran¬gen Mon, a krangs Weib, an kran¬gen Vader, a kran¬ge Muader, a kran¬ge Schwester, Bruader, oda wers sunst nacha war, hat, und er macht a Woll¬fart aufm Göcker¬li¬berg in Wälisch¬land, wo der Metzen Lor¬ber¬bla¬den an Kreu¬zer kost, dem wird's kran¬ge Kind, der kran¬ge Mon, s« kran¬ge Weib, der kran¬ge Vader, d' kran¬ge Muader, d' kran¬ge Schwester, Bruader, oda wers sunst nacha war, auf der Stell gsund, und da hab i mir von Herrn Pfarra den Lor¬be¬rsack und den Kreu¬zer gholt, und hietzt trit i halt mein Wan¬der¬schaft an.« »Aber hanz, Gvatter,« hat der Gvatter zum Baur gsagt, »seits denn ar so dacket (ein¬fältig), daß so was glau¬ben könts? Wißts was is? der Pfarra möcht gern mit engern Weib an gan¬zen Tag allan recht ver¬gnügt zu¬brin¬ga, drum habn's eng den Bärn an¬bun¬den, daß ihr«en aus'n Füßen kumts.« »Mein,« hat der Baur gsagt, »so möcht i do wissen, ob das wahr is.« »No,« hat der Gvatter gsagt, »wast was, setz di in mein Ar¬korb eini, so will i di nach Haus tragn, und da wirst es selber segn.« No, das is also gschegn, und den Baur hat sein Gvatter in sein Arkorb eini gsetzt, und der hat'n nach Haus tragn. Wie's nach Haus kuma san, holla, da is schon lusti zu¬gan¬ga. Da hat die Bäurin schon fast alles, was nur in ihren Hof war, ab¬gsto¬chen ghabt, und Krap¬fen hats bachen, und der Pfarra war a schon da und hat a sein Geige mit¬bracht ghabt. Und da hat halt der Gvatter an¬klopft, und d' Bäurin hat gfragt, wer draus¬sen war. »J bins, Gevatterin,« hat der Gvatter gesagt, »mei, gebts mir heund Nacht a Her¬berg, i hab meini Ar aufm Mark nit ver¬kauft, und hietzt muß i's wie¬der nach Haus trage, und sö san gar z' schwar, i bring's nit fort, es is a schon finster.« »Ja, mein Gvatter,« sagt d' Bäurin drauf, »ös kumts mir recht zur un¬gleg¬na Zeit. No, weils halt her nit an¬ders is, so kömts eina und setzt's eng dort auf d' Ofen¬bank.« No hat sie der Gvatter also mit sein Buckel¬korb auf d' Ofen¬bank gsetzt. Der Pfarra aber und d' Bäurin dö warn halt recht lusti. Endli fangt der Pfarra an und sagt »hanz, mein liebi Bäurin, ös könnts ja so schön singa, singts mir do ans.« »A,« sagt die Bäurin, »hietzt kann i nix mehr singa, ja in mein junge Jahren, da hab i's wohl könna, aber hietzt is schon vorbei.« »Ei,« sagt wie¬der der Pfarra, »singts do nur a bißl.« No, da fangt die Bäurin an und singt »J hab mein Mon wohl aus¬ge¬sandt aufm Göcker¬li¬berg in Wälisch¬land.« Drauf singt der Pfarra »J wollt er blieb da a gan¬zes Jahr, was fragt i nach dem Lor¬ber¬sack. Halle¬luja!« Hietzt fangt der Gvatter hinten an und singt (da muß i aber der¬zöhln daß der Baur Hilde¬brand ghas¬sen hat), singt also der Gvatter »Ei du, mein lieber Hilde¬brand, was machst du auf der Ofen¬bank? Halle¬luja!« Und hietzt singt der Baur in Korb drinna »Hietzt kann i das Singa nim¬mer¬mehr lei¬den, hietzt muß i aus mein Buckel¬korb stei¬gen.« Und steigt aus'n Korb und prü¬gelt den Pfaffen beim Haus hinaus.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="96._De_drei_Vügelkens" 96. &&wt0 {{De drei Vügelkens.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Et is wul dusent un meere Jaare hen, da wören hier im Lanne luter kleine Künige, da hed auck einer up den Keuter¬berge wünt (gewohnt), de gink san geren up de Jagd. Ase nu mal mit sinen Jägern vom Schlot¬te her¬rut¬trok, höen (hüte¬ten) unner den Berge drei Mäkens ire Köge (Kühe), un wie sei den Künig mit den vielen Lüen (Leu¬ten) seien, so reip de ölleste den annern beden Mäkens to, un weis up den Künig, »helo! helo! wenn ik den nig kriege, so will ik keinen.« Da ant¬wor¬de de zweide up de annere Side vom Berge, un weis up den, de dem Künige rechter Hand gink, »helo! helo! wenn ik den nig kriege, so will ik keinen.« Da reip de jüngeste, un weis up den, de linker Hand gink, »helo! helo! wenn ik den nig kriege, so will ik keinen.« Dat wören averst de beden Ministers. Dat hörde de Künig alles, un ase von der Jagd heime kum¬men was, leit he de drei Mäkens to sik kum¬men un fra¬gete se wat se da gistern am Berge segd hed¬den. Dat wullen se nig seg¬gen, de Künig frog awerst de ölleste, ob se ün wol tom Manne hewen wulle? Da segde se ja, un ere beiden Süstern frig¬ge¬ten de beiden Ministers, denn se wören alle drei scheun un schir (klar, schön) von Ange¬sicht, besun¬ners de Küni¬gin, de had¬de Hare ase Flass. De beiden Süstern awerst kre¬gen keine Kinner, un ase de Künig mal ver¬rei¬sen moste, let he se tor Küni¬gin kum¬men, um se up to mun¬nern, denn se was grae (gerad) swanger. Se kreg en kleinen Jungen, de hadde 'n ritsch roen (roten) Stern mit up de Weld. Da sehden de bei¬den Süstern, eine tor annern, se wullen den hübsken Jungen in't Water werpen. Wie se'n darin worpen hadden (ick glöwe, et is de Weser west), da flügt 'n Vügel¬ken in de Högte, dat sank »tom Daude bereit, up wietern Bescheid tom Lilien¬strus: wacker Junge, bist du's?« Da dat de beiden hörten, kregen se de Angst up'n Lieve un makten, dat se fort keimen. Wie de Künig na Hus kam, sehden se to üm de Künigin hedde 'n Hund kregen. Da segde de Künig »wat Gott deiet, dat is wole dahn.« Et wunde averst 'n Fisker an den Water, de fiskede den klei¬nen Jun¬gen wier herut, ase noch ewen leben¬nig was, un da sine Fru kene Kin¬ner hadde, foerden (fütter¬ten) s«en up. Na'n Jaar was de Künig wier verreist, da krig de Künigin wier 'n Jungen, den namen de beiden falsken Süstern un warpen 'n auck in't Water, da flügt dat Vügel¬ken wier in de Högte un sank: »tom Daude bereit, up wietern Bescheid tom Lilienstrus: wacker Junge, bist du's?« Un wie de Künig torügge kam, sehden se to üm, de Künigin hedde wier 'n Hund bekum¬men, un he segde wier »wat Gott deit, dat is wole dahn.« Awerst de Fisker trok düsen auck ut den Water un foerd 'n up. Da ver¬rei¬sede de Künig wier, un de Künigin kreg 'n klein Mäken, dat warpen de falsken Süstern auck in't Water. Da flügt dat Vügel¬ken wier in de Högte un sank »tom Daude bereit, up wietern Bescheid tom Lilien¬strus: wacker Mäken, bist du's?« Un wie de Künig na Hus kam, sehden se to üm, de Künigin hedde 'ne Katte kregt. Da worde de Künig beuse, un leit sine Fru in't Gefängnis smieten, da hed se lange Jaare in setten. De Kinner wören unner¬des ane¬was¬sen, da gink de ölleste mal mit annern Jungens herut to fisken, da wüllt ün de annern Jungens nig twisken sik hewen un segget »du Fündling, gaa du diner Wege.« Da ward he gans bedrö¬wet un fräggt den olen Fisker ob dat war wöre? De vertellt ün dat he mal fisked hedde, un hedde ün ut den Water troken (gezo¬gen). Da segd he he wulle furt un sinen Teiten (Vater) söken. De Fisker de biddet 'n he mögde doch bliven, awerst he let sik gar nicht hallen, bis de Fisker et tolest to givt. Da givt he sik up den Weg un geit meere Dage hinner'n anner, endlich kümmt he vor 'n graut all¬mäch¬tig Water, davor steit 'ne ole Fru un fiskede. »Guden Dag, Moer,« segde de Junge. »Groten Dank.« »Du süst da wol lange fisken, e du 'n Fisk fängest.« »Un du wol lange söken, e du dinen Teiten findst. Wie wust du der denn da över't Water kum¬men?« sehde de Fru. »Ja, dat mag Gott witten.« Da nümmt de ole Fru ün up den Rüggen un dragt 'n der¬dörch, un he söcht lange Tiid un kann sinen Teiten nig finnen. Ase nu wol 'n Jahr ver¬öwer is, da trekt de twei¬de auck ut un will sinen Broer söken. He kümmt an dat Water, un da geit et ün ewen so, ase sinen Broer. Nu was nur noch de Doch¬ter allein to Hus, de jam¬mer¬de so viel na eren Broern, dat se upt lest auck den Fisker bad he mög¬te se treken laten, se wulle ere Broer¬kes söken. Da kam se auck bie den grau¬ten Water, da sehde se tor olen Fru »guden Dag, Moer.« »Groten Dank.« »Gott helpe ju bie juen fisken.« Ase de ole Fru dat hörde, da word se ganz fründ¬lich un drog se över't Water un gab er 'n Roe (Ruthe), un sehde to er »nu gah man jümmer up düsen Wege to, mine Doch¬ter, un wenn du bie einen groten swarten Hund vorbei kümmst, so must du still un drist un one to lachen un one ün an to kicken, vorbie gaan. Dann küm¬mest du an 'n grot open Schlot, up'n Süll (Schwel¬le) most du de Roe fallen laten un stracks dörch dat Schlott an den an¬nern Side wier herut gahen; da is 'n olen Brun¬nen, darut is 'n groten Boom wassen, daran hänget 'n Vugel im Buer, den nümm af: dann nümm noch 'n Glas Water ut den Brun¬nen un gaa mit düsen beiden den sülvi¬gen Weg wier torügge: up den Süll nümm de Roe auck wier mit, un wenn du dann wier bie den Hund vorbie kummst, so schlah ün in't Gesicht, awerst sü to dat du ün trep¬pest, un dann kumm nur wier to me torügge.« Da fand se et grade so, ase de Fru et sagd hadde, un up den Rück¬we¬ge da fand se de beiden Broer, de sik de halve Welt durch¬söcht hadden. Se gienk tosam¬men bis wo de swarte Hund an den Weg lag, den schlog se in't Gesicht, da word et 'n schönen Prinz, de geit mit ünen, bis an dat Water. Da stand da noch de ole Fru, de frögede sik ser, da se alle wier da wören, un drog se alle över't Water, un dann gink se auck weg, denn se was nu erlöst. De an¬nern awerst gingen alle na den olen Fisker, un alle wören froh dat se sik wier funnen had¬den, den Vügel awerst hün¬gen se an der Wand. De tweide Suhn kunne awerst nig to Huse rasten, un nam 'n Flitze¬bogen un gink up de Jagd. Wie he möe was, nam he sine Flöte¬pi¬pen un mackte 'n Stücks¬ken. De Künig awerst wör auck up de Jagd un hörde dat, da ging he hin, un wie he den Jungen drap, so sehde he »we hett die verlöwt hier to jagen?« »O, neimes (niemand).« »Wen hörst du dann to?« »Jk bin den Fisker sin Suhn.« »De hett ja keine Kinner.« »Wenn du't nig glöwen wust, so kum mit.« Dat dehe de Künig un frog den Fisker, de vertälle ün alles, un dat Vügel¬ken an der Wand fing an to singen »de Möhme (Mutter) sitt allein, wol in dat Ker¬ker¬lein. o Künig, edeles Blod, dat sind dine Kinner god. De falsken Süstern beide de dehen de Kinner¬kes Leide, wol in des Waters Grund, wo se de Fisker fund.« Da erschra¬ken se alle, un de Künig nahm den Vugel, den Fisker un de drei Kinner mit sik na den Schlotte un leit dat Gefänk¬nis up¬schlu¬ten un nam sine Fru wier herut, de was awerst gans kränksch un elen¬nig woren. Da gav er de Dochter von den Water ut den Brun¬nen to drin¬ken, da war se frisk un gesund. De beiden falsken Süstern wören awerst ver¬brennt, un de Dochter friggede den Prinzen.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="97._Das_Wasser_des_Lebens" 97. Das Wasser des Lebens. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein König, der war krank, und niemand glaubte daß er mit dem Leben davon käme. Er hatte aber drei Söhne, die waren darüber betrübt, gingen hinunter in den Schloßgarten und weinten. Da begegnete ihnen ein alter Mann, der fragte sie nach ihrem Kummer. Sie[[1]] sagten ihm ihr Vater wäre so krank, daß er wohl sterben würde, denn es wollte ihm nichts helfen. Da sprach der Alte »ich weiß noch ein Mittel, das ist das Wasser des Lebens, wenn er davon trinkt, so wird er wieder gesund: es ist aber schwer zu finden.« Der älteste sagte »ich will es schon finden,« ging zum kranken König und bat ihn er möchte ihm erlauben auszuziehen um das Wasser des Lebens zu suchen, denn das könnte ihn allein heilen. »Nein,« sprach der König, »die Gefahr dabei ist zu groß, lieber will ich sterben.« Er bat aber so lange, bis der König einwilligte. Der Prinz dachte in seinem Herzen »bringe ich das Wasser, so bin ich meinem Vater der liebste und erbe das Reich.« Also machte er sich auf, und als er eine Zeitlang fortgeritten war, stand da ein Zwerg auf dem Wege, der rief ihn an und sprach »wo hinaus so geschwind?« »Dummer Knirps,« sagte der Prinz ganz stolz, »das brauchst du nicht zu wissen« und ritt weiter. Das kleine Männchen aber war zornig geworden und hatte einen bösen Wunsch getan. Der Prinz geriet bald hernach in eine Bergschlucht, und je weiter er ritt, je enger taten sich die Berge zusammen, und endlich ward der Weg so eng, daß er keinen Schritt weiter konnte; es war nicht möglich das Pferd zu wenden oder aus dem Sattel zu steigen, und er saß da wie eingesperrt. Der kranke König wartete lange Zeit auf ihn, aber er kam nicht. Da sagte der zweite Sohn »Vater, laßt mich ausziehen und das Wasser suchen,« und dachte bei sich »ist mein Bruder tot, so fällt das Reich mir zu.« Der König wollt ihn anfangs auch nicht ziehen lassen, endlich gab er nach. Der Prinz zog also auf demselben Weg fort, den sein Bruder eingeschlagen hatte, und begegnete auch dem Zwerg, der ihn anhielt und fragte wohin er so eilig wollte. »Kleiner Knirps,« sagte der Prinz, »das brauchst du nicht zu wissen« und ritt fort ohne sich weiter umzusehen. Aber der Zwerg verwünschte ihn, und er geriet wie der andere in eine Bergschlucht und konnte nicht vorwärts und rückwärts. So gehts aber den Hochmütigen. Als auch der zweite Sohn ausblieb, so erbot sich der jüngste auszuziehen und das Wasser zu holen, und der König mußte ihn endlich ziehen lassen. Als er dem Zwerg begegnete, und dieser fragte wohin er so eilig wolle, so hielt er an, gab ihm Rede und Antwort und sagte »ich suche das Wasser des Lebens, denn mein Vater ist sterbenskrank.« »Weißt du auch wo das zu finden ist?« »Nein« sagte der Prinz. »Weil du dich betragen hast, wie sichs geziemt, nicht übermütig wie deine falschen Brüder, so will ich dir Auskunft geben und dir sagen wie du zu dem Wasser des Lebens gelangst. Es quillt aus einem Brunnen in dem Hofe eines verwünschten Schlosses, aber du dringst nicht hinein, wenn ich dir nicht eine eiserne Rute gebe und zwei Laiberchen Brot. Mit der Rute schlag dreimal an das eiserne Tor des Schlosses, so wird es aufspringen: inwendig liegen zwei Löwen, die den Rachen aufsperren, wenn du aber jedem ein Brot hinein wirfst, so werden sie still und dann eile dich und hol von dem Wasser des Lebens bevor es zwölf schlägt, sonst schlägt das Tor wieder zu und du bist eingesperrt.« Der Prinz dankte ihm, nahm die Rute und das Brot, und machte sich auf den Weg. Und als er anlangte, war alles so, wie der Zwerg gesagt hatte. Das Tor sprang beim dritten Rutenschlag auf, und als er die Löwen mit dem Brot gesänftigt hatte, trat er in das Schloß und kam in einen großen schönen Saal: darin saßen verwünschte Prinzen, denen zog er die Ringe vom Finger, dann lag da ein Schwert und ein Brot, das nahm er weg. Und weiter kam er in ein Zimmer, darin stand eine schöne Jungfrau, die freute sich, als sie ihn sah, küßte ihn und sagte er hätte sie erlöst, und sollte ihr ganzes Reich haben, und wenn er in einem Jahr wieder käme, so sollte ihre Hochzeit gefeiert werden. Dann sagte sie ihm auch, wo der Brunnen wäre mit dem Lebenswasser, er müßte sich aber eilen und daraus schöpfen eh es zwölf schlüge. Da ging er weiter und kam endlich in ein Zimmer, wo ein schönes frischgedecktes Bett stand, und weil er müde war, wollt er erst ein wenig ausruhen. Also legte er sich und schlief ein: als er erwachte, schlug es drei Viertel auf zwölf. Da sprang er ganz erschrocken auf, lief zu dem Brunnen und schöpfte daraus mit einem Becher, der daneben stand, und eilte daß er fortkam. Wie er eben zum eisernen Tor hinaus ging, da schlugs zwölf, und das Tor schlug so heftig zu, daß es ihm noch ein Stück von der Ferse wegnahm. Er aber war froh daß er das Wasser des Lebens erlangt hatte, ging heimwärts und kam wieder an dem Zwerg vorbei. Als dieser das Schwert und das Brot sah, sprach er »damit hast du großes Gut gewonnen, mit dem Schwert kannst du ganze Heere schlagen, das Brot aber wird niemals all.« Der Prinz wollte ohne seine Brüder nicht zu dem Vater nach Haus kommen und sprach »lieber Zwerg, kannst du mir nicht sagen, wo meine[[Besitz]] zwei Brüder sind? sie sind früher als ich nach dem Wasser des Lebens ausgezogen und sind nicht wiedergekommen.« »Zwischen zwei Bergen stecken sie eingeschlossen,« sprach der Zwerg, »dahin habe ich sie verwünscht, weil sie so übermütig waren.« Da bat der Prinz so lange, bis der Zwerg sie wieder los ließ, aber er warnte ihn und sprach »hüte dich vor ihnen, sie haben ein böses Herz.« Als seine Brüder kamen, freute er sich und erzählte ihnen wie es ihm ergangen wäre, daß er das Wasser des Lebens gefunden und einen Becher voll mitgenommen und eine schöne Prinzessin erlöst hätte, die wollte ein Jahr lang auf ihn warten, dann sollte Hochzeit gehalten werden, und er bekäme ein großes Reich. Danach ritten sie zusammen fort und gerieten in ein Land, wo Hunger und Krieg war, und der König glaubte schon er müßte verderben, so groß war die Not. Da ging der Prinz zu ihm und gab ihm das Brot, womit er sein ganzes Reich speiste und sättigte: und dann gab ihm der Prinz auch das Schwert, damit schlug er die Heere seiner Feinde und konnte nun in Ruhe und Frieden leben. Da nahm der Prinz sein Brot und Schwert wieder zurück, und die drei Brüder ritten weiter. Sie[[1]] kamen aber noch in zwei Länder, wo Hunger und Krieg herrschten, und da gab der Prinz den Königen jedesmal sein Brot und Schwert, und hatte nun drei Reiche gerettet. Und danach setzten sie sich auf ein Schiff, und fuhren übers Meer. Während der Fahrt da sprachen die beiden ältesten unter sich »der jüngste hat das Wasser des Lebens gefunden und wir nicht, dafür wird ihm unser Vater das Reich geben, das uns gebührt, und er wird unser Glück wegnehmen.« Da wurden sie rachsüchtig und verabredeten mit einander daß sie ihn verderben wollten. Sie[[1]] warteten bis er einmal fest eingeschlafen war, da gossen sie das Wasser des Lebens aus dem Becher und nahmen es für sich, ihm aber gossen sie bitteres Meerwasser hinein. Als sie nun daheim ankamen, brachte der jüngste dem kranken König seinen Becher, damit er daraus trinken und gesund werden sollte. Kaum aber hatte er ein wenig von dem bitteren Meerwasser getrunken, so ward er noch kränker als zuvor. Und wie er darüber jammerte, kamen die beiden ältesten Söhne und klagten den jüngsten an er hätte ihn vergiften wollen, sie brächten ihm das rechte Wasser des Lebens, und reichten es ihm. Kaum hatte er davon getrunken, so fühlte er seine Krankheit verschwinden, und ward stark und gesund wie in seinen jungen Tagen. Danach gingen die beiden zu dem jüngsten, verspotteten ihn und sagten »du hast zwar das Wasser des Lebens gefunden, aber du hast die Mühe gehabt und wir den Lohn; du hättest klüger sein und die Augen aufbehalten sollen, wir haben dirs genommen während du auf dem Meere eingeschlafen warst, und übers Jahr da holt sich einer von uns die schöne Königstochter. Aber hüte dich daß du nichts davon verrätst, der Vater glaubt dir doch nicht, und wenn du ein einziges Wort sagst, so sollst du noch obendrein dein Leben verlieren, schweigst du aber, so soll dirs geschenkt sein.« Der alte König war zornig über seinen jüngsten Sohn und glaubte er hätte ihm nach dem Leben getrachtet. Also ließ er den Hof versammeln und das Urteil über ihn sprechen daß er heimlich sollte erschossen werden. Als der Prinz nun einmal auf die Jagd ritt und nichts Böses vermutete, mußte des Königs Jäger mitgehen. Draußen, als sie ganz allein im Wald waren, und der Jäger so traurig aussah, sagte der Prinz zu ihm »lieber Jäger, was fehlt dir?« Der Jäger sprach »ich kanns nicht sagen und soll es doch.« Da sprach der Prinz »sage heraus was es ist, ich will dirs verzeihen.« »Ach,« sagte der Jäger, »ich soll euch totschießen, der König hat mirs befohlen.« Da erschrak der Prinz, und sprach »lieber Jäger, laß mich leben, da geb[[geben]] ich dir mein königliches Kleid, gib mir dafür dein schlechtes.« Der Jäger sagte »das will ich gerne tun, ich hätte doch nicht nach euch schießen können.« Da tauschten sie die Kleider, und der Jäger ging heim, der Prinz aber ging weiter in den Wald hinein. Über eine Zeit, da kamen zu dem alten König drei Wagen mit Gold und Edelsteinen für seinen jüngsten Sohn: sie waren aber von den drei Königen geschickt, die mit des Prinzen Schwert die Feinde geschlagen und mit seinem Brot ihr Land ernährt hatten, und die sich dankbar bezeigen wollten. Da dachte der alte König »sollte mein Sohn unschuldig gewesen sein?« und sprach zu seinen Leuten »wäre er noch am Leben, wie tut mirs so leid, daß ich ihn habe töten lassen.« »Er lebt noch,« sprach der Jäger, »ich konnte es nicht übers Herz bringen euern Befehl auszuführen,« und sagte dem König wie es zugegangen war. Da fiel dem König ein Stein von dem Herzen, und er ließ in allen Reichen verkündigen, sein Sohn dürfte wiederkommen und sollte in Gnaden aufgenommen werden. Die Königstochter aber ließ eine Straße vor ihrem Schloß machen, die war ganz golden und glänzend, und sagte ihren Leuten wer darauf geradeswegs zu ihr geritten käme, das wäre der rechte, und den sollten sie einlassen, wer aber daneben käme, der wäre der rechte nicht, und den sollten sie auch nicht einlassen. Als nun die Zeit bald herum war, dachte der älteste er wollte sich eilen, zur Königstochter gehen und sich für ihren Erlöser ausgeben, da bekäme er sie zur Gemahlin und das Reich daneben. Also ritt er fort, und als er vor das Schloß kam und die schöne goldene Straße sah, dachte er »das wäre jammerschade, wenn du darauf rittest,« lenkte ab und ritt rechts nebenher. Wie er aber vor das Tor kam, sagten die Leute zu ihm er wäre der rechte nicht, er sollte wieder fortgehen. Bald darauf machte sich der zweite Prinz auf, und wie der zur goldenen Straße kam, und das Pferd den einen Fuß darauf gesetzt hatte, dachte er »es wäre jammerschade, das könnte etwas abtreten,« lenkte ab und ritt links nebenher. Wie er aber vor das Tor kam, sagten die Leute er wäre der rechte nicht, er sollte wieder fortgehen. Als nun das Jahr ganz herum war, wollte der dritte aus dem Wald fort zu seiner Liebsten reiten und bei ihr sein Leid vergessen. Also machte er sich auf, und dachte immer an sie und wäre gerne schon bei ihr gewesen, und sah die goldene Straße gar nicht. Da ritt sein Pferd mitten darüber hin, und als er vor das Tor kam, ward es aufgetan, und die Königstochter empfing ihn mit Freuden und sagte er wär ihr Erlöser und der Herr des Königreichs, und ward die Hochzeit gehalten mit großer Glückseligkeit. Und als sie vorbei war, erzählte sie ihm daß sein Vater ihn zu sich entboten und ihm verziehen hätte. Da ritt er hin und sagte ihm alles, wie seine Brüder ihn betrogen und er doch dazu geschwiegen hätte. Der alte König wollte sie strafen, aber sie hatten sich aufs Meer gesetzt und waren fortgeschifft und kamen ihr Lebtag nicht wieder. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="98._Doktor_Allwissend" 98. Doktor Allwissend. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein armer Bauer Namens &&c=8 Krebs, &&c=0 der fuhr mit zwei Ochsen ein Fuder Holz in die Stadt und verkaufte es für zwei Taler an einen Doktor. Wie ihm nun das Geld ausbezahlt wurde, saß der Doktor gerade zu Tisch: da sah der Bauer wie er schön aß und trank, und das Herz ging ihm danach auf und er wäre auch gern ein Doktor gewesen. Also blieb er noch ein Weilchen stehen und fragte endlich ob er nicht auch könnte ein Doktor werden. »O ja,« sagte der Doktor, »das ist bald geschehen.« »Was muß ich tun?« fragte der Bauer. »Erstlich kauf dir ein Abc-Buch, so ist eins, wo vorn ein Göckelhahn drin ist; zweitens mache deinen Wagen und deine zwei Ochsen zu Geld und schaff dir damit Kleider an, und was sonst zur Doktorei gehört; drittens laß dir ein Schild malen mit den Worten »ich bin der Doktor Allwissend,« und laß das oben über deine Haustür nageln.« Der Bauer tat alles, wies ihm geheißen war. Als er nun ein wenig gedoktert hatte, aber noch nicht viel, ward einem reichen großen Herrn Geld gestohlen. Da ward ihm von dem Doktor Allwissend gesagt, der in dem und dem Dorfe wohnte und auch wissen müßte wo das Geld hingekommen wäre. Also ließ der Herr seinen Wagen anspannen, fuhr hinaus ins Dorf und fragte bei ihm an ob er der Doktor Allwissend wäre? »Ja, der wär er.« »So sollte er mitgehen und das gestohlene Geld wieder schaffen.« »O ja, aber die Grethe, seine Frau, müßte auch mit.« Der Herr war das zufrieden, und ließ sie beide in den Wagen sitzen, und sie fuhren zusammen fort. Als sie auf den adligen Hof kamen, war der Tisch gedeckt, da sollte er erst mitessen. »Ja, aber seine Frau, die Grethe, auch« sagte er und setzte sich mit ihr hinter den Tisch. Wie nun der erste Bediente mit einer Schüssel schönem Essen kam, stieß der Bauer seine Frau an und sagte »Grethe, das war der erste,« und meinte es wäre derjenige, welcher das erste Essen brächte. Der Bediente aber meinte er hätte damit sagen wollen »das ist der erste Dieb,« und weil ers nun wirklich war, ward ihm angst, und er sagte draußen zu seinen Kameraden »der Doktor weiß alles, wir kommen übel an: er hat gesagt ich wäre der erste.« Der zweite wollte gar nicht herein, er mußte aber doch. Wie er nun mit seiner Schüssel herein kam, stieß der Bauer seine Frau an, »Grethe, das ist der zweite.« Dem Bedienten ward ebenfalls angst, und er machte daß er hinaus kam. Dem dritten gings nicht besser, der Bauer sagte wieder »Grethe, das ist der dritte.« Der vierte mußte eine verdeckte Schüssel hereintragen, und der Herr sprach zum Doktor er sollte seine Kunst zeigen und raten was darunter läge; es waren aber Krebse. Der Bauer sah die Schüssel an, wußte nicht wie er sich helfen sollte und sprach »ach, ich armer &&c=8 Krebs! &&c=0 « Wie der Herr das hörte, rief er »da, er weiß es, nun weiß er auch wer das Geld hat.« Dem Bedienten aber ward gewaltig angst und er blinzelte den Doktor an, er möchte einmal heraus kommen. Wie er nun hinaus kam, gestanden sie ihm alle viere sie hätten das Geld gestohlen: sie wolltens ja gerne heraus geben und ihm eine schwere Summe dazu, wenn er sie nicht verraten wollte: es ginge ihnen sonst an den Hals. Sie[[1]] führten ihn auch hin, wo das Geld versteckt lag. Damit war der Doktor zufrieden, ging wieder hinein, setzte sich an den Tisch, und sprach »Herr, nun will ich in meinem Buch suchen wo das Geld steckt.« Der fünfte Bediente aber kroch in den Ofen und wollte hören ob der Doktor noch mehr wüßte. Der saß aber und schlug sein Abc-Buch auf, blätterte hin und her und suchte den Göckelhahn. Weil er ihn nicht gleich finden konnte, sprach er »du bist doch darin und mußt auch heraus.« Da glaubte der im Ofen er wäre gemeint, sprang voller Schrecken heraus und rief »der Mann weiß alles.« Nun zeigte der Doktor Allwissend dem Herrn wo das Geld lag, sagte aber nicht wers gestohlen hatte, bekam von beiden Seiten viel Geld zur Belohnung, und ward ein berühmter Mann. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="99._Der_Geist_im_Glas" 99. Der Geist im Glas. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein armer Holzhacker, der arbeitete vom Morgen bis in die späte Nacht. Als er sich endlich etwas Geld zusammengespart hatte, sprach er zu seinem Jungen »du bist mein einziges Kind, ich will das Geld, das ich mit saurem Schweiß erworben habe, zu deinem Unterricht anwenden; lernst du etwas rechtschaffenes, so kannst du mich im Alter ernähren, wenn meine[[Besitz]] Glieder steif geworden sind, und ich daheim sitzen muß.« Da ging der Junge auf eine hohe Schule und lernte fleißig, so daß ihn seine Lehrer rühmten, und blieb eine Zeit lang dort. Als er ein paar Schulen durchgelernt hatte, doch aber noch nicht in allem vollkommen war, so war das bischen Armut, das der Vater erworben hatte, drauf gegangen, und er mußte wieder zu ihm heim kehren. »Ach,« sprach der Vater betrübt, »ich kann dir nichts mehr geben und kann in der teuern Zeit auch keinen Heller mehr verdienen als das tägliche Brot.« »Lieber Vater,« antwortete der Sohn, »macht euch darüber keine Gedanken, wenns Gottes Wille also ist, so wirds zu meinem Besten ausschlagen; ich will mich schon drein schicken.« Als der Vater hinaus in den Wald wollte, um etwas am Malterholz (am Zuhauen und Aufrichten) zu verdienen, so sprach der Sohn »ich will mit euch gehen und euch helfen.« »Ja, mein Sohn,« sagte der Vater, »das sollte dir beschwerlich an kommen, du bist an harte Arbeit nicht gewöhnt, du hältst das nicht aus; ich habe auch nur eine Axt und kein Geld übrig, um noch eine zu kaufen.« »Geht nur zum Nachbar,« antwortete der Sohn, »der leiht euch seine Axt so lange, bis ich mir selbst eine verdient habe.« Da borgte der Vater beim Nachbar eine Axt, und am andern Morgen, bei Anbruch des Tags, gingen sie zusammen hinaus in den Wald. Der Sohn half dem Vater und war ganz munter und frisch dabei. Als nun die Sonne über ihnen stand, sprach der Vater »wir wollen rasten und Mittag halten, hernach gehts noch einmal so gut.« Der Sohn nahm sein Brot in die Hand und sprach »ruht euch nur aus, Vater, ich bin nicht müde, ich will in dem Wald ein wenig auf und abgehen und Vogelnester suchen.« »O du Geck,« sprach der Vater, »was willst du da herum laufen, hernach bist du müde und kannst den Arm nicht mehr aufheben; bleib hier und setze dich zu mir.« Der Sohn aber ging in den Wald, aß sein Brot, war ganz fröhlich und sah in die grünen Zweige hinein, ob er etwa ein Nest entdeckte. So ging er hin und her, bis er endlich zu einer großen gefährlichen Eiche kam, die gewiß schon viele hundert Jahre alt war und die keine fünf Menschen umspannt hätten. Er blieb stehen und sah sie an und dachte »es muß doch mancher Vogel sein Nest hinein gebaut haben.« Da däuchte ihn auf einmal als hörte er eine Stimme. Er horchte und vernahm wie es mit so einem recht dumpfen Ton rief »laß mich heraus, laß mich heraus.« Er sah sich rings um, konnte aber nichts entdecken, doch es war ihm als ob die Stimme unten aus der Erde hervor käme. Da rief er »wo bist du?« Die Stimme antwortete »ich stecke da unten bei den Eichwurzeln. Laß mich heraus, laß mich heraus.« Der Schüler fing an unter dem Baum aufzuräumen und bei den Wurzeln zu suchen, bis er endlich in einer kleinen Höhlung eine Glasflasche entdeckte. Er hob sie in die Höhe und hielt sie gegen das Licht, da sah er ein Ding, gleich einem Frosch gestaltet, das sprang darin auf und nieder. »Laß mich heraus, laß mich heraus,« riefs von neuem, und der Schüler, der an nichts Böses dachte, nahm den Pfropfen von der Flasche ab. Alsbald stieg ein Geist heraus und fing an zu wachsen, und wuchs so schnell, daß er in wenigen Augenblicken als ein entsetzlicher Kerl, so groß wie der halbe Baum, vor dem Schüler stand. »Weißt du,« rief er mit einer fürchterlichen Stimme, »was dein Lohn dafür ist, daß du mich heraus gelassen hast?« »Nein,« antwortete der Schüler ohne Furcht, »wie soll ich das wissen?« »So will ich dirs sagen,« rief der Geist, »den Hals muß ich dir dafür brechen.« »Das hättest du mir früher sagen sollen,« antwortete der Schüler, »so hätte ich dich stecken lassen; mein Kopf aber soll vor dir wohl feststehen, da müssen mehr Leute gefragt werden.« »Mehr Leute hin, mehr Leute her,« rief der Geist, »deinen verdienten Lohn den sollst du haben. Denkst du, ich wäre aus Gnade da so lange Zeit eingeschlossen worden, nein, es war zu meiner Strafe; ich bin der großmächtige Merkurius {{[Merkurius]}}, wer mich losläßt, dem muß ich den Hals brechen.« »Sachte,« antwortete der Schüler, »so geschwind geht das nicht, erst muß ich auch wissen daß du wirklich in der kleinen Flasche gesessen hast und daß du der rechte Geist bist: kannst du auch wieder hinein, so will ichs glauben, und dann magst du mit mir anfangen was du willst.« Der Geist sprach voll Hochmut »das ist eine geringe Kunst,« zog sich zusammen und machte sich so dünn und klein, wie er anfangs gewesen war, also daß er durch dieselbe Öffnung und durch den Hals der Flasche wieder hinein kroch. Kaum aber war er darin, so drückte der Schüler den abgezogenen Pfropfen wieder auf und warf die Flasche unter die Eichwurzeln an ihren alten Platz, und der Geist war betrogen. Nun wollte der Schüler zu seinem Vater zurückgehen, aber der Geist rief ganz kläglich »ach, laß mich doch heraus, laß mich doch heraus.« »Nein,« antwortete der Schüler, »zum zweitenmale nicht: wer mir einmal nach dem Leben gestrebt hat, den laß ich nicht los, wenn ich ihn wieder eingefangen habe.« »Wenn du mich frei machst,« rief der Geist, »so will ich dir so viel geben, daß du dein Lebtag genug hast.« »Nein,« antwortete der Schüler, »du würdest mich betrügen wie das erstemal.« »Du verscherzest dein Glück,« sprach der Geist, »ich will dir nichts tun, sondern dich reichlich belohnen.« Der Schüler dachte »ich wills wagen, vielleicht hält er Wort, und anhaben soll er mir doch nichts.« Da nahm er den Pfropfen ab, und der Geist stieg wie das vorigemal heraus, dehnte sich auseinander, und ward groß wie ein Riese. »Nun sollst du deinen Lohn haben,« sprach er, und reichte dem Schüler einen kleinen Lappen, ganz wie ein Pflaster, und sagte »wenn du mit dem einen Ende eine Wunde bestreichst, so heilt sie: und wenn du mit dem andern Ende Stahl und Eisen bestreichst, so wird es in Silber verwandelt.« »Das muß ich erst versuchen,« sprach der Schüler, ging an einen Baum, ritzte die Rinde mit seiner Axt und bestrich sie mit dem einen Ende des Pflasters: alsbald schloß sie sich wieder zusammen und war geheilt. »Nun, es hat seine Richtigkeit,« sprach er zum Geist, »jetzt können wir uns trennen.« Der Geist dankte ihm für seine Erlösung, und der Schüler dankte dem Geist für sein Geschenk und ging zurück zu seinem Vater. »Wo bist du herum gelaufen?« sprach der Vater, »warum hast du die Arbeit vergessen? Ich habe es ja gleich gesagt daß du nichts zu Stande bringen würdest.« »Gebt euch zufrieden, Vater, ich wills nachholen.« »Ja, nachholen,« sprach der Vater zornig, »das hat keine Art.« »Habt acht, Vater, den Baum da will ich gleich umhauen, daß er krachen soll.« Da nahm er sein Pflaster, bestrich die Axt damit und tat einen gewaltigen Hieb: aber weil das Eisen in Silber verwandelt war, so legte sich die Schneide um. »Ei, Vater, seht einmal, was habt ihr mir für eine schlechte Axt gegeben, die ist ganz schief geworden.« Da erschrak der Vater und sprach »ach, was hast du gemacht! nun muß ich die Axt bezahlen und weiß nicht womit; das ist der Nutzen, den ich von deiner Arbeit habe.« »Werdet nicht bös,« antwortete der Sohn, »die Axt will ich schon bezahlen.« »O, du Dummbart,« rief der Vater, »wovon willst du sie bezahlen? du hast nichts als was ich dir gebe; das sind Studentenkniffe, die dir im Kopf stecken, aber vom Holzhacken hast du keinen Verstand.« Über ein Weilchen sprach der Schüler »Vater, ich kann doch nichts mehr arbeiten, wir wollen lieber Feierabend machen.« »Ei was,« antwortete er, »meinst du ich wollte die Hände in den Schooß legen wie du? ich muß noch schaffen, du kannst dich aber heim packen.« »Vater, ich bin zum erstenmal hier in dem Wald, ich weiß den Weg nicht allein, geht doch mit mir.« Weil sich der Zorn gelegt hatte, so ließ der Vater sich endlich bereden und ging mit ihm heim. Da sprach er zum Sohn »geh und verkauf die verschändete Axt und sieh zu was du dafür kriegst; das übrige muß ich verdienen, um sie dem Nachbar zu bezahlen.« Der Sohn nahm die Axt und trug sie in die Stadt zu einem Goldschmied, der probierte sie, legte sie auf die Wage und sprach »sie ist vierhundert Taler wert, so viel habe ich nicht baar.« Der Schüler sprach »gebt mir was ihr habt, das übrige will ich euch borgen.« Der Goldschmied gab ihm dreihundert Taler und blieb einhundert schuldig. Darauf ging der Schüler heim und sprach »Vater, ich habe Geld, geht und fragt was der Nachbar für die Axt haben will.« »Das weiß ich schon,« antwortete der Alte, »einen Taler, sechs Groschen[[1]].« »So gebt ihm zwei Taler zwölf Groschen[[1]], das ist das Doppelte und ist genug; seht ihr, ich habe Geld im Überfluß,« und gab dem Vater einhundert Taler und sprach »es soll euch niemals fehlen, lebt nach eurer Bequemlichkeit.« »Mein[[Besitz]] Gott,« sprach der Alte, »wie bist du zu dem Reichtum gekommen?« Da erzählte er ihm wie alles zugegangen wäre und wie er im Vertrauen auf sein Glück einen so reichen Fang getan hätte. Mit dem übrigen Geld aber zog er wieder hin auf die hohe Schule, und lernte weiter, und weil er mit seinem Pflaster alle Wunden heilen konnte, ward er der berühmteste Doktor auf der ganzen Welt. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="100._Des_Teufels_rußiger_Bruder" 100. Des Teufels rußiger Bruder. &&ax &&lg=x &&fe Ein abgedankter Soldat hatte nichts zu leben und wußte sich nicht mehr zu helfen. Da ging er hinaus in den Wald, und als er ein Weilchen gegangen war, begegnete ihm ein kleines Männchen, das war aber der Teufel. Das Männchen sagte zu ihm »was fehlt dir? du siehst ja so trübselig aus.« Da sprach der Soldat »ich habe Hunger aber kein Geld.« Der Teufel sagte »willst du dich bei mir vermieten und mein Knecht sein, so sollst du für dein Lebtag genug haben; sieben Jahre sollst du mir dienen, hernach bist du wieder frei. Aber eins sag ich dir, du darfst dich nicht waschen, nicht kämmen, nicht schnippen, keine Nägel und Haare abschneiden und kein Wasser aus den Augen wischen.« Der Soldat sprach »frisch dran, wenns nicht anders sein kann,« und ging mit dem Männchen fort, das führte ihn geradewegs in die Hölle hinein. Dann sagte es ihm was er zu tun hätte: er müßte das Feuer schüren unter den Kesseln, wo die Höllenbraten drin säßen, das Haus rein halten, den Kehrdreck hinter die Türe tragen, und überall auf Ordnung sehen: aber guckte er ein einziges Mal in die Kessel hinein, so würde es ihm schlimm ergehen. Der Soldat sprach »es ist gut, ich wills schon besorgen.« Da ging nun der alte Teufel wieder hinaus auf seine Wanderung, und der Soldat trat seinen Dienst an, legte Feuer zu, kehrte und trug den Kehrdreck hinter die Türe, alles wie es befohlen war. Wie der alte Teufel wieder kam, sah er nach ob alles geschehen war, zeigte sich zufrieden und ging zum zweitenmal fort. Der Soldat schaute sich nun einmal recht um, da standen die Kessel rings herum in der Hölle, und war ein gewaltiges Feuer darunter, und es kochte und brutzelte darin. Er hätte für sein Leben gerne hinein geschaut, wenn es ihm der Teufel nicht so streng verboten hätte: endlich konnte er sich nicht mehr anhalten, hob vom ersten Kessel ein klein bischen den Deckel auf und guckte hinein. Da sah er seinen ehemaligen Unteroffizier darin sitzen: »aha, Vogel,« sprach er, »treff ich dich hier? du hast mich gehabt, jetzt hab ich dich,« ließ geschwind den Deckel fallen, schürte das Feuer und legte noch frisch zu. Danach ging er zum zweiten Kessel, hob ihn auch ein wenig auf und guckte, da saß sein Fähnrich darin: »aha, Vogel, treff ich dich hier? du hast mich gehabt, jetzt hab ich dich,« machte den Deckel wieder zu und trug noch einen Klotz herbei, der sollte ihm erst recht heiß machen. Nun wollte er auch sehen wer im dritten Kessel säße, da wars gar ein General: »aha, Vogel, treff ich dich hier? du hast mich gehabt, jetzt hab ich dich,« holte den Blasbalg und ließ das Höllenfeuer recht unter ihm flackern. Also tat er sieben Jahr seinen Dienst in der Hölle, wusch sich nicht, kämmte sich nicht, schnippte sich nicht, schnitt sich die Nägel und Haare nicht und wischte sich kein Wasser aus den Augen; und die sieben Jahre waren ihm so kurz, daß er meinte es wäre nur ein halbes Jahr gewesen. Als nun die Zeit vollends herum war, kam der Teufel und sagte »nun, Hans, was hast du gemacht?« »Ich habe das Feuer unter den Kesseln geschürt, ich habe gekehrt und den Kehrdreck hinter die Türe getragen.« »Aber du hast auch in die Kessel geguckt; dein Glück ist, daß du noch Holz zugelegt hast, sonst war dein Leben verloren; jetzt ist deine Zeit herum, willst du wieder heim?« »Ja,« sagte der Soldat, »ich wollt auch gerne sehen was mein Vater daheim macht.« Sprach der Teufel »damit du deinen verdienten Lohn kriegst, geh und raffe dir deinen Ranzen voll Kehrdreck und nimms mit nach Haus. Du sollst auch gehen ungewaschen und ungekämmt, mit langen Haaren am Kopf und am Bart, mit ungeschnittenen Nägeln und mit trüben Augen, und wenn du gefragt wirst, woher du kämst, sollst du sagen »aus der Hölle«, und wenn du gefragt wirst, wer du wärst, sollst du sagen »des Teufels rußiger Bruder, und mein König auch.« Der Soldat schwieg still und tat was der Teufel sagte, aber er war mit seinem Lohn gar nicht zufrieden. Sobald er nun wieder oben im Wald war, hob er seinen Ranzen vom Rücken und wollt ihn ausschütten: wie er ihn aber öffnete, so war der Kehrdreck pures Gold geworden. »Das hätte ich mir nicht gedacht« sprach er, war vergnügt und ging in die Stadt hinein. Vor[[Präpos]] dem Wirtshaus stand der Wirt, und wie ihn der heran kommen sah, erschrak er, weil Hans so entsetzlich aussah, ärger als eine Vogelscheuche. Er rief ihn an und fragte »woher kommst du?« »Aus der Hölle.« »Wer bist du?« »Dem Teufel sein rußiger Bruder, und mein König auch.« Nun wollte der Wirt ihn nicht einlassen, wie er ihm aber das Gold zeigte, ging er und klinkte selber die Türe auf. Da ließ sich Hans die beste Stube geben und köstlich aufwarten, aß und trank sich satt, wusch sich aber nicht und kämmte sich nicht, wie ihm der Teufel geheißen hatte, und legte sich endlich schlafen. Dem Wirt aber stand der Ranzen voll Gold vor Augen und ließ ihm keine Ruhe, bis er in der Nacht hinschlich und ihn wegstahl. Wie nun Hans am andern Morgen aufstand, den Wirt bezahlen und weiter gehen wollte, da war sein Ranzen weg. Er faßte sich aber kurz, dachte »du bist ohne Schuld unglücklich gewesen,« und kehrte wieder um, geradezu in die Hölle: da klagte er dem alten Teufel seine Not und bat ihn um Hülfe. Der Teufel sagte »setze dich, ich will dich waschen, kämmen, schnippen, die Haare und Nägel schneiden und die Augen auswischen,« und als er mit ihm fertig war, gab er ihm den Ranzen wieder voll Kehrdreck und sprach »geh hin, und sage dem Wirt er sollte dir dein Gold wieder herausgeben, sonst wollt ich kommen und ihn abholen, und er sollte an deinem Platz das Feuer schüren.« Hans ging hinauf und sprach zum Wirt »du hast mein Gold gestohlen, gibst dus nicht wieder, so kommst du in die Hölle an meinen[[Besitz]] Platz, und sollst aussehen so gräulich wie ich.« Da gab ihm der Wirt das Gold und noch mehr dazu, und bat ihn nur still davon zu sein; und Hans war nun ein reicher Mann. Hans machte sich auf den Weg heim zu seinem Vater, kaufte sich einen schlechten Linnenkittel auf den Leib, ging herum und machte Musik, denn das hatte er bei dem Teufel in der Hölle gelernt. Es war aber ein alter König im Land, vor dem mußt er spielen, und der geriet darüber in solche Freude, daß er dem Hans seine älteste Tochter zur Ehe versprach. Als die aber hörte daß sie so einen gemeinen Kerl im weißen Kittel heiraten sollte, sprach sie »eh ich das tät, wollt ich lieber ins tiefste Wasser gehen.« Da gab ihm der König die jüngste, die wollts ihrem Vater zu Liebe gerne tun; und also bekam des Teufels rußiger Bruder die Königstochter und als der alte König gestorben war auch das ganze Reich. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="101._Der_Bärenhäuter" 101. Der Bärenhäuter. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein junger Kerl, der ließ sich als Soldat anwerben, hielt sich tapfer und war immer der vorderste, wenn es blaue Bohnen regnete. Solange der Krieg dauerte, ging alles gut, aber als Friede geschlossen war, erhielt er seinen Abschied, und der Hauptmann sagte er könnte gehen wohin er wollte. Seine Eltern waren tot, und er hatte keine Heimat mehr, da ging er zu seinen Brüdern und bat sie möchten ihm so lange Unterhalt geben bis der Krieg wieder anfinge. Die Brüder aber waren hartherzig und sagten »was sollen wir mit dir? wir können dich nicht brauchen, sieh zu wie du dich durchschlägst.« Der Soldat hatte nichts übrig als sein Gewehr, das nahm er auf die Schulter und wollte in die Welt gehen. Er kam auf eine große Heide, auf der nichts zu sehen war als ein Ring von Bäumen: darunter setzte er sich ganz traurig nieder und sann über sein Schicksal nach. »Ich habe kein Geld,« dachte er, »ich habe nichts gelernt als das Kriegshandwerk, und jetzt weil Friede geschlossen ist, brauchen sie mich nicht mehr; ich sehe voraus ich muß verhungern.« Auf einmal hörte er ein Brausen, und wie er sich umblickte, stand ein unbekannter Mann vor ihm, der einen grünen Rock trug, recht stattlich aussah, aber einen garstigen Pferdefuß hatte. »Ich weiß schon was dir fehlt,« sagte der Mann, »Geld und Gut sollst du haben, so viel du mit aller Gewalt durchbringen kannst, aber ich muß zuvor wissen ob du dich nicht fürchtest, damit ich mein Geld nicht umsonst ausgebe.« »Ein Soldat und Furcht, wie paßt das zusammen?« antwortete er, »du kannst mich auf die Probe stellen.« »Wohlan,« antwortete der Mann, »schau hinter dich.« Der Soldat kehrte sich um und sah einen großen Bär, der brummend auf ihn zutrabte. »Oho,« rief der Soldat, »dich will ich an der Nase kitzeln, daß dir die Lust zum Brummen vergehen soll,« legte an und schoß den Bär auf die Schnauze, daß er zusammenfiel und sich nicht mehr regte. »Ich sehe wohl,« sagte der Fremde, »daß dirs an Mut nicht fehlt, aber es ist noch eine Bedingung dabei, die mußt du erfüllen.« »Wenn mirs an meiner Seligkeit nicht schadet,« antwortete der Soldat, der wohl merkte wen er vor sich hatte, »sonst laß ich mich auf nichts ein.« »Das wirst du selber sehen,« antwortete der Grünrock, »du darfst in den nächsten sieben Jahren dich nicht waschen, dir Bart und Haare nicht kämmen, die Nägel nicht schneiden und kein Vaterunser beten. Dann will ich dir einen Rock und Mantel geben, den mußt du in dieser Zeit tragen. Stirbst du in diesen sieben Jahren, so bist du mein, bleibst du aber leben, so bist du frei und bist reich dazu für dein Lebtag.« Der Soldat dachte an die große Not, in der er sich befand, und da er so oft in den Tod gegangen war, wollte er es auch jetzt wagen und willigte ein. Der Teufel zog den grünen Rock aus, reichte ihn dem Soldaten hin und sagte, »wenn du den Rock an deinem Leibe hast und in die Tasche greifst, so wirst du die Hand immer voll Geld haben.« Dann zog er dem Bären die Haut ab und sagte »das soll dein Mantel sein und auch dein Bett, denn darauf mußt du schlafen und darfst in kein anderes Bett kommen. Und dieser Tracht wegen sollst du Bärenhäuter heißen.« Hierauf verschwand der Teufel. Der Soldat zog den Rock an, griff gleich in die Tasche und fand daß die Sache ihre Richtigkeit hatte. Dann hing er die Bärenhaut um, ging in die Welt, war guter Dinge und unterließ nichts was ihm wohl und dem Gelde wehe tat. Im ersten Jahr ging es noch leidlich, aber in dem zweiten sah er schon aus wie ein Ungeheuer. Das Haar bedeckte ihm fast das ganze Gesicht, sein Bart glich einem Stück grobem Filztuch, seine Finger hatten Krallen, und sein Gesicht war so mit Schmutz bedeckt, daß wenn man Kresse hinein gesät hätte, sie aufgegangen wäre. Wer ihn sah, lief fort, weil er aber aller Orten den Armen Geld gab, damit sie für ihn beteten daß er in den sieben Jahren nicht stürbe, und weil er alles gut bezahlte, so erhielt er doch immer noch Herberge. Im vierten Jahr kam er in ein Wirtshaus, da wollte ihn der Wirt nicht aufnehmen und wollte ihm nicht einmal einen Platz im Stall anweisen, weil er fürchtete seine Pferde würden scheu werden. Doch als der Bärenhäuter in die Tasche griff und eine Hand voll Ducaten herausholte, so ließ der Wirt sich erweichen, und gab ihm eine Stube im Hintergebäude; doch mußte er versprechen, sich nicht sehen zu lassen, damit sein Haus nicht in bösen Ruf käme. Als der Bärenhäuter Abends allein saß und von Herzen wünschte daß die sieben Jahre herum wären, so hörte er in einem Nebenzimmer ein lautes Jammern. Er hatte ein mitleidiges Herz, öffnete die Türe und erblickte einen alten Mann, der heftig weinte und die Hände über dem Kopf zusammen schlug. Der Bärenhäuter trat näher, aber der Mann sprang auf und wollte entfliehen. Endlich, als er eine menschliche Stimme vernahm, ließ er sich bewegen, und durch freundliches Zureden brachte es der Bärenhäuter dahin, daß er ihm die Ursache seines Kummers offenbarte. Sein Vermögen war nach und nach geschwunden, er und seine Töchter mußten darben, und er war so arm, daß er den Wirt nicht einmal bezahlen konnte und ins Gefängnis sollte gesetzt werden. »Wenn ihr weiter keine Sorgen habt,« sagte der Bärenhäuter, »Geld habe ich genug.« Er ließ den Wirt herbeikommen, bezahlte ihn und steckte dem Unglücklichen noch einen Beutel voll Gold in die Tasche. Als der alte Mann sich aus seinen Sorgen erlöst sah, wußte er nicht womit er sich dankbar beweisen sollte. »Komm mit mir,« sprach er zu ihm, »meine[[Besitz]] Töchter sind Wunder von Schönheit, wähle dir eine davon zur Frau. Wenn sie hört was du für mich getan hast, so wird sie sich nicht weigern. Du siehst freilich ein wenig seltsam aus, aber sie wird dich schon wieder in Ordnung bringen.« Dem Bärenhäuter gefiel das wohl und er ging mit. Als ihn die älteste erblickte, entsetzte sie sich so gewaltig vor seinem Antlitz, daß sie aufschrie und fort lief. Die zweite blieb zwar stehen und betrachtete ihn, von Kopf bis zu Füßen, dann aber sprach sie »wie kann ich einen Mann nehmen, der keine menschliche Gestalt mehr hat? Da gefiel mir der rasierte Bär noch besser, der einmal hier zu sehen war und sich für einen Menschen ausgab, der hatte doch einen Husarenpelz an und weiße Handschuhe. Wenn er nur häßlich wäre, so könnte ich mich an ihn gewöhnen.« Die jüngste aber sprach »lieber Vater, das muß ein guter Mann sein, der euch aus der Not geholfen hat, habt ihr ihm dafür eine Braut versprochen, so muß euer Wort gehalten werden.« Es war Schade, daß das Gesicht des Bärenhäuters von Schmutz und Haaren bedeckt war, sonst hätte man sehen können wie ihm das Herz im Leibe lachte, als er diese Worte hörte. Er nahm einen Ring von seinem Finger, brach ihn entzwei und gab ihr die eine Hälfte, die andere behielt er für sich. In ihre Hälfte aber schrieb er seinen Namen und in seine Hälfte schrieb er ihren Namen und bat sie ihr Stück gut aufzuheben. Hierauf nahm er Abschied und sprach »ich muß noch drei Jahre wandern. Komm ich aber nicht wieder, so bist du frei, weil ich dann tot bin. Bitte aber Gott daß er mir das Leben erhält.« Die arme Braut kleidete sich ganz schwarz, und wenn sie an ihren Bräutigam dachte, so kamen ihr die Tränen in die Augen. Von ihren Schwestern ward ihr nichts als Hohn und Spott zu Teil. »Nimm dich in Acht,« sagte die älteste, »wenn du ihm die Hand reichst, so schlägt er dir mit der Tatze darauf.« »Hüte dich,« sagte die zweite, »die Bären lieben die Süßigkeit, und wenn du ihm gefällst, so frißt er dich auf.« »Du mußt nur immer seinen Willen tun,« hub die älteste wieder an, »sonst fängt er an zu brummen.« Und die zweite fuhr fort »aber die Hochzeit wird lustig sein, Bären die tanzen gut.« Die Braut schwieg still und ließ sich nicht irre machen. Der Bärenhäuter aber zog in der Welt herum, von einem Ort zum andern, tat Gutes, wo er konnte und gab den Armen reichlich, damit sie für ihn beteten. Endlich als der letzte Tag von den sieben Jahren anbrach, ging er wieder hinaus auf die Heide, und setzte sich unter den Ring von Bäumen. Nicht lange, so sauste der Wind, und der Teufel stand vor ihm und blickte ihn verdrießlich an; dann warf er ihm den alten Rock hin und verlangte seinen grünen zurück. »So weit sind wir noch nicht,« antwortete der Bärenhäuter, »erst sollst du mich reinigen.« Der Teufel mochte wollen oder nicht, er mußte Wasser holen, den Bärenhäuter abwaschen, ihm die Haare kämmen, und die Nägel schneiden. Hierauf sah er wie ein tapferer Kriegsmann aus, und war viel schöner als je vorher. Als der Teufel glücklich abgezogen war, so war es dem Bärenhäuter ganz leicht ums Herz. Er ging in die Stadt, tat einen prächtigen Sammetrock an, setzte sich in einen Wagen mit vier Schimmeln bespannt und fuhr zu dem Haus seiner Braut. Niemand erkannte ihn, der Vater hielt ihn für einen vornehmen Feldobrist und führte ihn in das Zimmer, wo seine Töchter saßen. Er mußte sich zwischen den beiden ältesten niederlassen: sie schenkten ihm Wein ein, legten ihm die besten Bissen vor und meinten sie hätten keinen schönern Mann auf der Welt gesehen. Die Braut aber saß in schwarzem Kleide ihm gegenüber, schlug die Augen nicht auf und sprach kein Wort. Als er endlich den Vater fragte, ob er ihm eine seiner Töchter zur Frau geben wollte, so sprangen die beiden ältesten auf, liefen in ihre Kammer und wollten prächtige Kleider anziehen, denn eine jede bildete sich ein sie wäre die Auserwählte. Der Fremde, sobald er mit seiner Braut allein war, holte den halben Ring hervor und warf ihn in einen Becher mit Wein, den er ihr über den Tisch reichte. Sie[[1]] nahm ihn an, aber als sie getrunken hatte und den halben Ring auf dem Grund liegen fand, so schlug ihr das Herz. Sie[[1]] holte die andere Hälfte, die sie an einem Band um den Hals trug, hielt sie daran, und es zeigte sich daß beide Teile vollkommen zu einander paßten. Da sprach er »ich bin dein verlobter Bräutigam, den du als Bärenhäuter gesehen hast, aber durch Gottes Gnade habe ich meine[[Besitz]] menschliche Gestalt wieder erhalten, und bin wieder rein geworden.« Er ging auf sie zu, umarmte sie und gab ihr einen Kuß. Indem kamen die beiden Schwestern in vollem Putz herein, und als sie sahen daß der schöne Mann der jüngsten zu Teil geworden war, und hörten daß das der Bärenhäuter war, liefen sie voll Zorn und Wut hinaus; die eine ersäufte sich im Brunnen, die andere erhenkte sich an einem Baum. Am Abend klopfte jemand an der Türe, und als der Bräutigam öffnete, so wars der Teufel im grünen Rock, der sprach »siehst du, nun habe ich zwei Seelen für deine eine.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="102._Der_Zaunkönig_und_der_Bär" 102. Der Zaunkönig und der Bär. &&ax &&lg=x &&fe Zur Sommerszeit gingen einmal der Bär und der Wolf im Wald spazieren, da hörte der Bär so schönen Gesang von einem Vogel, und sprach »Bruder Wolf, was ist das für ein Vogel, der so schön singt?« »Das ist der König der Vögel,« sagte der Wolf, »vor dem müssen wir uns neigen;« es war aber der Zaunkönig. »Wenn das ist,« sagte der Bär, »so möcht ich auch gerne seinen königlichen Palast sehen, komm und führe mich hin.« »Das geht nicht so, wie du meinst,« sprach der Wolf, »du mußt warten bis die Frau Königin kommt.« Bald darauf kam die Frau Königin, und hatte Futter im Schnabel, und der Herr König auch, und wollten ihre Jungen ätzen. Der Bär wäre gerne nun gleich hinterdrein gegangen, aber der Wolf hielt ihn am Ärmel und sagte »nein, du mußt warten bis Herr und Frau Königin wieder fort sind.« Also nahmen sie das Loch in Acht, wo das Nest stand, und trabten wieder ab. Der Bär aber hatte keine Ruhe, wollte den königlichen Palast sehen, und ging nach einer kurzen Weile wieder vor. Da waren König und Königin richtig ausgeflogen: er guckte hinein und sah fünf oder sechs Junge, die lagen darin. »Ist das der königliche Palast!« rief der Bär, »das ist ein erbärmlicher Palast! ihr seid auch keine Königskinder, ihr seid unehrliche Kinder.« Wie das die jungen Zaunkönige hörten, wurden sie gewaltig bös, und schrien »nein, das sind wir nicht, unsere Eltern sind ehrliche Leute; Bär, das soll ausgemacht werden mit dir.« Dem Bär und dem Wolf ward angst, sie kehrten um und setzten sich in ihre Höhlen. Die jungen Zaunkönige aber schrien und lärmten fort, und als ihre Eltern wieder Futter brachten, sagten sie »wir rühren kein Fliegenbeinchen an, und sollten wir verhungern, bis ihr erst ausgemacht habt ob wir ehrliche Kinder sind oder nicht: der Bär ist da gewesen, und hat uns gescholten.« Da sagte der alte König »seid nur ruhig, das soll ausgemacht werden.« Flog darauf mit der Frau Königin dem Bären vor seine Höhle und rief hinein »alter Brummbär warum hast du meine[[Besitz]] Kinder gescholten? das soll dir übel bekommen, das wollen wir in einem blutigen Krieg ausmachen.« Also war dem Bären der Krieg angekündigt, und ward alles vierfüßige Getier berufen, Ochs, Esel, Rind, Hirsch, Reh, und was die Erde sonst alles trägt. Der Zaunkönig aber berief alles was in der Luft fliegt; nicht allein die Vögel groß und klein, sondern auch die Mücken, Hornissen, Bienen und Fliegen mußten herbei. Als nun die Zeit kam, wo der Krieg angehen sollte, da schickte der Zaunkönig Kundschafter aus, wer der kommandierende General des Feindes wäre. Die Mücke war die listigste von allen, schwärmte im Wald, wo der Feind sich versammelte, und setzte sich endlich unter ein Blatt auf den Baum, wo die Parole ausgegeben wurde. Da stand der Bär, rief den Fuchs vor sich und sprach »Fuchs, du bist der schlauste unter allem Getier, du sollst General sein, und uns anführen.« »Gut,« sagte der Fuchs, »aber was für Zeichen wollen wir verabreden?« Niemand wußte es. Da sprach der Fuchs »ich habe einen schönen langen buschigen Schwanz, der sieht aus fast wie ein roter Federbusch; wenn ich den Schwanz in die Höhe halte, so geht die Sache gut, und ihr müßt darauf los marschieren; laß ich ihn aber herunterhängen, so lauft was ihr könnt.« Als die Mücke das gehört hatte, flog sie wieder heim und verriet dem Zaunkönig alles haarklein. Als der Tag anbrach, wo die Schlacht sollte geliefert werden hu, da kam das vierfüßige Getier dahergerennt mit Gebraus, daß die Erde zitterte; Zaunkönig mit seiner Armee kam auch durch die Luft daher, die schnurrte, schrie und schwärmte daß einem angst und bange ward; und gingen sie da von beiden Seiten an einander. Der Zaunkönig aber schickte die Hornisse hinab, sie sollte sich dem Fuchs unter den Schwanz setzen und aus Leibeskräften stechen. Wie nun der Fuchs den ersten Stich bekam, zuckte er, daß er das eine Bein aufhob, doch ertrug ers und hielt den Schwanz noch in der Höhe: beim zweiten Stich mußt er ihn einen Augenblick herunter lassen: beim dritten aber konnte er sich nicht mehr halten, schrie und nahm den Schwanz zwischen die Beine. Wie das die Tiere sahen, meinten sie alles wäre verloren und fingen an zu laufen, jeder in seine Höhle: und hatten die Vögel die Schlacht gewonnen. Da flog der Herr König und die Frau Königin heim zu ihren Kindern, und riefen »Kinder, seid fröhlich, eßt und trinkt nach Herzenslust, wir haben den Krieg gewonnen.« Die jungen Zaunkönige aber sagten »noch essen wir nicht, der Bär soll erst vors Nest kommen und Abbitte tun und soll sagen daß wir ehrliche Kinder sind.« Da flog der Zaunkönig vor das Loch des Bären und rief »Brummbär, du sollst vor das Nest zu meinen[[Besitz]] Kindern gehen und Abbitte tun und sagen daß sie ehrliche Kinder sind, sonst sollen dir die Rippen im Leib zertreten werden.« Da kroch der Bär in der größten Angst hin und tat Abbitte. Jetzt waren die jungen Zaunkönige erst zufrieden, setzten sich zusammen, aßen und tranken und machten sich lustig bis in die späte Nacht hinein. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="103._Der_süße_Brei" 103. Der süße Brei. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein armes frommes Mädchen, das lebte mit seiner Mutter allein, und sie hatten nichts mehr zu essen. Da ging das Kind hinaus in den Wald, und begegnete ihm da eine alte Frau, die wußte seinen Jammer schon und schenkte ihm ein Töpfchen, zu dem sollt es sagen »Töpfchen, koche,« so kochte es guten süßen Hirsenbrei, und wenn es sagte »Töpfchen, steh,« so hörte es wieder auf zu kochen. Das Mädchen brachte den Topf seiner Mutter heim, und nun waren sie ihrer Armut und ihres Hungers ledig und aßen süßen Brei so oft sie wollten. Auf eine Zeit war das Mädchen ausgegangen, da sprach die Mutter »Töpfchen, koche,« da kocht es, und sie ißt sich satt; nun will sie daß das Töpfchen wieder aufhören soll, aber sie weiß das Wort nicht. Also kocht es fort, und der Brei steigt über den Rand hinaus und kocht immer zu, die Küche und das ganze Haus voll, und das zweite Haus und dann die Straße, als wollts die ganze Welt satt machen, und ist die größte Not, und kein Mensch weiß sich da zu helfen. Endlich, wie nur noch ein einziges Haus übrig ist, da kommt das Kind heim, und spricht nur »Töpfchen, steh,« da steht es und hört auf zu kochen; und wer wieder in die Stadt wollte, der mußte sich durchessen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="104._Die_klugen_Leute" 104. Die klugen Leute. &&ax &&lg=x &&fe Eines Tages holte ein Bauer seinen hagebüchnen Stock aus der Ecke und sprach zu seiner Frau »Trine, ich gehe jetzt über Land und komme erst in drei Tagen wieder zurück. Wenn der Viehhändler in der Zeit bei uns einspricht und will unsere drei Kühe kaufen, so kannst du sie losschlagen, aber nicht anders als für zweihundert Taler, geringer nicht, hörst du.« »Geh nur in Gottes Namen,« antwortete die Frau, »ich will das schon machen.« »Ja, du!« sprach der Mann, »du bist als ein kleines Kind einmal auf den Kopf gefallen, das hängt dir bis auf diese Stunde nach. Aber das sage ich dir, machst du dummes Zeug, so streiche ich dir den Rücken blau an, und das ohne Farbe, bloß mit dem Stock den ich da in der Hand habe, und der Anstrich soll ein ganzes Jahr halten, darauf kannst du dich verlassen.« Damit ging der Mann seiner Wege. Am andern Morgen kam der Viehhändler, und die Frau brauchte mit ihm nicht viel Worte zu machen. Als er die Kühe besehen hatte und den Preis vernahm, sagte er »das gebe ich gerne, so viel sind sie unter Brüdern wert. Ich will die Tiere gleich mitnehmen.« Er machte sie von der Kette los und trieb sie aus dem Stall. Als er eben zum Hoftor hinaus wollte, faßte ihn die Frau am Ärmel und sprach »ihr müßt mir erst die zweihundert Taler geben, sonst kann ich Euch nicht gehen lassen.« »Richtig,« antwortete der Mann, »ich habe nur vergessen meine[[Besitz]] Geldkatze umzuschnallen. Aber macht Euch keine Sorge, ihr sollt Sicherheit haben, bis ich zahle. Zwei Kühe nehme ich mit und die dritte lasse ich Euch zurück, so habt Ihr ein gutes Pfand.« Der Frau leuchtete das ein, sie ließ den Mann mit seinen Kühen abziehen und dachte »wie wird sich der Hans freuen, wenn er sieht daß ich es so klug gemacht habe.« Der Bauer kam den dritten Tag, wie er gesagt hatte, nach Haus und fragte gleich ob die Kühe verkauft wären. »Freilich, lieber Hans,« antwortete die Frau, »und wie du gesagt hast, für zweihundert Taler. So viel sind sie kaum wert, aber der Mann nahm sie ohne Widerrede.« »Wo ist das Geld?« fragte der Bauer. »Das Geld das habe ich nicht,« antwortete die Frau, »er hatte gerade seine Geldkatze vergessen, wirds aber bald bringen; er hat mir ein gutes Pfand zurück gelassen.« »Was für ein Pfand?« fragte der Mann. »Eine von den drei Kühen, die kriegt er nicht eher, als bis er die andern bezahlt hat. Ich habe es klug gemacht, ich habe die kleinste zurück behalten, die frißt am wenigsten.« Der Mann ward zornig, hob seinen Stock in die Höhe und wollte ihr damit den verheißenen Anstrich geben. Plötzlich ließ er ihn sinken und sagte »du bist die dummste Gans, die auf Gottes Erdboden herum wackelt, aber du dauerst mich. Ich will auf die Landstraße gehen und drei Tage lang warten ob ich Jemand finde, der noch einfältiger ist als du bist. Glückt mirs, so sollst du frei sein, finde ich ihn aber nicht, so sollst du deinen wohl verdienten Lohn ohne Abzug erhalten.« Er ging hinaus auf die große Straße, setzte sich auf einen Stein und wartete auf die Dinge, die kommen sollten. Da sah er einen Leiterwagen heran fahren, und eine Frau stand mitten darauf, statt auf dem Gebund Stroh zu sitzen, das dabei lag, oder neben den Ochsen zu gehen und sie zu leiten. Der Mann dachte »das ist wohl eine, wie du sie suchst,« sprang auf und lief vor dem Wagen hin und her, wie einer der nicht recht gescheit ist. »Was wollt ihr Gevatter,« sagte die Frau zu ihm, »ich kenne euch nicht, von wo kommt Ihr her?« »Ich bin von dem Himmel gefallen,« antwortete der Mann, »und weiß nicht wie ich wieder hin kommen soll; könnt ihr mich nicht hinauf fahren?« »Nein,« sagte die Frau, »ich weiß den Weg nicht. Aber wenn Ihr aus dem Himmel kommt, so könnt Ihr mir wohl sagen wie es meinem Mann geht, der schon seit drei Jahren dort ist: Ihr habt ihn gewiss gesehen?« »Ich habe ihn wohl gesehen, aber es kann nicht allen Menschen gut gehen. Er hütet die Schafe, und das liebe Vieh macht ihm viel zu schaffen, das springt auf die Berge und verirrt sich in der Wildnis, und da muß er hinterher laufen und es wieder zusammen treiben. Abgerissen ist er auch, und die Kleider werden ihm bald vom Leib fallen. Schneider gibt es dort nicht, der heilige Petrus läßt keinen hinein, wie Ihr aus dem Märchen wißt.« »Wer hätte sich das gedacht!« rief die Frau, »wißt Ihr was? ich will seinen Sonntagsrock holen, der noch daheim im Schrank hängt, den kann er dort mit Ehren tragen. Ihr seid so gut und nehmt ihn mit.« »Das geht nicht wohl,« antwortete der Bauer, »Kleider darf man nicht in den Himmel bringen, die werden einem vor dem Tor abgenommen.« »Hört mich an,« sprach die Frau, »ich habe gestern meinen[[Besitz]] schönen Weizen verkauft und ein hübsches Geld dafür bekommen, das will ich ihm schicken. Wenn Ihr den Beutel in die Tasche steckt, so wirds kein Mensch gewahr.« »Kanns nicht anders sein,« erwiderte der Bauer, »so will ich Euch wohl den Gefallen tun.« »Bleibt nur da sitzen,« sagte sie, »ich will heim fahren und den Beutel holen; ich bin bald wieder hier. Ich setze mich nicht auf das Bund Stroh, sondern stehe auf dem Wagen, so hats das Vieh leichter.« Sie[[1]] trieb ihre Ochsen an, und der Bauer dachte, »die hat Anlage zur Narrheit, bringt sie das Geld wirklich, so kann meine[[Besitz]] Frau von Glück sagen, denn sie kriegt keine Schläge.« Es dauerte nicht lange, so kam sie gelaufen, brachte das Geld und steckte es ihm selbst in die Tasche. Eh sie wegging, dankte sie ihm noch tausendmal für seine Gefälligkeit. Als die Frau wieder heim kam, so fand sie ihren Sohn, der aus dem Feld zurück gekehrt war. Sie[[1]] erzählte ihm was sie für unerwartete Dinge erfahren hätte und setzte dann hinzu »ich freue mich recht daß ich Gelegenheit gefunden habe, meinem armen Mann etwas zu schicken, wer hätte sich vorgestellt, daß er im Himmel an etwas Mangel leiden würde?« Der Sohn war in der größten Verwunderung, »Mutter,« sagte er, »so einer aus dem Himmel kommt nicht alle Tage, ich will gleich hinaus und sehen daß ich den Mann noch finde: der muß mir erzählen wies dort aussieht und wies mit der Arbeit geht.« Er sattelte das Pferd und ritt in aller Hast[[beeilen]] fort. Er fand den Bauer, der unter einem Weidenbaum saß und das Geld, das im Beutel war, zählen wollte. »Habt Ihr nicht den Mann gesehen,« rief ihm der Junge zu, »der aus dem Himmel gekommen ist?« »Ja,« antwortete der Bauer, »der hat sich wieder auf den Rückweg gemacht und ist den Berg dort hinauf gegangen, von wo ers etwas näher hat. Ihr könnt ihn noch einholen, wenn Ihr scharf reitet.« »Ach,« sagte der Junge, »ich habe mich den ganzen Tag abgeäschert, und der Ritt hierher hat mich vollends müde gemacht: Ihr kennt den Mann, seid so gut und setzt Euch auf mein Pferd und überredet ihn daß er hierher kommt.« »Aha,« meinte der Bauer, »das ist auch einer, der keinen Docht in seiner Lampe hat.« »Warum sollte ich Euch den Gefallen nicht tun?« sprach er, stieg auf und ritt im stärksten Trab fort. Der Junge blieb sitzen bis die Nacht einbrach, aber der Bauer kam nicht zurück. »Gewiss,« dachte er, »hat der Mann aus dem Himmel große Eile gehabt und nicht umkehren wollen, und der Bauer hat ihm das Pferd mitgegeben, um es meinem Vater zu bringen.« Er ging heim und erzählte seiner Mutter was geschehen war: das Pferd habe er dem Vater geschickt, damit er nicht immer herum zu laufen brauche. »Du hast wohl getan,« antwortete sie, »du hast noch junge Beine und kannst zu Fuß gehen.« Als der Bauer nach Haus gekommen war, stellte er das Pferd in den Stall neben die verpfändete Kuh, ging dann zu seiner Frau und sagte »Trine, das war dein Glück, ich habe zwei gefunden, die noch einfältigere Narren sind als du: diesmal kommst du ohne Schläge davon, ich will sie für eine andere Gelegenheit aufsparen.« Dann zündete er seine Pfeife an, setzte sich in den Großvaterstuhl und sprach »das war ein gutes Geschäft, für zwei magere Kühe ein glattes Pferd und dazu einen großen Beutel voll Geld. Wenn die Dummheit immer so viel einbrächte, so wollte ich sie gerne in Ehren halten.« So dachte der Bauer, aber dir sind gewiss die einfältigen lieber. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="105._Märchen_von_der_Unke" 105. Märchen von der Unke. &&g2="I." {{I.}} &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein kleines Kind, dem gab seine Mutter jeden Nachmittag ein Schüsselchen mit Milch und Weckbrocken, und das Kind setzte sich damit hinaus in den Hof. Wenn es aber anfing zu essen, so kam die Hausunke aus einer Mauerritze hervor gekrochen, senkte ihr Köpfchen in die Milch und aß mit. Das Kind hatte seine Freude daran, und wenn es mit seinem Schüsselchen da saß, und die Unke kam nicht gleich herbei, so rief es ihr zu »Unke, Unke, komm geschwind, komm herbei, du kleines Ding, sollst dein Bröckchen haben, an der Milch dich laben.« Da kam die Unke gelaufen und ließ es sich gut schmecken. Sie[[1]] zeigte sich auch dankbar, denn sie brachte dem Kind aus ihrem heimlichen Schatz allerlei schöne Dinge, glänzende Steine, Perlen und goldene Spielsachen. Die Unke trank aber nur Milch und ließ die Brocken liegen. Da nahm das Kind einmal sein Löffelchen, schlug ihr damit sanft auf den Kopf und sagte »Ding, iß auch Brocken.« Die Mutter, die in der Küche stand, hörte daß das Kind mit jemand sprach, und als sie sah daß es mit seinem Löffelchen nach einer Unke schlug, so lief sie mit einem Scheit Holz heraus und tötete das gute Tier. Von der Zeit an ging eine Veränderung mit dem Kinde vor. Es war, so lange die Unke mit ihm gegessen hatte, groß und stark geworden, jetzt aber verlor es seine schönen roten Backen und magerte ab. Nicht lange, so fing in der Nacht der Totenvogel an zu schreien, und das Rotkelchen sammelte Zweiglein und Blätter zu einem Totenkranz, und bald hernach lag das Kind auf der Bahre. &&am &&lg=0 &&fa &&g="II." {{II.}} &&ax &&lg=x &&fe Ein Waisenkind saß an der Stadtmauer und spann, da sah es eine Unke aus einer Öffnung unten an der Mauer hervor kommen. Geschwind breitete es sein blau seidenes Halstuch neben sich aus, das die Unken gewaltig lieben und auf das sie allein gehen. Alsobald die Unke das erblickte, kehrte sie um, kam wieder und brachte ein kleines goldenes Krönchen getragen, legte es darauf und ging dann wieder fort. Das Mädchen nahm die Krone auf, sie glitzerte und war von zartem Goldgespinnst. Nicht lange, so kam die Unke zum zweitenmal wieder: wie sie aber die Krone nicht mehr sah, kroch sie an die Wand und schlug vor Leid ihr Köpfchen so lange dawider, als sie nur noch Kräfte hatte, bis sie endlich tot da lag. Hätte das Mädchen die Krone liegen lassen, die Unke hätte wohl noch mehr von ihren Schätzen aus der Höhle herbeigetragen. &&am &&lg=0 &&fa &&g="III." {{III.}} &&ax &&lg=x &&fe Unke ruft »{{huhu, huhu,}}« Kind spricht »komm herut.« Die Unke kommt hervor, da fragt das Kind nach seinem Schwesterchen »hast du Rotstrümpfchen nicht gesehen?« Unke sagt »{{ne, ik og nit: wie du denn? huhu, huhu, huhu.}}« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g1="106._Der_arme_Müllerbursch_und_das_Kätzchen" 106. Der arme Müllerbursch und das Kätzchen. &&ax &&lg=x &&fe In einer Mühle lebte ein alter Müller, der hatte weder Frau noch Kinder, und drei Müllerburschen dienten bei ihm. Wie sie nun etliche Jahre bei ihm gewesen waren, sagte er eines Tags zu ihnen »ich bin alt, und will mich hinter den Ofen setzen: zieht aus, und wer mir das beste Pferd nach Haus bringt, dem will ich die Mühle geben, und er soll mich dafür bis an meinen[[Besitz]] Tod verpflegen.« Der dritte von den Burschen war aber der Kleinknecht, der ward von den andern für albern gehalten, dem gönnten sie die Mühle nicht; und er wollte sie hernach nicht einmal. Da zogen alle drei mit einander aus, und wie sie vor das Dorf kamen, sagten die zwei zu dem albernen Hans »du kannst nur hier bleiben, du kriegst dein Lebtag keinen Gaul.« Hans aber ging doch mit, und als es Nacht war, kamen sie an eine Höhle, da hinein legten sie sich schlafen. Die zwei Klugen warteten bis Hans eingeschlafen war, dann stiegen sie auf, machten sich fort und ließen Hänschen liegen, und meintens recht fein gemacht zu haben; ja, es wird euch doch nicht gut gehen! Wie nun die Sonne kam, und Hans aufwachte, lag er in einer tiefen Höhle: er guckte sich überall um und rief »ach Gott, wo bin ich!« Da erhob er sich und krappelte die Höhle hinauf, ging in den Wald und dachte »ich bin hier ganz allein und verlassen, wie soll ich nun zu einem Pferd kommen!« Indem er so in Gedanken dahin ging, begegnete ihm ein kleines buntes Kätzchen, das sprach ganz freundlich »Hans, wo willst du hin!« »Ach, du kannst mir doch nicht helfen.« »Was dein Begehren ist, weiß ich wohl,« sprach das Kätzchen, »du willst einen hübschen Gaul haben. Komm mit mir und sei sieben Jahre lang mein treuer Knecht, so will ich dir einen geben, schöner als du dein Lebtag einen gesehen hast.« »Nun das ist eine wunderliche Katze,« dachte Hans, »aber sehen will ich doch ob das wahr ist was sie sagt.« Da nahm sie ihn mit in ihr verwünschtes Schlößchen und hatte da lauter Kätzchen, die ihr dienten: die sprangen flink die Treppe auf und ab, waren lustig und guter Dinge. Abends, als sie sich zu Tisch setzten, mußten drei Musik machen: eins strich den Baß, das andere die Geige, das dritte setzte die Trompete an und blies die Backen auf so sehr es nur konnte. Als sie gegessen hatten, wurde der Tisch weggetragen, und die Katze sagte »nun komm, Hans, und tanze mit mir.« »Nein,« antwortete er, »mit einer Miezekatze tanze ich nicht, das habe ich noch niemals getan.« »So bringt ihn ins Bett« sagte sie zu den Kätzchen. Da leuchtete ihm eins in seine Schlafkammer, eins zog ihm die Schuhe aus, eins die Strümpfe und zuletzt blies eins das Licht aus. Am andern Morgen kamen sie wieder und halfen ihm aus dem Bett: eins zog ihm die Strümpfe an, eins band ihm die Strumpfbänder, eins holte die Schuhe, eins wusch ihn und eins trocknete ihm mit dem Schwanz das Gesicht ab. »Das tut recht sanft« sagte Hans. Er mußte aber auch der Katze dienen und alle Tage Holz klein machen; dazu kriegte er eine Axt von Silber, und die Keile und Säge von Silber, und der Schläger war von Kupfer. Nun, da machte ers klein, blieb da im Haus, hatte sein gutes Essen und Trinken, sah aber niemand als die bunte Katze und ihr Gesinde. Einmal sagte sie zu ihm »geh hin und mähe meine[[Besitz]] Wiese, und mache das Gras trocken,« und gab ihm von Silber eine Sense und von Gold einen Wetzstein, hieß ihn aber auch alles wieder richtig abliefern. Da ging Hans hin und tat was ihm geheißen war; nach vollbrachter Arbeit trug er Sense, Wetzstein und Heu nach Haus, und fragte ob sie ihm noch nicht seinen Lohn geben wollte. »Nein,« sagte die Katze, »du sollst mir erst noch einerlei tun, da ist Bauholz von Silber, Zimmeraxt, Winkeleisen und was nötig ist, alles von Silber, daraus baue mir erst ein kleines Häuschen.« Da baute Hans das Häuschen fertig und sagte er hätte nun alles getan, und hätte noch kein Pferd. Doch waren ihm die sieben Jahre herumgegangen wie ein halbes. Fragte die Katze ob er ihre Pferde sehen wollte? »Ja« sagte Hans. Da machte sie ihm das Häuschen auf, und weil sie die Türe so aufmacht, da stehen zwölf Pferde, ach, die waren gewesen ganz stolz, die hatten geblänkt und gespiegelt, daß sich sein Herz im Leibe darüber freute. Nun gab sie ihm zu essen und zu trinken und sprach »geh heim, dein Pferd geb[[geben]] ich dir nicht mit: in drei Tagen aber komm ich und bringe dirs nach.« Also machte Hans sich auf, und sie zeigte ihm den Weg zur Mühle. Sie[[1]] hatte ihm aber nicht einmal ein neues Kleid gegeben, sondern er mußte sein altes lumpiges Kittelchen behalten, das er mitgebracht hatte, und das ihm in den sieben Jahren überall zu kurz geworden war. Wie er nun heim kam, so waren die beiden andern Müllerburschen auch wieder da: jeder hatte zwar sein Pferd mitgebracht, aber des einen seins war blind, des andern seins lahm. Sie[[1]] fragten »Hans, wo hast du dein Pferd?« »In drei Tagen wirds nachkommen.« Da lachten sie und sagten »ja du Hans, wo willst du ein Pferd herkriegen, das wird was rechtes sein!« Hans ging in die Stube, der Müller sagte aber er sollte nicht an den Tisch kommen, er wäre so zerrissen und zerlumpt, man müßte sich schämen, wenn jemand herein käme. Da gaben sie ihm ein bischen Essen hinaus, und wie sie Abends schlafen gingen, wollten ihm die zwei andern kein Bett geben, und er mußte endlich ins Gänseställchen kriechen und sich auf ein wenig hartes Stroh legen. Am Morgen, wie er aufwacht, sind schon die drei Tage herum, und es kommt eine Kutsche mit sechs Pferden, ei, die glänzten, daß es schön war, und ein Bedienter, der brachte noch ein siebentes, das war für den armen Müllerbursch. Aus der Kutsche aber stieg eine prächtige Königstochter und ging in die Mühle hinein, und die Königstochter war das kleine bunte Kätzchen, dem der arme Hans sieben Jahr gedient hatte. Sie[[1]] fragte den Müller wo der Mahlbursch, der Kleinknecht wäre? Da sagte der Müller »den können wir nicht in die Mühle nehmen, der ist so verrissen und liegt im Gänsestall.« Da sagte die Königstochter sie sollten ihn gleich holen. Also holten sie ihn heraus, und er mußte sein Kittelchen zusammenpacken, um sich zu bedecken. Da schnallte der Bediente prächtige Kleider aus, und mußte ihn waschen und anziehen, und wie er fertig war, konnte kein König schöner aussehen. Danach verlangte die Jungfrau die Pferde zu sehen, welche die andern Mahlburschen mitgebracht hatten, eins war blind, das andere lahm. Da ließ sie den Bedienten das siebente Pferd bringen: wie der Müller das sah, sprach er so eins wär ihm noch nicht auf den Hof gekommen; »und das ist für den dritten Mahlbursch« sagte sie. »Da muß er die Mühle haben,« sagte der Müller, die Königstochter aber sprach da wäre das Pferd, er sollte seine Mühle auch behalten: und nimmt ihren treuen Hans und setzt ihn in die Kutsche und fährt mit ihm fort. Sie[[1]] fahren zuerst nach dem kleinen Häuschen, das er mit dem silbernen Werkzeug gebaut hat, da ist es ein großes Schloß, und ist alles darin von Silber und Gold; und da hat sie ihn geheiratet, und war er reich, so reich, daß er für sein Lebtag genug hatte. Darum soll keiner sagen daß wer albern ist deshalb nichts rechtes werden könne. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="107._Die_beiden_Wanderer" 107. Die beiden Wanderer. &&ax &&lg=x &&fe Berg und Tal begegnen sich nicht, wohl aber die Menschenkinder, zumal gute und böse. So kam auch einmal ein Schuster und ein Schneider auf der Wanderschaft zusammen. Der Schneider war ein kleiner hübscher Kerl und war immer lustig und guter Dinge. Er sah den Schuster von der andern Seite heran kommen, und da er an seinem Felleisen merkte was er für ein Handwerk trieb, rief er ihm ein Spottliedchen zu, »nähe mir die Naht, ziehe mir den Draht, streich ihn rechts und links mit Pech, schlag, schlag mir fest den Zweck.« Der Schuster aber konnte keinen Spaß vertragen, er verzog ein Gesicht, als wenn er Essig getrunken hätte, und machte Miene das Schneiderlein am Kragen zu packen. Der kleine Kerl fing aber an zu lachen, reichte ihm seine Flasche und sprach »es ist nicht bös gemeint, trink einmal und schluck die Galle hinunter.« Der Schuster tat einen gewaltigen Schluck, und das Gewitter auf seinem Gesicht fing an sich zu verziehen. Er gab dem Schneider die Flasche zurück und sprach »ich habe ihr ordentlich zugesprochen, man sagt wohl vom vielen Trinken aber nicht vom großen Durst. Wollen wir zusammen wandern?« »Mir ists recht,« antwortete der Schneider, »wenn du nur Lust hast in eine große Stadt zu gehen, wo es nicht an Arbeit fehlt.« »Gerade dahin wollte ich auch,« antwortete der Schuster, »in einem kleinen Nest ist nichts zu verdienen, und auf dem Lande gehen die Leute lieber barfuß.« Sie[[1]] wanderten also zusammen weiter und setzten immer einen Fuß vor den andern wie die Wiesel im Schnee. Zeit genug hatten sie beide, aber wenig zu beißen und zu brechen. Wenn sie in eine Stadt kamen, so gingen sie umher und grüßten das Handwerk, und weil das Schneiderlein so frisch und munter aussah und so hübsche rote Backen hatte, so gab ihm jeder gerne, und wenn das Glück gut war, so gab ihm die Meistertochter unter der Haustüre auch noch einen Kuß auf den Weg. Wenn er mit dem Schuster wieder zusammen traf, so hatte er immer mehr in seinem Bündel. Der griesgrämige Schuster schnitt ein schiefes Gesicht und meinte »je größer der Schelm, je größer das Glück.« Aber der Schneider fing an zu lachen und zu singen, und teilte alles, was er bekam, mit seinem Kameraden. Klingelten nun ein paar Groschen[[1]] in seiner Tasche, so ließ er auftragen, schlug vor Freude auf den Tisch daß die Gläser tanzten, und es hieß bei ihm »leicht verdient und leicht vertan«. Als sie eine Zeitlang gewandert waren, kamen sie an einen großen Wald, durch welchen der Weg nach der Königsstadt ging. Es führten aber zwei Fußsteige hindurch, davon war der eine sieben Tage lang, der andere nur zwei Tage, aber niemand von ihnen wußte, welcher der kürzere Weg war. Die zwei Wanderer setzten sich unter einen Eichenbaum und ratschlagten wie sie sich vorsehen und für wie viel Tage sie Brot mitnehmen wollten. Der Schuster sagte »man muß weiter denken als man geht, ich will für sieben Tage Brot mit nehmen.« »Was,« sagte der Schneider, »für sieben Tage Brot auf dem Rücken schleppen wie ein Lasttier und sich nicht umschauen? ich halte mich an Gott und kehre mich an nichts. Das Geld, das ich in der Tasche habe, das ist im Sommer so gut als im Winter, aber das Brot wird in der heißen Zeit trocken und obendrein schimmelig. Mein[[Besitz]] Rock geht auch nicht länger als auf die Knöchel. Warum sollen wir den richtigen Weg nicht finden? Für zwei Tage Brot und damit gut.« Es kaufte sich also ein jeder sein Brot, und dann gingen sie auf gut Glück in den Wald hinein. In dem Wald war es so still wie in einer Kirche. Kein Wind wehte, kein Bach rauschte, kein Vogel sang, und durch die dichtbelaubten Äste drang kein Sonnenstrahl. Der Schuster sprach kein Wort, ihn drückte das schwere Brot auf dem Rücken, daß ihm der Schweiß über sein verdrießliches und finsteres Gesicht herabfloß. Der Schneider aber war ganz munter, sprang daher, pfiff auf einem Blatt oder sang ein Liedchen, und dachte »Gott im Himmel muß sich freuen daß ich so lustig bin.« Zwei Tage ging das so fort, aber als am dritten Tag der Wald kein Ende nehmen wollte, und der Schneider sein Brot aufgegessen hatte, so fiel ihm das Herz doch eine Elle tiefer herab: indessen verlor er nicht den Mut, sondern verließ sich auf Gott und auf sein Glück. Den dritten Tag legte er sich Abends hungrig unter einen Baum und stieg den andern Morgen hungrig wieder auf. So ging es auch den vierten Tag, und wenn der Schuster sich auf einen umgestürzten Baum setzte, und seine Mahlzeit verzehrte, so blieb dem Schneider nichts als das Zusehen. Bat er um ein Stückchen Brot, so lachte der andere höhnisch und sagte »du bist immer so lustig gewesen, da kannst du auch einmal versuchen wies tut wenn man unlustig ist: die Vögel, die Morgens zu früh singen, die stößt Abends der Habicht,« kurz, er war ohne Barmherzigkeit. Aber am fünften Morgen konnte der arme Schneider nicht mehr aufstehen und vor Mattigkeit kaum ein Wort herausbringen; die Backen waren ihm weiß und die Augen rot. Da sagte der Schuster zu ihm »ich will dir heute ein Stück Brot geben, aber dafür will ich dir dein rechtes Auge ausstechen.« Der unglückliche Schneider, der doch gerne sein Leben erhalten wollte, konnte sich nicht anders helfen: er weinte noch einmal mit beiden Augen und hielt sie dann hin, und der Schuster, der ein Herz von Stein hatte, stach ihm mit einem scharfen Messer das rechte Auge aus. Dem Schneider kam in den Sinn was ihm sonst seine Mutter gesagt hatte, wenn er in der Speisekammer genascht hatte »essen so viel man mag, und leiden was man muß.« Als er sein teuer bezahltes Brot verzehrt hatte, machte er sich wieder auf die Beine, vergaß sein Unglück und tröstete sich damit daß er mit einem Auge noch immer genug sehen könnte. Aber am sechsten Tag meldete sich der Hunger aufs neue und zehrte ihm fast das Herz auf. Er fiel Abends bei einem Baum nieder, und am siebenten Morgen konnte er sich vor Mattigkeit nicht erheben, und der Tod saß ihm im Nacken. Da sagte der Schuster »ich will Barmherzigkeit ausüben und dir nochmals Brot geben; umsonst bekommst du es nicht, ich steche dir dafür das andere Auge noch aus.« Da erkannte der Schneider sein leichtsinniges Leben, bat den lieben Gott um Verzeihung und sprach »tue was du mußt, ich will leiden was ich muß; aber bedenke daß unser Herrgott nicht jeden Augenblick richtet und daß eine andere Stunde kommt, wo die böse Tat vergolten wird, die du an mir verübst und die ich nicht an dir verdient habe. Ich habe in guten Tagen mit dir geteilt was ich hatte. Mein[[Besitz]] Handwerk ist der Art daß Stich muß Stich vertreiben. Wenn ich keine Augen mehr habe, und nicht mehr nähen kann, so muß ich betteln gehen. Laß mich nur, wenn ich blind bin, hier nicht allein liegen, sonst muß ich verschmachten.« Der Schuster aber, der Gott aus seinem Herzen vertrieben hatte, nahm das Messer und stach ihm noch das linke Auge aus. Dann gab er ihm ein Stück Brot zu essen, reichte ihm einen Stock und führte ihn hinter sich her. Als die Sonne unterging, kamen sie aus dem Wald, und vor dem Wald auf dem Feld stand ein Galgen. Dahin leitete der Schuster den blinden Schneider, ließ ihn dann liegen und ging seiner Wege. Vor[[Präpos]] Müdigkeit, Schmerz und Hunger schlief der Unglückliche ein und schlief die ganze Nacht. Als der Tag dämmerte, erwachte er, wußte aber nicht wo er lag. An dem Galgen hingen zwei arme Sünder, und auf dem Kopfe eines jeden saß eine Krähe. Da fing der eine an zu sprechen »Bruder, wachst du?« »Ja, ich wache« antwortete der zweite. »So will ich dir etwas sagen,« fing der erste wieder an, »der Tau der heute Nacht über uns vom Galgen herabgefallen ist, der gibt jedem, der sich damit wäscht, die Augen wieder. Wenn das die Blinden wüßten, wie mancher könnte sein Gesicht wieder haben, der nicht glaubt daß das möglich sei.« Als der Schneider das hörte, nahm er sein Taschentuch, drückte es auf das Gras, und als es mit dem Tau befeuchtet war, wusch er seine Augenhöhlen damit. Alsbald ging in Erfüllung was der Gehenkte gesagt hatte, und ein paar frische und gesunde Augen füllten die Höhlen. Es dauerte nicht lange, so sah der Schneider die Sonne hinter den Bergen aufsteigen: vor ihm in der Ebene lag die große Königsstadt mit ihren prächtigen Toren und hundert Türmen, und die goldenen Knöpfe und Kreuze, die auf den Spitzen standen, fingen an zu glühen. Er unterschied jedes Blatt an den Bäumen, erblickte die Vögel, die vorbei flogen, und die Mücken, die in der Luft tanzten. Er holte eine Nähnadel aus der Tasche, und als er den Zwirn einfädeln konnte, so gut als er es je gekonnt hatte, so sprang sein Herz vor Freude. Er warf sich auf seine Knie, dankte Gott für die erwiesene Gnade und sprach seinen Morgensegen: er vergaß auch nicht für die armen Sünder zu bitten, die da hingen, wie der Schwengel in der Glocke, und die der Wind aneinander schlug. Dann nahm er seinen Bündel auf den Rücken, vergaß bald das ausgestandene Herzeleid und ging unter Singen und Pfeifen weiter. Das erste was ihm begegnete, war ein braunes Füllen, das frei im Felde herumsprang. Er packte es an der Mähne, wollte sich aufschwingen und in die Stadt reiten. Das Füllen aber bat um seine Freiheit: »ich bin noch zu jung,« sprach es, »auch ein leichter Schneider wie du bricht mir den Rücken entzwei, laß mich laufen bis ich stark geworden bin. Es kommt vielleicht eine Zeit, wo ich dirs lohnen kann.« »Lauf hin,« sagte der Schneider, »ich sehe du bist auch so ein Springinsfeld.« Er gab ihm noch einen Hieb mit der Gerte über den Rücken, daß es vor Freude mit den Hinterbeinen ausschlug, über Hecken und Gräben setzte und in das Feld hineinjagte. Aber das Schneiderlein hatte seit gestern nichts gegessen. »Die Sonne,« sprach er, »füllt mir zwar die Augen, aber das Brot nicht den Mund. Das erste was mir begegnet und halbweg genießbar ist, das muß herhalten.« Indem schritt ein Storch ganz ernsthaft über die Wiese daher. »Halt, halt,« rief der Schneider und packte ihn am Bein, »ich weiß nicht ob du zu genießen bist, aber mein Hunger erlaubt mir keine lange Wahl, ich muß dir den Kopf abschneiden und dich braten.« »Tue das nicht,« antwortete der Storch, »ich bin ein heiliger Vogel, dem niemand ein Leid zufügt, und der den Menschen großen Nutzen bringt. Läßt du mir mein Leben, so kann ich dirs ein andermal vergelten.« »So zieh ab, Vetter Langbein« sagte der Schneider. Der Storch erhob sich, ließ die langen Beine hängen und flog gemächlich fort. »Was soll daraus werden?« sagte der Schneider zu sich selbst, »mein Hunger wird immer größer und mein Magen immer leerer. Was mir jetzt in den Weg kommt, das ist verloren.« Indem sah er auf einem Teich ein paar junge Enten daher schwimmen. »Ihr kommt ja wie gerufen,« sagte er, packte eine davon, und wollte ihr den Hals umdrehen. Da fing eine alte Ente, die in dem Schilf steckte, laut an zu kreischen, schwamm mit aufgesperrtem Schnabel herbei und bat ihn flehentlich sich ihrer lieben Kinder zu erbarmen. »Denkst du nicht,« sagte sie, »wie deine Mutter jammern würde, wenn dich einer wegholen und dir den Garaus machen wollte.« »Sei nur still,« sagte der gutmütige Schneider, »du sollst deine Kinder behalten,« und setzte die Gefangene wieder ins Wasser. Als er sich umkehrte, stand er vor einem alten Baum, der halb hohl war, und sah die wilden Bienen aus- und einfliegen. »Da finde ich gleich den Lohn für meine[[Besitz]] gute Tat« sagte der Schneider, »der Honig wird mich laben.« Aber der Weisel kam heraus, drohte und sprach »wenn du mein Volk anrührst und mein Nest zerstörst, so sollen dir unsere Stacheln wie zehntausend glühende Nadeln in die Haut fahren. Läßt du uns aber in Ruhe und gehst deiner Wege, so wollen wir dir ein andermal dafür einen Dienst leisten.« Das Schneiderlein sah daß auch hier nichts anzufangen war. »Drei Schüsseln leer,« sagte er, »und auf der vierten nichts, das ist eine schlechte Mahlzeit.« Er schleppte sich also mit seinem ausgehungerten Magen in die Stadt, und da es eben zu Mittag läutete, so war für ihn im Gasthaus schon gekocht und er konnte sich gleich zu Tisch setzen. Als er satt war, sagte er »nun will ich auch arbeiten.« Er ging in der Stadt umher, suchte einen Meister und fand auch bald ein gutes Unterkommen. Da er aber sein Handwerk von Grund aus gelernt hatte, so dauerte es nicht lange, er ward berühmt, und jeder wollte seinen neuen Rock von dem kleinen Schneider gemacht haben. Alle Tage nahm sein Ansehen zu. »Ich kann in meiner Kunst nicht weiter kommen,« sprach er, »und doch gehts jeden Tag besser.« Endlich bestellte ihn der König zu seinem Hofschneider. Aber wies in der Welt geht. An demselben Tag war sein ehemaliger Kamerad, der Schuster, auch Hofschuster geworden. Als dieser den Schneider erblickte und sah daß er wieder zwei gesunde Augen hatte, so peinigte ihn das Gewissen. »Ehe er Rache an mir nimmt,« dachte er bei sich selbst, »muß ich ihm eine Grube graben.« Wer aber andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein. Abends, als er Feierabend gemacht hatte, und es dämmerig geworden war, schlich er sich zu dem König und sagte »Herr König, der Schneider ist ein übermütiger Mensch, und hat sich vermessen er wollte die goldene Krone wieder herbei schaffen, die vor alten Zeiten ist verloren gegangen.« »Das sollte mir lieb sein« sprach der König, ließ den Schneider am andern Morgen vor sich fordern und befahl ihm die Krone wieder herbeizuschaffen, oder für immer die Stadt zu verlassen. »Oho,« dachte der Schneider, »ein Schelm gibt mehr als er hat. Wenn der murrköpfige König von mir verlangt was kein Mensch leisten kann, so will ich nicht warten bis morgen, sondern gleich heute wieder zur Stadt hinaus wandern.« Er schnürte also sein Bündel, als er aber aus dem Tor heraus war, so tat es ihm doch leid daß er sein Glück aufgeben und die Stadt, in der es ihm so wohl gegangen war, mit dem Rücken ansehen sollte. Er kam zu dem Teich, wo er mit den Enten Bekanntschaft gemacht hatte, da saß gerade die Alte, der er ihre Jungen gelassen hatte, am Ufer und putzte sich mit dem Schnabel. Sie[[1]] erkannte ihn gleich, und fragte warum er den Kopf so hängen lasse. »Du wirst dich nicht wundern, wenn du hörst was mir begegnet ist« antwortete der Schneider und erzählte ihr sein Schicksal. »Wenns weiter nichts ist,« sagte die Ente, »da können wir Rat schaffen. Die Krone ist ins Wasser gefallen und liegt unten auf dem Grund, wie bald haben wir sie wieder heraufgeholt. Breite nur derweil dein Taschentuch ans Ufer aus.« Sie[[1]] tauchte mit ihren zwölf Jungen unter, und nach fünf Minuten war sie wieder oben und saß mitten in der Krone, die auf ihren Fittigen ruhte, und die zwölf Jungen schwammen rund herum, hatten ihre Schnäbel untergelegt und halfen tragen. Sie[[1]] schwammen ans Land und legten die Krone auf das Tuch. Du glaubst nicht wie prächtig die Krone war, wenn die Sonne darauf schien, so glänzte sie wie hunderttausend Karfunkelsteine. Der Schneider band sein Tuch mit den vier Zipfeln zusammen und trug sie zum König, der in einer Freude war und dem Schneider eine goldene Kette um den Hals hing. Als der Schuster sah daß der eine Streich misslungen war, so besann er sich auf einen zweiten, trat vor den König und sprach »Herr König, der Schneider ist wieder so übermütig geworden, er vermißt sich das ganze königliche Schloß mit allem was darin ist, los und fest, innen und außen, in Wachs abzubilden.« Der König ließ den Schneider kommen und befahl ihm das ganze königliche Schloß mit allem was darin wäre, los und fest, innen und außen, in Wachs abzubilden und wenn er es nicht zu Stande brächte, oder es fehlte nur ein Nagel an der Wand, so sollte er zeitlebens unter der Erde gefangen sitzen. Der Schneider dachte »es kommt immer ärger, das hält kein Mensch aus,« warf sein Bündel auf den Rücken und wanderte fort. Als er an den hohlen Baum kam, setzte er sich nieder und ließ den Kopf hängen. Die Bienen kamen heraus geflogen, und der Weisel fragte ihn ob er einen steifen Hals hätte, weil er den Kopf so schief hielt. »Ach nein,« antwortete der Schneider, »mich drückt etwas anderes,« und erzählte was der König von ihm gefordert hatte. Die Bienen fingen an unter einander zu summen und zu brummen, und der Weisel sprach »geh nur wieder nach Haus, komm aber Morgen um diese Zeit wieder und bring ein großes Tuch mit, so wird alles gut gehen.« Da kehrte er wieder um, die Bienen aber flogen nach dem königlichen Schloß, geradezu in die offenen Fenster hinein, krochen in allen Ecken herum und besahen alles aufs genauste. Dann liefen sie zurück und bildeten das Schloß in Wachs nach mit einer solchen Geschwindigkeit, daß man meinte es wüchse einem vor den Augen. Schon am Abend war alles fertig, und als der Schneider am folgenden Morgen kam, so stand das ganze prächtige Gebäude da, und es fehlte kein Nagel an der Wand und keine Ziegel auf dem Dach; dabei war es zart und schneeweiß, und roch süß wie Honig. Der Schneider packte es vorsichtig in sein Tuch und brachte es dem König, der aber konnte sich nicht genug verwundern, stellte es in seinem größten Saal auf und schenkte dem Schneider dafür ein großes steinernes Haus. Der Schuster aber ließ nicht nach, ging zum drittenmal zu dem König und sprach »Herr König, dem Schneider ist zu Ohren gekommen daß auf dem Schloßhof kein Wasser springen will, da hat er sich vermessen es solle mitten im Hof mannshoch aufsteigen und hell sein wie Krystall.« Da ließ der König den Schneider herbei holen und sagte »wenn nicht Morgen ein Strahl von Wasser in meinem Hof springt, wie du versprochen hast, so soll dich der Scharfrichter auf demselben Hof um einen Kopf kürzer machen.« Der arme Schneider besann sich nicht lange und eilte zum Tore hinaus, und weil es ihm diesmal ans Leben gehen sollte, so rollten ihm die Tränen über die Backen herab. Indem er so voll Trauer dahin ging, kam das Füllen herangesprungen, dem er einmal die Freiheit geschenkt hatte, und aus dem ein hübscher Brauner geworden war. »Jetzt kommt die Stunde,« sprach er zu ihm, »wo ich dir deine Guttat vergelten kann. Ich weiß schon was dir fehlt, aber es soll dir bald geholfen werden, sitz nur auf, mein Rücken kann deiner zwei tragen.« Dem Schneider kam das Herz wieder, er sprang in einem Satz auf, und das Pferd rennte in vollem Lauf zur Stadt hinein und geradezu auf den Schloßhof. Da jagte es dreimal rund herum, schnell wie der Blitz und beim drittenmal stürzte es nieder. In dem Augenblick aber krachte es furchtbar: ein Stück Erde sprang in der Mitte des Hofs wie eine Kugel in die Luft und über das Schloß hinaus, und gleich dahinter her erhob sich ein Strahl von Wasser so hoch wie Mann und Pferd, und das Wasser war so rein wie Krystall, und die Sonnenstrahlen fingen an darauf zu tanzen. Als der König das sah, stand er vor Verwunderung auf, ging und umarmte das Schneiderlein im Angesicht aller Menschen. Aber das Glück dauerte nicht lang. Der König hatte Töchter genug, eine immer schöner als die andere, aber keinen Sohn. Da begab sich der boshafte Schuster zum viertenmal zu dem Könige, und sprach »Herr König, der Schneider läßt nicht ab von seinem Übermut. Jetzt hat er sich vermessen, wenn er wolle, so könne er dem Herrn König einen Sohn durch die Lüfte herbei tragen lassen.« Der König ließ den Schneider rufen und sprach »wenn du mir binnen neun Tagen einen Sohn bringen läßt, so sollst du meine[[Besitz]] älteste Tochter zur Frau haben.« »Der Lohn ist freilich groß,« dachte das Schneiderlein, »da täte man wohl ein übriges, aber die Kirschen hängen mir zu hoch: wenn ich danach steige, so bricht unter mir der Ast, und ich falle herab.« Er ging nach Haus, setzte sich mit unterschlagenen Beinen auf seinen Arbeitstisch und bedachte sich was zu tun wäre. »Es geht nicht,« rief er endlich aus, »ich will fort, hier kann ich doch nicht in Ruhe leben.« Er schnürte sein Bündel und eilte zum Tore hinaus. Als er auf die Wiesen kam, erblickte er seinen alten Freund, den Storch, der da, wie ein Weltweiser, auf und abging, zuweilen still stand, einen Frosch in nähere Betrachtung nahm und ihn endlich verschluckte. Der Storch kam heran und begrüßte ihn. »Ich sehe,« hub er an, »du hast deinen Ranzen auf dem Rücken, warum willst du die Stadt verlassen?« Der Schneider erzählte ihm was der König von ihm verlangt hatte und er nicht erfüllen konnte, und jammerte über sein Missgeschick. »Laß dir darüber keine grauen Haare wachsen,« sagte der Storch, »ich will dir aus der Not helfen. Schon lange bringe ich die Wickelkinder in die Stadt, da kann ich auch einmal einen kleinen Prinzen aus dem Brunnen holen. Geh heim und verhalte dich ruhig. Heut über neun Tage begib dich in das königliche Schloß, da will ich kommen.« Das Schneiderlein ging nach Haus und war zu rechter Zeit in dem Schloß. Nicht lange, so kam der Storch heran geflogen und klopfte ans Fenster. Der Schneider öffnete ihm, und Vetter Langbein stieg vorsichtig herein und ging mit gravitätischen Schritten über den glatten Marmorboden; er hatte aber ein Kind im Schnabel, das schön wie ein Engel, und seine Händchen nach der Königin ausstreckte. Er legte es ihr auf den Schoß, und sie herzte und küßte es, und war vor Freude außer sich. Der Storch nahm, bevor er wieder wegflog, seine Reisetasche von der Schulter herab und überreichte sie der Königin. Es steckten Tüten darin mit bunten Zuckererbsen, sie wurden unter die kleinen Prinzessinnen verteilt. Die älteste aber erhielt nichts, sondern bekam den lustigen Schneider zum Mann. »Es ist mir geradeso,« sprach der Schneider, »als wenn ich das große Loos gewonnen hätte. Meine[[Besitz]] Mutter hatte doch recht, die sagte immer, wer auf Gott vertraut und nur Glück hat, dem kanns nicht fehlen.« Der Schuster mußte die Schuhe machen, in welchen das Schneiderlein auf dem Hochzeitfest tanzte, hernach ward ihm befohlen die Stadt auf immer zu verlassen. Der Weg nach dem Wald führte ihn zu dem Galgen. Von Zorn, Wut und der Hitze des Tages ermüdet, warf er sich nieder. Als er die Augen zumachte und schlafen wollte, stürzten die beiden Krähen von den Köpfen der Gehenkten mit lautem Geschrei herab und hackten ihm die Augen aus. Unsinnig rannte er in den Wald und muß darin verschmachtet sein, denn es hat ihn niemand wieder gesehen oder etwas von ihm gehört. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="108._Hans_mein_Igel" 108. Hans mein Igel. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Bauer, der hatte Geld und Gut genung, aber wie reich er war, so fehlte doch etwas an seinem Glück: er hatte mit seiner Frau keine Kinder. Öfters, wenn er mit den andern Bauern in die Stadt ging, spotteten sie und fragten warum er keine Kinder hätte. Da ward er endlich zornig, und als er nach Haus kam, sprach er »ich will ein Kind haben, und sollts ein Igel sein.« Da kriegte seine Frau ein Kind, das war oben ein Igel und unten ein Junge, und als sie das Kind sah, erschrak sie und sprach »siehst du, du hast uns verwünscht.« Da sprach der Mann »was kann das alles helfen, getauft muß der Junge werden, aber wir können keinen Gevatter dazu nehmen.« Die Frau sprach »wir können ihn auch nicht anders taufen als &&c=8 Hans mein Igel. &&c=0 « Als er getauft war, sagte der Pfarrer »der kann wegen seiner Stacheln in kein ordentlich Bett kommen.« Da ward hinter dem Ofen ein wenig Stroh zurecht gemacht und Hans mein Igel darauf gelegt. Er konnte auch an der Mutter nicht trinken, denn er hätte sie mit seinen Stacheln gestochen. So lag er da hinter dem Ofen acht Jahre, und sein Vater war ihn müde und dachte wenn er nur stürbe; aber er starb nicht, sondern blieb da liegen. Nun trug es sich zu, daß in der Stadt ein Markt war, und der Bauer wollte hin gehen, da fragte er seine Frau, was er ihr sollte mitbringen. »Ein wenig Fleisch und ein paar Wecke, was zum Haushalt gehört« sprach sie. Darauf fragte er die Magd, die wollte ein paar Toffeln und Zwickelstrümpfe. Endlich sagte er auch »Hans mein Igel, was willst du denn haben?« »Väterchen,« sprach er, »bring mir doch einen Dudelsack mit.« Wie nun der Bauer wieder nach Haus kam, gab er der Frau, was er ihr gekauft hatte, Fleisch und Wecke, dann gab er der Magd die Toffeln und die Zwickelstrümpfe, endlich ging er hinter den Ofen und gab dem Hans mein Igel den Dudelsack. Und wie Hans mein Igel den Dudelsack hatte, sprach er »Väterchen, geht doch vor die Schmiede und laßt mir meinen[[Besitz]] Göckelhahn beschlagen, dann will ich fortreiten und will nimmermehr wiederkommen.« Da war der Vater froh daß er ihn los werden sollte, und ließ ihm den Hahn beschlagen, und als er fertig war, setzte sich Hans mein Igel darauf, ritt fort, nahm auch Schweine und Esel mit, die wollt er draußen im Walde hüten. Im Wald aber mußte der Hahn mit ihm auf einen hohen Baum fliegen, da saß er und hütete die Esel und Schweine, und saß lange Jahre bis die Heerde ganz groß war, und wußte sein Vater nichts von ihm. Wenn er aber auf dem Baum saß, blies er seinen Dudelsack und machte Musik, die war sehr schön. Einmal kam ein König vorbeigefahren, der hatte sich verirrt, und hörte die Musik: da verwunderte er sich darüber und schickte seinen Bedienten hin, er sollte sich einmal umgucken wo die Musik herkäme. Er guckte sich um, sah aber nichts als ein kleines Tier auf dem Baum oben sitzen, das war wie ein Göckelhahn, auf dem ein Igel saß, und der machte die Musik. Da sprach der König zum Bedienten er sollte fragen warum er da säße, und ob er nicht wüßte wo der Weg in sein Königreich ginge. Da stieg Hans mein Igel vom Baum und sprach er wollte den Weg zeigen, wenn der König ihm wollte verschreiben und versprechen was ihm zuerst begegnete am königlichen Hofe, sobald er nach Haus käme. Da dachte der König »das kann ich leicht tun, Hans mein Igel verstehts doch nicht, und ich kann schreiben was ich will.« Da nahm der König Feder und Tinte und schrieb etwas auf, und als es geschehen war, zeigte ihm Hans mein Igel den Weg, und er kam glücklich nach Haus. Seine Tochter aber, wie sie ihn von weitem sah, war so voll Freuden, daß sie ihm entgegen lief und ihn küßte. Da gedachte er an Hans mein Igel und erzählte ihr wie es ihm gegangen wäre, und daß er einem wunderlichen Tier hätte verschreiben sollen was ihm daheim zuerst begegnen würde, und das Tier hätte auf einem Hahn wie auf einem Pferde gesessen und schöne Musik gemacht; er hätte aber geschrieben es sollts nicht haben, denn Hans mein Igel könnt es doch nicht lesen. Darüber war die Prinzessin froh und sagte das wäre gut, denn sie wäre doch nimmermehr hingegangen. Hans mein Igel aber hütete die Esel und Schweine, war immer lustig, saß auf dem Baum und blies auf seinem Dudelsack. Nun geschah es, daß ein anderer König gefahren kam mit seinen Bedienten und Laufern, und hatte sich verirrt, und wußte nicht wieder nach Haus zu kommen, weil der Wald so groß war. Da hörte er gleichfalls die schöne Musik von weitem und sprach zu seinem Laufer was das wohl wäre, er sollte einmal zusehen. Da ging der Laufer hin unter den Baum und sah den Göckelhahn sitzen und Hans mein Igel oben drauf. Der Laufer fragte ihn was er da oben vorhätte. »Ich hüte meine[[Besitz]] Esel und Schweine; aber was ist euer Begehren?« Der Laufer sagte sie hätten sich verirrt und könnten nicht wieder ins Königreich, ob er ihnen den Weg nicht zeigen wollte. Da stieg Hans mein Igel mit dem Hahn vom Baum herunter, und sagte zu dem alten König er wolle ihm den Weg zeigen, wenn er ihm zu eigen geben wollte was ihm zu Haus vor seinem königlichen Schlosse das erste begegnen würde. Der König sagte »ja,« und unterschrieb sich dem Hans mein Igel, er sollte es haben. Als das geschehen war, ritt er auf dem Göckelhahn voraus und zeigte ihm den Weg, und gelangte der König glücklich wieder in sein Reich. Wie er auf den Hof kam, war große Freude darüber. Nun hatte er eine einzige Tochter, die war sehr schön, die lief ihm entgegen, fiel ihm um den Hals und küßte ihn und freute sich daß ihr alter Vater wieder kam. Sie[[1]] fragte ihn auch wo er so lange in der Welt gewesen wäre, da erzählte er ihr er hätte sich verirrt und wäre beinahe gar nicht wieder gekommen, aber als er durch einen großen Wald gefahren wäre, hätte einer, halb wie ein Igel, halb wie ein Mensch, rittlings auf einem Hahn in einem hohen Baum gesessen, und schöne Musik gemacht, der hätte ihm fortgeholfen und den Weg gezeigt, er aber hätte ihm dafür versprochen was ihm am königlichen Hofe zuerst begegnete, und das wäre sie, und das täte ihm nun so leid. Da versprach sie ihm aber sie wollte gerne mit ihm gehen wann er käme, ihrem alten Vater zu Liebe. Hans mein Igel aber hütete seine Schweine, und die Schweine bekamen wieder Schweine, und wurden ihrer so viel, daß der ganze Wald voll war. Da wollte Hans mein Igel nicht länger im Walde leben, und ließ seinem Vater sagen sie sollten alle Ställe im Dorf räumen, denn er käme mit einer so großen Heerde, daß jeder schlachten könnte, der nur schlachten wollte. Da war sein Vater betrübt, als er das hörte, denn er dachte Hans mein Igel wäre schon lange gestorben. Hans mein Igel aber setzte sich auf seinen Göckelhahn, trieb die Schweine vor sich her ins Dorf, und ließ schlachten; hu! da war ein Gemetzel und ein Hacken, daß mans zwei Stunden weit hören konnte. Danach sagte Hans mein Igel »Väterchen, laßt mir meinen[[Besitz]] Göckelhahn noch einmal vor der Schmiede beschlagen, dann reit ich fort und komme mein Lebtag nicht wieder.« Da ließ der Vater den Göckelhahn beschlagen und war froh daß Hans mein Igel nicht wieder kommen wollte. Hans mein Igel ritt fort in das erste Königreich, da hatte der König befohlen wenn einer käme auf einem Hahn geritten, und hätte einen Dudelsack bei sich, dann sollten alle auf ihn schießen, hauen und stechen, damit er nicht ins Schloß käme. Als nun Hans mein Igel daher geritten kam, drangen sie mit den Bajonetten auf ihn ein, aber er gab dem Hahn die Sporn, flog auf, über das Tor hin vor des Königs Fenster, ließ sich da nieder, und rief ihm zu er sollt ihm geben was er versprochen hätte, sonst so wollt er ihm und seiner Tochter das Leben nehmen. Da gab der König seiner Tochter gute Worte, sie möchte zu ihm hinaus gehen, damit sie ihm und sich das Leben rettete. Da zog sie sich weiß an, und ihr Vater gab ihr einen Wagen mit sechs Pferden und herrliche Bedienten, Geld und Gut. Sie[[1]] setzte sich ein, und Hans mein Igel mit seinem Hahn und Dudelsack neben sie, dann nahmen sie Abschied und zogen fort, und der König dachte er kriegte sie nicht wieder zu sehen. Es ging aber anders als er dachte, denn als sie ein Stück Wegs von der Stadt waren, da zog ihr Hans mein Igel die schönen Kleider aus, und stach sie mit seiner Igelhaut bis sie ganz blutig war, sagte »das ist der Lohn für eure Falschheit, geh hin, ich will dich nicht,« und jagte sie damit nach Haus, und war sie beschimpft ihr Lebtag. Hans mein Igel aber ritt weiter auf seinem Göckelhahn und mit seinem Dudelsack nach dem zweiten Königreich, wo er dem König auch den Weg gezeigt hatte. Der aber hatte bestellt, wenn einer käme, wie Hans mein Igel, sollten sie das Gewehr präsentieren, ihn frei hereinführen, Vivat rufen, und ihn ins königliche Schloß bringen. Wie ihn nun die Königstochter sah, war sie erschrocken, weil er doch gar zu wunderlich aussah, sie dachte aber es wäre nicht anders, sie hätte es ihrem Vater versprochen. Da ward Hans mein Igel von ihr bewillkommt, und ward mit ihr vermählt, und er mußte mit an die königliche Tafel gehen, und sie setzte sich zu seiner Seite, und sie aßen und tranken. Wies nun Abend ward, daß sie wollten schlafen gehen, da fürchtete sie sich sehr vor seinen Stacheln: er aber sprach, sie sollte sich nicht fürchten, es geschähe ihr kein Leid, und sagte zu dem alten König, er sollte vier Mann bestellen, die sollten wachen vor der Kammertüre und ein großes Feuer anmachen, und wann er in die Kammer einginge und sich ins Bett legen wollte, würde er aus seiner Igelshaut herauskriechen und sie vor dem Bett liegen lassen: dann sollten die Männer hurtig herbeispringen und sie ins Feuer werfen, auch dabei bleiben, bis sie vom Feuer verzehrt wäre. Wie die Glocke nun elfe schlug, da ging er in die Kammer, streifte die Igelshaut ab, und ließ sie vor dem Bette liegen: da kamen die Männer und holten sie geschwind und warfen sie ins Feuer; und als sie das Feuer verzehrt hatte, da war er erlöst, und lag da im Bett ganz als ein Mensch gestaltet, aber er war kohlschwarz wie gebrannt. Der König schickte zu seinem Arzt, der wusch ihn mit guten Salben und balsamierte ihn, da ward er weiß, und war ein schöner junger Herr. Wie das die Königstochter sah, war sie froh, und am andern Morgen stiegen sie mit Freuden auf, aßen und tranken, und ward die Vermählung erst recht gefeiert, und Hans mein Igel bekam das Königreich von dem alten König. Wie etliche Jahre herum waren, fuhr er mit seiner Gemahlin zu seinem Vater und sagte er wäre sein Sohn; der Vater aber sprach er hätte keinen, er hätte nur einen gehabt, der wäre aber wie ein Igel mit Stacheln geboren worden, und wäre in die Welt gegangen. Da gab er sich zu erkennen, und der alte Vater freute sich und ging mit ihm in sein Königreich. Mein[[Besitz]] Märchen ist aus, und geht vor Gustchen sein Haus. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="109._Das_Totenhemdchen" 109. Das Totenhemdchen. &&ax &&lg=x &&fe Es hatte eine Mutter ein Büblein von sieben Jahren, das war so schön und lieblich, daß es niemand ansehen konnte ohne ihm gut zu sein, und sie hatte es auch lieber als alles auf der Welt. Nun geschah es, daß es plötzlich krank ward, und der liebe Gott es zu sich nahm; darüber konnte sich die Mutter nicht trösten und weinte Tag und Nacht. Bald darauf aber, nachdem es begraben war, zeigte sich das Kind Nachts an den Plätzen, wo es sonst im Leben gesessen und gespielt hatte; weinte die Mutter, so weinte es auch, und wenn der Morgen kam, war es verschwunden. Als aber die Mutter gar nicht aufhören wollte zu weinen, kam es in einer Nacht mit seinem weißen Totenhemdchen, in welchem es in den Sarg gelegt war, und mit dem Kränzchen auf dem Kopf, setzte sich zu ihren Füßen auf das Bett und sprach »ach Mutter, höre doch auf zu weinen, sonst kann ich in meinem Sarge nicht einschlafen, denn mein Totenhemdchen wird nicht trocken von deinen Tränen, die alle darauf fallen.« Da erschrak die Mutter, als sie das hörte, und weinte nicht mehr. Und in der andern Nacht kam das Kindchen wieder, hielt in der Hand ein Lichtchen und sagte »siehst du, nun ist mein Hemdchen bald trocken, und ich habe Ruhe in meinem Grab.« Da befahl die Mutter dem lieben Gott ihr Leid und ertrug es still und geduldig, und das Kind kam nicht wieder, sondern schlief in seinem unterirdischen Bettchen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="110._Der_Jude_im_Dorn" 110. Der Jude im Dorn. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein reicher Mann, der hatte einen Knecht, der diente ihm fleißig und redlich, war alle Morgen der erste aus dem Bett und Abends der letzte hinein, und wenns eine saure Arbeit gab, wo keiner anpacken wollte, so stellte er sich immer zuerst daran. Dabei klagte er nicht, sondern war mit allem zufrieden, und war immer lustig. Als sein Jahr herum war, gab ihm der Herr keinen Lohn und dachte »das ist das gescheitste, so spare ich etwas, und er geht mir nicht weg, sondern bleibt hübsch im Dienst.« Der Knecht schwieg auch still, tat das zweite Jahr wie das erste seine Arbeit, und als er am Ende desselben abermals keinen Lohn bekam, ließ er sichs gefallen und blieb noch länger. Als auch das dritte Jahr herum war, bedachte sich der Herr, griff in die Tasche, holte aber nichts heraus. Da fing der Knecht endlich an und sprach »Herr, ich habe euch drei Jahre redlich gedient, seid so gut und gebt mir was mir von Rechtswegen zukommt: ich wollte fort und mich gerne weiter in der Welt umsehen.« Da antwortete der Geizhals »ja, mein lieber Knecht, du hast mir unverdrossen gedient, dafür sollst du mildiglich belohnet werden,« griff abermals in die Tasche und zählte dem Knecht drei Heller einzeln auf, »da hast du für jedes Jahr einen Heller, das ist ein großer und reichlicher Lohn, wie du ihn bei wenigen Herrn empfangen hättest.« Der gute Knecht, der vom Geld wenig verstand, strich sein Kapital ein und dachte »nun hast du vollauf in der Tasche, was willst du sorgen und dich mit schwerer Arbeit länger plagen.« Da zog er fort, bergauf, bergab, sang und sprang nach Herzenslust. Nun trug es sich zu, als er an ein Buschwerk vorüber kam, daß ein kleines Männchen hervortrat und ihn anrief »wo hinaus, Bruder Lustig? ich sehe du trägst nicht schwer an deinen Sorgen.« »Was soll ich traurig sein,« antwortete der Knecht, »ich habe vollauf, der Lohn von drei Jahren klingelt in meiner Tasche.« »Wie viel ist denn deines Schatzes?« fragte ihn das Männchen. »Wie viel? drei baare Heller, richtig gezählt.« »Höre,« sagte der Zwerg, »ich bin ein armer bedürftiger Mann, schenke mir deine drei Heller: ich kann nichts mehr arbeiten, du aber bist jung und kannst dir dein Brot leicht verdienen.« Und weil der Knecht ein gutes Herz hatte und Mitleid mit dem Männchen fühlte, so reichte er ihm seine drei Heller und sprach »in Gottes Namen, es wird mir doch nicht fehlen.« Da sprach das Männchen »weil ich dein gutes Herz sehe, so gewähre ich dir drei Wünsche, für jeden Heller einen, die sollen dir in Erfüllung gehen.« »Aha,« sprach der Knecht, »du bist einer, der blau pfeifen kann. Wohlan, wenns doch sein soll, so wünsche ich mir erstlich ein Vogelrohr, das alles trifft, wonach ich ziele: zweitens eine Fidel, wenn ich darauf streiche, so muß alles tanzen, was den Klang hört: und drittens, wenn ich an jemand eine Bitte tue, so darf er sie nicht abschlagen.« »Das sollst du alles haben« sprach das Männchen, griff in den Busch, und, denk einer, da lag schon Fidel und Vogelrohr in Bereitschaft, als wenn sie bestellt wären. Er gab sie dem Knecht und sprach »was du dir immer erbitten wirst, kein Mensch auf der Welt soll dirs abschlagen.« »Herz, was begehrst du nun?« sprach der Knecht zu sich selber und zog lustig weiter. Bald darauf begegnete er einem Juden mit einem langen Ziegenbart, der stand und horchte auf den Gesang eines Vogels, der hoch oben in der Spitze eines Baumes saß. »Gottes Wunder!« rief er aus, »so ein kleines Tier hat so eine grausam mächtige Stimme! wenns doch mein wäre! wer ihm doch Salz auf den Schwanz streuen könnte!« »Wenns weiter nichts ist,« sprach der Knecht, »der Vogel soll bald herunter sein,« legte an und traf aufs Haar, und der Vogel fiel herab in die Dornhecken. »Geh, Spitzbub,« sagte er zum Juden, »und hol dir den Vogel heraus.« »Mein[[Besitz]],« sprach der Jude, »laß der Herr den Bub weg, so kommt ein Hund gelaufen; ich will mir den Vogel auflesen, weil ihr ihn doch einmal getroffen habt,« legte sich auf die Erde und fing an sich in den Busch hinein zu arbeiten. Wie er nun mitten in dem Dorn steckte, plagte der Mutwille den guten Knecht, daß er seine Fidel abnahm und anfing zu geigen. Gleich fing auch der Jude an die Beine zu heben und in die Höhe zu springen: und je mehr der Knecht strich, desto besser ging der Tanz. Aber die Dörner zerrissen ihm den schäbigen Rock, kämmten ihm den Ziegenbart und stachen und zwickten ihn am ganzen Leib. »Mein[[Besitz]],« rief der Jude, »was soll mir das Geigen! laß der Herr das Geigen, ich begehre nicht zu tanzen.« Aber der Knecht hörte nicht darauf und dachte »du hast die Leute genug geschunden, nun soll dirs die Dornhecke nicht besser machen,« und fing von neuem an zu geigen, daß der Jude immer höher aufspringen mußte, und die Fetzen von seinem Rock an den Stacheln hängen blieben. »Au weih geschrien!« rief der Jude, »geb[[geben]] ich doch dem Herrn, was er verlangt, wenn er nur das Geigen läßt, einen ganzen Beutel mit Gold.« »Wenn du so spendabel bist,« sprach der Knecht, »so will ich wohl mit meiner Musik aufhören, aber das muß ich dir nachrühmen, du machst deinen Tanz noch mit, daß es eine Art hat;« nahm darauf den Beutel und ging seiner Wege. Der Jude blieb stehen und sah ihm nach und war still bis der Knecht weit weg und ihm ganz aus den Augen war, dann schrie er aus Leibeskräften, »du miserabler Musikant, du Bierfiedler: wart, wenn ich dich allein erwische! ich will dich jagen, daß du die Schuhsohlen verlieren sollst: du Lump, steck einen Groschen[[1]] ins Maul, daß du sechs Heller wert bist,« und schimpfte weiter was er nur los bringen konnte. Und als er sich damit etwas zu Gute getan und Luft gemacht hatte, lief er in die Stadt zum Richter. »Herr Richter, au weih geschrien! seht wie mich auf offener Landstraße ein gottloser Mensch beraubt und übel zugerichtet hat: ein Stein auf dem Erdboden möcht sich erbarmen: die Kleider zerfetzt! der Leib zerstochen und zerkratzt! mein bischen Armut sammt dem Beutel genommen! lauter Dukaten, ein Stück schöner als das andere: um Gotteswillen, laßt den Menschen ins Gefängnis werfen.« Sprach der Richter »wars ein Soldat, der dich mit seinem Säbel so zugerichtet hat?« »Gott bewahr!« sagte der Jude, »einen nackten Degen hat er nicht gehabt, aber ein Rohr hat er gehabt auf dem Buckel hängen und eine Geige am Hals; der Bösewicht ist leicht zu erkennen.« Der Richter schickte seine Leute nach ihm aus, die fanden den guten Knecht, der ganz langsam weiter gezogen war, und fanden auch den Beutel mit Gold bei ihm. Als er vor Gericht gestellt wurde, sagte er »ich habe den Juden nicht angerührt und ihm das Geld nicht genommen, er hat mirs aus freien Stücken angeboten, damit ich nur aufhörte zu geigen, weil er meine[[Besitz]] Musik nicht vertragen konnte.« »Gott bewahr!« schrie der Jude, »der greift die Lügen wie Fliegen an der Wand.« Aber der Richter glaubte es auch nicht und sprach »das ist eine schlechte Entschuldigung, das tut kein Jude,« und verurteilte den guten Knecht, weil er auf offener Straße einen Raub begangen hätte, zum Galgen. Als er aber abgeführt ward, schrie ihm noch der Jude zu »du Bärenhäuter, du Hundemusikant, jetzt kriegst du deinen wohlverdienten Lohn.« Der Knecht stieg ganz ruhig mit dem Henker die Leiter hinauf, auf der letzten Sproße aber drehte er sich um und sprach zum Richter »gewährt mir noch eine Bitte, eh ich sterbe.« »Ja,« sprach der Richter, »wenn du nicht um dein Leben bittest.« »Nicht ums Leben,« antwortete der Knecht, »ich bitte, laßt mich zu guter Letzt noch einmal auf meiner Geige spielen.« Der Jude erhob ein Zetergeschrei, »um Gotteswillen, erlaubts nicht, erlaubts nicht.« Allein der Richter sprach »warum soll ich ihm die kurze Freude nicht gönnen: es ist ihm zugestanden, und dabei soll es sein Bewenden haben.« Auch konnte er es ihm nicht abschlagen wegen der Gabe, die dem Knecht verliehen war. Der Jude aber rief »au weih! au weih! bindet mich an, bindet mich fest.« Da nahm der gute Knecht seine Geige vom Hals, legte sie zurecht, und wie er den ersten Strich tat, fing alles an zu wabern und zu wanken, der Richter, die Schreiber, und die Gerichtsdiener: und der Strick fiel dem aus der Hand, der den Juden fest binden wollte: beim zweiten Strich hoben alle die Beine, und der Henker ließ den guten Knecht los und machte sich zum Tanze fertig: bei dem dritten Strich sprang alles in die Höhe und fing an zu tanzen, und der Richter und der Jude waren vorn und sprangen am besten. Bald tanzte alles mit, was auf den Markt aus Neugierde herbei gekommen war, alte und junge, dicke und magere Leute untereinander: sogar die Hunde, die mitgelaufen waren, setzten sich auf die Hinterfüße und hüpften mit. Und je länger er spielte, desto höher sprangen die Tänzer, daß sie sich einander an die Köpfe stießen und anfingen jämmerlich zu schreien. Endlich rief der Richter ganz außer Atem, »ich schenke dir dein Leben, höre nur auf zu geigen.« Der gute Knecht ließ sich bewegen, setzte die Geige ab, hing sie wieder um den Hals und stieg die Leiter herab. Da trat er zu dem Juden, der auf der Erde lag und nach Atem schnappte, und sagte »Spitzbube, jetzt gesteh wo du das Geld her hast, oder ich nehme meine[[Besitz]] Geige vom Hals und fange wieder an zu spielen.« »Ich habs gestohlen, ich habs gestohlen,« schrie er, »du aber hasts redlich verdient.« Da ließ der Richter den Juden zum Galgen führen und als einen Dieb aufhängen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="111._Der_gelernte_Jäger" 111. Der gelernte Jäger. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein junger Bursch, der hatte die Schlosserhantierung gelernt und sprach zu seinem Vater er wollte jetzt in die Welt gehen und sich versuchen. »Ja,« sagte der Vater, »das bin ich zufrieden« und gab ihm etwas Geld auf die Reise. Also zog er herum und suchte Arbeit. Auf eine Zeit, da wollt ihm das Schlosserwerk nicht mehr folgen und stand ihm auch nicht mehr an, aber er kriegte Lust zur Jägerei. Da begegnete ihm auf der Wanderschaft ein Jäger in grünem Kleide, der fragte wo er her käme und wo er hin wollte. Er wär ein Schlossergesell, sagte der Bursch, aber das Handwerk gefiele ihm nicht mehr, und hätte Lust zur Jägerei, ob er ihn als Lehrling annehmen wollte. »O ja, wenn du mit mir gehen willst.« Da ging der junge Bursch mit, vermietete sich etliche Jahre bei ihm und lernte die Jägerei. Danach wollte er sich weiter versuchen, und der Jäger gab ihm nichts zum Lohn als eine Windbüchse, die hatte aber die Eigenschaft, wenn er damit einen Schuß tat, so traf er ohnfehlbar. Da ging er fort und kam in einen sehr großen Wald, von dem konnte er in einem Tag das Ende nicht finden. Wies Abend war, setzte er sich auf einen hohen Baum, damit er aus den wilden Tieren käme. Gegen Mitternacht zu, däuchte ihn, schimmerte ein kleines Lichtchen von weitem, da sah er durch die Äste darauf hin und behielt in acht wo es war. Doch nahm er erst noch seinen Hut und warf ihn nach dem Licht zu herunter, daß er danach gehen wollte, wann er herabgestiegen wäre, als nach einem Zeichen. Nun kletterte er herunter, ging auf seinen Hut los, setzte ihn wieder auf und zog gerades Wegs fort. Je weiter er ging, je größer ward das Licht, und wie er nahe dabei kam, sah er daß es ein gewaltiges Feuer war, und saßen drei Riesen dabei und hatten einen Ochsen am Spieß und ließen ihn braten. Nun sprach der eine »ich muß doch schmecken ob das Fleisch bald zu essen ist,« riß ein Stück herab und wollt es in den Mund stecken, aber der Jäger schoß es ihm aus der Hand. »Nun ja,« sprach der Riese, »da weht mir der Wind das Stück aus der Hand« und nahm sich ein anderes. Wie er eben anbeißen wollte, schoß es ihm der Jäger abermals weg; da gab der Riese dem, der neben ihm saß, eine Ohrfeige und rief zornig »was reißt du mir mein Stück weg?« »Ich habe es nicht weggerissen,« sprach der andere, »es wird dirs ein Scharfschütz weggeschossen haben.« Der Riese nahm sich das dritte Stück, konnte es aber nicht in der Hand behalten, der Jäger schoß es ihm heraus. Da sprachen die Riesen »das muß ein guter Schütze sein, der den Bissen vor dem Maul wegschießt, so einer wäre uns nützlich,« und riefen laut »komm herbei, du Scharfschütze, setze dich zu uns ans Feuer und iß dich satt, wir wollen dir nichts tun; aber kommst du nicht, und wir holen dich mit Gewalt, so bist du verloren.« Da trat der Bursch herzu und sagte er wäre ein gelernter Jäger, und wonach er mit seiner Büchse ziele, das treffe er auch sicher und gewiss. Da sprachen sie wenn er mit ihnen gehen wollte, sollte ers gut haben, und erzählten ihm vor dem Wald sei ein großes Wasser, dahinter ständ ein Turm, und in dem Turm säß eine schöne Königstochter, die wollten sie gern rauben. »Ja,« sprach er, »die will ich bald geschafft haben.« Sagten sie weiter »es ist aber noch etwas dabei, es liegt ein kleines Hündchen dort, das fängt gleich an zu bellen, wann sich jemand nähert, und sobald das bellt, wacht auch alles am königlichen Hofe auf: und deshalb können wir nicht hinein kommen; unterstehst du dich das Hündchen tot zu schießen?« »Ja,« sprach er, »das ist mir ein kleiner Spaß.« Danach setzte er sich auf ein Schiff und fuhr über das Wasser, und wie er bald beim Land war, kam das Hündlein gelaufen und wollte bellen, aber er kriegte seine Windbüchse und schoß es tot. Wie die Riesen das sahen, freuten sie sich und meinten sie hätten die Königstochter schon gewiß, aber der Jäger wollte erst sehen wie die Sache beschaffen war, und sprach sie sollten haußen bleiben, bis er sie riefe. Da ging er in das Schloß, und es war mäuschenstill darin, und schlief alles. Wie er das erste Zimmer aufmachte, hing da ein Säbel an der Wand, der war von purem Silber, und war ein goldener Stern darauf und des Königs Name; daneben aber lag auf einem Tisch ein versiegelter Brief, den brach er auf, und es stand darin wer den Säbel hätte, könnte alles ums Leben bringen, was ihm vorkäme. Da nahm er den Säbel von der Wand, hing ihn um und ging weiter: da kam er in das Zimmer, wo die Königstochter lag und schlief: und sie war so schön, daß er still stand und sie betrachtete und den Atem anhielt. Er dachte bei sich selbst »wie darf ich eine unschuldige Jungfrau in die Gewalt der wilden Riesen bringen, die haben Böses im Sinn.« Er schaute sich weiter um, da standen unter dem Bett ein paar Pantoffeln, auf dem rechten stand ihres Vaters Name mit einem Stern und auf dem linken ihr eigener Name mit einem Stern. Sie[[1]] hatte auch ein großes Halstuch um, von Seide mit Gold ausgestickt, auf der rechten Seite ihres Vaters Name, auf der linken ihr Name, alles mit goldenen Buchstaben. Da nahm der Jäger eine Scheere und schnitt den rechten Schlippen ab und tat ihn in seinen Ranzen, und dann nahm er auch den rechten Pantoffel mit des Königs Namen und steckte ihn hinein. Nun lag die Jungfrau noch immer und schlief, und sie war ganz in ihr Hemd eingenäht: da schnitt er auch ein Stückchen von dem Hemd ab und steckte es zu dem andern, doch tat er das alles ohne sie anzurühren. Dann ging er fort und ließ sie ungestört schlafen, und als er wieder ans Tor kam, standen die Riesen noch draußen, warteten auf ihn und dachten er würde die Königstochter bringen. Er rief ihnen aber zu sie sollten herein kommen, die Jungfrau wäre schon in seiner Gewalt: die Türe könnte er ihnen aber nicht aufmachen, aber da wäre ein Loch, durch welches sie kriechen müßten. Nun kam der erste näher, da wickelte der Jäger des Riesen Haar um seine Hand, zog den Kopf herein und hieb ihn mit seinem Säbel in einem Streich ab, und duns (zog) ihn dann vollends hinein. Dann rief er den zweiten und hieb ihm gleichfalls das Haupt ab, und endlich auch dem dritten, und war froh daß er die schöne Jungfrau von ihren Feinden befreit hatte und schnitt ihnen die Zungen aus und steckte sie in seinen Ranzen. Da dachte er »ich will heim gehen zu meinem Vater und ihm zeigen was ich schon getan habe, dann will ich in der Welt herum ziehen; das Glück, das mir Gott bescheeren will, wird mich schon erreichen.« Der König in dem Schloß aber, als er aufwachte, erblickte er die drei Riesen, die da tot lagen. Dann ging er in die Schlafkammer seiner Tochter, weckte sie auf und fragte wer das wohl gewesen wäre, der die Riesen ums Leben gebracht hätte. Da sagte sie »lieber Vater, ich weiß es nicht, ich habe geschlafen.« Wie sie nun aufstand und ihre Pantoffeln anziehen wollte, da war der rechte weg, und wie sie ihr Halstuch betrachtete, war es durchschnitten und fehlte der rechte Schlippen, und wie sie ihr Hemd ansah, war ein Stückchen heraus. Der König ließ den ganzen Hof zusammen kommen, Soldaten und alles, was da war, und fragte wer seine Tochter befreit und die Riesen ums Leben gebracht hätte? Nun hatte er einen Hauptmann, der war einäugig und ein häßlicher Mensch, der sagte er hätte es getan. Da sprach der alte König so er das vollbracht hätte, sollte er seine Tochter auch heiraten. Die Jungfrau aber sagte »lieber Vater, dafür, daß ich den heiraten soll, will ich lieber in die Welt gehen, so weit als mich meine[[Besitz]] Beine tragen.« Da sprach der König wenn sie den nicht heiraten wollte, sollte sie die königlichen Kleider ausziehen und Bauernkleider antun und fortgehen; und sie sollte zu einem Töpfer gehen und einen Handel mit irdenem Geschirr anfangen. Da tat sie ihre königlichen Kleider aus und ging zu einem Töpfer und borgte sich einen Kram irden Werk; sie versprach ihm auch, wenn sies am Abend verkauft hätte, wollte sie es bezahlen. Nun sagte der König sie sollte sich an eine Ecke damit setzen und es verkaufen, dann bestellte er etliche Bauerwagen, die sollten mitten durchfahren, daß alles in tausend Stücke ginge. Wie nun die Königstochter ihren Kram auf die Straße hingestellt hatte, kamen die Wagen und zerbrachen ihn zu lauter Scherben. Sie[[1]] fing an zu weinen und sprach »ach Gott wie will ich nun dem Töpfer bezahlen.« Der König aber hatte sie damit zwingen wollen den Hauptmann zu heiraten, statt dessen ging sie wieder zum Töpfer und fragte ihn ob er ihr noch einmal borgen wollte. Er antwortete nein, sie sollte erst das Vorige bezahlen. Da ging sie zu ihrem Vater, schrie und jammerte, und sagte sie wollte in die Welt hineingehen. Da sprach er »ich will dir draußen in dem Wald ein Häuschen bauen lassen, darin sollst du dein Lebtag sitzen und für jedermann kochen, du darfst aber kein Geld nehmen.« Als das Häuschen fertig war, ward vor die Türe ein Schild gehängt, darauf stand geschrieben »heute umsonst, morgen für Geld.« Da saß sie lange Zeit, und sprach es sich in der Welt herum, da säße eine Jungfrau, die kochte umsonst, und das stände vor der Türe an einem Schild. Das hörte auch der Jäger und dachte »das wär etwas für dich, du bist doch arm und hast kein Geld.« Er nahm also seine Windbüchse und seinen Ranzen, worin noch alles steckte, was er damals im Schloß als Wahrzeichen mitgenommen hatte, ging in den Wald und fand auch das Häuschen mit dem Schild »heute umsonst, morgen für Geld.« Er hatte aber den Degen umhängen, womit er den drei Riesen den Kopf abgehauen hatte, trat so in das Häuschen hinein und ließ sich etwas zu essen geben. Er freute sich über das schöne Mädchen, es war aber auch bildschön. Sie[[1]] fragte wo er her käme und hin wollte, da sagte er »ich reise in der Welt herum.« Da fragte sie ihn wo er den Degen her hätte, da stände ja ihres Vaters Name darauf. Fragte er ob sie des Königs Tochter wäre. »Ja,« antwortete sie. »Mit diesem Säbel,« sprach er, »habe ich drei Riesen den Kopf abgehauen« und holte zum Zeichen ihre Zungen aus dem Ranzen, dann zeigte er ihr auch den Pantoffel, den Schlippen vom Halstuch und das Stück vom Hemd. Da war sie voll Freude und sagte er wäre derjenige der sie erlöst hätte. Darauf gingen sie zusammen zum alten König und holten ihn herbei, und sie führte ihn in ihre Kammer und sagte ihm der Jäger wäre der rechte, der sie von den Riesen erlöst hätte. Und wie der alte König die Wahrzeichen alle sah, da konnte er nicht mehr zweifeln und sagte es wäre ihm lieb daß er wüßte wie alles zugegangen wäre, und er sollte sie nun auch zur Gemahlin haben; darüber freute sich die Jungfrau von Herzen. Darauf kleideten sie ihn, als wenn er ein fremder Herr wäre, und der König ließ ein Gastmahl anstellen. Als sie nun zu Tisch gingen, kam der Hauptmann auf die linke Seite der Königstochter zu sitzen, der Jäger aber auf die rechte: und der Hauptmann meinte das wäre ein fremder Herr und wäre zum Besuch gekommen. Wie sie gegessen und getrunken hatten, sprach der alte König zum Hauptmann er wollte ihm etwas aufgeben, das sollte er erraten: wenn einer spräche er hätte drei Riesen ums Leben gebracht, und er gefragt würde, wo die Zungen der Riesen wären, und er müßte zusehen, und wären keine in ihren Köpfen, wie das zuginge? Da sagte der Hauptmann »sie werden keine gehabt haben.« »Nicht so,« sagte der König, »jedes Getier hat eine Zunge,« und fragte weiter was der wert wäre, daß ihm widerführe? Antwortete der Hauptmann »der gehört in Stücken zerrissen zu werden.« Da sagte der König er hätte sich selber sein Urteil gesprochen, und ward der Hauptmann gefänglich gesetzt und dann in vier Stücke zerrissen, die Königstochter aber mit dem Jäger vermählt. Danach holte er seinen Vater und seine Mutter herbei, und die lebten in Freude bei ihrem Sohn, und nach des alten Königs Tod bekam er das Reich. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="112._Der_Dreschflegel_vom_Himmel" 112. Der Dreschflegel vom Himmel. &&ax &&lg=x &&fe Es zog einmal ein Bauer mit einem Paar Ochsen zum Pflügen aus. Als er auf den Acker kam, da fingen den beiden Tieren die Hörner an zu wachsen, wuchsen fort, und als er nach Haus wollte, waren sie so groß, daß er nicht mit zum Tor hinein konnte. Zu gutem Glück kam gerade ein Metzger daher, dem überließ er sie, und schlossen sie den Handel dergestalt, daß er sollte dem Metzger ein Maß Rübsamen bringen, der wollt ihm dann für jedes Korn einen brabanter Taler aufzählen. Das heiß ich gut verkauft! Der Bauer ging nun heim, und trug das Maß Rübsamen auf dem Rücken herbei; unterwegs verlor er aber aus dem Sack ein Körnchen. Der Metzger bezahlte ihn wie gehandelt war richtig aus; hätte der Bauer das Korn nicht verloren, so hätte er einen brabanter Taler mehr gehabt. Indessen, wie er wieder des Wegs zurück kam, war aus dem Korn ein Baum gewachsen, der reichte bis an den Himmel. Da dachte der Bauer »weil die Gelegenheit da ist, mußt du doch sehen, was die Engel da droben machen, und ihnen einmal unter die Augen gucken.« Also stieg er hinauf und sah daß die Engel oben Hafer droschen und schaute das mit an; wie er so schaute, merkte er, daß der Baum, worauf er stand, anfing zu wackeln, guckte hinunter und sah daß ihn eben einer umhauen wollte. »Wenn du da herab stürztest, das wär ein böses Ding« dachte er, und in der Not wußt er sich nicht besser zu helfen, als daß er die Spreu vom Hafer nahm, die haufenweis da lag, und daraus einen Strick drehte: auch griff er nach einer Hacke und einem Dreschflegel, die da herum im Himmel lagen, und ließ sich an dem Seil herunter. Er kam aber unten auf der Erde gerade in ein tiefes tiefes Loch, und da war es ein rechtes Glück, daß er die Hacke hatte, denn er hackte sich damit eine Treppe, stieg in die Höhe und brachte den Dreschflegel zum Wahrzeichen mit, so daß niemand an seiner Erzählung mehr zweifeln konnte. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="113._De_beiden_Künigeskinner" 113. &&wt0 {{De beiden Küniges¬kinner.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Et was mol en Künig west, de hadde en klei¬nen Jun¬gen kregen, in den sin Teiken (Zei¬chen) had¬de stahn, he sull von einen Hirsch ümme¬bracht weren, wenn he sestein Johr alt wäre. Ase he nu so wit ane¬was¬sen was, do gin¬gen de Jägers mol mit ünne up de Jagd. In den Holte, do kümmt de Künigs¬sohn bie de anne¬ren denne (von den an¬dern weg), up ein¬mol süht he do ein groo¬ten Hirsch, den wull he schei¬ten, he kunn en awerst nig drep¬pen; up't lest is de Hirsch so lange für ünne herut lau¬pen, bis gans ut den Holte, do steiht do up ein¬mol so ein grot lank Mann stad des Hir¬sches, de segd »nu dat is gut, dat ik dik hewe; ik hewe schon sess paar gle¬ser¬ne Schlit¬schau hin¬ner die caput jaget un hewe dik nig krie¬gen könnt.« Do nüm¬met he ün mit sik un schlip¬pet em dur ein grot Water bis für en grot Künigs¬schlott, da mut he mit an'n Disk un eten wat. Ase se to¬sam¬men wat gee¬ten hed, segd de Künig »ik hewe drei Döchter, bie der öllesten mußt du en Nacht waken, von des Obends niegen Uhr bis Morgen sesse, un ik kum¬me jedes¬mol, wenn de Klocke schlätt, sülwens un rope, un wenn du mie dann kine Antwort gifst, so werst du Morgen ümme¬bracht, wenn du awerst mie im¬mer Ant¬wort givst, so salst du se tor Frug¬ge hewen.« Ase do die jun¬gen Lude up de Schlop¬kam¬mer kämen, do stund der en stei¬ne¬ren Chris¬tof¬fel, do segd de Künigs¬doch¬ter to emme »um niegen Uhr kum¬met min Teite (Vater), alle Stun¬ne bis et dreie schlätt, wenn he froget, so giwet gi em Ant¬wort statt des Künigs¬suhns.« Do nickede de stei¬ner¬ne Chris¬tof¬fel mit den Koppe gans schwinne un dann jüm¬mer lank¬samer, bis he to leste wier stille stand. Den anneren Morgen, da segd de Künig to emme »du hest dine Sacken gut macket, awerst mine Dochter kann ik nig her¬gie¬wen, du möstest dann en Nacht bie de twei¬den Doch¬ter wacken, dann will ik mie mal drup be¬den¬ken, ob du mine ölleste Doch¬ter tor Frug¬ge hewen kannst; awerst ik kum¬me olle Stun¬ne sül¬wenst, un wenn ik die rope, so ant¬worte mie, un wenn ik die rope un du ant¬wor¬test nig, so soll fleiten din Blaud für mie.« Un do gengen de beiden up de Schlop¬kam¬mer, do stand do noch en grö¬te¬ren stei¬ne¬ren Chris¬tof¬fel, dato seg de Künigs¬dochter »wenn min Teite frögt, so ant¬worte du.« Do nickede de grote stei¬ner¬ne Chris¬tof¬fel wier mit den Koppe gans schwin¬ne un dann jüm¬mer lank¬samer, bis he to leste wier stille stand. Un de Künigs¬sohn legte sik up den Dörsüll (Türsch¬welle), legte de Hand unner den Kopp un schläp inne. Den anneren Morgen seh de Künig to ünne »du hast dine Sacken twaren gut macket, awerst mine Doch¬ter kann ik nig her¬gie¬wen, du möstest süs bie der jun¬ges¬ten Künigs¬doch¬ter en Nacht wacken, dann will ik mie be¬den¬ken ob du mine tweide Doch¬ter tor Frug¬ge hewen kannst; awerst ik kum¬me olle Stunne sül¬wenst un wenn ik die rope, so ant¬worte mie, un wenn ik die rope un du ant¬wor¬test nig, so soll fleiten din Blaud für mie.« Do gingen se wier tohope (zus¬am¬men) up ehre Schlop¬kam¬mer, do was do noch en viel grötern un viel längern Chris¬toffel, ase bie de twei ersten. Dato segte de Künigs¬dochter »wenn min Teite röpet, so ant¬worte du,« do nickede de grote lange stei¬nerne Chris¬toffel wohl ene halwe Stun¬ne mit den Koppe, bis de Kopp tolest wier stille stand. Un de Künigs¬sohn legte sik up de Dörsül un schläp inne. Den annern Morgen, do segd de Künig »du hast twaren gut wacket, awerst ik kann die nau mine Dochter nig giewen, ik hewe so en groten Wall, wenn du mie den von hüte Morgen sesse bis Obends sesse afhog¬gest, so will ik mie drup beden¬ken.« Do dehe (tat, d. i. gab) he ünne en gleserne Exe, en gleser¬nen Kiel un en gleserne Holt¬hacke midde. Wie he in dat Holt kum¬men is, do hog¬gete he einmal to, do was de Exe entwei; do nam he den Kiel un schlett ein¬mal mit de Holt¬hacke daruppe, do is et so kurt un so klein ase Grutt (Sand). Do was he so bedrö¬wet un glövte nu möste he ster¬wen, un he geit sitten un grient (weint). Asset nu Middag is, do segd de Künig »eine von juck Mäken mott ünne wat to etten bringen.« »Nee,« seg¬ged de beiden öllesten, »wie willt ün nicks bringen, wo he dat leste bie wacket het, de kann ün auck wat bringen.« Do mutt de jungeste weg un bringen ünne wat to etten. Ase in den Walle kum¬met, do frägt se ün wie et ünne ginge? »O,« sehe he, »et ginge ün gans schlechte.« Do sehe se he sull her¬kom¬men un etten eest en bitken; »ene,« sehe he, »dat künne he nig, he möste jo doch ster¬wen, etten wull he nig mehr.« Do gav se ünne so viel gute Woore, he möchte et doch ver¬söken: do kümmt he un ett wat. Ase he wat getten hett, do sehe se »ik will die eest en bitken lusen, dann werst du annerst to Sinnen.« Do se ün luset, do werd he so möhe un schlöppet in, un do nüm¬met se ehren Doock un binnet en Knupp do in, un schlätt ün dreimol up de Eere un segd »Arweggers, herut!« Do würen gliek so viele Eerdmännekens herfur kummen un hadden froget wat de Künigsdochter befelde. Do seh se »in Tied von drei Stunnen mutt de grote Wall afhoggen un olle dat Holt in Höpen settet sien.« Do gingen de Eerd¬män¬ne¬kens herum un boen ehre ganse Ver¬wan¬schap up, dat se ehnen an de Arweit helpen sullen. Do fingen se gliek an, un ase de drei Stun¬ne ümme würen, do is olles to Enne (zu Ende) west: un do keimen se wier to der Künigs¬doch¬ter un sehent ehr. Do nüm¬met se wier ehren witten Doock un segd »Arweg¬gers, nah Hus!« Do siet se olle wier wege west. Do de Künigs¬sohn up¬wacket, so werd he so frau, do segd se »wenn et nu sesse schloen het, so kum¬me nah Hus.« Dat het he auck bevolget, un do frägt de Künig »hest du den Wall aawe (ab)?« »Jo« segd de Künigs¬suhn. Ase se do an een Diske sittet, do seh de Künig »ik kann di nau mine Dochter nie tor Frug¬ge giewen, he möste eest nau wat umme se dohen.« Do frägt he wat dat denn sien sulle. »Jk hewe so en grot Dieck,« seh de Künig, »do most du den annern Morgen hünne un most en utschloen, dat he so blank is ase en Spegel, un et müttet von oller¬hand Fiske dorinne sien.« Den anne¬ren Morgen do gav ünne de Künig ene gle¬serne Schute (Schüp¬pe) un segd »umme sess Uhr mot de Dieck ferrig sien.« Do geit he weg, ase he bie den Dieck kum¬met, do stecket he mit de Schute in de Muhe (Moor, Sumpf), do brack se af: do stecket he mit de Hacken in de Muhe, un et was wier caput. Do werd he gans bedrö¬wet. Den Middag brachte de jüngeste Dochter ünne wat to etten, do frägt se wo et ünne ginge? Do seh de Künigs¬suhn et ginge ünne gans schlechte, he sull sienen Kopp wohl mißen mutten: »dat Geschirr is mie wier klein gohen.« »O,« seh se, »he sull kum¬men un etten eest wat, dann werst du anne¬ren Sinnes.« »Nee,« segd he, »etten kunn he nig, he wer gar to bedröwet.« Do givt se ünne viel gude Woore bis he kum¬met un ett wat. Do luset se ünn wier, un he schlop¬pet in: se nümmet von niggen en Doock, schlett en Knupp do inne un klop¬pet mit den Knup¬pe dreimol up de Eere un segd »Arweg¬gers, herut!« Do kummt gliek so viele Eerd¬män¬ne¬kens un froget olle wat ehr Begeren wür. In Tied von drei Stunne mosten se den Dieck gans utschloen hewen, un he möste so blank sien, dann man sik inne spei¬gelen künne, un von oller¬hand Fiske mosten dorinne sien. Do gingen de Eerd¬män¬ne¬kens hünn un boen ehre Ver¬wan¬schap up, dat se ünnen helpen sullen; un et is auck in zwei Stun¬nen ferrig west. Do kum¬met se wier un seged »wie hät dohen, so us befolen is.« Do nüm¬met de Künigs¬dochter den Doock un schlett wier dremol up de Eere un segd »Arweg¬gers, to Hus!« Do siet se olle wier weg. Ase do de Künigs¬suhn upwacket, do is de Dieck ferrig. Do geit de Künigs¬dochter auck weg, un segd wenn et sesse wär, dann sull he nah Hus kummen. Ase he do nah Hus kum¬met, do frägt de Künig »hes du den Dieck ferrig?« »Jo,« seh de Künigs¬suhn. Dat wür schöne. Do se do wier to Diske sittet, do seh de Künig »du hast den Dieck twaren ferrig, awerst ik kann die mine Dochter noch nie giewen, du most eest nau eins dohen.« »Wat is dat denn?« frögte de Künigs¬suhn. He hedde so en grot Berg, do würen luter Doren¬buske anne, de mosten olle afhoggen weren, un bowen up moste he en grot Schlott buggen, dat moste so wacker sien, ase't nu en Menske denken kunne, un olle Inge¬dömse, de in den Schlott gehorden, de mösten der olle inne sien. Do he nu den anneren Morgen up steit, do gav ünne de Künig en gleser¬nen Exen un en gleser¬nen Boren mie: et mott awerst um sess Uhr ferrig sien. Do he an den eersten Doren¬buske mit de Exen anhog¬get, do ging se so kurt un so klein dat de Stücker rund um ünne her¬floen, un de Boren kunn he auck nig brucken. Do war he gans bedröwet un toffte (wartete) up sine Leiweste, op de nie keime un ünn ut de Naut hülpe. Ase't do Middag is, do kum¬met se un bringet wat to etten: do geit he ehr in de Möte (ent¬gegen) un ver¬tellt ehr olles un ett wat, un lett sik von ehr lusen un schlop¬pet in. Do nüm¬metse wier den Knupp un schlett domit up de Eere un segd »Arweg¬gers, herut!« Do kum¬met wier so viel Eerd¬män¬ne¬kens un froget wat ehr Begeren wür? Do seh se »in Tied von drei Stunnen müttet ju den gansen Busk afhog¬gen, un bowen uppe den Berge do mot en Schlott stohen, dat mot so wacker sien, ase't nu ener denken kann, un olle Inge¬dömse muttet do inne sien.« Do ginge se hünne un boen ehre Ver¬wan¬schap up, dat se helpen sullen, un ase te Tied umme was, do was alles ferrig. Do küm¬met se to der Künigs¬dochter un seg¬ged dat, un de Künigs¬dochter nüm¬met den Doock un schlett dreimol domit up de Eere un segd »Arweg¬gers to Hus!« Do siet se glik olle wier weg west. Do nu de Künigs¬suhn upwecket, un olles soh, do was he so frau ase en Vugel in der Luft. Do et do sesse schloen hadde, do gingen se tohaupe nah Hus. Do segd de Künig »is dat Schlott auck ferrig?« »Jo« seh de Künigs¬suhn. Ase do to Diske sittet, do segd de Künig »mine jungeste Dochter kann ik nie giewen, befur de twei öllesten frig¬get het.« Do wor de Künigs¬suhn un de Künigs¬dochter gans bedröwet, un de Künigs¬suhn wuste sik gar nig to bergen (helfen). Do kum¬met he mol bie Nachte to der Künigs¬dochter un löppet dermit furt. Ase do en bitken wegsiet, do kicket sik de Dochter mol umme un süht ehren Vader hinner sik. »O,« seh se, »wo sull wie dat macken? min Vader is hinner us un will us umme¬holen: ik will die grade to'n Dören¬busk macken un mie tor Rose un ik will mie ümmer midden in den Busk waaren (schützen).« Ase do de Vader an de Stelle kum¬met, do steit do en Dören¬busk un ene Rose do anne: do will he de Rose afbrecken, do kummet de Dören un stecket ün in de Finger, dat he wier nah Hus gehen mut. Do frägt sine Frugge worum¬me he se nig hädde midde¬brocht. Do seh he he wür der balt bie west, awerst he hedde se uppen mol ut den Gesichte verloren, un do hädde do en Dören¬busk un ene Rose stohen. Do seh de Künigin »heddest du ment (nur) de Rose afbrocken, de Busk hedde sullen wohl kummen.« Do geit he wier weg un will de Rose herholen. Unner¬des waren awerst de beiden schon wiet öwer Feld, un de Künig löppet der hinner her. Do kicket sik de Dochter wier umme un süht ehren Vader kum¬men: do seh se »o, wo sull wie et nu macken? ik will die grade tor Kerke macken un mie tom Pastoer: do will ik up de Kanzel stohn un predigen.« Ase do de Künig an de Stelle kum¬met, do steiht do ene Kerke, un up de Kanzel is en Pastoer un prie¬diget: do hort he de Priedig to un geit wier nah Hus. Do frägt de Küni¬ginne worum¬me he se nig midde brocht hedde, da segd he »nee, ik hewe se so lange nach¬laupen, un as ik glovte ik wer der bold bie, do steit do en Kerke un up de Kanzel en Pastoer, de prie¬digte.« »Du häd¬dest sullen ment den Pastoer bringen,« seh de Fru, »de Kerke hädde sullen wohl kummen: dat ik die auck (wenn ich dich auch) schicke, dat kann nig mer helpen, ik mut sülwenst hünne gohen.« Ase se do ene Wiele wege is un de beiden von fern süht, do kicket sik de Künigs¬dochter umme un süht ehre Moder kummen un segd »nu si wie unglücksk, nu kum¬met miene Moder sülwenst: ik will die grade tom Dieck macken un mie tom Fisk.« Do de Moder up de Stelle kum¬met, do is do en grot Dieck, un in de Midde sprank en Fisk herum¬me un kickete mit den Kopp ut den Water un was gans lustig. Do wull se geren den Fisk krigen, awerst se kunn ün gar nig fangen. Do werd se gans böse un drinket den gansen Dieck ut, dat se den Fisk kriegen will, awerst do werd se so üwel, dat se sick spiggen mott un spigget den gansen Dieck wier ut. Do seh se »ik sehe do wohl dat et olle nig mer helpen kann:« sei mogten nu wier to ehr kum¬men. Do gohet se dann auck wier hünne, un de Küni¬ginne givt der Dochter drei Wallnütte un segd »do kannst du die mit helpen, wenn du in dine högste Naud bist.« Un do gingen de jungen Lüde wier tohaupe weg. Do se do wohl tein Stunne gohen hadden, do kum¬met se an dat Schlott, wovon de Künigs¬suhn was, un dobie was en Dorp. Ase se do anne keimen, do segd de Künigs¬suhn »blief hie, mine Leiweste, ik will eest up dat Schlott gohen, un dann will ik mit den Wagen un Bedein¬ten kum¬men un will die afholen.« Ase he do up dat Schlott kum¬met, do werd se olle so frau dat se den Künigs¬suhn nu wier hett: do vertellt he he hedde ene Brut, un de wür ietzt in den Dorpe, se wullen mit den Wagen hin¬trecken un se holen. Do spannt se auck gliek an, un viele Bedein¬ten setten sich up den Wagen. Ase do de Künigs¬suhn instie¬gen wull, do gab ün sine Moder en Kus, do hadde he alles ver¬geten, wat schehen was un auck wat he dohen will. Do befal de Moder se sullen wier utspan¬nen, un do gingen se olle wier in't Hus. Dat Mäken awerst sitt im Dorpe un luert un luert un meint he sull se afholen, et kum¬met awerst keiner. Do vermaiet (vermie¬tet) sik de Künigs¬dochter in de Muhle, de hoerde bie dat Schlott, do moste se olle Noh¬mid¬dage bie den Watter sitten un Stunze schüren (Gefäße reinigen). Do kum¬met de Küni¬ginne mol von den Schlotte gegohen, un gohet an den Water spatzeiern, un seihet dat wackere Mäken do sitten, do segd se »wat is dat für en wacker Mäken! wat geföllt mie dat gut!« Do kicket se et olle an, awerst keen Menske hadde et kand. Do geit wohl ene lange Tied vorbie, dat dat Mäken eerlick un getrugge bie den Müller deint. Unner¬des hadde de Küni¬ginne ene Frugge für ehren Suhn socht, de is gans feren ut der Weld west. Ase do de Brut anküm¬met, do söllt se gliek tohaupe giewen weren. Et laupet so viele Lüde tosamen, de dat olle seihen willt, do segd dat Mäken to den Müller he mögte ehr doch auck Verlöv giewen. Do seh de Müller »goh menten hünne.« Ase't do weg will, do macket et ene van den drei Wall¬nütten up, do legt do so en wacker Kleid inne, dat trecket et an un gienk domie in de Kerke gigen den Altor stohen. Up enmol kummt de Brut un de Brüme (Bräutigam), un settet sik für den Altor, un ase de Pastor se do inseg¬nen wull, do kicket sik de Brut van der Halwe (seitwärts), un süht et do stohen, do steit se wier up, un segd se wull sik nie giewen loten, bis se auck so en wacker Kleid hädde, ase de Dame. Do gingen se wier nah Hus un läten de Dame froen ob se dat Kleid wohl verkofte. Nee, verkau¬pen dau se't nig, awerst verdeinen, dat mögte wohl sien. Do fragten se ehr wat se denn dohen sullen. Do segd se wenn se van Nachte fur dat Dohr van den Künigs¬suhn schlapen döffte, dann wull se et wohl dohen. Do seged se jo, dat sul se menten dohen. Do muttet de Bedein¬ten den Künigs¬suhn en Schlop¬drunk ingiewen, un do legt se sik up den Süll un günselt (winselt) de heile Nacht, se hädde den Wall für ün afhoggen loten, se hädde de Dieck fur ün utschloen, se hädde dat Schlott für ün bugget, se hädde ünne ton Dören¬busk macket, dann wier tor Kerke un tolest tom Dieck, un he hädde se so geschwin¬ne ver¬geten. De Künigs¬suhn hadde nicks davon hört, de Bedein¬ten awerst würen up¬wacket un hadden tolustert un hadden nie wust wat et sull bedüen. Den anneren Morgen, ase se upstohen würen, do trock de Brut dat Kleid an, un fort mit den Brümen nah der Kerke. Unner¬des macket dat wackere Mäken de tweide Wall¬nutt up, un do is nau en schöner Kleid inne, dat thüt et wier an un geit domie in de Kerke gigen den Altor stohen, do geit et dann ewen wie dat vürge mol. Un dat Mäken liegt wier en Nacht für den Süll, de nah des Künig¬suhns Stobe geit, un de Bedein¬ten süllt ün wier en Schlop¬drunk ingie¬wen; de Bedein¬ten kum¬met awerst un giewet ünne wat to wacken, domie legt he sik to Bedde: un de Müllers¬maged fur den Dörsüll günselt wier so viel un segd wat se dohen hädde. Dat hört olle de Künigs¬suhn un werd gans bedröwet, un et föllt ünne olle wier bie wat vergan¬gen was. Do will he nah ehr gohen, awerst sine Moder hadde de Dör toschlot¬ten. Den annern Morgen awerst ging he gliek to siner Lei¬westen un vertell¬te ehr olles, wie et mit ünne togan¬gen wür, un se mögte ünne doch nig beuse sin dat he se so lange verget¬ten hädde. Do macket de Künigs¬dochter de dridde Wall¬nutt up, do is nau en viel wackerer Kleid inne: dat trecket sie an un fört mit ehrem Brünen nah de Kerke, un do keimen so viele Kinner, de geiwen ünne Blomen un hellen ünne bunte Bänner fur de Föte, un se leiten sik inseg¬nen un hellen ene lustige Hoch¬tied; awerst de falske Moder un Brut mosten weg. Un we dat lest vertellt het, den is de Mund noch wärm.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="114._Vom_klugen_Schneiderlein" 114. Vom klugen Schneiderlein. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal eine Prinzessin gewaltig stolz: kam ein Freier, so gab sie ihm etwas zu raten auf, und wenn ers nicht erraten konnte, so ward er mit Spott fortgeschickt. Sie[[1]] ließ auch bekannt machen, wer ihr Rätsel löste, sollte sich mit ihr vermählen, und möchte kommen wer da wollte. Endlich fanden sich auch drei Schneider zusammen, davon meinten die zwei ältesten sie hätten so manchen feinen Stich getan und hättens getroffen, da könnts ihnen nicht fehlen, sie müßtens auch hier treffen; der dritte war ein kleiner unnützer Springinsfeld, der nicht einmal sein Handwerk verstand, aber meinte er müßte dabei Glück haben, denn woher sollts ihm sonst kommen. Da sprachen die zwei andern zu ihm »bleib nur zu Haus, du wirst mit deinem bischen Verstande nicht weit kommen.« Das Schneiderlein ließ sich aber nicht irre machen und sagte es hätte einmal seinen Kopf darauf gesetzt und wollte sich schon helfen, und ging dahin als wäre die ganze Welt sein. Da meldeten sich alle drei bei der Prinzessin und sagten sie sollte ihnen ihre Rätsel vorlegen: es wären die rechten Leute angekommen, die hätten einen feinen Verstand, daß man ihn wohl in eine Nadel fädeln könnte. Da sprach die Prinzessin »ich habe zweierlei Haar auf dem Kopf, von was für Farben ist das?« »Wenns weiter nichts ist,« sagte der erste, »es wird schwarz und weiß sein, wie Tuch, das man Kümmel und Salz nennt.« Die Prinzessin sprach »falsch geraten, antworte der zweite.« Da sagte der zweite »ists nicht schwarz und weiß, so ists braun und rot, wie meines Herrn Vaters Bratenrock.« »Falsch geraten,« sagte die Prinzessin, »antworte der dritte, dem seh ichs an, der weiß es sicherlich.« Da trat das Schneiderlein keck hervor, und sprach »die Prinzessin hat ein silbernes und ein goldenes Haar auf dem Kopf, und das sind die zweierlei Farben.« Wie die Prinzessin das hörte, ward sie blaß, und wäre vor Schrecken beinah hingefallen, denn das Schneiderlein hatte es getroffen, und sie hatte fest geglaubt das würde kein Mensch auf der Welt heraus bringen. Als ihr das Herz wieder kam, sprach sie »damit hast du mich noch nicht gewonnen, du mußt noch eins tun, unten im Stall liegt ein Bär, bei dem sollst du die Nacht zubringen; wenn ich dann morgen aufstehe, und du bist noch lebendig, so sollst du mich heiraten.« Sie[[1]] dachte aber damit wollte sie das Schneiderlein los werden, denn der Bär hatte noch keinen Menschen lebendig gelassen, der ihm unter die Tatzen gekommen war. Das Schneiderlein ließ sich nicht abschrecken, war ganz vergnügt, und sprach »frisch gewagt, ist halb gewonnen.« Als nun der Abend kam, ward mein Schneiderlein hinunter zum Bären gebracht. Der Bär wollt auch gleich auf den kleinen Kerl los und ihm mit seiner Tatze einen guten Willkommen geben. »Sachte, sachte,« sprach das Schneiderlein, »ich will dich schon zur Ruhe bringen.« Da holte es ganz gemächlich, als hätt es keine Sorgen, welsche Nüsse aus der Tasche, biß sie auf und aß die Kerne. Wie der Bär das sah, kriegte er Lust und wollte auch Nüsse haben. Das Schneiderlein griff in die Tasche und reichte ihm eine Hand voll; es waren aber keine Nüsse sondern Wackersteine. Der Bär steckte sie ins Maul, konnte aber nichts aufbringen, er mochte beißen wie er wollte. »Ei,« dachte er, »was bist du für ein dummer Klotz! kannst nicht einmal die Nüsse aufbeißen« und sprach zum Schneiderlein »mein, beiß mir die Nüsse auf.« »Da siehst du was du für ein Kerl bist,« sprach das Schneiderlein, »hast so ein großes Maul und kannst die kleine Nuß nicht aufbeißen.« Da nahm es die Steine, war hurtig, steckte dafür eine Nuß in den Mund und knack, war sie entzwei. »Ich muß das Ding noch einmal probieren,« sprach der Bär, »wenn ichs so ansehe, ich mein ich müßts auch können.« Da gab ihm das Schneiderlein abermals Wackersteine, und der Bär arbeitete und biß aus allen Leibeskräften hinein. Aber du glaubst auch nicht daß er sie aufgebracht hat. Wie das vorbei war, holte das Schneiderlein eine Violine unter dem Rock hervor und spielte sich ein Stückchen darauf. Als der Bär die Musik vernahm, konnte er es nicht lassen und fing an zu tanzen, und als er ein Weilchen getanzt hatte, gefiel ihm das Ding so wohl, daß er zum Schneiderlein sprach »hör, ist das Geigen schwer?« »Kinderleicht, siehst du, mit der Linken leg ich die Finger auf und mit der Rechten streich ich mit dem Bogen drauf los, da gehts lustig, hopsasa, vivallalera!« »So Geigen,« sprach der Bär, »das möcht ich auch verstehen, damit ich tanzen könnte, so oft ich Lust hätte. Was meinst du dazu? Willst du mir Unterricht darin geben?« »Von Herzen gern,« sagte das Schneiderlein, »wenn du Geschick dazu hast. Aber weis einmal deine Tatzen her, die sind gewaltig lang, ich muß dir die Nägel ein wenig abschneiden.« Da ward ein Schraubstock herbei geholt, und der Bär legte seine Tatzen darauf, das Schneiderlein aber schraubte sie fest und sprach »nun warte bis ich mit der Scheere komme,« ließ den Bären brummen, so viel er wollte, legte sich in die Ecke auf ein Bund Stroh und schlief ein. Die Prinzessin, als sie am Abend den Bären so gewaltig brummen hörte, glaubte nicht anders, als er brummte vor Freuden und hätte dem Schneider den Garaus gemacht. Am Morgen stand sie ganz unbesorgt und vergnügt auf, wie sie aber nach dem Stall guckt, so steht das Schneiderlein ganz munter davor und ist gesund wie ein Fisch im Wasser. Da konnte sie nun kein Wort mehr dagegen sagen, weil sies öffentlich versprochen hatte, und der König ließ einen Wagen kommen, darin mußte sie mit dem Schneiderlein zur Kirche fahren, und sollte sie da vermählt werden. Wie sie eingestiegen waren, gingen die beiden andern Schneider, die ein falsches Herz hatten und ihm sein Glück nicht gönnten, in den Stall und schraubten den Bären los. Der Bär in voller Wut rannte hinter dem Wagen her. Die Prinzessin hörte ihn schnauben und brummen: es ward ihr angst, und sie rief »ach, der Bär ist hinter uns und will dich holen.« Das Schneiderlein war fix, stellte sich auf den Kopf, streckte die Beine zum Fenster hinaus und rief »siehst du den Schraubstock? wann du nicht gehst, so sollst du wieder hinein.« Wie der Bär das sah, drehte er um und lief fort. Mein[[Besitz]] Schneiderlein fuhr da ruhig in die Kirche und die Prinzessin ward ihm an die Hand getraut, und lebte er mit ihr vergnügt wie eine Heidlerche. Wers nicht glaubt, bezahlt einen Taler. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="115._Die_klare_Sonne_bringts_an_den_Tag" 115. Die klare Sonne bringts an den Tag. &&ax &&lg=x &&fe Ein Schneidergesell reiste in der Welt auf sein Handwerk herum und konnte er einmal keine Arbeit finden, und war die Armut bei ihm so groß, daß er keinen Heller Zehrgeld hatte. In der Zeit begegnete ihm auf dem Weg ein Jude, und da dachte er der hätte viel Geld bei sich und stieß Gott aus seinem Herzen, ging auf ihn los, und sprach »gib mir dein Geld, oder ich schlag dich tot.« Da sagte der Jude »schenkt mir doch das Leben, Geld hab ich keins und nicht mehr als acht Heller.« Der Schneider aber sprach »du hast doch Geld, und das soll auch heraus,« brauchte Gewalt und schlug ihn so lange bis er nah am Tod war. Und wie der Jude nun sterben wollte, sprach er das letzte Wort »die klare Sonne wird es an den Tag bringen!« und starb damit. Der Schneidergesell griff ihm in die Tasche und suchte nach Geld, er fand aber nicht mehr als die acht Heller, wie der Jude gesagt hatte. Da packte er ihn auf, trug ihn hinter einen Busch und zog weiter auf sein Handwerk. Wie er nun lange Zeit gereist war, kam er in eine Stadt bei einem Meister in Arbeit, der hatte eine schöne Tochter, in die verliebte er sich, und heiratete sie und lebte in einer guten vergnügten Ehe. Über lang, als sie schon zwei Kinder hatten, starben Schwiegervater und Schwiegermutter, und die jungen Leute hatten den Haushalt allein. Eines Morgens, wie der Mann auf dem Tisch vor dem Fenster saß, brachte ihm die Frau den Kaffee, und als er ihn in die Unterschale ausgegossen hatte und eben trinken wollte da schien die Sonne darauf und der Widerschein blinkte oben an der Wand so hin und her und machte Kringel daran. Da sah der Schneider hinauf und sprach »ja, die wills gern an den Tag bringen und kanns nicht!« Die Frau sprach »ei, lieber Mann, was ist denn das? was meinst du damit?« Er antwortete »das darf ich dir nicht sagen.« Sie[[1]] aber sprach »wenn du mich lieb hast, mußt du mirs sagen« und gab ihm die allerbesten Worte, es sollts kein Mensch wieder erfahren, und ließ ihm keine Ruhe. Da erzählte er, vor langen Jahren, wie er auf der Wanderschaft ganz abgerissen und ohne Geld gewesen, habe er einen Juden erschlagen, und der Jude habe in der letzten Todesangst die Worte gesprochen »die klare Sonne wirds an den Tag bringen!« Nun hätts die Sonne eben gern an den Tag bringen wollen, und hätt an der Wand geblinkt und Kringel gemacht, sie hätts aber nicht gekonnt. Danach bat er sie noch besonders, sie dürfte es niemand sagen, sonst käm er um sein Leben, das versprach sie auch. Als er sich aber zur Arbeit gesetzt hatte, ging sie zu ihrer Gevatterin und vertraute ihr die Geschichte, sie dürfte sie aber keinem Menschen wieder sagen; ehe aber drei Tage vergingen, wußte es die ganze Stadt, und der Schneider kam vor das Gericht und ward gerichtet. Da brachte es doch die klare Sonne an den Tag. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="116._Das_blaue_Licht." 116. Das blaue Licht. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Soldat, der hatte dem König lange Jahre treu gedient: als aber der Krieg zu Ende war und der Soldat, der vielen Wunden wegen, die er empfangen hatte, nicht weiter dienen konnte, sprach der König zu ihm »du kannst heim gehen, ich brauche dich nicht mehr: Geld bekommst du weiter nicht, denn Lohn erhält nur der, welcher mir Dienste dafür leistet.« Da wußte der Soldat nicht womit er sein Leben fristen sollte; ging voll Sorgen fort und ging den ganzen Tag, bis er Abends in einen Wald kam. Als die Finsternis einbrach, sah er ein Licht, dem näherte er sich und kam zu einem Haus, darin wohnte eine Hexe. »Gib mir doch ein Nachtlager und ein wenig Essen und Trinken,« sprach er zu ihr, »ich verschmachte sonst.« »Oho!« antwortete sie, »wer gibt einem verlaufenen Soldaten etwas? doch will ich barmherzig sein und dich aufnehmen, wenn du tust was ich verlange.« »Was verlangst du?« fragte der Soldat. »Daß du mir morgen meinen[[Besitz]] Garten umgräbst.« Der Soldat willigte ein und arbeitete den folgenden Tag aus allen Kräften, konnte aber vor Abend nicht fertig werden. »Ich sehe wohl,« sprach die Hexe, »daß du heute nicht weiter kannst: ich will dich noch eine Nacht behalten, dafür sollst du mir morgen ein Fuder Holz spalten und klein machen.« Der Soldat brauchte dazu den ganzen Tag, und Abends machte ihm die Hexe den Vorschlag noch eine Nacht zu bleiben. »Du sollst mir morgen nur eine geringe Arbeit tun, hinter meinem Hause ist ein alter wasserleerer Brunnen, in den ist mir mein Licht gefallen, es brennt blau und verlischt nicht, das sollst du mir wieder herauf holen.« Den andern Tag führte ihn die Alte zu dem Brunnen und ließ ihn in einem Korb hinab. Er fand das blaue Licht und machte ein Zeichen daß sie ihn wieder hinauf ziehen sollte. Sie[[1]] zog ihn auch in die Höhe, als er aber dem Rand nahe war, reichte sie die Hand hinab und wollte ihm das blaue Licht abnehmen. »Nein,« sagte er und merkte ihre bösen Gedanken, »das Licht gebe ich dir nicht eher, als bis ich mit beiden Füßen auf dem Erdboden stehe.« Da geriet die Hexe in Wut, ließ ihn wieder hinab in den Brunnen fallen und ging fort. Der arme Soldat fiel ohne Schaden zu nehmen auf den feuchten Boden, und das blaue Licht brannte fort, aber was konnte ihm das helfen? er sah wohl daß er dem Tod nicht entgehen würde. Er saß eine Weile ganz traurig, da griff er zufällig in seine Tasche und fand seine Tabackspfeife, die noch halb gestopft war. »Das soll dein letztes Vergnügen sein« dachte er, zog sie heraus, zündete sie an dem blauen Licht an und fing an zu rauchen. Als der Dampf in der Höhle umhergezogen war, stand auf einmal ein kleines schwarzes Männchen vor ihm und fragte »Herr was befiehlst du?« »Was habe ich dir zu befehlen?« erwiderte der Soldat ganz verwundert. »Ich muß alles tun,« sagte das Männchen, »was du verlangst.« »Gut,« sprach der Soldat, »so hilf mir zuerst aus dem Brunnen.« Das Männchen nahm ihn bei der Hand und führte ihn durch einen unterirdischen Gang, vergaß aber nicht das blaue Licht mitzunehmen. Es zeigte ihm unterwegs die Schätze, welche die Hexe zusammengebracht und da versteckt hatte, und der Soldat nahm so viel Gold als er tragen konnte. Als er oben war, sprach er zu dem Männchen »nun geh hin, bind die alte Hexe und führe sie vor das Gericht.« Nicht lange, so kam sie auf einem wilden Kater mit furchtbarem Geschrei schnell wie der Wind vorbei geritten, und es dauerte abermals nicht lang, so war das Männchen zurück, »es ist alles ausgerichtet« sprach es, »und die Hexe hängt schon am Galgen.« »Herr, was befiehlst du weiter?« fragte der Kleine. »In dem Augenblick nichts,« antwortete der Soldat, »du kannst nach Haus gehen: sei nur gleich bei der Hand wenn ich dich rufe.« »Es ist nichts nötig,« sprach das Männchen, »als daß du deine Pfeife an dem blauen Licht anzündest, dann stehe ich gleich vor dir.« Darauf verschwand es vor seinen Augen. Der Soldat kehrte in die Stadt zurück, aus der er gekommen war. Er ging in den besten Gasthof und ließ sich schöne Kleider machen, dann befahl er dem Wirt ihm ein Zimmer so prächtig als möglich einzurichten. Als es fertig war und der Soldat es bezogen hatte, rief er das schwarze Männchen und sprach »ich habe dem König treu gedient, er aber hat mich fortgeschickt und mich hungern lassen, dafür will ich jetzt Rache nehmen.« »Was soll ich tun?« fragte der Kleine. »Spät Abends wenn die Königstochter im Bett liegt, so bring sie schlafend hierher, sie soll Mägdedienste bei mir tun.« Das Männchen sprach »für mich ist das ein leichtes, für dich aber ein gefährliches Ding, wenn das heraus kommt, wird es dir schlimm ergehen.« Als es zwölf geschlagen hatte, sprang die Türe auf, und das Männchen trug die Königstochter herein. »Aha, bist du da?« rief der Soldat, »frisch an die Arbeit! geh, hol den Besen und kehr die Stube.« Als sie fertig war, hieß er sie zu seinem Sessel kommen, streckte ihr die Füße entgegen und sprach »zieh mir die Stiefel aus,« warf sie ihr dann ins Gesicht, und sie mußte sie aufheben, reinigen und glänzend machen. Sie[[1]] tat aber alles, was er ihr befahl, ohne Widerstreben, stumm und mit halbgeschlossenen Augen. Bei dem ersten Hahnschrei trug sie das Männchen wieder in das königliche Schloß und in ihr Bett zurück. Am andern Morgen, als die Königstochter aufgestanden war, ging sie zu ihrem Vater, und erzählte ihm sie hätte einen wunderlichen Traum gehabt, »ich ward durch die Straßen mit Blitzesschnelle fortgetragen und in das Zimmer eines Soldaten gebracht, dem mußte ich als Magd dienen und aufwarten und alle gemeine Arbeit tun, die Stube kehren und die Stiefel putzen. Es war nur ein Traum, und doch bin ich so müde, als wenn ich wirklich alles getan hätte.« »Der Traum könnte wahr gewesen sein,« sprach der König, »ich will dir einen Rat geben, stecke deine Tasche voll Erbsen und mache ein klein Loch in die Tasche, wirst du wieder abgeholt, so fallen sie heraus und lassen die Spur auf der Straße.« Als der König so sprach, stand das Männchen unsichtbar dabei und hörte alles mit an. Nachts, als es die schlafende Königstochter wieder durch die Straßen trug, fielen zwar einzelne Erbsen aus der Tasche, aber sie konnten keine Spur machen, denn das listige Männchen hatte vorher in allen Straßen Erbsen verstreut. Die Königstochter aber mußte wieder bis zum Hahnenschrei Mägdedienste tun. Der König schickte am folgenden Morgen seine Leute aus, welche die Spur suchen sollten, aber es war vergeblich, denn in allen Straßen saßen die armen Kinder und lasen Erbsen auf und sagten »es hat heut Nacht Erbsen geregnet.« »Wir müssen etwas anderes aussinnen,« sprach der König, »behalt deine Schuh an, wenn du dich zu Bett legst, und ehe du von dort zurück kehrst, verstecke einen davon; ich will ihn schon finden.« Das schwarze Männchen vernahm den Anschlag, und als der Soldat Abends verlangte er sollte die Königstochter wieder herbei tragen, riet es ihm ab und sagte gegen diese List wüßte es kein Mittel, und wenn der Schuh bei ihm gefunden würde, so könnte es ihm schlimm ergehen. »Tue was ich dir sage« erwiderte der Soldat, und die Königstochter mußte auch in der dritten Nacht wie eine Magd arbeiten; sie versteckte aber, ehe sie zurückgetragen wurde, einen Schuh unter das Bett. Am andern Morgen ließ der König in der ganzen Stadt den Schuh seiner Tochter suchen: er ward bei dem Soldaten gefunden, und der Soldat selbst, der sich auf Bitten des Kleinen zum Tor hinaus gemacht hatte, ward bald eingeholt und ins Gefängnis geworfen. Er hatte sein Bestes bei der Flucht vergessen, das blaue Licht und das Gold, und hatte nur noch einen Dukaten in der Tasche. Als er nun mit Ketten belastet an dem Fenster seines Gefängnisses stand, sah er einen seiner Kameraden vorbeigehen. Er klopfte an die Scheibe, und als er herbeikam, sagte er »sei so gut und hol mir das kleine Bündelchen, das ich in dem Gasthaus habe liegen lassen, ich gebe dir dafür einen Dukaten.« Der Kamerad lief hin, und brachte ihm das Verlangte. Sobald der Soldat wieder allein war, steckte er seine Pfeife an und ließ das schwarze Männchen kommen. »Sei ohne Furcht,« sprach es zu seinem Herrn, »geh hin wo sie dich hinführen und laß alles geschehen, nimm nur das blaue Licht mit.« Am anderen Tag ward Gericht über den Soldaten gehalten, und obgleich er nichts Böses getan hatte, verurteilte ihn der Richter doch zum Tode. Als er nun hinaus geführt wurde, bat er den König um eine letzte Gnade. »Was für eine?« fragte der König. »Daß ich auf dem Weg noch eine Pfeife rauchen darf.« »Du kannst drei rauchen,« antwortete der König, »aber glaube nicht daß ich dir das Leben schenke.« Da zog der Soldat seine Pfeife heraus und zündete sie an dem blauen Licht an, und wie ein paar Ringel von Rauch aufgestiegen waren, so stand schon das Männchen da, hatte einen kleinen Knüppel in der Hand und sprach »was befiehlt mein Herr?« »Schlag mir da die falschen Richter und ihre Häscher zu Boden, und verschone auch den König nicht, der mich so schlecht behandelt hat.« Da fuhr das Männchen wie der Blitz, zickzack, hin und her, und wen es mit seinem Knüppel nur anrührte, der fiel schon zu Boden, und getraute sich nicht mehr zu regen. Dem König ward angst, er legte sich auf das Bitten und um nur das Leben zu behalten gab er dem Soldat das Reich und seine Tochter zur Frau. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="117._Das_eigensinnige_Kind" 117. Das eigensinnige Kind. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Kind eigensinnig und tat nicht was seine Mutter haben wollte. Darum hatte der liebe Gott kein Wohlgefallen an ihm und ließ es krank werden, und kein Arzt konnte ihm helfen, und in kurzem lag es auf dem Totenbettchen. Als es nun ins Grab versenkt und Erde über es hingedeckt war, so kam auf einmal sein Ärmchen wieder hervor und reichte in die Höhe, und wenn sie es hineinlegten und frische Erde darüber taten, so half das nicht, und das Ärmchen kam immer wieder heraus. Da mußte die Mutter selbst zum Grabe gehn und mit der Rute aufs Ärmchen schlagen, und wie sie das getan hatte, zog es sich hinein, und das Kind hatte nun erst Ruhe unter der Erde. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="118._Die_drei_Feldscherer" 118. Die drei Feldscherer. &&ax &&lg=x &&fe Drei Feldscherer reisten in der Welt, die meinten ihre Kunst ausgelernt zu haben und kamen in ein Wirtshaus, wo sie übernachten wollten. Der Wirt fragte wo sie her wären und hinaus wollten? »Wir ziehen auf unsere Kunst in der Welt herum.« »Zeigt mir doch einmal, was ihr könnt« sagte der Wirt. Da sprach der erste er wollte seine Hand abschneiden und morgen früh wieder anheilen: der zweite sprach er wollte sein Herz ausreißen und morgen früh wieder anheilen: der dritte sprach er wollte seine Augen ausstechen und morgen früh wieder einheilen. »Könnt ihr das,« sprach der Wirt, »so habt ihr ausgelernt.« Sie[[1]] hatten aber eine Salbe, was sie damit bestrichen, das heilte zusammen, und das Fläschchen, wo sie drin war, trugen sie beständig bei sich. Da schnitten sie Hand Herz und Auge vom Leibe, wie sie gesagt hatten, legtens zusammen auf einen Teller und gabens dem Wirt: der Wirt gabs einem Mädchen, das sollts in den Schrank stellen und wohl aufheben. Das Mädchen aber hatte einen heimlichen Schatz, der war ein Soldat. Wie nun der Wirt, die drei Feldscherer und alle Leute im Haus schliefen, kam der Soldat und wollte was zu essen haben. Da schloß das Mädchen den Schrank auf und holte ihm etwas, und über der großen Liebe vergaß es die Schranktüre zuzumachen, setzte sich zum Liebsten an Tisch, und sie schwätzten mit einander. Wie es so vergnügt saß und an kein Unglück dachte, kam die Katze hereingeschlichen, fand den Schrank offen, nahm die Hand das Herz und die Augen der drei Feldscherer, und lief damit hinaus. Als nun der Soldat gegessen hatte und das Mädchen das Gerät aufheben und den Schrank zuschließen wollte, da sah es wohl daß der Teller, den ihm der Wirt aufzuheben gegeben hatte, ledig war. Da sagte es erschrocken zu seinem Schatz »ach, was will ich armes Mädchen anfangen! Die Hand ist fort, das Herz und die Augen sind auch fort, wie wird mirs morgen früh ergehen!« »Sei still,« sprach er, »ich will dir aus der Not helfen: es hängt ein Dieb draußen am Galgen, dem will ich die Hand abschneiden; welche Hand wars denn?« »Die rechte.« Da gab ihm das Mädchen ein scharfes Messer, und er ging hin, schnitt dem armen Sünder die rechte Hand ab und brachte sie herbei. Darauf packte er die Katze und stach ihr die Augen aus; nun fehlte nur noch das Herz. »Habt ihr nicht geschlachtet, und liegt das Schweinefleisch nicht im Keller?« »Ja« sagte das Mädchen. »Nun, das ist gut« sagte der Soldat, ging hinunter und holte ein Schweineherz. Das Mädchen tat alles zusammen auf den Teller, und stellte ihn in den Schrank, und als ihr Liebster darauf Abschied genommen hatte, legte es sich ruhig ins Bett. Morgens, als die Feldscherer aufstanden, sagten sie dem Mädchen es sollte ihnen den Teller holen, darauf Hand Herz und Augen lägen. Da brachte es ihn aus dem Schrank, und der erste hielt sich die Diebshand an und bestrich sie mit seiner Salbe, alsbald war sie ihm angewachsen. Der zweite nahm die Katzenaugen und heilte sie ein: der dritte machte das Schweineherz fest. Der Wirt aber stand dabei, bewunderte ihre Kunst und sagte dergleichen hätt er noch nicht gesehen, er wollte sie bei jedermann rühmen und empfehlen. Darauf bezahlten sie ihre Zeche und reisten weiter. Wie sie so dahin gingen, so blieb der mit dem Schweineherzen gar nicht bei ihnen, sondern wo eine Ecke war, lief er hin und schnüffelte darin herum, wie Schweine tun. Die andern wollten ihn an dem Rockschlippen zurückhalten, aber das half nichts, er riß sich los und lief hin, wo der dickste Unrat lag. Der zweite stellte sich auch wunderlich an, rieb die Augen und sagte zu dem andern »Kamerad, was ist das? das sind meine[[Besitz]] Augen nicht, ich sehe ja nichts, leite mich doch einer, daß ich nicht falle.« Da gingen sie mit Mühe fort bis zum Abend, wo sie zu einer andern Herberge kamen. Sie[[1]] traten zusammen in die Wirtsstube, da saß in einer Ecke ein reicher Herr vorm Tisch und zählte Geld. Der mit der Diebshand ging um ihn herum, zuckte ein paarmal mit dem Arm, endlich, wie der Herr sich umwendete, griff er in den Haufen hinein und nahm eine Hand voll Geld heraus. Der eine sahs und sprach »Kamerad, was machst du? stehlen darfst du nicht, schäm dich!« »Ei,« sagte er, »was kann ich dafür! es zuckt mir in der Hand, ich muß zugreifen, ich mag wollen oder nicht.« Sie[[1]] legten sich danach schlafen, und wie sie da liegen, ists so finster, daß man keine Hand vor Augen sehen kann. Auf einmal erwachte der mit den Katzenaugen, weckte die andern und sprach »Brüder, schaut einmal auf, seht ihr die weißen Mäuschen, die da herumlaufen?« Die zwei richteten sich auf, konnten aber nichts sehen. Da sprach er »es ist mit uns nicht richtig, wir haben das Unsrige nicht wieder gekriegt, wir müssen zurück nach dem Wirt, der hat uns betrogen.« Also machten sie sich am andern Morgen dahin auf und sagten dem Wirt sie hätten ihr richtig Werk nicht wieder gekriegt, der eine hätte eine Diebshand, der zweite Katzenaugen, und der dritte ein Schweineherz. Der Wirt sprach daran müßte das Mädchen Schuld sein und wollte es rufen, aber wie das die drei hatte kommen sehen, war es zum Hinterpförtchen fortgelaufen, und kam nicht wieder. Da sprachen die drei er sollte ihnen viel Geld geben, sonst ließen sie ihm den roten Hahn übers Haus fliegen: da gab er was er hatte und nur aufbringen konnte, und die drei zogen damit fort. Es war für ihr Lebtag genug, sie hätten aber doch lieber ihr richtig Werk gehabt. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="119._Die_sieben_Schwaben" 119. Die sieben Schwaben. &&ax &&lg=x &&fe Einmal waren sieben Schwaben beisammen, der erste war der Herr Schulz, der zweite der Jackli, der dritte der Marli, der vierte der Jergli, der fünfte der Michal, der sechste der Hans, der siebente der Veitli; die hatten alle siebene sich vorgenommen die Welt zu durchziehen, Abenteuer zu suchen und große Taten zu vollbringen. Damit sie aber auch mit bewaffneter Hand und sicher gingen, sahen sies für gut an, daß sie sich zwar nur einen einzigen aber recht starken und langen Spieß machen ließen. Diesen Spieß faßten sie alle siebene zusammen an, vorn ging der kühnste und männlichste, das mußte der Herr Schulz sein, und dann folgten die andern nach der Reihe und der Veitli war der letzte. Nun geschah es, als sie im Heumonat eines Tags einen weiten Weg gegangen waren, auch noch ein gut Stück bis in das Dorf hatten, wo sie über Nacht bleiben mußten, daß in der Dämmerung auf einer Wiese ein großer Roßkäfer oder eine Hornisse nicht weit von ihnen hinter einer Staude vorbeiflog und feindlich brummelte. Der Herr Schulz erschrak, daß er fast den Spieß hätte fallen lassen und ihm der Angstschweiß am ganzen Leibe ausbrach. »Horcht, horcht,« rief er seinen Gesellen, »Gott, ich höre eine Trommel!« Der Jackli, der hinter ihm den Spieß hielt und dem ich weiß nicht was für ein Geruch in die Nase kam, sprach »etwas ist ohne Zweifel vorhanden, denn ich schmeck das Pulver und den Zündstrick.« Bei diesen Worten hub der Herr Schulz an die Flucht zu ergreifen, und sprang im Hui über einen Zaun, weil er aber gerade auf die Zinken eines Rechen sprang, der vom Heumachen da liegen geblieben war, so fuhr ihm der Stiel ins Gesicht und gab ihm einen ungewaschenen Schlag. »O wei, o wei,« schrie der Herr Schulz, »nimm mich gefangen, ich ergeb mich, ich ergeb mich!« Die andern sechs hüpften auch alle einer über den andern herzu und schrien »gibst du dich, so geb[[geben]] ich mich auch, gibst du dich, so geb[[geben]] ich mich auch.« Endlich, wie kein Feind da war, der sie binden und fortführen wollte, merkten sie daß sie betrogen waren: und damit die Geschichte nicht unter die Leute käme, und sie nicht genarrt und gespottet würden, verschwuren sie sich unter einander so lang davon still zu schweigen, bis einer unverhofft das Maul auftäte. Hierauf zogen sie weiter. Die zweite Gefährlichkeit, die sie erlebten, kann aber mit der ersten nicht verglichen werden. Nach etlichen Tagen trug sie ihr Weg durch ein Brachfeld, da saß ein Hase in der Sonne und schlief, streckte die Ohren in die Höhe, und hatte die großen gläsernen Augen starr aufstehen. Da erschraken sie bei dem Anblick des grausamen und wilden Tieres insgesammt und hielten Rat was zu tun das wenigst gefährliche wäre. Denn so sie fliehen wollten, war zu besorgen, das Ungeheuer setzte ihnen nach und verschlänge sie alle mit Haut und Haar. Also sprachen sie »wir müssen einen großen und gefährlichen Kampf bestehen, frisch gewagt ist halb gewonnen!« faßten alle siebene den Spieß an, der Herr Schulz vorn und der Veitli hinten. Der Herr Schulz wollte den Spieß noch immer anhalten, der Veitli aber war hinten ganz mutig geworden, wollte losbrechen und rief »{{stoß zu in aller Schwabe Name, sonst wünsch i, daß ihr möcht erlahme.}}« Aber der Hans wußt ihn zu treffen und sprach »{{beim Element, du hascht gut schwätze, bischt stets der letscht beim Drachehetze.}}« Der Michal rief »{{es wird nit fehle um ei Haar, so ischt es wohl der Teufel gar.}}« Drauf kam an den Jergli die Reihe der sprach »{{ischt er es nit, so ischts sei Muter oder des Teufels Stiefbruder.}}« Der Marli hatte da einen guten Gedanken und sagte zum Veitli »{{gang, Veitli, gang, gang du voran, i will dahinte vor di stahn.}}« Der Veitli hörte aber nicht drauf und der Jackli sagte »{{der Schulz, der muß der erschte sei, denn ihm gebührt die Ehr allei.}}« Da nahm sich der Herr Schulz ein Herz und sprach gravitätisch »{{so zieht denn herzhaft in den Streit, hieran erkennt man tapfre Leut.}}« Da gingen sie insgesammt auf den Drachen los. Der Herr Schulz segnete sich und rief Gott um Beistand an: wie aber das alles nicht helfen wollte und er dem Feind immer näher kam, schrie er in großer Angst »{{hau! hurlehau! hau! hauhau!}}« Davon erwachte der Has, erschrak und sprang eilig davon. Als ihn der Herr Schulz so feldflüchtig sah, da rief er voll Freude »{{potz, Veitli, lueg, lueg, was isch das? das Ungehüer ischt a Has.}}« Der Schwabenbund suchte aber weiter Abenteuer und kam an die Mosel, ein mosiges, stilles und tiefes Wasser, darüber nicht viel Brücken sind, sondern man an mehrern Orten sich muß in Schiffen überfahren lassen. Weil die sieben Schwaben dessen unberichtet waren, riefen sie einem Mann, der jenseits des Wassers seine Arbeit vollbrachte, zu, wie man doch hinüber kommen könnte? Der Mann verstand wegen der Weite und wegen ihrer Sprache nicht was sie wollten, und fragte auf sein trierisch »{{wat? wat?}}« Da meinte der Herr Schulz er spräche nicht anders als »{{wade, wade durchs Wasser,}}« und hub an, weil er der Vorderste war, sich auf den Weg zu machen und in die Mosel hineinzugehen. Nicht lang, so versank er in den Schlamm und in die antreibenden tiefen Wellen, seinen Hut aber jagte der Wind hinüber an das jenseitige Ufer, und ein Frosch setzte sich dabei und quackte »{{wat, wat, wat.}}« Die sechs andern hörten das drüben und sprachen »{{unser Gesell, der Herr Schulz, ruft uns, kann er hinüber waden, warum wir nicht auch?}}« Sprangen darum eilig alle zusammen in das Wasser und ertranken, also daß ein Frosch ihrer sechse ums Leben brachte, und niemand von dem Schwabenbund wieder nach Haus kam. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="120._Die_drei_Handwerksburschen" 120. Die drei Handwerksburschen. &&ax &&lg=x &&fe Es waren drei Handwerksbursche, die hatten es verabredet auf ihrer Wanderung beisammen zu bleiben und immer in einer Stadt zu arbeiten. Auf eine Zeit aber fanden sie bei ihren Meistern kein Verdienst mehr, so daß sie endlich ganz abgerissen waren und nichts zu leben hatten. Da sprach der eine »was sollen wir anfangen? hier bleiben können wir nicht länger, wir wollen wieder wandern, und wenn wir in der Stadt, wo wir hin kommen, keine Arbeit finden, so wollen wir beim Herbergsvater ausmachen daß wir ihm schreiben wo wir uns aufhalten, und einer vom andern Nachricht haben kann, und dann wollen wir uns trennen;« das schien den andern auch das Beste. Sie[[1]] zogen fort, da kam ihnen auf dem Weg ein reich gekleideter Mann entgegen, der fragte wer sie wären. »Wir sind Handwerksleute und suchen Arbeit: wir haben uns bisher zusammen gehalten, wenn wir aber keine mehr finden, so wollen wir uns trennen.« »Das hat keine Not,« sprach der Mann, »wenn ihr tun wollt was ich euch sage, solls euch an Geld und Arbeit nicht fehlen; ja ihr sollt große Herren werden und in Kutschen fahren.« Der eine sprach »wenns unserer Seele und Seligkeit nicht schadet, so wollen wirs wohl tun.« »Nein,« antwortete der Mann, »ich habe keinen Teil an euch.« Der andere aber hatte nach seinen Füßen gesehen, und als er da einen Pferdefuß und einen Menschenfuß erblickte, wollte er sich nicht mit ihm einlassen. Der Teufel aber sprach »gebt euch zufrieden, es ist nicht auf euch abgesehen, sondern auf eines anderen Seele, der schon halb mein ist, und dessen Maaß nur voll laufen soll.« Weil sie nun sicher waren, willigten sie ein, und der Teufel sagte ihnen was er verlangte, der erste sollte auf jede Frage antworten »wir alle drei,« der zweite »ums Geld,« der dritte »und das war Recht.« Das sollten sie immer hinter einander sagen, weiter aber dürften sie kein Wort sprechen, und überträten sie das Gebot, so wäre gleich alles Geld verschwunden: so lange sie es aber befolgten, sollten ihre Taschen immer voll sein. Zum Anfang gab er ihnen auch gleich so viel als sie tragen konnten, und hieß sie in die Stadt in das und das Wirtshaus gehen. Sie[[1]] gingen hinein, der Wirt kam ihnen entgegen und fragte »wollt ihr etwas zu essen?« Der erste antwortete »wir alle drei.« »Ja,« sagte der Wirt, »das mein ich auch.« Der zweite »ums Geld.« »Das versteht sich« sagte der Wirt. Der dritte »und das war Recht.« »Ja wohl wars Recht« sagte der Wirt. Es ward ihnen nun gut Essen und Trinken gebracht, und wohl aufgewartet. Nach dem Essen mußte die Bezahlung geschehen, da hielt der Wirt dem einen die Rechnung hin, der sprach »wir alle drei,« der zweite »ums Geld,« der dritte »und das war Recht.« »Freilich ists Recht,« sagte der Wirt, »alle drei bezahlen, und ohne Geld kann ich nichts geben.« Sie[[1]] bezahlten aber noch mehr als er gefordert hatte. Die Gäste sahen das mit an und sprachen »die Leute müssen toll sein.« »Ja, das sind sie auch,« sagte der Wirt, »sie sind nicht recht klug.« So blieben sie eine Zeit lang in dem Wirtshaus und sprachen kein ander Wort als »wir alle drei, ums Geld, und das war Recht.« Sie[[1]] sahen aber, und wußten alles was darin vorging. Es trug sich zu, daß ein großer Kaufmann kam mit vielem Geld, der sprach »Herr Wirt, heb er mir mein Geld auf, da sind die drei närrischen Handwerksbursche, die möchten mirs stehlen.« Das tat der Wirt. Wie er den Mantelsack in seine Stube trug, fühlte er daß er schwer von Gold war. Darauf gab er den drei Handwerkern unten ein Lager, der Kaufmann aber kam oben hin in eine besondere Stube. Als Mitternacht war und der Wirt dachte sie schliefen alle, kam er mit seiner Frau, und sie hatten eine Holzaxt und schlugen den reichen Kaufmann tot; nach vollbrachtem Mord legten sie sich wieder schlafen. Wies nun Tag war, gabs großen Lärm, der Kaufmann lag tot im Bett und schwamm in seinem Blut. Da liefen alle Gäste zusammen, der Wirt aber sprach »das haben die drei tollen Handwerker getan.« Die Gäste bestätigten es, und sagten »niemand anders kanns gewesen sein.« Der Wirt aber ließ sie rufen und sagte zu ihnen »habt ihr den Kaufmann getötet?« »Wir alle drei« sagte der erste, »ums Geld« der zweite, »und das war Recht« der dritte. »Da hört ihrs nun,« sprach der Wirt, »sie gestehens selber.« Sie[[1]] wurden also ins Gefängnis gebracht, und sollten gerichtet werden. Wie sie nun sahen daß es so ernsthaft ging, ward ihnen doch angst, aber Nachts kam der Teufel und sprach »haltet nur noch einen Tag aus, und verscherzt euer Glück nicht, es soll euch kein Haar gekrümmt werden.« Am andern Morgen wurden sie vor Gericht geführt: da sprach der Richter »seid ihr die Mörder?« »Wir alle drei.« »Warum habt ihr den Kaufmann erschlagen?« »Ums Geld.« »Ihr Bösewichter,« sagte der Richter, »habt ihr euch nicht der Sünde gescheut?« »Und das war Recht.« »Sie[[1]] haben bekannt und sind noch halsstarrig dazu« sprach der Richter, »führt sie gleich zum Tod.« Also wurden sie hinausgebracht, und der Wirt mußte mit in den Kreis treten. Wie sie nun von den Henkersknechten gefaßt und oben aufs Gerüst geführt wurden, wo der Scharfrichter mit bloßem Schwerte stand, kam auf einmal eine Kutsche mit vier blutroten Füchsen bespannt, und fuhr daß das Feuer aus den Steinen sprang, aus dem Fenster aber winkte einer mit einem weißen Tuche. Da sprach der Scharfrichter »es kommt Gnade,« und ward auch aus dem Wagen »Gnade! Gnade!« gerufen. Da trat der Teufel heraus, als ein sehr vornehmer Herr, prächtig gekleidet und sprach »ihr drei seid unschuldig; ihr dürft nun sprechen, sagt heraus was ihr gesehen und gehört habt.« Da sprach der älteste »wir haben den Kaufmann nicht getötet, der Mörder steht da im Kreis« und deutete auf den Wirt, »zum Wahrzeichen geht hin in seinen Keller, da hängen noch viele andere, die er ums Leben gebracht.« Da schickte der Richter die Henkersknechte hin, die fanden es, wies gesagt war, und als sie dem Richter das berichtet hatten, ließ er den Wirt hinauf führen und ihm das Haupt abschlagen. Da sprach der Teufel zu den dreien »nun hab ich die Seele, die ich haben wollte, ihr seid aber frei und habt Geld für euer Lebtag.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="121._Der_Königssohn_der_sich_vor_nichts_fürchtet" 121. Der Königssohn der sich vor nichts fürchtet. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Königssohn, dem gefiels nicht mehr daheim in seines Vaters Haus, und weil er vor nichts Furcht hatte, so dachte er »ich will in die weite Welt gehen, da wird mir Zeit und Weile nicht lang, und ich werde wunderliche Dinge genug sehen.« Also nahm er von seinen Eltern Abschied und ging fort, immer zu, von Morgen bis Abend, und es war ihm einerlei wo hinaus ihn der Weg führte. Es trug sich zu, daß er vor eines Riesen Haus kam, und weil er müde war, setzte er sich vor die Türe und ruhte. Und als er seine Augen so hin und her gehen ließ, sah er auf dem Hof des Riesen Spielwerk liegen: das waren ein paar mächtige Kugeln und Kegel so groß als ein Mensch. Über ein Weilchen bekam er Lust, stellte die Kegel auf und schob mit den Kugeln danach, schrie und rief wenn die Kegel fielen, und war guter Dinge. Der Riese hörte den Lärm, streckte seinen Kopf zum Fenster heraus und erblickte einen Menschen, der nicht größer war als andere, und doch mit seinen Kegeln spielte. »Würmchen,« rief er, »was kegelst du mit meinen[[Besitz]] Kegeln? wer hat dir die Stärke dazu gegeben?« Der Königssohn schaute auf, sah den Riesen an und sprach »o du Klotz, du meinst wohl, du hättest allein starke Arme? ich kann alles, wozu ich Lust habe.« Der Riese kam herab, sah dem Kegeln ganz verwundert zu und sprach »Menschenkind, wenn du der Art bist, so geh und hol mir einen Apfel vom Baum des Lebens.« »Was willst du damit?« sprach der Königssohn. »Ich will den Apfel nicht für mich,« antwortete der Riese, »aber ich habe eine Braut, die verlangt danach; ich bin weit in der Welt umher gegangen und kann den Baum nicht finden.« »Ich will ihn schon finden,« sagte der Königssohn, »und ich weiß nicht was mich abhalten soll, den Apfel herunter zu holen.« Der Riese sprach »du meinst wohl das wäre so leicht? der Garten, worin der Baum steht, ist von einem eisernen Gitter umgeben, und vor dem Gitter liegen wilde Tiere, eins neben dem andern, die halten Wache und lassen keinen Menschen hinein.« »Mich werden sie schon einlassen,« sagte der Königssohn. »Ja, gelangst du auch in den Garten und siehst den Apfel am Baum hängen, so ist er doch noch nicht dein: es hängt ein Ring davor, durch den muß einer die Hand stecken, wenn er den Apfel erreichen und abbrechen will, und das ist noch keinem geglückt.« »Mir solls schon glücken,« sprach der Königssohn. Da nahm er Abschied von dem Riesen, ging fort über Berg und Tal, durch Felder und Wälder, bis er endlich den Wundergarten fand. Die Tiere lagen rings herum, aber sie hatten die Köpfe gesenkt und schliefen. Sie[[1]] erwachten auch nicht, als er heran kam, sondern er trat über sie weg, stieg über das Gitter und kam glücklich in den Garten. Da stand mitten inne der Baum des Lebens, und die roten Äpfel leuchteten an den Ästen. Er kletterte an dem Stamm in die Höhe, und wie er nach einem Apfel reichen wollte, sah er einen Ring davor hängen, aber er steckte seine Hand ohne Mühe hindurch und brach den Apfel. Der Ring schloß sich fest an seinen Arm und er fühlte wie auf einmal eine gewaltige Kraft durch seine Adern drang. Als er mit dem Apfel von dem Baum wieder herab gestiegen war, wollte er nicht über das Gitter klettern, sondern faßte das große Tor und brauchte nur einmal daran zu schütteln, so sprang es mit Krachen auf. Da ging er hinaus, und der Löwe, der davor gelegen hatte, war wach geworden und sprang ihm nach, aber nicht in Wut und Wildheit, sondern er folgte ihm demütig als seinem Herrn. Der Königssohn brachte dem Riesen den versprochenen Apfel und sprach »siehst du, ich habe ihn ohne Mühe geholt.« Der Riese war froh daß sein Wunsch so bald erfüllt war, eilte zu seiner Braut und gab ihr den Apfel, den sie verlangt hatte. Es war eine schöne und kluge Jungfrau, und da sie den Ring nicht an seinem Arm sah, sprach sie »ich glaube nicht eher daß du den Apfel geholt hast, als bis ich den Ring an deinem Arm erblicke.« Der Riese sagte »ich brauche nur heim zu gehen und ihn zu holen« und meinte es wäre ein leichtes dem schwachen Menschen mit Gewalt weg zu nehmen, was er nicht gutwillig geben wollte. Er forderte also den Ring von ihm, aber der Königssohn weigerte sich. »Wo der Apfel ist muß auch der Ring sein,« sprach der Riese, »gibst du ihn nicht gutwillig, so mußt du mit mir darum kämpfen.« Sie[[1]] rangen lange Zeit mit einander, aber der Riese konnte dem Königssohn, den die Zauberkraft des Ringes stärkte, nichts anhaben. Da sann der Riese auf eine List und sprach »mir ist warm geworden bei dem Kampf, und dir auch, wir wollen im Flusse baden und uns abkühlen, eh wir wieder anfangen.« Der Königssohn, der von Falschheit nichts wußte, ging mit ihm zu dem Wasser, streifte mit seinen Kleidern auch den Ring vom Arm und sprang in den Fluß. Alsbald griff der Riese nach dem Ring und lief damit fort, aber der Löwe, der den Diebstahl bemerkt hatte, setzte dem Riesen nach, riß den Ring ihm aus der Hand und brachte ihn seinem Herrn zurück. Da stellte sich der Riese hinter einen Eichbaum, und als der Königssohn beschäftigt war seine Kleider wieder anzuziehen, überfiel er ihn und stach ihm beide Augen aus. Nun stand da der arme Königssohn, war blind und wußte sich nicht zu helfen. Da kam der Riese wieder herbei, faßte ihn bei der Hand, wie jemand der ihn leiten wollte, und führte ihn auf die Spitze eines hohen Felsens. Dann ließ er ihn stehen, und dachte »noch ein paar Schritte weiter, so stürzt er sich tot, und ich kann ihm den Ring abziehen.« Aber der treue Löwe hatte seinen Herrn nicht verlassen, hielt ihn am Kleide fest und zog ihn allmälig wieder zurück. Als der Riese kam und den Toten berauben wollte, sah er daß seine List vergeblich gewesen war. »Ist denn ein so schwaches Menschenkind nicht zu verderben!« sprach er zornig zu sich selbst, faßte den Königssohn und führte ihn auf einem andern Weg nochmals zu dem Abgrund: aber der Löwe, der die böse Absicht merkte, half seinem Herrn auch hier aus der Gefahr. Als sie nahe zum Rand gekommen waren, ließ der Riese die Hand des Blinden fahren und wollte ihn allein zurücklassen, aber der Löwe stieß den Riesen, daß er hinab stürzte und zerschmettert auf den Boden fiel. Das treue Tier zog seinen Herrn wieder von dem Abgrund zurück und leitete ihn zu einem Baum, an dem ein klarer Bach floß. Der Königssohn setzte sich da nieder, der Löwe aber legte sich und spritzte mit seiner Tatze ihm das Wasser ins Antlitz. Kaum hatten ein paar Tröpfchen die Augenhöhlen benetzt, so konnte er wieder etwas sehen und bemerkte ein Vöglein, das flog ganz nah vorbei, stieß sich aber an einen Baumstamm: hierauf ließ es sich in das Wasser herab und badete sich darin, dann flog es auf, strich ohne anzustoßen zwischen den Bäumen hin, als hätte es sein Gesicht wieder bekommen. Da erkannte der Königssohn den Wink Gottes, neigte sich herab zu dem Wasser und wusch und badete sich darin das Gesicht. Und als er sich aufrichtete, hatte er seine Augen wieder so hell und rein, wie sie nie gewesen waren. Der Königssohn dankte Gott für die große Gnade und zog mit seinem Löwen weiter in der Welt herum. Nun trug es sich zu daß er vor ein Schloß kam, welches verwünscht war. In dem Tor stand eine Jungfrau von schöner Gestalt und feinem Antlitz, aber sie war ganz schwarz. Sie[[1]] redete ihn an und sprach »ach, könntest du mich erlösen aus dem bösen Zauber, der über mich geworfen ist.« »Was soll ich tun?« sprach der Königssohn. Die Jungfrau antwortete »drei Nächte mußt du in dem großen Saal des verwünschten Schlosses zubringen, aber es darf keine Furcht in dein Herz kommen. Wenn sie dich auf das ärgste quälen und du hältst es aus ohne einen Laut von dir zu geben, so bin ich erlöst; das Leben dürfen sie dir nicht nehmen.« Da sprach der Königssohn »ich fürchte mich nicht, ich wills mit Gottes Hülfe versuchen.« Also ging er fröhlich in das Schloß, und als es dunkel ward, setzte er sich in den großen Saal und wartete. Es war aber still bis Mitternacht, da fing plötzlich ein großer Lärm an, und aus allen Ecken und Winkeln kamen kleine Teufel herbei. Sie[[1]] taten als ob sie ihn nicht sähen, setzten sich mitten in die Stube, machten ein Feuer an und fingen an zu spielen. Wenn einer verlor, sprach er »es ist nicht richtig, es ist einer da, der nicht zu uns gehört, der ist Schuld, daß ich verliere.« »Wart ich komme, du hinter dem Ofen,« sagte ein anderer. Das Schreien ward immer größer, so daß es niemand ohne Schrecken hätte anhören können. Der Königssohn blieb ganz ruhig sitzen und hatte keine Furcht: doch endlich sprangen die Teufel von der Erde auf und fielen über ihn her, und es waren so viele, daß er sich ihrer nicht erwehren konnte. Sie[[1]] zerrten ihn auf dem Boden herum, zwickten, stachen, schlugen und quälten ihn, aber er gab keinen Laut von sich. Gegen Morgen verschwanden sie, und er war so abgemattet, daß er kaum seine Glieder regen konnte: als aber der Tag anbrach, da trat die schwarze Jungfrau zu ihm herein. Sie[[1]] trug in ihrer Hand eine kleine Flasche, worin Wasser des Lebens war, damit wusch sie ihn, und alsbald fühlte er wie alle Schmerzen verschwanden und frische Kraft in seine Adern drang. Sie[[1]] sprach »eine Nacht hast du glücklich ausgehalten, aber noch zwei stehen dir bevor.« Da ging sie wieder weg, und im Weggehen bemerkte er daß ihre Füße weiß geworden waren. In der folgenden Nacht kamen die Teufel und fingen ihr Spiel aufs neue an: sie fielen über den Königssohn her und schlugen ihn viel härter als in der vorigen Nacht, daß sein Leib voll Wunden war. Doch da er alles still ertrug, mußten sie von ihm lassen, und als die Morgenröte anbrach, erschien die Jungfrau und heilte ihn mit dem Lebenswasser. Und als sie wegging, sah er mit Freuden daß sie schon weiß geworden war bis zu den Fingerspitzen. Nun hatte er nur noch eine Nacht auszuhalten, aber die war die schlimmste. Der Teufelsspuk kam wieder: »bist du noch da?« schrien sie, »du sollst gepeinigt werden daß dir der Atem stehen bleibt.« Sie[[1]] stachen und schlugen ihn, warfen ihn hin und her und zogen ihn an Armen und Beinen, als wollten sie ihn zerreißen: aber er duldete alles und gab keinen Laut von sich. Endlich verschwanden die Teufel, aber er lag da ohnmächtig und regte sich nicht: er konnte auch nicht die Augen aufheben, um die Jungfrau zu sehen, die herein kam und ihn mit dem Wasser des Lebens benetzte und begoß. Aber auf einmal war er von allen Schmerzen befreit und fühlte sich frisch und gesund, als wäre er aus einem Schlaf erwacht, und wie er die Augen aufschlug, so sah er die Jungfrau neben sich stehen, die war schneeweiß und schön, wie der helle Tag. »Steh auf,« sprach sie, »und schwing dein Schwert dreimal über die Treppe, so ist alles erlöst.« Und als er das getan hatte, da war das ganze Schloß vom Zauber befreit, und die Jungfrau war eine reiche Königstochter. Die Diener kamen und sagten im großen Saale wäre die Tafel schon zubereitet und die Speisen aufgetragen. Da setzten sie sich nieder, aßen und tranken zusammen, und Abends ward in großen Freuden die Hochzeit gefeiert. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="122._Der_Krautesel" 122. Der Krautesel. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein junger Jäger, der ging in den Wald auf Anstand. Er hatte ein frisches und fröhliches Herz, und als er daher ging und auf dem Blatt pfiff, kam ein altes häßliches Mütterchen, das redete ihn an und sprach »guten Tag, lieber Jäger, du bist wohl lustig und vergnügt, aber ich leide Hunger und Durst, gib mir doch ein Almosen.« Da dauerte den Jäger das arme Mütterchen, daß er in seine Tasche griff und ihr nach seinem Vermögen etwas reichte. Nun wollte er weiter gehen, aber die alte Frau hielt ihn an, und sprach »höre, lieber Jäger, was ich dir sage, für dein gutes Herz will ich dir ein Geschenk machen: geh nur immer deiner Wege, über ein Weilchen wirst du an einen Baum kommen, darauf sitzen neun Vögel, die haben einen Mantel in den Krallen und raufen sich darum. Da lege du deine Büchse an und schieß mitten drunter: den Mantel werden sie dir wohl fallen lassen, aber auch einer von den Vögeln wird getroffen sein und tot herab stürzen. Den Mantel nimm mit dir, es ist ein Wunschmantel, wenn du ihn um die Schultern wirfst, brauchst du dich nur an einen Ort zu wünschen, und im Augenblick bist du dort. Aus dem toten Vogel nimm das Herz heraus, und verschluck es ganz, dann wirst du allen und jeden Morgen früh beim Aufstehen ein Goldstück unter deinem Kopfkissen finden.« Der Jäger dankte der weisen Frau und dachte bei sich »schöne Dinge, die sie mir versprochen hat, wenns nur auch all so einträfe.« Doch, wie er etwa hundert Schritte gegangen war, hörte er über sich in den Ästen ein Geschrei und Gezwitscher, daß er aufschaute: da sah er einen Haufen Vögel, die rissen mit den Schnäbeln und Füßen ein Tuch herum, schrien, zerrten und balgten sich, als wollts ein jeder allein haben. »Nun,« sprach der Jäger, »das ist wunderlich, es kommt ja gerade so, wie das Mütterchen gesagt hat,« nahm die Büchse von der Schulter, legte an und tat seinen Schuß mitten hinein, daß die Federn herumflogen. Alsbald nahm das Getier mit großem Schreien die Flucht, aber einer fiel tot herab, und der Mantel sank ebenfalls herunter. Da tat der Jäger wie ihm die Alte geheißen hatte, schnitt den Vogel auf, suchte das Herz, schluckte es hinunter und nahm den Mantel mit nach Haus. Am andern Morgen, als er aufwachte, fiel ihm die Verheißung ein, und er wollte sehen ob sie auch eingetroffen wäre. Wie er aber sein Kopfkissen in die Höhe hob, da schimmerte ihm das Goldstück entgegen und am andern Morgen fand er wieder eins, und so weiter jedesmal, wenn er aufstand. Er sammelte sich einen Haufen Gold, endlich aber dachte er »was hilft mir all mein Gold, wenn ich daheim bleibe? ich will ausziehen und mich in der Welt umsehen.« Da nahm er von seinen Eltern Abschied, hing seinen Jägerranzen und seine Flinte um und zog in die Welt. Es trug sich zu, daß er eines Tages durch einen dicken Wald kam, und wie der zu Ende war, lag in der Ebene vor ihm ein ansehnliches Schloß. In einem Fenster desselben stand eine Alte mit einer wunderschönen Jungfrau und schaute herab. Die Alte aber war eine Hexe und sprach zu dem Mädchen »dort kommt einer aus dem Wald, der hat einen wunderbaren Schatz im Leib, den müssen wir darum berücken, mein Herzenstöchterchen: uns steht das besser an als ihm. Er hat ein Vogelherz bei sich, deshalb liegt jeden Morgen ein Goldstück unter seinem Kopfkissen.« Sie[[1]] erzählt ihr wie es damit beschaffen wäre und wie sie darum zu spielen hätte, und zuletzt drohte sie und sprach mit zornigen Augen »und wenn du mir nicht gehorchst, so bist du unglücklich.« Als nun der Jäger näher kam, erblickte er das Mädchen und sprach zu sich »ich bin nun so lang herumgezogen, ich will einmal ausruhen und in das schöne Schloß einkehren, Geld hab ich ja vollauf.« Eigentlich aber war die Ursache, daß er ein Auge auf das schöne Bild geworfen hatte. Er trat in das Haus ein, und ward freundlich empfangen und höflich bewirtet. Es dauerte nicht lange, da war er so in das Hexenmädchen verliebt, daß er an nichts anders mehr dachte und nur nach ihren Augen sah, und was sie verlangte, das tat er gerne. Da sprach die Alte »nun müssen wir das Vogelherz haben, er wird nichts spüren, wenn es ihm fehlt.« Sie[[1]] richteten einen Trank zu, und wie der gekocht war, tat sie ihn in einen Becher und gab ihn dem Mädchen, das mußte ihn dem Jäger reichen. Sprach es »nun, mein Liebster, trink mir zu.« Da nahm er den Becher, und wie er den Trank geschluckt hatte, brach er das Herz des Vogels aus dem Leibe. Das Mädchen mußte es heimlich fortschaffen und dann selbst verschlucken, denn die Alte wollte es haben. Von nun an fand er kein Gold mehr unter seinem Kopfkissen, sondern es lag unter dem Kissen des Mädchens wo es die Alte jeden Morgen holte: aber er war so verliebt und vernarrt, daß er an nichts anders dachte, als sich mit dem Mädchen die Zeit zu vertreiben. Da sprach die alte Hexe »das Vogelherz haben wir, aber den Wunschmantel müssen wir ihm auch abnehmen.« Antwortete das Mädchen »den wollen wir ihm lassen, er hat ja doch seinen Reichtum verloren.« Da ward die Alte bös und sprach »so ein Mantel ist ein wunderbares Ding, das selten auf der Welt gefunden wird, den soll und muß ich haben.« Sie[[1]] gab dem Mädchen Anschläge und sagte wenn es ihr nicht gehorchte, sollte es ihm schlimm ergehen. Da tat es nach dem Geheiß der Alten, stellte sich einmal ans Fenster und schaute in die weite Gegend, als wäre es ganz traurig. Fragte der Jäger »was stehst du so traurig da?« »Ach, mein Schatz,« gab es zur Antwort, »da gegenüber liegt der Granatenberg, wo die köstlichen Edelsteine wachsen. Ich trage so groß Verlangen danach, daß wenn ich daran denke, ich ganz traurig bin; aber wer kann sie holen! nur die Vögel, die fliegen, kommen hin, ein Mensch nimmermehr.« »Hast[[haben]] du weiter nichts zu klagen,« sagte der Jäger, »den Kummer will ich dir bald vom Herzen nehmen.« Damit faßte er sie unter seinen Mantel und wünschte sich hinüber auf den Granatenberg, und im Augenblick saßen sie auch beide drauf. Da schimmerte das edele Gestein von allen Seiten daß es eine Freude war anzusehen, und sie lasen die schönsten und kostbarsten Stücke zusammen. Nun hatte es aber die Alte durch ihre Hexenkunst bewirkt, daß dem Jäger die Augen schwer wurden. Er sprach zu dem Mädchen »wir wollen ein wenig niedersitzen und ruhen, ich bin so müde, daß ich mich nicht mehr auf den Füßen erhalten kann.« Da setzten sie sich, und er legte sein Haupt in ihren Schooß und schlief ein. Wie er entschlafen war, da band es ihm den Mantel von den Schultern und hing ihn sich selbst um, las die Granaten und Steine auf und wünschte sich damit nach Haus. Als aber der Jäger seinen Schlaf ausgetan hatte und aufwachte, sah er daß seine Liebste ihn betrogen und auf dem wilden Gebirg allein gelassen hatte. »O,« sprach er, »wie ist die Untreue so groß auf der Welt!« saß da in Sorge und Herzeleid und wußte nicht was er anfangen sollte. Der Berg aber gehörte wilden und ungeheuern Riesen, die darauf wohnten und ihr Wesen trieben, und er saß nicht lange, so sah er ihrer drei daher schreiten. Da legte er sich nieder, als wäre er in tiefen Schlaf versunken. Nun kamen die Riesen herbei, und der erste stieß ihn mit dem Fuß an und sprach »was liegt da für ein Erdwurm und beschaut sich inwendig?« Der zweite sprach »tritt ihn tot.« Der dritte aber sprach verächtlich »das wäre der Mühe wert! laßt ihn nur leben, hier kann er nicht bleiben, und wenn er höher steigt bis auf die Bergspitze, so packen ihn die Wolken und tragen ihn fort.« Unter diesem Gespräch gingen sie vorüber, der Jäger aber hatte auf ihre Worte gemerkt, und sobald sie fort waren, stand er auf und klimmte den Berggipfel hinauf. Als er ein Weilchen da gesessen hatte, so schwebte eine Wolke heran, ergriff ihn, trug ihn fort und zog eine Zeitlang am Himmel her, dann senkte sie sich und ließ sich über einen großen, rings mit Mauern umgebenen Krautgarten nieder, also daß er zwischen Kohl und Gemüsen sanft auf den Boden kam. Da sah der Jäger sich um und sprach »wenn ich nur etwas zu essen hätte, ich bin so hungrig, und mit dem Weiterkommen wirds schwer fallen; aber hier seh ich keinen Apfel und keine Birne und keinerlei Obst, überall nichts als Krautwerk.« Endlich dachte er »zur Not kann ich von dem Salat essen, der schmeckt nicht sonderlich, wird mich aber erfrischen.« Also suchte er sich ein schönes Haupt aus und aß davon, aber kaum hatte er ein paar Bissen hinab geschluckt, so war ihm so wunderlich zu Mute, und er fühlte sich ganz verändert. Es wuchsen ihm vier Beine, ein dicker Kopf und zwei lange Ohren, und er sah mit Schrecken daß er in einen Esel verwandelt war. Doch weil er dabei immer noch großen Hunger spürte und ihm der saftige Salat nach seiner jetzigen Natur gut schmeckte, so aß er mit großer Gier immer zu. Endlich gelangte er an eine andere Art Salat, aber kaum hatte er etwas davon verschluckt, so fühlte er aufs neue eine Veränderung, und kehrte in seine menschliche Gestalt zurück. Nun legte sich der Jäger nieder und schlief seine Müdigkeit aus. Als er am andern Morgen erwachte, brach er ein Haupt von dem bösen und eins von dem guten Salat ab und dachte »das soll mir zu dem Meinigen wieder helfen und die Treulosigkeit bestrafen.« Dann steckte er die Häupter zu sich, kletterte über die Mauer und ging fort, das Schloß seiner Liebsten zu suchen. Als er ein paar Tage herum gestrichen war, fand er es glücklicherweise wieder. Da bräunte er sich schnell sein Gesicht, daß ihn seine eigene Mutter nicht erkannt hätte, ging in das Schloß und bat um eine Herberge. »Ich bin so müde,« sprach er, »und kann nicht weiter.« Fragte die Hexe »Landsmann, wer seid ihr, und was ist euer Geschäft?« Er antwortete »ich bin ein Bote des Königs und war ausgeschickt den köstlichsten Salat zu suchen, der unter der Sonne wächst. Ich bin auch so glücklich gewesen ihn zu finden und trage ihn bei mir, aber die Sonnenhitze brennt gar zu stark, daß mir das zarte Kraut zu welken droht und ich nicht weiß ob ich es weiter bringen werde.« Als die Alte von dem köstlichen Salat hörte, ward sie lüstern und sprach »lieber Landsmann, laßt mich doch den wunderbaren Salat versuchen.« »Warum nicht?« antwortete er, »ich habe zwei Häupter mitgebracht und will euch eins geben,« machte seinen Sack auf und reichte ihr das böse hin. Die Hexe dachte an nichts arges und der Mund wässerte ihr so sehr nach dem neuen Gericht, daß sie selbst in die Küche ging und es zubereitete. Als es fertig war, konnte sie nicht warten, bis es auf dem Tisch stand, sondern sie nahm gleich ein paar Blätter und steckte sie in den Mund, kaum aber waren sie verschluckt, so war auch die menschliche Gestalt verloren, und sie lief als eine Eselin hinab in den Hof. Nun kam die Magd in die Küche, sah den fertigen Salat da stehen und wollte ihn auftragen, unterwegs aber überfiel sie, nach alter Gewohnheit, die Lust zu versuchen, und sie aß ein paar Blätter. Alsbald zeigte sich die Wunderkraft, und sie ward ebenfalls zu einer Eselin und lief hinaus zu der Alten, und die Schüssel mit Salat fiel auf die Erde. Der Bote saß in der Zeit bei dem schönen Mädchen, und als niemand mit dem Salat kam, und es doch auch lüstern danach war, sprach es »ich weiß nicht wo der Salat bleibt.« Da dachte der Jäger »das Kraut wird schon gewirkt haben« und sprach »ich will nach der Küche gehen und mich erkundigen.« Wie er hinab kam, sah er die zwei Eselinnen im Hof herum laufen, der Salat aber lag auf der Erde. »Schon recht,« sprach er, »die zwei haben ihr Teil weg« und hob die übrigen Blätter auf, legte sie auf die Schüssel und brachte sie dem Mädchen. »Ich bring euch selbst das köstliche Essen,« sprach er, »damit ihr nicht länger zu warten braucht.« Da aß sie davon und war alsbald wie die übrigen ihrer menschlichen Gestalt beraubt und lief als eine Eselin in den Hof. Nachdem sich der Jäger sein Angesicht gewaschen hatte, also daß ihn die Verwandelten erkennen konnten, ging er hinab in den Hof und sprach »jetzt sollt ihr den Lohn für eure Untreue empfangen.« Er band sie alle drei an ein Seil und trieb sie fort, bis er zu einer Mühle kam. Er klopfte an das Fenster, der Müller steckte den Kopf heraus und fragte was sein Begehren wäre. »Ich habe drei böse Tiere,« antwortete er, »die ich nicht länger behalten mag. Wollt ihr sie bei euch nehmen, Futter und Lager geben, und sie halten wie ich euch sage, so zahl ich dafür was ihr verlangt.« Sprach der Müller »warum das nicht? wie soll ich sie aber halten?« Da sagte der Jäger der alten Eselin, und das war die Hexe, sollte er täglich dreimal Schläge und einmal zu fressen geben; der jüngern, welche die Magd war, einmal Schläge und dreimal Futter; und der jüngsten, welche das Mädchen war, keinmal Schläge und dreimal zu fressen; denn er konnte es doch nicht über das Herz bringen, daß das Mädchen sollte geschlagen werden. Darauf ging er zurück in das Schloß, und was er nötig hatte, das fand er alles darin. Nach ein paar Tagen kam der Müller und sprach er müßte melden daß die alte Eselin, die nur Schläge bekommen hätte und nur einmal zu fressen, gestorben wäre. »Die zwei andern,« sagte er weiter, »sind zwar nicht gestorben und kriegen auch dreimal zu fressen, aber sie sind so traurig, daß es nicht lange mit ihnen dauern kann.« Da erbarmte sich der Jäger, ließ den Zorn fahren und sprach zum Müller er sollte sie wieder hertreiben. Und wie sie kamen, gab er ihnen von dem guten Salat zu fressen, daß sie wieder zu Menschen wurden. Da fiel das schöne Mädchen vor ihm auf die Knie und sprach »ach, mein Liebster, verzeiht mir was ich Böses an euch getan, meine[[Besitz]] Mutter hatte mich dazu gezwungen; es ist gegen meinen[[Besitz]] Willen geschehen, denn ich habe euch von Herzen lieb. Euer Wunschmantel hängt in einem Schrank, und für das Vogelherz will ich einen Brechtrunk einnehmen.« Da ward er anderes Sinnes, und sprach »behalt es nur, es ist doch einerlei, denn ich will dich zu meiner treuen Ehegemahlin annehmen.« Und da ward Hochzeit gehalten, und sie lebten vergnügt mit einander bis an ihren Tod. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="123._Die_Alte_im_Wald" 123. Die Alte im Wald. &&ax &&lg=x &&fe Es fuhr einmal ein armes Dienstmädchen mit seiner Herrschaft durch einen großen Wald, und als sie mitten darin waren, kamen Räuber aus dem Dickicht hervor und ermordeten wen sie fanden. Da kamen alle mit einander um bis auf das Mädchen, das war in der Angst aus dem Wagen gesprungen und hatte sich hinter einen Baum verborgen. Wie die Räuber mit ihrer Beute fort waren, trat es herbei und sah das große Unglück. Da fing es an bitterlich zu weinen und sagte »was soll ich armes Mädchen nun anfangen, ich weiß mich nicht aus dem Wald heraus zu finden, keine Menschenseele wohnt darin, so muß ich gewiß verhungern.« Es ging herum, suchte einen Weg, konnte aber keinen finden. Als es Abend war, setzte es sich unter einen Baum, befahl sich Gott, und wollte da sitzen bleiben und nicht weggehen, möchte geschehen was immer wollte. Als es aber eine Weile da gesessen hatte, kam ein weiß Täubchen zu ihm geflogen und hatte ein kleines goldenes Schlüsselchen im Schnabel. Das Schlüsselchen legte es ihm in die Hand und sprach »siehst du dort den großen Baum, daran ist ein kleines Schloß, das schließ mit dem Schlüsselchen auf, so wirst du Speise genug finden und keinen Hunger mehr leiden.« Da ging es zu dem Baum und schloß ihn auf und fand Milch in einem kleinen Schüsselchen und Weißbrot zum Einbrocken dabei, daß es sich satt essen konnte. Als es satt war, sprach es »jetzt ist es Zeit, wo die Hühner daheim auffliegen, ich bin so müde, könnt ich mich doch auch in mein Bett legen.« Da kam das Täubchen wieder geflogen und brachte ein anderes goldenes Schlüsselchen im Schnabel und sagte »schließ dort den Baum auf, so wirst du ein Bett finden.« Da schloß es auf und fand ein schönes weiches Bettchen: da betete es zum lieben Gott, er möchte es behüten in der Nacht, legte sich und schlief ein. Am Morgen kam das Täubchen zum drittenmal, brachte wieder ein Schlüsselchen und sprach »schließ dort den Baum auf, da wirst du Kleider finden,« und wie es aufschloß, fand es Kleider mit Gold und Edelsteinen besetzt, so herrlich, wie sie keine Königstochter hat. Also lebte es da eine Zeit lang und kam das Täubchen alle Tage und sorgte für alles, was es bedurfte, und war das ein stilles, gutes Leben. Einmal aber kam das Täubchen und sprach »willst du mir etwas zu Liebe tun?« »Von Herzen gerne« sagte das Mädchen. Da sprach das Täubchen »ich will dich zu einem kleinen Häuschen führen, da geh hinein, mittendrein am Herd wird eine alte Frau sitzen und »guten Tag« sagen. Aber gib ihr bei Leibe keine Antwort sie mag auch anfangen, was sie will, sondern geh zu ihrer rechten Hand weiter, da ist eine Türe, die mach auf, so wirst du in eine Stube kommen, wo eine Menge von Ringen allerlei Art auf dem Tisch liegt, darunter sind prächtige mit glitzerigen Steinen, die laß aber liegen und suche einen schlichten heraus, der auch darunter sein muß, und bring ihn zu mir her, so geschwind du kannst.« Das Mädchen ging zu dem Häuschen und trat zu der Türe ein: da saß eine Alte, die machte große Augen wie sie es erblickte und sprach »guten Tag mein Kind.« Es gab ihr aber keine Antwort und ging auf die Türe zu. »Wo hinaus?« rief sie und faßte es beim Rock und wollte es festhalten, »das ist mein Haus, da darf niemand herein, wenn ichs nicht haben will.« Aber das Mädchen schwieg still, machte sich von ihr los und ging gerade in die Stube hinein. Da lag nun auf dem Tisch eine übergroße Menge von Ringen, die glitzten und glimmerten ihm vor den Augen: es warf sie herum und suchte nach dem schlichten, konnte ihn aber nicht finden. Wie es so suchte, sah es die Alte, wie sie daher schlich und einen Vogelkäfig in der Hand hatte und damit fort wollte. Da ging es auf sie zu und nahm ihr den Käfig aus der Hand, und wie es ihn aufhob und hinein sah, saß ein Vogel darin, der hatte den schlichten Ring im Schnabel. Da nahm es den Ring und lief ganz froh damit zum Haus hinaus und dachte das weiße Täubchen würde kommen und den Ring holen, aber es kam nicht. Da lehnte es sich an einen Baum und wollte auf das Täubchen warten, und wie es so stand, da war es als wäre der Baum weich und biegsam und senkte seine Zweige herab. Und auf einmal schlangen sich die Zweige um es herum, und waren zwei Arme, und wie es sich umsah, war der Baum ein schöner Mann, der es umfaßte und herzlich küßte und sagte »du hast mich erlöst und aus der Gewalt der Alten befreit, die eine böse Hexe ist. Sie[[1]] hatte mich in einen Baum verwandelt, und alle Tage ein paar Stunden war ich eine weiße Taube, und so lang sie den Ring besaß, konnte ich meine[[Besitz]] menschliche Gestalt nicht wieder erhalten.« Da waren auch seine Bedienten und Pferde von dem Zauber frei, die sie auch in Bäume verwandelt hatte, und standen neben ihm. Da fuhren sie fort in sein Reich, denn er war eines Königs Sohn, und sie heirateten sich und lebten glücklich. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="124._Die_drei_Brüder" 124. Die drei Brüder. &&ax &&lg=x &&fe Es war ein Mann, der hatte drei Söhne und weiter nichts im Vermögen als das Haus, worin er wohnte. Nun hätte jeder gerne nach seinem Tode das Haus gehabt, dem Vater war aber einer so lieb als der andere, da wußte er nicht wie ers anfangen sollte, daß er keinem zu nahe tät; verkaufen wollte er das Haus auch nicht, weils von seinen Voreltern war, sonst hätte er das Geld unter sie geteilt. Da fiel ihm endlich ein Rat ein und er sprach zu seinen Söhnen »geht in die Welt und versucht euch und lerne jeder sein Handwerk, wenn ihr dann wiederkommt, wer das beste Meisterstück macht, der soll das Haus haben.« Das waren die Söhne zufrieden, und der älteste wollte ein Hufschmied, der zweite ein Barbier, der dritte aber ein Fechtmeister werden. Darauf bestimmten sie eine Zeit, wo sie wieder nach Haus zusammen kommen wollten, und zogen fort. Es traf sich auch, daß jeder einen tüchtigen Meister fand, wo er was rechtschaffenes lernte. Der Schmied mußte des Königs Pferde beschlagen und dachte »nun kann dirs nicht fehlen, du kriegst das Haus.« Der Barbier rasierte lauter vornehme Herren und meinte auch das Haus wäre schon sein. Der Fechtmeister kriegte manchen Hieb, biß aber die Zähne zusammen und ließ sichs nicht verdrießen, denn er dachte bei sich »fürchtest du dich vor einem Hieb, so kriegst du das Haus nimmermehr.« Als nun die gesetzte Zeit herum war, kamen sie bei ihrem Vater wieder zusammen; sie wußten aber nicht wie sie die beste Gelegenheit finden sollten, ihre Kunst zu zeigen, saßen beisammen und ratschlagten. Wie sie so saßen, kam auf einmal ein Hase übers Feld daher gelaufen. »Ei,« sagte der Barbier, »der kommt wie gerufen,« nahm Becken und Seife, schaumte so lange, bis der Hase in die Nähe kam, dann seifte er ihn in vollem Laufe ein, und rasierte ihm auch in vollem Laufe ein Stutzbärtchen, und dabei schnitt er ihn nicht und tat ihm an keinem Haare weh. »Das gefällt mir,« sagte der Vater, »wenn sich die andern nicht gewaltig angreifen, so ist das Haus dein.« Es währte nicht lang, so kam ein Herr in einem Wagen daher gerennt in vollem Jagen. »Nun sollt ihr sehen, Vater, was ich kann,« sprach der Hufschmied, sprang dem Wagen nach, riß dem Pferd, das in einem fort jagte, die vier Hufeisen ab und schlug ihm auch im Jagen vier neue wieder an. »Du bist ein ganzer Kerl,« sprach der Vater, »du machst deine Sachen so gut, wie dein Bruder; ich weiß nicht wem ich das Haus geben soll.« Da sprach der dritte »Vater, laßt mich auch einmal gewähren,« und weil es anfing zu regnen, zog er seinen Degen und schwenkte ihn in Kreuzhieben über seinen Kopf, daß kein Tropfen auf ihn fiel: und als der Regen stärker ward, und endlich so stark, als ob man mit Mulden vom Himmel göße, schwang er den Degen immer schneller und blieb so trocken, als säß er unter Dach und Fach. Wie der Vater das sah, erstaunte er und sprach »du hast das beste Meisterstück gemacht, das Haus ist dein.« Die beiden andern Brüder waren damit zufrieden, wie sie vorher gelebt hatten, und weil sie sich einander so lieb hatten, blieben sie alle drei zusammen im Haus und trieben ihr Handwerk; und da sie so gut ausgelernt hatten und so geschickt waren, verdienten sie viel Geld. So lebten sie vergnügt bis in ihr Alter zusammen, und als der eine krank ward und starb, grämten sich die zwei andern so sehr darüber, daß sie auch krank wurden und bald starben. Da wurden sie, weil sie so geschickt gewesen waren und sich so lieb gehabt hatten, alle drei zusammen in ein Grab gelegt. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="125._Der_Teufel_und_seine_Großmutter" 125. Der Teufel und seine Großmutter. &&ax &&lg=x &&fe Es war ein großer Krieg, und der König hatte viel Soldaten, gab ihnen aber wenig Sold, so daß sie nicht davon leben konnten. Da taten sich drei zusammen und wollten ausreißen. Einer sprach zum andern »wenn wir erwischt werden, so hängt man uns an den Galgenbaum: wie wollen wirs machen?« Sprach der andere »seht dort das große Kornfeld, wenn wir uns da verstecken, so findet uns kein Mensch: das Heer darf nicht hinein und muß morgen weiter ziehen.« Sie[[1]] krochen in das Korn, aber das Heer zog nicht weiter, sondern blieb rund herum liegen. Sie[[1]] saßen zwei Tage und zwei Nächte im Korn und hatten so großen Hunger daß sie beinah gestorben wären: gingen sie aber heraus, so war ihnen der Tod gewiss. Da sprachen sie »was hilft uns unser Ausreißen, wir müssen hier elendig sterben.« Indem kam ein feuriger Drache durch die Luft geflogen, der senkte sich zu ihnen herab und fragte sie warum sie sich da versteckt hätten. Sie[[1]] antworteten »wir sind drei Soldaten, und sind ausgerissen weil unser Sold gering war: nun müssen wir hier Hungers sterben, wenn wir liegen bleiben, oder wir müssen am Galgen baumeln, wenn wir heraus gehen.« »Wollt ihr mir sieben Jahre dienen,« sagte der Drache, »so will ich euch mitten durchs Heer führen, daß euch niemand erwischen soll?« »Wir haben keine Wahl und müssens annehmen« antworteten sie. Da packte sie der Drache in seine Klauen, führte sie durch die Luft über das Heer hinweg und setzte sie weit davon wieder auf die Erde; der Drache war aber niemand als der Teufel. Er gab ihnen ein kleines Peitschchen und sprach »peitscht und knallt ihr damit, so wird so viel Geld vor euch herum springen als ihr verlangt: ihr könnt dann wie große Herrn leben, Pferde halten und in Wagen fahren: nach Verlauf der sieben Jahre aber seid ihr mein eigen.« Dann hielt er ihnen ein Buch vor, in das mußten sie sich alle drei unterschreiben. »Doch will ich euch,« sprach er, »erst noch ein Rätsel aufgeben, könnt ihr das raten, sollt ihr frei sein und aus meiner Gewalt entlassen.« Da flog der Drache von ihnen weg, und sie reisten fort mit ihren Peitschchen, hatten Geld die Fülle, ließen sich Herrenkleider machen und zogen in der Welt herum. Wo sie waren, lebten sie in Freuden und Herrlichkeit, fuhren mit Pferden und Wagen, aßen und tranken, taten aber nichts Böses. Die Zeit verstrich ihnen schnell, und als es mit den sieben Jahren zu Ende ging, ward zweien gewaltig angst und bang, der dritte aber nahms auf die leichte Schulter und sprach »Brüder, fürchtet nichts, ich bin nicht auf den Kopf gefallen, ich errate das Rätsel.« Sie[[1]] gingen hinaus aufs Feld, saßen da und die zwei machten betrübte Gesichter. Da kam eine alte Frau daher, die fragte warum sie so traurig wären. »Ach, was liegt euch daran, ihr könnt uns doch nicht helfen.« »Wer weiß,« antwortete sie, »vertraut mir nur euern Kummer.« Da erzählten sie ihr sie wären des Teufels Diener gewesen, fast sieben Jahre lang, der hätte ihnen Geld wie Heu geschafft, sie hätten sich ihm aber verschrieben, und wären ihm verfallen, wenn sie nach den sieben Jahren nicht ein Rätsel auflösen könnten. Die Alte sprach, »soll euch geholfen werden, so muß einer von euch in den Wald gehen, da wird er an eine eingestürzte Felsenwand kommen, die aussieht wie ein Häuschen, in das muß er eintreten, dann wird er Hilfe finden.« Die zwei traurigen dachten »das wird uns doch nicht retten,« und blieben sitzen, der dritte aber, der lustige, machte sich auf und ging so weit in den Wald, bis er die Felsenhütte fand. In dem Häuschen aber saß eine steinalte Frau, die war des Teufels Großmutter, und fragte ihn woher er käme und was er hier wollte. Er erzählte ihr alles, was geschehen war, und weil er ihr wohl gefiel, hatte sie Erbarmen und sagte sie wollte ihm helfen. Sie[[1]] hob einen großen Stein auf, der über einem Keller lag, und sagte »da verstecke dich, du kannst alles hören was hier gesprochen wird, sitz nur still und rege dich nicht: wann der Drache kommt, will ich ihn wegen der Rätsel befragen: mir sagt er alles; und dann achte auf das was er antwortet.« Um zwölf Uhr Nachts kam der Drache angeflogen und verlangte sein Essen. Die Großmutter deckte den Tisch und trug Trank und Speise auf, daß er vergnügt war, und sie aßen und tranken zusammen. Da fragte sie ihn im Gespräch wies den Tag ergangen wäre, und wie viel Seelen er kriegt hätte. »Es wollte mir heute nicht recht glücken,« antwortete er, »aber ich habe drei Soldaten gepackt, die sind mir sicher.« »Ja, drei Soldaten,« sagte sie, »die haben etwas an sich, die können dir noch entkommen.« Sprach der Teufel höhnisch »die sind mein, denen gebe ich noch ein Rätsel auf, das sie nimmermehr raten können.« »Was ist das für ein Rätsel?« fragte sie. »Das will ich dir sagen: in der großen Nordsee liegt eine tote Meerkatze, das soll ihr Braten sein: und von einem Wallfisch die Rippe, das soll ihr silberner Löffel sein: und ein alter hohler Pferdefuß, das soll ihr Weinglas sein.« Als der Teufel zu Bett gegangen war, hob die alte Großmutter den Stein auf und ließ den Soldaten heraus. »Hast[[Besitz]] du auch alles wohl in Acht genommen?« »Ja,« sprach er, »ich weiß genug und will mir schon helfen.« Darauf mußte er auf einem andern Weg durchs Fenster heimlich und in aller Eile zu seinen Gesellen zurück gehen. Er erzählte ihnen, wie der Teufel von der alten Großmutter wäre überlistet worden und wie er die Auflösung des Rätsels von ihm vernommen hätte. Da waren sie alle fröhlich und guter Dinge, nahmen die Peitsche und schlugen sich so viel Geld daß es auf der Erde herum sprang. Als die sieben Jahre völlig herum waren, kam der Teufel mit dem Buche, zeigte die Unterschriften und sprach »ich will euch mit in die Hölle nehmen, da sollt ihr eine Mahlzeit haben: könnt ihr mir raten, was ihr für einen Braten werdet zu essen kriegen, so sollt ihr frei und los sein und dürft auch das Peitschchen behalten.« Da fing der erste Soldat an »in der großen Nordsee liegt eine tote Meerkatze, das wird wohl der Braten sein.« Der Teufel ärgerte sich, machte »hm! hm! hm!« und fragte den zweiten »was soll aber euer Löffel sein?« »Von einem Wallfisch die Rippe, das soll unser silberner Löffel sein.« Der Teufel schnitt ein Gesicht, knurrte wieder dreimal »hm! hm! hm!« und sprach zum dritten »wißt ihr auch was euer Weinglas sein soll?« »Ein alter Pferdefuß, das soll unser Weinglas sein.« Da flog der Teufel mit einem lauten Schrei fort und hatte keine Gewalt mehr über sie: aber die drei behielten das Peitschchen, schlugen Geld hervor, so viel sie wollten, und lebten vergnügt bis an ihr Ende. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="126._Ferenand_getrü_und_Ferenand_ungetrü" 126. &&wt0 {{Ferenand getrü und Ferenand ungetrü.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Et was mal en Mann un 'ne Fru west, de had¬den so lange se rick wören kene Kinner, as se awerst arm woren, da kre¬gen se en klei¬nen Jun¬gen. Se kun¬nen awerst kenen Paen dato kregen, da seg¬de de Mann, he wulle mal na den an¬nern Ohre (Orte) gahn un to¬sehn ob he da enen krege. Wie he so gienk, begeg¬nete ünn en armen Mann, de frog en wo he hün¬ne wulle, he segde he wulle hünn un to¬sehn dat he 'n Paen kriegte, he sie arm, un da wulle ünn ken Minske to Gevaher stahn. »O,« segde de arme Mann, »gi sied arm, un ik sie arm, ik will guhe (euer) Gevaher weren; ik sie awerst so arm, ik kann dem Kinne nix giwen, gahet hen un seg¬get de Bähmoer (Weh¬mut¬ter) se sulle man mit den Kinne na der Kerken kum¬men.« Ase se nu to¬haupe an der Kerken kum¬met, da is de Bett¬ler schaun darinne, de givt dem Kinne den Namen &&c=8 Ferenand getrü. &&c=0 Wie he nu ut der Kerken gahet, da segd de Bettler, »nu gahet man na Hus, ik kann guh (euch) nix giwen un gi süllt mi ok nix giwen.« De Bähmoer awerst gav he 'n Schlüt¬tel un segd er se mögt en, wenn se na Hus käme, dem Vaer giwen, de sull'n verwahren, bis dat Kind vertein Johr old wöre, dann sull et up de Heide gahn, da wöre 'n Schlott, dato paßte de Schlüt¬tel, wat darin wöre, dat sulle em hören. Wie dat Kind nu sewen Johr alt wor, un düet (tüch¬tig) was¬sen wor, gienk et mal spilen mit annern Jun¬gens, da hadde de eine noch mehr vom Paen kriegt, ase de annere, he awerst kunne nix seg¬gen, un da grinde he un gienk nah Hus un segde tom Vaer »hewe ik denn gar nix vom Paen kriegt?« »O ja,« segde de Vaer, »du hest en Schlüt¬tel kriegt, wenn up de Heide 'n Schlott steit, so gah man hen un schlut et up.« Da gienk he hen, awerst et was kein Schlott to hören un to sehen. Wier na sewen Jahren, ase he vertein Johr old is, geit he noch¬mals hen, da steit en Schlott darup. Wie he et up¬schlo¬ten het, da is der nix enne, ase 'n Perd, 'n Schümmel. Da werd de Junge so vuller Früden dat he dat Perd hadde, dat he sik darup sett un to sinen Vaer jegd (jagt). »Nu hew ik auck 'n Schüm¬mel, nu will ik auck reisen« segd he. Da treckt he weg, un wie he unner¬weges is, ligd da 'ne Schrif¬fed¬der up 'n Wegge, he will se eist (erst) up¬nüm¬men, da denkt he awerst wier bie sich »o, du süst se auck liggen laten, du findst ja wul, wo du hen kümmst, 'ne Schrif¬fed¬der, wenn du eine bruckest.« Wie he so weggeit, do roppt et hinner üm »Fere¬nand getrü, nümm se mit.« He süt sik ümme, süt awerst keinen, da geit he wier torug¬ge un nümmt se up. Wie he wier 'ne Wile rien (gerit¬ten) is, kümmt he bie 'n Water vorbie, so ligd da en Fisk am Oewer (Ufer) un snap¬pet un hap¬pet na Luft; so segd he »töv, min lewe Fisk, ik will die helpen, dat du in't Water kümmst,« un gript 'n bie'n Schwans un werpt 'n in't Water. Da steckt de Fisk den Kopp ut den Water un segd »nu du mie ut den Koth holpen hest, will ik die 'ne Flöten¬pie¬pen giwen, wenn du in de Naud bist, so flöte derup, dann will ik die helpen, un wenn du mal wat in Water hest fallen laten, so flöte man, so will ik et die herut reicken.« Nu ritt he weg, da kümmt so 'n Minsk to üm, de frägt 'n wo he hen wull. »O, na den neggsten Ohre.« Wu he dann heite? »Ferenand getrü.« »Sü, da hewe wie ja fast den sülwigen Namen, ik heite &&c=8 Ferenand ungetrü. &&c=0 « Da trecket se beide na den neggsten Ohre in dat Wertshus. Nu was et schlimm, dat de Ferenand ungetrü allet wuste wat 'n annerer dacht hadde un doen wulle; dat wust he döre so aller¬hand slimme Kunste. Et was awerst im Werts¬huse so 'n wacker Mäken, dat hadde 'n schier (klares) Ange¬sicht un drog sik so hübsch; dat verleiv sik in den Ferenand getrü, denn et was 'n hübschen Minschen west, un frog'n wo he hen to wulle. »O, he wulle so herüm¬mer reisen.« Da segd se so sull he doch nur da bliewen, et wöre hier to Lanne 'n Künig, de neime wull geren 'n Bedeen¬ten oder 'n Vor¬rüter: dabie sulle he in Diensten gahn. He ant¬worde he kunne nig gud so to einen hin¬gahen un been sik an. Da segde dat Mäken »o, dat will ik dann schun dauen.« Un so gienk se auck stracks hen na den Künig un sehde ünn se wüste ünn 'n hüb¬schen Bedeenten. Dat was de wol tofreen un leit 'n to sik kum¬men un wull 'n tom Bedeen¬ten macken. He wull awerst leewer Vor¬rüter sin, denn wo sin Perd wöre, da möst he auck sin; da mackt 'n de Künig tom Vor¬rüter. Wie düt de Ferenand ungetrü gewahr wore, da segd he to den Mäken »töv, helpest du den an un mie nig?« »O,« segd dat Mäken, »ik will 'n auck anhel¬pen.« Se dachte »den most du die tom Frünne wahren, denn he is nig to truen.« Se geit alse vorm Künig stahn un beed 'n als Bedeen¬ten an; dat is de Künig tofreen. Wenn he nu also det Mor¬gens den Heren antrock, da jam¬merte de jüm¬mer »o wenn ik doch eist mine Leiveste bie mie hädde.« De Ferenand ungetrü was awerst dem Ferenand getrü jüm¬mer upp¬sett¬sig, wie asso de Künig mal wier so jam¬merte, da segd he »Sie[[1]] haben ja den Vorreiter, den schicken Sie[[1]] hin, der muß sie herbei¬schaf¬fen, und wenn er es nicht tut, so muß ihm der Kopf vor die Füße gelegt werden.« Do leit de Künig den Ferenand getrü to sik kum¬men un sehde üm he hädde da un da 'ne Leiveste, de sull he ünn herschap¬pen, wenn he dat nig deie, sull he sterwen. De Ferenand getrü gienk in Stall to sinen Schüm¬mel un grinde un jam¬merde. »O wat sin ik 'n unglücksch Minschen¬kind.« Do röppet jeimes hinner üm »Ferdinand getreu, was weinst du?« He süt sik um, süt awerst neimes, un jam¬merd jümmer fort »o min lewe Schüm¬mel¬ken, nu mot ik die ver¬laten, nu mot ik sterwen.« Do röppet et wier »Ferdinand getreu, was weinst du?« Do merket he eist dat dat sin Schüm¬mel¬ken dei, dat Fragen. »Döst du dat, min Schüm¬mel¬ken, kannst du küren (reden)?« Un segd wier »ik sull da un da hen, un sull de Brut halen, west du nig wie ik dat wol anfange.« Do ant¬woerd dat Schüm¬mel¬ken »gah du na den Künig un segg wenn he die giwen wulle wat du hewen möstest, so wullest du se ünn schap¬pen: wenn he die 'n Schipp vull Fleisk un 'n Schipp vull Brod giwen wulle, so sull et gelin¬gen; da wören de grauten Riesen up den Water, wenn du denen ken Fleisk midde brächtes, so terreitn se die: un da wören de grauten Vüggel, de pickeden die de Ogen ut den Koppe, wenn du ken Brod vor se häddest.« Da lett de Künig alle Slächter im Lanne slachten un alle Becker backen, dat de Schippe vull werdt. Wie se vull sied, segd dat Schüm¬mel¬ken tom Ferenand getrü »nu gah man up mie sitten un treck mit mie in't Schipp, wenn dann de Riesen küm¬met, so segg »still, still, meine lieben Riesechen, ich hab euch wohl bedacht, ich hab euch was mitge¬bracht.« Un wenn de Vüggel küm¬met, so seggst du wier »still, still, meine lieben Vögelchen, ich hab euch wohl bedacht, ich hab euch was mitge¬bracht.« Dann doet sie die nix, un wenn du dann bie dat Schlott kümmst, dann helpet die de Riesen, dann gah up dat Schlott un nümm 'n Paar Riesen mit, da ligd de Prin¬zessin un schlöp¬pet; du darfst se awerst nig upwecken, sonnern de Riesen mött se mit den Bedde upnüm¬men un in dat Schipp dregen.« Und da geschah nun alles, wie das Schim¬mel¬chen gesagt hatte, und den Riesen und den Vögeln gab der Ferenand getrü was er ihnen mitge¬bracht hatte, dafür wurden die Riesen willig und trugen die Prin¬zessin in ihrem Bett zum König. Un ase se tom Künig kümmet, segd se se künne nig liwen, se möste ere Schriften hewen, de wören up eren Schlotte liggen bliwen. Da werd de Ferenand getrü up Anstifften det Ferenand ungetrü roopen, un de Künig bedütt ünn he sulle de Schriften van dem Schlotte halen, süst sull he sterwen. Da geit he wier in Stall, un grind un segd »o min lewe Schüm¬mel¬ken, nu sull ik noch 'n mal weg, wie süll wie dat macken?« Da segd de Schüm¬mel se sullen dat Schipp man wier vull laen (laden). Da geht es wieder wie das vorigemal, und die Riesen und die Vögel werden von dem Fleisch gesättigt und besänf¬tigt. Ase se bie dat Schlott küm¬met, segd de Schüm¬mel to ünn he sulle man herin gahn, in den Schlap¬zim¬mer der Prin¬zessin, up den Diske da lägen de Schriften. Da geit Ferenand getrü hün un langet se. Ase se up'n Water sind, da let he sine Schriffedder in't Water fallen, da segd de Schüm¬mel »nu kann ik die awerst nig helpen.« Da fällt'n dat bie mit de Flöte¬pie¬pen, he fänkt an to flöten, da kümmt de Fisk un het de Fedder im Mule un langet se«m hen. Nu bringet he de Schriften na dem Schlotte, wo de Hochtid hallen werd. De Künigin mogte awerst den Künig nig lien, weil he keine Nese hadde, sonnern se mogte den Ferenand getrü geren lien. Wie nu mal alle Herens vom Hove tosam¬men sied, so segd de Künigin, se könne auck Kunst¬stücke macken, se künne einen den Kopp afhog¬gen un wier upsetten, et sull nur mant einer ver¬söcken. Da wull awerst kener de eiste sien, da mott Ferenand getrü daran, wier up Anstifften von Ferenand ungetrü, den hogget se den Kopp af un sett'n ünn auck wier up, et is auck glick wier tau heilt, dat et ut sach ase hädde he 'n roen Faen (Faden) üm 'n Hals. Da segd de Künig to ehr »mein Kind, wo hast du denn das gelernt?« »Ja,« segd se, »die Kunst versteh ich, soll ich es an dir auch einmal versuchen?« »O ja« segd he. Do hogget se en awerst den Kopp af un sett'n en nig wier upp, se doet as ob se'n nig darup kriegen künne, un as ob he nig fest sitten wulle. Da werd de Künig begra¬wen, se awerst frigget den Ferenand getrü. He ride awerst jüm¬mer sinen Schüm¬mel, un ase he mal darup sat, da segd he to em he sulle mal up 'ne annere Heide de he em wist, trecken un da dreimal mit em herum¬me jagen. Wie he dat dahen hadde, da geit de Schüm¬mel up de Hinner¬beine stahn un verwan¬nelt sik in 'n Künigs¬suhn.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="127._Der_Eisenofen" 127. Der Eisenofen. &&ax &&lg=x &&fe Zur Zeit, wo das Wünschen noch geholfen hat, ward ein Königssohn von einer alten Hexe verwünscht, daß er im Walde in einem großen Eisenofen sitzen sollte. Da brachte er viele Jahre zu, und konnte ihn niemand erlösen. Einmal kam eine Königstochter in den Wald, die hatte sich irre gegangen und konnte ihres Vaters Reich nicht wieder finden: neun Tage war sie so herum gegangen und stand zuletzt vor dem eisernen Kasten. Da kam eine Stimme heraus und fragte sie »wo kommst du her, und wo willst du hin?« Sie[[1]] antwortete »ich habe meines Vaters Königreich verloren und kann nicht wieder nach Haus kommen.« Da sprachs aus dem Eisenofen »ich will dir wieder nach Haus verhelfen und zwar in einer kurzen Zeit, wenn du willst unterschreiben zu tun was ich verlange. Ich bin ein größerer Königssohn als du eine Königstochter, und will dich heiraten.« Da erschrak sie, und dachte »lieber Gott, was soll ich mit dem Eisenofen anfangen!« Weil sie aber gerne wieder zu ihrem Vater heim wollte, unterschrieb sie sich doch zu tun was er verlangte. Er sprach aber »du sollst wiederkommen, ein Messer mitbringen und ein Loch in das Eisen schrappen.« Dann gab er ihr jemand zum Gefährten, der ging nebenher und sprach nicht: er brachte sie aber in zwei Stunden nach Haus. Nun war große Freude im Schloß, als die Königstochter wieder kam, und der alte König fiel ihr um den Hals und küßte sie. Sie[[1]] war aber sehr betrübt und sprach »lieber Vater, wie mirs gegangen hat! ich wäre nicht wieder nach Haus gekommen aus dem großen wilden Walde, wenn ich nicht wäre bei einen eisernen Ofen gekommen, dem habe ich mich müssen dafür unterschreiben, daß ich wollte wieder zu ihm zurück kehren, ihn erlösen und heiraten.« Da erschrak der alte König so sehr, daß er beinahe in eine Ohnmacht gefallen wäre, denn er hatte nur die einzige Tochter. Beratschlagten sich also, sie wollten die Müllerstochter, die schön wäre, an ihre Stelle nehmen; führten die hinaus, gaben ihr ein Messer und sagten sie sollte an dem Eisenofen schaben. Sie[[1]] schrappte auch vier und zwanzig Stunden lang, konnte aber nicht das geringste herabbringen. Wie nun der Tag anbrach, riefs in dem Eisenofen »mich däucht es ist Tag draußen.« Da antwortete sie »das däucht mich auch, ich meine[[Meinung]] ich höre meines Vaters Mühle rappeln.« »So bist du eine Müllerstochter, dann geh gleich hinaus und laß die Königstochter herkommen.« Da ging sie hin und sagte dem alten König der draußen wollte sie nicht, er wollte seine Tochter. Da erschrak der alte König und die Tochter weinte. Sie[[1]] hatten aber noch eine Schweinehirtentochter, die war noch schöner als die Müllerstochter, der wollten sie ein Stück Geld geben, damit sie für die Königstochter zum eisernen Ofen ginge. Also ward sie hinausgebracht und mußte auch vier und zwanzig Stunden lang schrappen; sie brachte aber nichts davon. Wie nun der Tag anbrach, riefs im Ofen »mich däucht es ist Tag draußen.« Da antwortete sie »das däucht mich auch, ich meine[[Meinung]] ich höre meines Vaters Hörnchen tüten.« »So bist du eine Schweinehirtentochter, geh gleich fort und laß die Königstochter kommen: und sag ihr es sollt ihr widerfahren was ich ihr versprochen hätte, und wenn sie nicht käme, sollte im ganzen Reich alles zerfallen und einstürzen und kein Stein auf dem andern bleiben.« Als die Königstochter das hörte, fing sie an zu weinen: es war aber nun nicht anders, sie mußte ihr Versprechen halten. Da nahm sie Abschied von ihrem Vater, steckte ein Messer ein und ging zu dem Eisenofen in den Wald hinaus. Wie sie nun angekommen war, hub sie an zu schrappen und das Eisen gab nach, und wie zwei Stunden vorbei waren, hatte sie schon ein kleines Loch geschabt. Da guckte sie hinein und sah einen so schönen Jüngling, ach, der glimmerte in Gold und Edelsteinen, daß er ihr recht in der Seele gefiel. Nun da schrappte sie noch weiter fort und machte das Loch so groß, daß er heraus konnte. Da sprach er »du bist mein und ich bin dein, du bist meine[[Besitz]] Braut und hast mich erlöst.« Er wollte sie mit sich in sein Reich führen, aber sie bat sich aus daß sie noch einmal dürfte zu ihrem Vater gehen, und der Königssohn erlaubte es ihr, doch sollte sie nicht mehr mit ihrem Vater sprechen als drei Worte, und dann sollte sie wiederkommen. Also ging sie heim, sie sprach aber mehr als drei Worte: da verschwand alsbald der Eisenofen und ward weit weg gerückt über gläserne Berge und schneidende Schwerter; doch der Königssohn war erlöst, und nicht mehr darin eingeschlossen. Danach nahm sie Abschied von ihrem Vater und nahm etwas Geld mit, aber nicht viel, ging wieder in den großen Wald und suchte den Eisenofen, allein der war nicht zu finden. Neun Tage suchte sie, da ward ihr Hunger so groß, daß sie sich nicht zu helfen wußte, denn sie hatte nichts mehr zu leben. Und als es Abend ward, setzte sie sich auf einen kleinen Baum und gedachte darauf die Nacht hinzubringen, weil sie sich vor den wilden Tieren fürchtete. Als nun Mitternacht heran kam, sah sie von fern ein kleines Lichtchen und dachte »ach, da wär ich wohl erlöst,« stieg vom Baum und ging dem Lichtchen nach, auf dem Weg aber betete sie. Da kam sie zu einem kleinen alten Häuschen, und war viel Gras darum gewachsen, und stand ein kleines Häufchen Holz davor. Dachte sie »ach wo kommst du hier hin!« guckte durchs Fenster hinein, so sah sie nichts darin, als dicke und kleine Itschen (Kröten), aber einen Tisch, schön gedeckt mit Wein und Braten, und Teller und Becher waren von Silber. Da nahm sie sich das Herz und klopfte an. Alsbald rief die Dicke »Jungfer grün und klein, Hutzelbein, Hutzelbeins Hündchen, hutzel hin und her, laß geschwind sehen wer draußen wär.« Da kam eine kleine Itsche herbei gegangen und machte ihr auf. Wie sie eintrat, hießen alle sie willkommen, und sie mußte sich setzen. Sie[[1]] fragten »wo kommt ihr her? wo wollt ihr hin?« Da erzählte sie alles, wie es ihr gegangen wäre, und weil sie das Gebot übertreten hätte, nicht mehr als drei Worte zu sprechen, wäre der Ofen weg sammt dem Königssohn: nun wollte sie so lange suchen und über Berg und Tal wandern, bis sie ihn fände. Da sprach die alte Dicke »Jungfer grün und klein, Hutzelbein, Hutzelbeins Hündchen, hutzel hin und her, bring mir die große Schachtel her.« Da ging die kleine hin und brachte die Schachtel herbeigetragen. Hernach gaben sie ihr Essen und Trinken, und brachten sie zu einem schönen gemachten Bett, das war wie Seide und Sammet, da legte sie sich hinein und schlief in Gottes Namen. Als der Tag kam, stieg sie auf, und gab ihr die alte Itsche drei Nadeln aus der großen Schachtel, die sollte sie mitnehmen; sie würden ihr nötig tun, denn sie müßte über einen hohen gläsernen Berg und über drei schneidende Schwerter und über ein großes Wasser: wenn sie das durchsetzte, würde sie ihren Liebsten wiederkriegen. Nun gab sie hiermit drei Teile (Stücke), die sollte sie recht in Acht nehmen, nämlich drei große Nadeln, ein Pflugrad und drei Nüsse. Hiermit reiste sie ab, und wie sie vor den gläsernen Berg kam, der so glatt war, steckte sie die drei Nadeln als hinter die Füße und dann wieder vorwärts, und gelangte so hinüber, und als sie hinüber war, steckte sie sie an einen Ort, den sie wohl in Acht nahm. Danach kam sie vor die drei schneidenden Schwerter, da stellte sie sich auf ihr Pflugrad und rollte hinüber. Endlich kam sie vor ein großes Wasser, und wie sie übergefahren war, in ein großes schönes Schloß. Sie[[1]] ging hinein und hielt um einen Dienst an, sie wär eine arme Magd und wollte sich gerne vermieten; sie wußte aber daß der Königssohn drinne war, den sie erlöst hatte aus dem eisernen Ofen im großen Wald. Also ward sie angenommen zum Küchenmädchen für geringen Lohn. Nun hatte der Königssohn schon wieder eine andere an der Seite, die wollte er heiraten, denn er dachte sie wäre längst gestorben. Abends, wie sie aufgewaschen hatte und fertig war, fühlte sie in die Tasche und fand die drei Nüsse, welche ihr die alte Itsche gegeben hatte. Biß eine auf und wollte den Kern essen, siehe, da war ein stolzes königliches Kleid drin. Wies nun die Braut hörte, kam sie und hielt um das Kleid an und wollte es kaufen und sagte, »es wäre kein Kleid für eine Dienstmagd.« Da sprach sie nein sie wollts nicht verkaufen, doch wann sie ihr einerlei (ein Ding) wollte erlauben, so sollte sies haben, nämlich eine Nacht in der Kammer ihres Bräutigams zu schlafen. Die Braut erlaubt es ihr, weil das Kleid so schön war und sie noch keins so hatte. Wies nun Abend war, sagte sie zu ihrem Bräutigam »das närrische Mädchen will in deiner Kammer schlafen.« »Wenn du's zufrieden bist, bin ichs auch« sprach er. Sie[[1]] gab aber dem Mann ein Glas Wein, in das sie einen Schlaftrunk getan hatte. Also gingen beide in die Kammer schlafen, und er schlief so fest, daß sie ihn nicht erwecken konnte. Sie[[1]] weinte die ganze Nacht und rief »ich habe dich erlöst aus dem wilden Wald und aus einem eisernen Ofen, ich habe dich gesucht und bin gegangen über einen gläsernen Berg, über drei schneidende Schwerter und über ein großes Wasser, ehe ich dich gefunden habe, und willst mich doch nicht hören.« Die Bedienten saßen vor der Stubentüre und hörten wie sie so die ganze Nacht weinte und sagtens am Morgen ihrem Herrn. Und wie sie am andern Abend aufgewaschen hatte, biß sie die zweite Nuß auf, da war noch ein weit schöneres Kleid drin; wie das die Braut sah, wollte sie es auch kaufen. Aber Geld wollte das Mädchen nicht und bat sich aus daß es noch einmal in der Kammer des Bräutigams schlafen dürfte. Die Braut gab ihm aber einen Schlaftrunk, und er schlief so fest, daß er nichts hören konnte. Das Küchenmädchen weinte aber die ganze Nacht, und rief »ich habe dich erlöst aus einem Walde und aus einem eisernen Ofen, ich habe dich gesucht und bin gegangen über einen gläsernen Berg, über drei schneidende Schwerter und über ein großes Wasser, ehe ich dich gefunden habe, und du willst mich doch nicht hören.« Die Bedienten saßen vor der Stubentüre und hörten wie sie so die ganze Nacht weinte, und sagtens am Morgen ihrem Herrn. Und als sie am dritten Abend aufgewaschen hatte, biß sie die dritte Nuß auf, da war ein noch schöneres Kleid drin, das starrte von purem Gold. Wie die Braut das sah, wollte sie es haben, das Mädchen aber gab es nur hin, wenn es zum drittenmal dürfte in der Kammer des Bräutigams schlafen. Der Königssohn aber hütete sich und ließ den Schlaftrunk vorbei laufen. Wie sie nun anfing zu weinen und zu rufen »liebster Schatz, ich habe dich erlöst aus dem grausamen wilden Walde und aus einem eisernen Ofen,« so sprang der Königssohn auf und sprach »du bist die rechte, du bist mein, und ich bin dein.« Darauf setzte er sich noch in der Nacht mit ihr in einen Wagen, und der falschen Braut nahmen sie die Kleider weg, daß sie nicht aufstehen konnte. Als sie zu dem großen Wasser kamen, da schifften sie hinüber, und vor den drei schneidenden Schwertern, da setzten sie sich aufs Pflugrad, und vor dem gläsernen Berg, da steckten sie die drei Nadeln hinein. So gelangten sie endlich zu dem alten kleinen Häuschen, aber wie sie hineintraten, wars ein großes Schloß: die Itschen waren alle erlöst und lauter Königskinder und waren in voller Freude. Da ward Vermählung gehalten, und sie blieben in dem Schloß, das war viel größer als ihres Vaters Schloß. Weil aber der Alte jammerte daß er allein bleiben sollte, so fuhren sie weg und holten ihn zu sich, und hatten zwei Königreiche und lebten in gutem Ehestand. Da kam eine Maus, Das Märchen war aus. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="128._Die_faule_Spinnerin" 128. Die faule Spinnerin. &&ax &&lg=x &&fe Auf einem Dorfe lebte ein Mann und eine Frau, und die Frau war so faul, daß sie immer nichts arbeiten wollte: und was ihr der Mann zu spinnen gab, das spann sie nicht fertig, und was sie auch spann, haspelte sie nicht, sondern ließ alles auf dem Klauel gewickelt liegen. Schalt sie nun der Mann, so war sie mit ihrem Maul doch vornen, und sprach »ei, wie sollt ich haspeln, da ich keinen Haspel habe, geh du erst in den Wald und schaff mir einen.« »Wenns daran liegt,« sagte der Mann, »so will ich in den Wald gehen und Haspelholz holen.« Da fürchtete sich die Frau, wenn er das Holz hätte, daß er daraus einen Haspel machte, und sie abhaspeln und dann wieder frisch spinnen müßte. Sie[[1]] besann sich ein bischen, da kam ihr ein guter Einfall, und sie lief dem Manne heimlich nach in den Wald. Wie er nun auf einen Baum gestiegen war, das Holz auszulesen und zu hauen, schlich sie darunter in das Gebüsch, wo er sie nicht sehen konnte und rief hinauf »wer Haspelholz haut, der stirbt, wer da haspelt der verdirbt.« Der Mann horchte, legte die Axt eine Weile nieder und dachte nach was das wohl zu bedeuten hätte. »Ei was,« sprach er endlich, »was wirds gewesen sein! es hat dir in den Ohren geklungen, mache dir keine unnötige Furcht.« Also ergriff er die Axt von neuem und wollte zuhauen, da riefs wieder von unten herauf »wer Haspelholz haut, der stirbt, wer da haspelt der verdirbt.« Er hielt ein, kriegte angst und bang und sann dem Ding nach. Wie aber ein Weilchen vorbei war, kam ihm das Herz wieder, und er langte zum drittenmal nach der Axt und wollte zuhauen. Aber zum drittenmale riefs und sprachs laut »wer Haspelholz haut, der stirbt, wer da haspelt der verdirbt.« Da hatte ers genug, und alle Lust war ihm vergangen, so daß er eilends den Baum herunter stieg und sich auf den Heimweg machte. Die Frau lief, was sie konnte, auf Nebenwegen, damit sie eher nach Haus käme. Wie er nun in die Stube trat, tat sie unschuldig, als wäre nichts vorgefallen, und sagte »nun, bringst du ein gutes Haspelholz?« »Nein,« sprach er, »ich sehe wohl, es geht mit dem Haspeln nicht,« erzählte ihr was ihm im Walde begegnet war und ließ sie von nun an damit in Ruhe. Bald hernach fing der Mann doch wieder an sich über die Unordnung im Hause zu ärgern. »Frau,« sagte er, »es ist doch eine Schande, daß das gesponnene Garn da auf dem Klauel liegen bleibt.« »Weißt du was,« sprach sie, »weil wir doch zu keinem Haspel kommen, so stell dich auf den Boden und ich steh unten, da will ich dir den Klauel hinauf werfen, und du wirfst ihn herunter, so gibts doch einen Strang.« »Ja, das geht,« sagte der Mann. Also taten sie das, und wie sie fertig waren, sprach er »das Garn ist nun gesträngt, nun muß es auch gekocht werden.« Der Frau ward wieder angst, sie sprach zwar »ja wir wollens gleich morgen früh kochen,« dachte aber bei sich auf einen neuen Streich. Frühmorgens stand sie auf, machte Feuer an und stellte den Kessel bei, allein statt des Garns legte sie einen Klumpen Werg hinein, und ließ es immer zu kochen. Darauf ging sie zum Manne, der noch zu Bette lag, und sprach zu ihm »ich muß einmal ausgehen, steh derweil auf und sieh nach dem Garn, das im Kessel überm Feuer steht: aber du mußts bei Zeit tun, gib wohl Acht, denn wo der Hahn kräht, und du sähest nicht nach, wird das Garn zu Werg.« Der Mann war bei der Hand und wollte nichts versäumen, stand eilends auf, so schnell er konnte, und ging in die Küche. Wie er aber zum Kessel kam und hinein sah, so erblickte er mit Schrecken nichts als einen Klumpen Werg. Da schwieg der arme Mann mäuschenstill, dachte er hätts versehen und wäre Schuld daran und sprach in Zukunft gar nicht mehr von Garn und Spinnen. Aber das mußt du selbst sagen, es war eine garstige Frau. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="129._Die_vier_kunstreichen_Brüder" 129. Die vier kunstreichen Brüder. &&ax &&lg=x &&fe Es war ein armer Mann, der hatte vier Söhne, wie die heran gewachsen waren, sprach er zu ihnen »liebe Kinder, ihr müßt jetzt hinaus in die Welt, ich habe nichts, das ich euch geben könnte; macht euch auf und geht in die Fremde, lernt ein Handwerk und seht wie ihr euch durchschlagt.« Da ergriffen die vier Brüder den Wanderstab, nahmen Abschied von ihrem Vater und zogen zusammen zum Tor hinaus. Als sie eine Zeit lang gewandert waren, kamen sie an einen Kreuzweg, der nach vier verschiedenen Gegenden führte. Da sprach der älteste »hier müssen wir uns trennen, aber heut über vier Jahre wollen wir an dieser Stelle wieder zusammen treffen und in der Zeit unser Glück versuchen.« Nun ging jeder seinen Weg, und dem ältesten begegnete ein Mann, der fragte ihn wo er hinaus wollte und was er vor hätte. »Ich will ein Handwerk lernen,« antwortete er. Da sprach der Mann »geh mit mir, und werde ein Dieb.« »Nein,« antwortete er, »das gilt für kein ehrliches Handwerk mehr, und das Ende vom Lied ist, daß einer als Schwengel in der Feldglocke gebraucht wird.« »O,« sprach der Mann, »vor dem Galgen brauchst du dich nicht zu fürchten: ich will dich bloß lehren wie du holst was sonst kein Mensch kriegen kann, und wo dir niemand auf die Spur kommt.« Da ließ er sich überreden, ward bei dem Manne ein gelernter Dieb und ward so geschickt, daß vor ihm nichts sicher war, was er einmal haben wollte. Der zweite Bruder begegnete einem Mann, der dieselbe Frage an ihn tat, was er in der Welt lernen wollte. »Ich weiß es noch nicht« antwortete er. »So geh mit mir und werde ein Sterngucker: nichts besser als das, es bleibt einem nichts verborgen.« Er ließ sich das gefallen und ward ein so geschickter Sterngucker, daß sein Meister, als er ausgelernt hatte und weiter ziehen wollte, ihm ein Fernrohr gab und zu ihm sprach »damit kannst du sehen was auf Erden und am Himmel vorgeht, und kann dir nichts verborgen bleiben.« Den dritten Bruder nahm ein Jäger in die Lehre und gab ihm in allem, was zur Jägerei gehört, so guten Unterricht, daß er ein ausgelernter Jäger ward. Der Meister schenkte ihm beim Abschied eine Büchse und sprach »die fehlt nicht, was du damit aufs Korn nimmst, das triffst du sicher.« Der jüngste Bruder begegnete gleichfalls einem Manne, der ihn anredete und nach seinem Vorhaben fragte. »Hast[[Besitz]] du nicht Lust ein Schneider zu werden?« »Daß ich nicht wüßte,« sprach der Junge, »das Krummsitzen von Morgens bis Abends, das Hin und Herfegen mit der Nadel und das Bügeleisen will mir nicht in den Sinn.« »Ei was,« antwortete der Mann, »du sprichst wie dus verstehst: bei mir lernst du eine ganz andere Schneiderkunst, die ist anständig und ziemlich, zum Teil sehr ehrenvoll.« Da ließ er sich überreden, ging mit und lernte die Kunst des Mannes aus dem Fundament. Beim Abschied gab ihm dieser eine Nadel und sprach »damit kannst du zusammen nähen was dir vorkommt, es sei so weich wie ein Ei oder so hart als Stahl; und es wird ganz zu einem Stück, daß keine Naht mehr zu sehen ist.« Als die bestimmten vier Jahre herum waren, kamen die vier Brüder zu gleicher Zeit an dem Kreuzwege zusammen, herzten und küßten sich und kehrten heim zu ihrem Vater. »Nun,« sprach dieser ganz vergnügt, »hat euch der Wind wieder zu mir geweht?« Sie[[1]] erzählten wie es ihnen ergangen war und daß jeder das Seinige gelernt hätte. Nun saßen sie gerade vor dem Haus unter einem großen Baum, da sprach der Vater »jetzt will ich euch auf die Probe stellen und sehen was ihr könnt.« Danach schaute er auf und sagte zu dem zweiten Sohne »oben im Gipfel dieses Baums sitzt zwischen zwei Ästen ein Buchfinkennest, sag mir wie viel Eier liegen darin?« Der Sterngucker nahm sein Glas, schaute hinauf und sagte »fünfe sinds.« Sprach der Vater zum ältesten »hol du die Eier herunter, ohne daß der Vogel, der darauf sitzt und brütet, gestört wird.« Der kunstreiche Dieb stieg hinauf und nahm dem Vöglein, das gar nichts davon merkte und ruhig sitzen blieb, die fünf Eier unter dem Leib weg und brachte sie dem Vater herab. Der Vater nahm sie, legte an jede Ecke des Tisches eins und das fünfte in die Mitte, und sprach zum Jäger »du schießest mir mit einem Schuß die fünf Eier in der Mitte entzwei.« Der Jäger legte seine Büchse an und schoß die Eier, wie es der Vater verlangt hatte, alle fünfe, und zwar in einem Schuß. Der hatte gewiss von dem Pulver das um die Ecke schießt. »Nun kommt die Reihe an dich,« sprach der Vater zu dem vierten Sohn, »du nähst die Eier wieder zusammen und auch die jungen Vöglein, die darin sind, und zwar so, daß ihnen der Schuß nichts schadet.« Der Schneider holte seine Nadel und nähte wies der Vater verlangt hatte. Als er fertig war, mußte der Dieb die Eier wieder auf den Baum ins Nest tragen und dem Vogel, ohne daß er etwas merkte, wieder unter legen. Das Tierchen brütete sie vollends aus, und nach ein paar Tagen krochen die Jungen hervor und hatten da, wo sie vom Schneider zusammengenäht waren, ein rotes Streifchen um den Hals. »Ja,« sprach der Alte zu seinen Söhnen, »ich muß euch über den grünen Klee loben, ihr habt eure Zeit wohl benutzt und was rechtschaffenes gelernt: ich kann nicht sagen wem von euch der Vorzug gebührt. Wenn ihr nur bald Gelegenheit habt eure Kunst anzuwenden, da wird sichs ausweisen.« Nicht lange danach kam großer Lärm ins Land, die Königstochter wäre von einem Drachen entführt worden. Der König war Tag und Nacht darüber in Sorgen und ließ bekannt machen wer sie zurück brächte, sollte sie zur Gemahlin haben. Die vier Brüder sprachen unter einander »das wäre eine Gelegenheit, wo wir uns könnten sehen lassen« wollten zusammen ausziehen und die Königstochter befreien. »Wo sie ist, will ich bald wissen« sprach der Sterngucker, schaute durch sein Fernrohr und sprach »ich sehe sie schon, sie sitzt weit von hier auf einem Felsen im Meer und neben ihr der Drache, der sie bewacht.« Da ging er zu dem König und bat um ein Schiff für sich und seine Brüder und fuhr mit ihnen über das Meer bis sie zu dem Felsen hin kamen. Die Königstochter saß da, aber der Drache lag in ihrem Schooß und schlief. Der Jäger sprach »ich darf nicht schießen, ich würde die schöne Jungfrau zugleich töten.« »So will ich mein Heil versuchen« sagte der Dieb, schlich sich heran und stahl sie unter dem Drachen weg, aber so leis und behend, daß das Untier nichts merkte, sondern fortschnarchte. Sie[[1]] eilten voll Freude mit ihr aufs Schiff und steuerten in die offene See: aber der Drache, der bei seinem Erwachen die Königstochter nicht mehr gefunden hatte, hinter ihnen her und schnaubte wütend durch die Luft. Als er gerade über dem Schiff schwebte und sich herablassen wollte, legte der Jäger seine Büchse an und schoß ihm mitten ins Herz. Das Untier fiel tot herab, war aber so groß und gewaltig, daß es im Herabfallen das ganze Schiff zertrümmerte. Sie[[1]] erhaschten glücklich noch ein paar Bretter und schwammen auf dem weiten Meer umher. Da war wieder große Not, aber der Schneider, nicht faul, nahm seine wunderbare Nadel, nähte die Bretter mit ein paar großen Stichen in der Eile zusammen, setzte sich darauf, und sammelte alle Stücke des Schiffs. Dann nähte er auch diese so geschickt zusammen, daß in kurzer Zeit das Schiff wieder segelfertig war und sie glücklich heim fahren konnten. Als der König seine Tochter wieder erblickte, war große Freude. Er sprach zu den vier Brüdern »einer von euch soll sie zur Gemahlin haben, aber welcher das ist, macht unter euch aus.« Da entstand ein heftiger Streit unter ihnen, denn jeder machte Ansprüche. Der Sterngucker sprach »hätt ich nicht die Königstochter gesehen, so wären alle eure Künste umsonst gewesen: darum ist sie mein.« Der Dieb sprach »was hätte das Sehen geholfen, wenn ich sie nicht unter dem Drachen weggeholt hätte: darum ist sie mein.« Der Jäger sprach »ihr wärt doch sammt der Königstochter von dem Untier zerrissen worden, hätte es meine[[Besitz]] Kugel nicht getroffen: darum ist sie mein.« Der Schneider sprach »und hätte ich euch mit meiner Kunst nicht das Schiff wieder zusammengeflickt, ihr wärt alle jämmerlich ertrunken: darum ist sie mein.« Da tat der König den Ausspruch »jeder von euch hat ein gleiches Recht, und weil ein jeder die Jungfrau nicht haben kann, so soll sie keiner von euch haben, aber ich will jedem zur Belohnung ein halbes Königreich geben.« Den Brüdern gefiel diese Entscheidung, und sie sprachen »es ist besser so, als daß wir uneins werden.« Da erhielt jeder ein halbes Königreich, und sie lebten mit ihrem Vater in aller Glückseligkeit, so lange es Gott gefiel. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="130._Einäuglein,_Zweiäuglein_und_Dreiäuglein" 130. Einäuglein, Zweiäuglein und Dreiäuglein. &&ax &&lg=x &&fe Es war eine Frau, die hatte drei Töchter, davon hieß die älteste &&c=8 Einäuglein, &&c=0 weil sie nur ein einziges Auge mitten auf der Stirn hatte, und die mittelste &&c=8 Zweiäuglein, &&c=0 weil sie zwei Augen hatte wie andere Menschen, und die jüngste &&c=8 Dreiäuglein, &&c=0 weil sie drei Augen hatte, und das dritte stand bei ihr gleichfalls mitten auf der Stirne. Darum aber, daß Zweiäuglein nicht anders aussah als andere Menschenkinder, konnten es die Schwestern und die Mutter nicht leiden. Sie[[1]] sprachen zu ihm »du mit deinen zwei Augen bist nicht besser als das gemeine Volk, du gehörst nicht zu uns.« Sie[[1]] stießen es herum und warfen ihm schlechte Kleider hin und gaben ihm nicht mehr zu essen als was sie übrig ließen, und taten ihm Herzeleid an, wo sie nur konnten. Es trug sich zu, daß Zweiäuglein hinaus ins Feld gehen und die Ziege hüten mußte, aber noch ganz hungrig war, weil ihm seine Schwestern so wenig zu essen gegeben hatten. Da setzte es sich auf einen Rain und fing an zu weinen und so zu weinen, daß zwei Bächlein aus seinen Augen herabflossen. Und wie es in seinem Jammer einmal aufblickte, stand eine Frau neben ihm, die fragte »Zweiäuglein, was weinst du?« Zweiäuglein antwortete »soll ich nicht weinen? weil ich zwei Augen habe wie andre Menschen, so können mich meine[[Besitz]] Schwestern und meine[[Besitz]] Mutter nicht leiden, stoßen mich aus einer Ecke in die andere, werfen mir alte Kleider hin und geben mir nichts zu essen als was sie übrig lassen. Heute haben sie mir so wenig gegeben, daß ich noch ganz hungrig bin.« Sprach die weise Frau »Zweiäuglein, trockne dir dein Angesicht, ich will dir etwas sagen, daß du nicht mehr hungern sollst. Sprich nur zu deiner Ziege »Zicklein, meck, Tischlein, deck,« so wird ein sauber gedecktes Tischlein vor dir stehen und das schönste Essen darauf, daß du essen kannst so viel du Lust hast. Und wenn du satt bist und das Tischlein nicht mehr brauchst, so sprich nur »Zicklein, meck, Tischlein, weg,« so wirds vor deinen Augen wieder verschwinden.« Darauf ging die weise Frau fort. Zweiäuglein aber dachte »ich muß gleich einmal versuchen ob es wahr ist, was sie gesagt hat, denn mich hungert gar zu sehr« und sprach »Zicklein, meck, Tischlein, deck,« und kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, so stand da ein Tischlein mit einem weißen Tüchlein gedeckt, darauf ein Teller mit Messer und Gabel und silbernem Löffel, die schönsten Speisen standen rund herum, rauchten und waren noch warm, als wären sie eben aus der Küche gekommen. Da sagte Zweiäuglein das kürzeste Gebet her, das es wußte, »Herr Gott, sei unser Gast zu aller Zeit, Amen,« langte zu und ließ sichs wohl schmecken. Und als es satt war, sprach es, wie die weise Frau gelehrt hatte, »Zicklein, meck, Tischlein, weg.« Alsbald war das Tischchen und alles, was darauf stand wieder verschwunden. »Das ist ein schöner Haushalt« dachte Zweiäuglein und war ganz vergnügt und guter Dinge. Abends, als es mit seiner Ziege heim kam, fand es ein irdenes Schüsselchen mit Essen, das ihm die Schwestern hingestellt hatten, aber es rührte nichts an. Am andern Tag zog es mit seiner Ziege wieder hinaus und ließ die paar Brocken, die ihm gereicht wurden, liegen. Das erstemal und das zweitemal beachteten es die Schwestern gar nicht, wie es aber jedesmal geschah, merkten sie auf und sprachen »es ist nicht richtig mit dem Zweiäuglein, das läßt jedesmal das Essen stehen und hat doch sonst alles aufgezehrt, was ihm gereicht wurde: das muß andere Wege gefunden haben.« Damit sie aber hinter die Wahrheit kämen, sollte Einäuglein mitgehen, wenn Zweiäuglein die Ziege auf die Weide trieb, und sollte achten was es da vor hätte, und ob ihm jemand etwas Essen und Trinken brächte. Als nun Zweiäuglein sich wieder aufmachte, trat Einäuglein zu ihm und sprach »ich will mit ins Feld und sehen daß die Ziege auch recht gehütet und ins Futter getrieben wird.« Aber Zweiäuglein merkte was Einäuglein im Sinne hatte und trieb die Ziege hinaus in hohes Gras und sprach »komm, Einäuglein, wir wollen uns hinsetzen, ich will dir was vorsingen.« Einäuglein setzte sich hin und war von dem ungewohnten Weg und von der Sonnenhitze müde, und Zweiäuglein sang immer »Einäuglein, wachst du? Einäuglein, schläfst du?« Da tat Einäuglein das eine Auge zu und schlief ein. Und als Zweiäuglein sah daß Einäuglein fest schlief und nichts verraten konnte, sprach es »Zicklein, meck, Tischlein, deck,« und setzte sich an sein Tischlein und aß und trank bis es satt war, dann rief es wieder »Zicklein, meck, Tischlein, weg,« und alles war augenblicklich verschwunden. Zweiäuglein weckte nun Einäuglein und sprach »Einäuglein, du willst hüten und schläfst dabei ein, derweil hätte die Ziege in alle Welt laufen können; komm, wir wollen nach Haus gehen.« Da gingen sie nach Haus, und Zweiäuglein ließ wieder sein Schüsselchen unangerührt stehen, und Einäuglein konnte der Mutter nicht verraten warum es nicht essen wollte und sagte zu seiner Entschuldigung »ich war draußen eingeschlafen.« Am andern Tag sprach die Mutter zu Dreiäuglein »diesmal sollst du mit gehen und Acht haben ob Zweiäuglein draußen ißt und ob ihm jemand Essen und Trinken bringt, denn essen und trinken muß es heimlich.« Da trat Dreiäuglein zum Zweiäuglein und sprach »ich will mitgehen und sehen ob auch die Ziege recht gehütet und ins Futter getrieben wird.« Aber Zweiäuglein merkte was Dreiäuglein im Sinne hatte und trieb die Ziege hinaus ins hohe Gras und sprach »wir wollen uns dahin setzen, Dreiäuglein, ich will dir was vorsingen.« Dreiäuglein setzte sich und war müde von dem Weg und der Sonnenhitze, und Zweiäuglein hub wieder das vorige Liedlein an und sang »Dreiäuglein, wachst du?« Aber statt daß es nun singen mußte »Dreiäuglein, schläfst du?« sang es aus Unbedachtsamkeit » &&c=8 Zweiäuglein, &&c=0 schläfst du?« und sang immer »Dreiäuglein, wachst du? &&c=8 Zweiäuglein, &&c=0 schläfst du?« Da fielen dem Dreiäuglein seine zwei Augen zu und schliefen, aber das dritte, weil es von dem Sprüchlein nicht angeredet war, schlief nicht ein. Zwar tat es Dreiäuglein zu, aber nur aus List, gleich als schlief es auch damit: doch blinzelte es und konnte alles gar wohl sehen. Und als Zweiäuglein meinte Dreiäuglein schliefe fest, sagte es sein Sprüchlein »Zicklein, meck, Tischlein, deck,« aß und trank nach Herzenslust und hieß dann das Tischlein wieder fortgehen, »Zicklein, meck, Tischlein, weg,« und Dreiäuglein hatte alles mit angesehen. Da kam Zweiäuglein zu ihm, weckte es und sprach »ei, Dreiäuglein, bist du eingeschlafen? du kannst gut hüten! komm, wir wollen heim gehen.« Und als sie nach Haus kamen, aß Zweiäuglein wieder nicht, und Dreiäuglein sprach zur Mutter »ich weiß nun warum das hochmütige Ding nicht ißt: wenn sie draußen zur Ziege spricht »Zicklein, meck, Tischlein, deck,« so steht ein Tischlein vor ihr, das ist mit dem besten Essen besetzt, viel besser als wirs hier haben: und wenn sie satt ist, so spricht sie »Zicklein, meck, Tischlein, weg,« und alles ist wieder verschwunden; ich habe alles genau mit angesehen. Zwei Augen hatte sie mir mit einem Sprüchlein eingeschläfert, aber das eine auf der Stirne, das war zum Glück wach geblieben.« Da rief die neidische Mutter »willst dus besser haben, als wir? die Lust soll dir vergehen!« Sie[[1]] holte ein Schlachtmesser und stieß es der Ziege ins Herz, daß sie tot hinfiel. Als Zweiäuglein das sah, ging es voll Trauer hinaus, setzte sich auf den Feldrain und weinte seine bitteren Tränen. Da stand auf einmal die weise Frau wieder neben ihm und sprach »Zweiäuglein, was weinst du?« »Soll ich nicht weinen!« antwortete es, »die Ziege, die mir jeden Tag, wenn ich euer Sprüchlein hersagte, den Tisch so schön deckte, ist von meiner Mutter tot gestochen; nun muß ich wieder Hunger und Kummer leiden.« Die weise Frau sprach »Zweiäuglein, ich will dir einen guten Rat erteilen, bitt deine Schwestern daß sie dir das Eingeweide von der geschlachteten Ziege geben und vergrab es vor der Haustür in die Erde, so wirds dein Glück sein.« Da verschwand sie, und Zweiäuglein ging heim und sprach zu den Schwestern »liebe Schwestern, gebt mir doch etwas von meiner Ziege, ich verlange nichts Gutes, gebt mir nur das Eingeweide.« Da lachten sie und sprachen »kannst du haben, wenn du weiter nichts willst.« Und Zweiäuglein nahm das Eingeweide und vergrubs Abends in aller Stille nach dem Rate der weisen Frau vor die Haustüre. Am andern Morgen, als sie insgesammt erwachten und vor die Haustüre traten, so stand da ein wunderbarer prächtiger Baum, der hatte Blätter von Silber, und Früchte von Gold hingen dazwischen, daß wohl nichts schöneres und köstlicheres auf der weiten Welt war. Sie[[1]] wußten aber nicht wie der Baum in der Nacht dahin gekommen war, nur Zweiäuglein merkte, daß er aus den Eingeweiden der Ziege aufgewachsen war, denn er stand gerade da, wo es sie in die Erde begraben hatte. Da sprach die Mutter zu Einäuglein »steig hinauf, mein Kind und brich uns die Früchte von dem Baume ab.« Einäuglein stieg hinauf, aber wie es einen von den goldenen Äpfeln greifen wollte, so fuhr ihm der Zweig aus den Händen: und das geschah jedesmal, so daß es keinen einzigen Apfel brechen konnte, es mochte sich anstellen wie es wollte. Da sprach die Mutter »Dreiäuglein, steig du hinauf, du kannst mit deinen drei Augen besser um dich schauen als Einäuglein.« Einäuglein rutschte herunter und Dreiäuglein stieg hinauf. Aber Dreiäuglein war nicht geschickter und mochte schauen wie es wollte, die goldenen Äpfel wichen immer zurück. Endlich ward die Mutter ungeduldig und stieg selbst hinauf, konnte aber so wenig wie Einäuglein und Dreiäuglein die Frucht fassen und griff immer in die leere Luft. Da sprach Zweiäuglein »ich will mich einmal hinaufmachen, vielleicht gelingt mirs eher.« Die Schwestern riefen zwar »du, mit deinen zwei Augen, was willst du wohl!« Aber Zweiäuglein stieg hinauf, und die goldenen Äpfel zogen sich nicht vor ihm zurück, sondern ließen sich von selbst in seine Hand herab, also daß es einen nach dem andern abpflücken konnte und ein ganzes Schürzchen voll mit herunter brachte. Die Mutter nahm sie ihm ab, und statt daß sie, Einäuglein und Dreiäuglein dafür das arme Zweiäuglein hätten besser behandeln sollen, so wurden sie nur neidisch daß es allein die Früchte holen konnte und gingen noch härter mit ihm um. Es trug sich zu, als sie einmal beisammen an dem Baum standen, daß ein junger Ritter daher kam. »Geschwind, Zweiäuglein,« riefen die zwei Schwestern, »kriech unter, daß wir uns deiner nicht schämen müssen« und stürzten über das arme Zweiäuglein in aller Eil ein leeres Faß, das gerade neben dem Baume stand, und schoben die goldenen Äpfel, die es abgebrochen hatte, auch darunter. Als nun der Ritter näher kam, war es ein schöner Herr, der hielt still, bewunderte den prächtigen Baum von Gold und Silber und sprach zu den beiden Schwestern »wem gehört dieser schöne Baum? wer mir einen Zweig davon gäbe, könnte dafür verlangen was er wollte.« Da antworteten Einäuglein und Dreiäuglein der Baum gehörte ihnen zu, und sie wollten ihm einen Zweig wohl abbrechen. Sie[[1]] gaben sich auch beide große Mühe, aber sie waren es nicht im Stande, denn die Zweige und Früchte wichen jedesmal vor ihnen zurück. Da sprach der Ritter »das ist ja wunderlich, daß der Baum euch zugehört und ihr doch nicht Macht habt etwas davon abzubrechen.« Sie[[1]] blieben dabei, der Baum wäre ihr Eigentum. Indem sie aber so sprachen, rollte Zweiäuglein unter dem Fasse ein paar goldene Äpfel heraus, so daß sie zu den Füßen des Ritters liefen, denn Zweiäuglein war bös daß Einäuglein und Dreiäuglein nicht die Wahrheit sagten. Wie der Ritter die Äpfel sah, erstaunte er und fragte wo sie herkämen. Einäuglein und Dreiäuglein antworteten sie hätten noch eine Schwester, die dürfte sich aber nicht sehen lassen, weil sie nur zwei Augen hätte, wie andere gemeine Menschen. Der Ritter aber verlangte sie zu sehen und rief »Zweiäuglein, komm hervor.« Da kam Zweiäuglein ganz getrost unter dem Faß hervor, und der Ritter war verwundert über seine große Schönheit, und sprach »du, Zweiäuglein, kannst mir gewiß einen Zweig von dem Baum abbrechen.« »Ja,« antwortete Zweiäuglein, »das will ich wohl können, denn der Baum gehört mir.« Und stieg hinauf und brach mit leichter Mühe einen Zweig mit seinen silbernen Blättern und goldenen Früchten ab, und reichte ihn dem Ritter hin. Da sprach der Ritter »Zweiäuglein, was soll ich dir dafür geben?« »Ach,« antwortete Zweiäuglein, »ich leide Hunger und Durst, Kummer und Not vom frühen Morgen bis zum späten Abend: wenn ihr mich mitnehmen und erlösen wollt, so wäre ich glücklich.« Da hob der Ritter das Zweiäuglein auf sein Pferd und brachte es heim auf sein väterliches Schloß: dort gab er ihm schöne Kleider, Essen und Trinken nach Herzenslust, und weil er es so lieb hatte, ließ er sich mit ihm einsegnen, und ward die Hochzeit in großer Freude gehalten. Wie nun Zweiäuglein so von dem schönen Rittersmann fortgeführt ward, da beneideten die zwei Schwestern ihm erst recht sein Glück. »Der wunderbare Baum bleibt uns doch,« dachten sie, »können wir auch keine Früchte davon brechen, so wird doch jedermann davor stehen bleiben, zu uns kommen und ihn rühmen; wer weiß wo unser Weizen noch blüht!« Aber am andern Morgen war der Baum verschwunden und ihre Hoffnung dahin. Und wie Zweiäuglein zu seinem Kämmerlein hinaussah, so stand er zu seiner großen Freude davor und war ihm also nachgefolgt. Zweiäuglein lebte lange Zeit vergnügt. Einmal kamen zwei arme Frauen zu ihm auf das Schloß und baten um ein Almosen. Da sah ihnen Zweiäuglein ins Gesicht und erkannte ihre Schwestern Einäuglein und Dreiäuglein, die so in Armut geraten waren, daß sie umherziehen und vor den Türen ihr Brot suchen mußten. Zweiäuglein aber hieß sie willkommen und tat ihnen Gutes und pflegte sie, also daß die beiden von Herzen bereuten was sie ihrer Schwester in der Jugend Böses angetan hatten. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="131._Die_schöne_Katrinelje_und_Pif_Paf_Poltrie" 131. Die schöne Katrinelje und Pif Paf Poltrie. &&ax &&lg=x &&fe »Guten Tag, Vater &&c=8 Hollenthe. &&c=0 {{[Hollenthe]}}« »Großen Dank, Pif Paf Poltrie.« »Könnt ich wohl eure Tochter kriegen?« »O ja, wenns die Mutter Malcho (Melk-Kuh), der Bruder Hohenstolz, die Schwester Käsetraut und die schöne Katrinelje will, so kanns geschehen.« »Wo ist dann die Mutter Malcho?« »Sie[[1]] ist im Stall und melkt die Kuh.« »Guten Tag, Mutter &&c=8 Malcho. &&c=0 « »Großen Dank, Pif Paf Poltrie.« »Könnt ich wohl eure Tochter kriegen?« »O ja, wenns der Vater Hollenthe, der Bruder Hohenstolz, die Schwester Käsetraut und die schöne Katrinelje will, so kanns geschehen.« »Wo ist dann der Bruder Hohenstolz?« »Er ist in der Kammer und hackt das Holz.« »Guten Tag, Bruder &&c=8 Hohenstolz. &&c=0 « »Großen Dank, Pif Paf Poltrie.« »Könnt ich wohl eure Schwester kriegen?« »O ja, wenns der Vater Hollenthe, die Mutter Malcho, die Schwester Käsetraut und die schöne Katrinelje will, so kanns geschehen.« »Wo ist dann die Schwester Käsetraut?« »Sie[[1]] ist im Garten und schneidet das Kraut.« »Guten Tag, Schwester &&c=8 Käsetraut. &&c=0 « »Großen Dank, Pif Paf Poltrie.« »Könnt ich wohl eure Schwester kriegen?« »O ja, wenns der Vater Hollenthe, die Mutter Malcho, der Bruder Hohenstolz und die schöne Katrinelje will, so kanns geschehen.« »Wo ist dann die schöne Katrinelje?« »Sie[[1]] ist in der Kammer und zählt ihre Pfennige.« »Guten Tag, schöne &&c=8 Katrinelje. &&c=0 « »Großen Dank, Pif Paf Poltrie.« »Willst du wohl mein Schatz sein?« »O ja, wenns der Vater Hollenthe, die Mutter Malcho, der Bruder Hohenstolz, die Schwester Käsetraut will, so kanns geschehen.« »Schön Katrinelje, wie viel hast du an Brautschatz?« »Vierzehn Pfennige baares Geld, drittehalb Groschen[[1]] Schuld, ein halb Pfund Hutzeln, eine Hand voll Prutzeln, eine Hand voll Wurzelen, un so der watt: is dat nig en guden Brutschatt?« » &&c=8 Pif Paf Poltrie, &&c=0 was kannst du für ein Handwerk? bist du ein Schneider?« »Noch viel besser.« »Ein Schuster?« »Noch viel besser.« »Ein Ackersmann?« »Noch viel besser.« »Ein Schreiner?« »Noch viel besser.« »Ein Schmied?« »Noch viel besser.« »Ein Müller?« »Noch viel besser.« »Vielleicht ein Besenbinder?« »Ja, das bin ich: ist das nicht ein schönes Handwerk?« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="132._Der_Fuchs_und_das_Pferd" 132. Der Fuchs und das Pferd. &&ax &&lg=x &&fe Es hatte ein Bauer ein treues Pferd, das war alt geworden und konnte keine Dienste mehr tun, da wollte ihm sein Herr nichts mehr zu fressen geben und sprach »brauchen kann ich dich freilich nicht mehr, indess mein ich es gut mit dir, zeigst du dich noch so stark, daß du mir einen Löwen hierher bringst, so will ich dich behalten, jetzt aber mach dich fort aus meinem Stall,« und jagte es damit ins weite Feld. Das Pferd war traurig und ging nach dem Wald zu, dort ein wenig Schutz vor dem Wetter zu suchen. Da begegnete ihm der Fuchs und sprach »was hängst du so den Kopf und gehst so einsam herum?« »Ach,« antwortete das Pferd, »Geiz und Treue wohnen nicht beisammen in einem Haus: mein Herr hat vergessen was ich ihm für Dienste in so vielen Jahren geleistet habe, und weil ich nicht recht mehr ackern kann, will er mir kein Futter mehr geben, und hat mich fortgejagt.« »Ohne allen Trost?« fragte der Fuchs. »Der Trost war schlecht, er hat gesagt wenn ich noch so stark wäre, daß ich ihm einen Löwen brächte, wollt er mich behalten, aber er weiß wohl, daß ich das nicht vermag.« Der Fuchs sprach »da will ich dir helfen, leg dich nur hin, strecke dich aus und rege dich nicht, als wärst du tot.« Das Pferd tat was der Fuchs verlangte, der Fuchs aber ging zum Löwen, der seine Höhle nicht weit davon hatte und sprach »da draußen liegt ein totes Pferd, komm doch mit hinaus, da kannst du eine fette Mahlzeit halten.« Der Löwe ging mit und wie sie bei dem Pferd standen, sprach der Fuchs »hier hast dus doch nicht nach deiner Gemächlichkeit, weißt du was? ich wills mit dem Schweif an dich binden, so kannst dus in deine Höhle ziehen und in aller Ruhe verzehren.« Dem Löwen gefiel der Rat, er stellte sich hin und damit ihm der Fuchs das Pferd festknüpfen könnte, hielt er ganz still. Der Fuchs aber band mit des Pferdes Schweif dem Löwen die Beine zusammen und drehte und schnürte alles so wohl und stark, daß es mit keiner Kraft zu zerreißen war. Als er nun sein Werk vollendet hatte, klopfte er dem Pferd auf die Schulter und sprach »zieh, Schimmel, zieh.« Da sprang das Pferd mit einmal auf und zog den Löwen mit sich fort. Der Löwe fing an zu brüllen, daß die Vögel in dem ganzen Wald vor Schrecken aufflogen, aber das Pferd ließ ihn brüllen, zog und schleppte ihn über das Feld vor seines Herrn Tür. Wie der Herr das sah, besann er sich eines bessern und sprach zu dem Pferd, »du sollst bei mir bleiben und es gut haben,« und gab ihm satt zu fressen bis es starb. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="133._Die_zertanzten_Schuhe" 133. Die zertanzten Schuhe. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein König, der hatte zwölf Töchter, eine immer schöner als die andere. Sie[[1]] schliefen zusammen in einem Saal, wo ihre Betten neben einander standen, und Abends, wenn sie darin lagen, schloß der König die Tür zu und verriegelte sie. Wenn er aber am Morgen die Türe aufschloß, so sah er daß ihre Schuhe zertanzt waren, und niemand konnte herausbringen wie das zugegangen war. Da ließ der König ausrufen wers könnte ausfindig machen, wo sie in der Nacht tanzten, der sollte sich eine davon zur Frau wählen und nach seinem Tod König sein: wer sich aber meldete und es nach drei Tagen und Nächten nicht heraus brächte, der hätte sein Leben verwirkt. Nicht lange, so meldete sich ein Königssohn und erbot sich das Wagnis zu unternehmen. Er ward wohl aufgenommen, und Abends in ein Zimmer geführt, das an den Schlafsaal stieß. Sein Bett war da aufgeschlagen und er sollte Acht haben wo sie hingingen und tanzten; und damit sie nichts heimlich treiben konnten oder zu einem andern Ort hinaus gingen, war auch die Saaltüre offen gelassen. Dem Königssohn fiels aber wie Blei auf die Augen und er schlief ein, und als er am Morgen aufwachte waren alle zwölfe zum Tanz gewesen, denn ihre Schuhe standen da und hatten Löcher in den Sohlen. Den zweiten und dritten Abend gings nicht anders, und da ward ihm sein Haupt ohne Barmherzigkeit abgeschlagen. Es kamen hernach noch viele und meldeten sich zu dem Wagestück, sie mußten aber alle ihr Leben lassen. Nun trugs sichs zu, daß ein armer Soldat, der eine Wunde hatte und nicht mehr dienen konnte, sich auf dem Weg nach der Stadt befand, wo der König wohnte. Da begegnete ihm eine alte Frau, die fragte ihn wo er hin wollte. »Ich weiß selber nicht recht,« sprach er, und setzte im Scherz hinzu »ich hätte wohl Lust ausfindig zu machen wo die Königstöchter ihre Schuhe vertanzen, und darnach König zu werden.« »Das ist so schwer nicht,« sagte die Alte, »du mußt den Wein nicht trinken, der dir Abends gebracht wird, und mußt tun als wärst du fest eingeschlafen.« Darauf gab sie ihm ein Mäntelchen und sprach »wenn du das umhängst, so bist du unsichtbar und kannst den zwölfen dann nachschleichen.« Wie der Soldat den guten Rat bekommen hatte, wards Ernst bei ihm, so daß er ein Herz faßte, vor den König ging und sich als Freier meldete. Er ward so gut aufgenommen wie die andern auch, und wurden ihm königliche Kleider angetan. Abends zur Schlafenszeit ward er in das Vorzimmer geführt, und als er zu Bette gehen wollte, kam die älteste und brachte ihm einen Becher Wein: aber er hatte sich einen Schwamm unter das Kinn gebunden, ließ den Wein da hineinlaufen, und trank keinen Tropfen. Dann legte er sich nieder, und als er ein Weilchen gelegen hatte, fing er an zu schnarchen wie im tiefsten Schlaf. Das hörten die zwölf Königstöchter, lachten, und die älteste sprach »der hätte auch sein Leben sparen können.« Danach standen sie auf, öffneten Schränke, Kisten und Kasten, und holten prächtige Kleider heraus: putzten sich vor den Spiegeln, sprangen herum und freuten sich auf den Tanz. Nur die jüngste sagte »ich weiß nicht, ihr freut euch, aber mir ist so wunderlich zu Mute: gewiß widerfährt uns ein Unglück.« »Du bist eine Schneegans,« sagte die älteste, »die sich immer fürchtet. Hast[[Besitz]] du vergessen wie viel Königssöhne schon umsonst dagewesen sind? dem Soldaten hätt ich nicht einmal brauchen einen Schlaftrunk zu geben, der Lümmel wäre doch nicht aufgewacht.« Wie sie alle fertig waren, sahen sie erst nach dem Soldaten, aber der hatte die Augen zugetan, rührte und regte sich nicht, und sie glaubten nun ganz sicher zu sein. Da ging die älteste an ihr Bett und klopfte daran: alsbald sank es in die Erde, und sie stiegen durch die Öffnung hinab, eine nach der andern, die älteste voran. Der Soldat, der alles mit angesehen hatte, zauderte nicht lange, hing sein Mäntelchen um und stieg hinter der jüngsten mit hinab. Mitten auf der Treppe trat er ihr ein wenig aufs Kleid, da erschrak sie und rief »was ist das? wer hält mich am Kleid?« »Sei nicht so einfältig,« sagte die älteste, »du bist an einem Haken hängen geblieben.« Da gingen sie vollends hinab, und wie sie unten waren, standen sie in einem wunderprächtigen Baumgang, da waren alle Blätter von Silber, und schimmerten und glänzten. Der Soldat dachte »du willst dir ein Wahrzeichen mitnehmen,« und brach einen Zweig davon ab: da fuhr ein gewaltiger Krach aus dem Baume. Die jüngste rief wieder »es ist nicht richtig, habt ihr den Knall gehört?« Die älteste aber sprach »das sind Freudenschüsse, weil wir unsere Prinzen bald erlöst haben.« Sie[[1]] kamen darauf in einen Baumgang, wo alle Blätter von Gold, und endlich in einen dritten, wo sie klarer Demant waren: von beiden brach er einen Zweig ab, wobei es jedesmal krachte, daß die jüngste vor Schrecken zusammenfuhr: aber die älteste blieb dabei, es wären Freudenschüsse. Sie[[1]] gingen weiter und kamen zu einem großen Wasser, darauf standen zwölf Schifflein, und in jedem Schifflein saß ein schöner Prinz, die hatten auf die zwölfe gewartet, und jeder nahm eine zu sich, der Soldat aber setzte sich mit der jüngsten ein. Da sprach der Prinz »ich weiß nicht das Schiff ist heute viel schwerer und ich muß aus allen Kräften rudern, wenn ich es fortbringen soll.« »Wovon sollte das kommen,« sprach die jüngste, »als vom warmen Wetter, es ist mir auch so heiß zu Mut.« Jenseits des Wassers aber stand ein schönes hellerleuchtetes Schloß, woraus eine lustige Musik erschallte von Pauken und Trompeten. Sie[[1]] ruderten hinüber, traten ein, und jeder Prinz tanzte mit seiner Liebsten; der Soldat tanzte aber unsichtbar mit, und wenn eine einen Becher mit Wein hielt, so trank er ihn aus, daß er leer war, wenn sie ihn an den Mund brachte; und der jüngsten ward auch angst darüber, aber die älteste brachte sie immer zum Schweigen. Sie[[1]] tanzten da bis drei Uhr am andern Morgen, wo alle Schuhe durchgetanzt waren und sie aufhören mußten. Die Prinzen fuhren sie über das Wasser wieder zurück, und der Soldat setzte sich diesmal vornen hin zur ältesten. Am Ufer nahmen sie von ihren Prinzen Abschied und versprachen in der folgenden Nacht wieder zu kommen. Als sie an der Treppe waren, lief der Soldat voraus und legte sich in sein Bett, und als die Zwölf langsam und müde herauf getrippelt kamen, schnarchte er schon wieder so laut, daß sies alle hören konnten, und sie sprachen »vor dem sind wir sicher.« Da taten sie ihre schönen Kleider aus, brachten sie weg, stellten die zertanzten Schuhe unter das Bett und legten sich nieder. Am andern Morgen wollte der Soldat nichts sagen, sondern das wunderliche Wesen noch mit ansehen, und ging die zweite und die dritte Nacht wieder mit. Da war alles wie das erstemal, und sie tanzten jedesmal bis die Schuhe entzwei waren. Das drittemal aber nahm er zum Wahrzeichen einen Becher mit. Als die Stunde gekommen war, wo er antworten sollte, steckte er die drei Zweige und den Becher zu sich und ging vor den König, die Zwölfe aber standen hinter der Türe und horchten was er sagen würde. Als der König die Frage tat »wo haben meine[[Besitz]] zwölf Töchter ihre Schuhe in der Nacht vertanzt?« so antwortete er »mit zwölf Prinzen in einem unterirdischen Schloß,« berichtete wie es zugegangen war, und holte die Wahrzeichen hervor. Da ließ der König seine Töchter kommen und fragte sie ob der Soldat die Wahrheit gesagt hätte, und da sie sahen daß sie verraten waren und Läugnen nichts half, so mußten sie alles eingestehen. Darauf fragte ihn der König welche er zur Frau haben wollte. Er antwortete »ich bin nicht mehr jung, so gebt mir die älteste.« Da ward noch an selbigem Tage die Hochzeit gehalten und ihm das Reich nach des Königs Tode versprochen. Aber die Prinzen wurden auf so viel Tage wieder verwünscht, als sie Nächte mit den Zwölfen getanzt hatten. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="134._Die_sechs_Diener" 134. Die sechs Diener. &&ax &&lg=x &&fe Vor[[Präpos]] Zeiten lebte eine alte Königin, die war eine Zauberin, und ihre Tochter war das schönste Mädchen unter der Sonne. Die Alte dachte aber auf nichts als wie sie die Menschen ins Verderben locken könnte, und wenn ein Freier kam, so sprach sie wer ihre Tochter haben wollte, müßte zuvor einen Bund (eine Aufgabe) lösen, oder er müßte sterben. Viele waren von der Schönheit der Jungfrau verblendet und wagten es wohl, aber sie konnten nicht vollbringen was die Alte ihnen auflegte, und dann war keine Gnade, sie mußten niederknien, und das Haupt ward ihnen abgeschlagen. Ein Königssohn der hatte auch von der großen Schönheit der Jungfrau gehört und sprach zu seinem Vater »laßt mich hinziehen, ich will um sie werben.« »Nimmermehr,« antwortete der König, »gehst du fort, so gehst du in deinen Tod.« Da legte der Sohn sich nieder und ward sterbenskrank, und lag sieben Jahre lang und kein Arzt konnte ihm helfen. Als der Vater sah daß keine Hoffnung mehr war, sprach er voll Herzenstraurigkeit zu ihm »zieh hin und versuche dein Glück, ich weiß dir sonst nicht zu helfen.« Wie der Sohn das hörte, stand er auf von seinem Lager, ward gesund und machte sich fröhlich auf den Weg. Es trug sich zu, als er über eine Heide zu reiten kam, daß er von weitem auf der Erde etwas liegen sah wie einen großen Heuhaufen, und wie er sich näherte, konnte er unterscheiden daß es der Bauch eines Menschen war, der sich dahingestreckt hatte; der Bauch aber sah aus wie ein kleiner Berg. Der Dicke, wie er den Reisenden erblickte, richtete sich in die Höhe und sprach »wenn ihr jemand braucht, so nehmt mich in eure Dienste.« Der Königssohn antwortete »was soll ich mit einem so ungefügen Mann anfangen?« »O,« sprach der Dicke, »das will nichts sagen, wenn ich mich recht aus einander tue, bin ich noch dreitausendmal so dick.« »Wenn das ist,« sagte der Königssohn, »so kann ich dich brauchen, komm mit mir.« Da ging der Dicke hinter dem Königssohn her, und über eine Weile fanden sie einen andern, der lag da auf der Erde und hatte das Ohr auf den Rasen gelegt. Fragte der Königssohn »was machst du da?« »Ich horche,« antwortete der Mann. »Wonach horchst du so aufmerksam?« »Ich horche nach dem was eben in der Welt sich zuträgt, denn meinen[[Besitz]] Ohren entgeht nichts, das Gras sogar hör ich wachsen.« Fragte der Königssohn »sage mir, was hörst du am Hofe der alten Königin, welche die schöne Tochter hat?« Da antwortete er »ich höre das Schwert sausen, das einem Freier den Kopf abschlägt.« Der Königssohn sprach »ich kann dich brauchen, komm mit mir.« Da zogen sie weiter und sahen einmal ein paar Füße da liegen und auch etwas von den Beinen, aber das Ende konnten sie nicht sehen. Als sie eine gute Strecke fortgegangen waren, kamen sie zu dem Leib und endlich auch zu dem Kopf. »Ei,« sprach der Königssohn, »was bist du für ein langer Strick!« »O,« antwortete der Lange, »das ist noch gar nichts, wenn ich meine[[Besitz]] Gliedmaßen erst recht ausstrecke, bin ich noch dreitausendmal so lang, und bin größer als der höchste Berg auf Erden. Ich will euch gerne dienen, wenn ihr mich annehmen wollt.« »Komm mit,« sprach der Königssohn, »ich kann dich brauchen.« Sie[[1]] zogen weiter und fanden einen am Weg sitzen, der hatte die Augen zugebunden. Sprach der Königssohn zu ihm »hast du blöde Augen, daß du nicht in das Licht sehen kannst?« »Nein,« antwortete der Mann, »ich darf die Binde nicht abnehmen, denn was ich mit meinen[[Besitz]] Augen ansehe, das springt aus einander, so gewaltig ist mein Blick. Kann euch das nützen, so will ich euch gern dienen.« »Komm mit,« antwortete der Königssohn, »ich kann dich brauchen.« Sie[[1]] zogen weiter und fanden einen Mann, der lag mitten im heißen Sonnenschein und zitterte und fror am ganzen Leibe, so daß ihm kein Glied still stand. »Wie kannst du frieren?« sprach der Königssohn, »und die Sonne scheint so warm.« »Ach,« antwortete der Mann, »meine[[Besitz]] Natur ist ganz anderer Art, je heißer es ist, desto mehr frier ich, und der Frost dringt mir durch alle Knochen: und je kälter es ist, desto heißer wird mir: mitten im Eis kann ichs vor Hitze, und mitten im Feuer vor Kälte nicht aushalten.« »Du bist ein wunderlicher Kerl,« sprach der Königssohn, »aber wenn du mir dienen willst, so komm mit.« Nun zogen sie weiter und sahen einen Mann stehen, der machte einen langen Hals, schaute sich um und schaute über alle Berge hinaus. Sprach der Königssohn »wonach siehst du so eifrig?« Der Mann antwortete »ich habe so helle Augen, daß ich über alle Wälder und Felder, Täler und Berge hinaus und durch die ganze Welt sehen kann.« Der Königssohn sprach »willst du, so komm mit mir, denn so einer fehlte mir noch.« Nun zog der Königssohn mit seinen sechs Dienern in die Stadt ein, wo die alte Königin lebte. Er sagte nicht wer er wäre, aber er sprach »wollt ihr mir eure schöne Tochter geben, so will ich vollbringen, was ihr mir auferlegt.« Die Zauberin freute sich daß ein so schöner Jüngling wieder in ihre Netze fiel und sprach »dreimal will ich dir einen Bund aufgeben, lösest du ihn jedesmal, so sollst du der Herr und Gemahl meiner Tochter werden.« »Was soll das erste sein?« fragte er. »Daß du mir einen Ring herbei bringst, den ich ins rote Meer habe fallen lassen.« Da ging der Königssohn heim zu seinen Dienern und sprach »der erste Bund ist nicht leicht, ein Ring soll aus dem roten Meer geholt werden, nun schafft Rat.« Da sprach der mit den hellen Augen »ich will sehen wo er liegt,« schaute in das Meer hinab und sagte »dort hängt er an einem spitzen Stein.« Der Lange trug sie hin und sprach »ich wollte ihn wohl heraus holen, wenn ich ihn nur sehen könnte.« »Wenns weiter nichts ist,« rief der Dicke, legte sich nieder und hielt seinen Mund ans Wasser: da fielen die Wellen hinein wie in einen Abgrund, und er trank das ganze Meer aus, daß es trocken ward wie eine Wiese. Der Lange bückte sich ein wenig und holte den Ring mit der Hand heraus. Da war der Königssohn froh als er den Ring hatte, und brachte ihn der Alten. Sie[[1]] erstaunte und sprach »ja, es ist der rechte Ring: den ersten Bund hast du glücklich gelöst, aber nun kommt der zweite. Siehst du dort auf der Wiese vor meinem Schlosse, da weiden dreihundert fette Ochsen, die mußt du mit Haut und Haar, Knochen und Hörnern verzehren: und unten im Keller liegen dreihundert Fässer Wein, die mußt du dazu austrinken; und bleibt von den Ochsen ein Haar und von dem Wein ein Tröpfchen übrig, so ist mir dein Leben verfallen.« Sprach der Königssohn »darf ich mir keine Gäste dazu laden? ohne Gesellschaft schmeckt keine Mahlzeit.« Die Alte lachte boshaft und antwortete »einen darfst du dir dazu laden, damit du Gesellschaft hast, aber weiter keinen.« Da ging der Königssohn zu seinen Dienern und sprach zu dem Dicken »du sollst heute mein Gast sein und dich einmal satt essen.« Da tat sich der Dicke von einander und aß die dreihundert Ochsen, daß kein Haar übrig blieb, und fragte ob weiter nichts als das Frühstück da wäre: den Wein aber trank er gleich aus den Fässern, ohne daß er ein Glas nötig hatte, und trank den letzten Tropfen vom Nagel herunter. Als die Mahlzeit zu Ende war, ging der Königssohn zur Alten und sagte ihr der zweite Bund wäre gelöst. Sie[[1]] verwunderte sich und sprach »so weit hats noch keiner gebracht, aber es ist noch ein Bund übrig,« und dachte »du sollst mir nicht entgehen und wirst deinen Kopf nicht oben behalten.« »Heut Abend,« sprach sie, »bring ich meine[[Besitz]] Tochter zu dir in deine Kammer und du sollst sie mit deinem Arm umschlingen: und wenn ihr da beisammen sitzt, so hüte dich daß du nicht einschläfst: ich komme Schlag zwölf Uhr, und ist sie dann nicht mehr in deinen Armen, so hast du verloren.« Der Königssohn dachte, »der Bund ist leicht, ich will wohl meine[[Besitz]] Augen offen behalten,« doch rief er seine Diener, erzählte ihnen, was die Alte gesagt hatte und sprach »wer weiß, was für eine List dahinter steckt, Vorsicht ist gut, haltet Wache und sorgt daß die Jungfrau nicht wieder aus meiner Kammer kommt.« Als die Nacht einbrach, kam die Alte mit ihrer Tochter und führte sie in die Arme des Königssohns, und dann schlang sich der Lange um sie beide in einen Kreis, und der Dicke stellte sich vor die Türe, also daß keine lebendige Seele herein konnte. Da saßen sie beide, und die Jungfrau sprach kein Wort, aber der Mond schien durchs Fenster auf ihr Angesicht, daß er ihre wunderbare Schönheit sehen konnte. Er tat nichts als sie anschauen, war voll Freude und Liebe, und es kam keine Müdigkeit in seine Augen. Das dauerte bis elf Uhr, da warf die Alte einen Zauber über alle, daß sie einschliefen, und in dem Augenblick war auch die Jungfrau entrückt. Nun schliefen sie hart bis ein Viertel vor zwölf, da war der Zauber kraftlos, und sie erwachten alle wieder. »O Jammer und Unglück,« rief der Königssohn, »nun bin ich verloren!« Die treuen Diener fingen auch an zu klagen, aber der Horcher sprach »seid still, ich will horchen,« da horchte er einen Augenblick und dann sprach er »sie sitzt in einem Felsen dreihundert Stunden von hier, und bejammert ihr Schicksal. Du allein kannst helfen, Langer, wenn du dich aufrichtest, so bist du mit ein paar Schritten dort.« »Ja,« antwortete der Lange, »aber der mit den scharfen Augen muß mitgehen, damit wir den Felsen wegschaffen.« Da huckte der Lange den mit verbundenen Augen auf, und im Augenblick, wie man eine Hand umwendet waren sie vor dem verwünschten Felsen. Alsbald nahm der Lange dem andern die Binde von den Augen, der sich nur umschaute, so zersprang der Felsen in tausend Stücke. Da nahm der Lange die Jungfrau auf den Arm, trug sie in einem Nu zurück, holte eben so schnell auch noch seinen Kameraden, und eh es zwölfe schlug, saßen sie alle wieder wie vorher und waren munter und guter Dinge. Als es zwölf schlug, kam die alte Zauberin herbei geschlichen, machte ein höhnisches Gesicht, als wollte sie sagen »nun ist er mein,« und glaubte ihre Tochter säße dreihundert Stunden weit im Felsen. Als sie aber ihre Tochter in den Armen des Königssohns erblickte, erschrak sie und sprach »da ist einer, der kann mehr als ich.« Aber sie durfte nichts einwenden und mußte ihm die Jungfrau zusagen. Da sprach sie ihr ins Ohr »Schande für dich, daß du gemeinem Volk gehorchen sollst und dir einen Gemahl nicht nach deinem Gefallen wählen darfst.« Da ward das stolze Herz der Jungfrau mit Zorn erfüllt und sann auf Rache. Sie[[1]] ließ am andern Morgen dreihundert Malter Holz zusammenfahren und sprach zu dem Königssohn, die drei Bünde wären gelöst, sie würde nicht eher seine Gemahlin werden, bis einer bereit wäre, sich mitten in das Holz zu setzen und das Feuer auszuhalten. Sie[[1]] dachte keiner seiner Diener würde sich für ihn verbrennen, und aus Liebe zu ihr würde er selber sich hinein setzen, und dann wäre sie frei. Die Diener aber sprachen »wir haben alle etwas getan, nur der Frostige noch nicht, der muß auch daran,« setzten ihn mitten auf den Holzstoß und steckten ihn an. Da begann das Feuer zu brennen und brannte drei Tage, bis alles Holz verzehrt war, und als die Flammen sich legten, stand der Frostige mitten in der Asche, zitterte wie ein Espenlaub und sprach »einen solchen Frost habe ich mein Lebtage nicht ausgehalten, und wenn er länger gedauert hätte, so wäre ich erstarrt.« Nun war keine Aussicht mehr zu finden, die schöne Jungfrau mußte den unbekannten Jüngling zum Gemahl nehmen. Als sie aber nach der Kirche fuhren, sprach die Alte »ich kann die Schande nicht ertragen« und schickte ihr Kriegsvolk nach, das sollte alles niedermachen, was ihm vorkäme, und ihr die Tochter zurück bringen. Der Horcher aber hatte die Ohren gespitzt und die heimlichen Reden der Alten vernommen. »Was fangen wir an?« sprach er zu dem Dicken, aber der wußte Rat, spie einmal oder zweimal hinter dem Wagen einen Teil von dem Meereswasser aus, das er getrunken hatte, da entstand ein großer See, worin die Kriegsvölker stecken blieben und ertranken. Als die Zauberin das vernahm, schickte sie ihre geharnischten Reiter, aber der Horcher hörte das Rasseln ihrer Rüstung und band dem einen die Augen auf, der guckte die Feinde ein bischen scharf an, da sprangen sie aus einander wie Glas. Nun fuhren sie ungestört weiter, und als die beiden in der Kirche eingesegnet waren, nahmen die sechs Diener ihren Abschied, und sprachen zu ihrem Herrn »eure Wünsche sind erfüllt, ihr habt uns nicht mehr nötig, wir wollen weiter ziehen und unser Glück versuchen.« Eine halbe Stunde vor dem Schloß war ein Dorf, vor dem hütete ein Schweinehirt seine Herde: wie sie dahin kamen, sprach er zu seiner Frau »weißt du auch recht wer ich bin? ich bin kein Königssohn, sondern ein Schweinehirt, und der mit der Herde dort, das ist mein Vater: wir zwei müssen auch daran und ihm helfen hüten.« Dann stieg er mit ihr in das Wirtshaus ab, und sagte heimlich zu den Wirtsleuten in der Nacht sollten sie ihr die königlichen Kleider wegnehmen. Wie sie nun am Morgen aufwachte, hatte sie nichts anzutun, und die Wirtin gab ihr einen alten Rock und ein paar alte wollene Strümpfe, dabei tat sie noch als wärs ein großes Geschenk und sprach »wenn nicht euer Mann wäre, hätt ichs euch gar nicht gegeben.« Da glaubte sie er wäre wirklich ein Schweinehirt und hütete mit ihm die Herde und dachte »ich habe es verdient mit meinem Übermut und Stolz.« Das dauerte acht Tage, da konnte sie es nicht mehr aushalten, denn die Füße waren ihr wund geworden. Da kamen ein paar Leute und fragten ob sie wüßte wer ihr Mann wäre. »Ja,« antwortete sie, »er ist ein Schweinehirt, und ist eben ausgegangen mit Bändern und Schnüren einen kleinen Handel zu treiben.« Sie[[1]] sprachen aber »kommt einmal mit, wir wollen euch zu ihm hinführen,« und brachten sie ins Schloß hinauf; und wie sie in den Saal kam, stand da ihr Mann in königlichen Kleidern. Sie[[1]] erkannte ihn aber nicht, bis er ihr um den Hals fiel, sie küßte und sprach »ich habe so viel für dich gelitten, da hast du auch für mich leiden sollen.« Nun ward erst die Hochzeit gefeiert, und ders erzählt hat, wollte er wäre auch dabei gewesen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="135._Die_weiße_und_die_schwarze_Braut" 135. Die weiße und die schwarze Braut. &&ax &&lg=x &&fe Eine Frau ging mit ihrer Tochter und Stieftochter über Feld, Futter zu schneiden. Da kam der liebe Gott als ein armer Mann zu ihnen gegangen und fragte »wo führt der Weg ins Dorf?« »Wenn ihr ihn wissen wollt,« sprach die Mutter, »so sucht ihn selber,« und die Tochter setzte hinzu »habt ihr Sorge daß ihr ihn nicht findet, so nehmt euch einen Wegweiser mit.« Die Stieftochter aber sprach »armer Mann, ich will dich führen, komm mit mir.« Da zürnte der liebe Gott über die Mutter und Tochter, wendete ihnen den Rücken zu und verwünschte sie, daß sie sollten schwarz werden wie die Nacht und häßlich wie die Sünde. Der armen Stieftochter aber war Gott gnädig und ging mit ihr, und als sie nahe am Dorf waren, sprach er einen Segen über sie und sagte »wähle dir drei Sachen aus, die will ich dir gewähren.« Da sprach das Mädchen »ich möchte gern so schön und rein werden wie die Sonne;« alsbald war sie weiß und schön wie der Tag. »Dann möchte ich einen Geldbeutel haben, der nie leer würde:« den gab ihr der liebe Gott auch, sprach aber »vergiß das Beste nicht.« Sagte sie »ich wünsche mir zum dritten das ewige Himmelreich nach meinem Tode.« Das ward ihr auch gewährt, und also schied der liebe Gott von ihr. Als die Stiefmutter mit ihrer Tochter nach Hause kam und sah daß sie beide kohlschwarz und häßlich waren, die Stieftochter aber weiß und schön, so stieg die Bosheit in ihrem Herzen noch höher, und sie hatte nichts anders im Sinn als wie sie ihr ein Leid antun könnte. Die Stieftochter aber hatte einen Bruder Namens Reginer, den liebte sie sehr und erzählte ihm alles, was geschehen war. Nun sprach Reginer einmal zu ihr »liebe Schwester, ich will dich abmalen, damit ich dich beständig vor Augen sehe, denn meine[[Besitz]] Liebe zu dir ist so groß, daß ich dich immer anblicken möchte.« Da antwortete sie »aber ich bitte dich laß niemand das Bild sehen.« Er malte nun seine Schwester ab und hing das Bild in seiner Stube auf; er wohnte aber in des Königs Schloß, weil er bei ihm Kutscher war. Alle Tage ging er davor stehen und dankte Gott für das Glück seiner lieben Schwester. Nun war aber gerade dem König, bei dem er diente, seine Gemahlin verstorben, und die so schön gewesen war, daß man keine finden konnte, die ihr gliche, und der König war darüber in tiefer Trauer. Die Hofdiener bemerkten aber daß der Kutscher täglich vor dem schönen Bilde stand, mißgönntens ihm und meldeten es dem König. Da ließ dieser das Bild vor sich bringen, und als er sah daß es in allem seiner verstorbenen Frau glich, nur noch schöner war, so verliebte er sich sterblich hinein. Er ließ den Kutscher vor sich kommen und fragte wen das Bild vorstellte. Der Kutscher sagte es wäre seine Schwester, so entschloß sich der König keine andere als diese zur Gemahlin zu nehmen, gab ihm Wagen und Pferde und prächtige Goldkleider und schickte ihn fort, seine erwählte Braut abzuholen. Wie Reginer mit der Botschaft an kam, freute sich seine Schwester, allein die Schwarze war eifersüchtig über das Glück, ärgerte sich über alle Maßen und sprach zu ihrer Mutter »was helfen nun all eure Künste, da ihr mir ein solches Glück doch nicht verschaffen könnt.« »Sei still,« sagte die Alte »ich will dirs schon zuwenden.« Und durch ihre Hexenkünste trübte sie dem Kutscher die Augen, daß er halb blind war, und der Weißen verstopfte sie die Ohren, daß sie halb taub war. Darauf stiegen sie in den Wagen, erst die Braut in den herrlichen königlichen Kleidern, dann die Stiefmutter mit ihrer Tochter, und Reginer saß auf dem Bock, um zu fahren. Wie sie eine Weile unterwegs waren, rief der Kutscher »deck dich zu, mein Schwesterlein, daß Regen dich nicht näßt, daß Wind dich nicht bestäubt daß du fein schön zum König kommst.« Die Braut fragte »was sagt mein lieber Bruder?« »Ach,« sprach die Alte, »er hat gesagt du solltest dein gülden Kleid ausziehen und es deiner Schwester geben.« Da zog sies aus und tats der Schwarzen an, die gab ihr dafür einen schlechten grauen Kittel. So fuhren sie weiter: über ein Weilchen rief der Bruder abermals »deck dich zu, mein Schwesterlein, daß Regen dich nicht näßt, daß Wind dich nicht bestäubt, und du fein schön zum König kommst.« Die Braut fragte »was sagt mein lieber Bruder?« »Ach,« sprach die Alte, »er hat gesagt, du solltest deine güldene Haube ab tun und deiner Schwester geben.« Da tat sie die Haube ab und tat sie der Schwarzen auf und saß im bloßen Haar. So fuhren sie weiter: wiederum über ein Weilchen rief der Bruder »deck dich zu, mein Schwesterlein, daß Regen dich nicht näßt, daß Wind dich nicht bestäubt, und du fein schön zum König kommst.« Die Braut fragte »was sagt mein lieber Bruder?« »Ach,« sprach die Alte, »er hat gesagt du möchtest einmal aus dem Wagen sehen.« Sie[[1]] fuhren aber gerade auf einer Brücke über ein tiefes Wasser. Wie nun die Braut aufstand und aus dem Wagen sich heraus bückte, da stießen sie die beiden hinaus, daß sie mitten ins Wasser stürzte. Als sie versunken war, in demselben Augenblick, stieg eine schneeweiße Ente aus dem Wasserspiegel hervor und schwamm den Fluß hinab. Der Bruder hatte gar nichts davon gemerkt und fuhr den Wagen weiter, bis sie an den Hof kamen. Da brachte er dem König die Schwarze als seine Schwester und meinte sie wärs wirklich, weil es ihm trübe vor den Augen war und er doch die Goldkleider schimmern sah. Der König, wie er die grundlose Häßlichkeit an seiner vermeinten Braut erblickte, ward sehr bös und befahl den Kutscher in eine Grube zu werfen, die voll Ottern und Schlangengezücht war. Die alte Hexe aber wußte den König doch so zu bestricken und durch ihre Künste ihm die Augen zu verblenden, daß er sie und ihre Tochter behielt, ja daß sie ihm ganz leidlich vorkam und er sich wirklich mit ihr verheiratete. Einmal Abends, während die schwarze Braut dem König auf dem Schoße saß, kam eine weiße Ente zum Gossenstein in die Küche geschwommen und sagte zum Küchenjungen »Jüngelchen, mach Feuer an, daß ich meine[[Besitz]] Federn wärmen kann.« Das tat der Küchenjunge und machte ihr ein Feuer auf dem Herd: da kam die Ente und setzte sich daneben, schüttelte sich und strich sich die Federn mit dem Schnabel zurecht. Während sie so saß und sich wohltat, fragte sie »was macht mein Bruder Reginer?« Der Küchenjunge antwortete »liegt in der Grube gefangen bei Ottern und bei Schlangen.« Fragte sie weiter »was macht die schwarze Hexe im Haus?« Der Küchenjunge antwortete »die sitzt warm ins Königs Arm.« Sagte die Ente »daß Gott erbarm!« und schwamm den Gossenstein hinaus. Den folgenden Abend kam sie wieder und tat dieselben Fragen und den dritten Abend noch einmal. Da konnte es der Küchenjunge nicht länger übers Herz bringen, ging zu dem König und entdeckte ihm alles. Der König aber wollte es selbst sehen, ging den andern Abend hin, und wie die Ente den Kopf durch den Gossenstein herein streckte, nahm er sein Schwert, und hieb ihr den Hals durch, da ward sie auf einmal zum schönsten Mädchen und glich genau dem Bild, das der Bruder von ihr gemacht hatte. Der König war voll Freuden; und weil sie ganz naß da stand, ließ er köstliche Kleider bringen und ließ sie damit bekleiden. Dann erzählte sie ihm wie sie durch List und Falschheit wäre betrogen und zuletzt in den Fluß hinabgeworfen worden; und ihre erste Bitte war, daß ihr Bruder aus der Schlangenhöhle heraus geholt würde. Und als der König diese Bitte erfüllt hatte, ging er in die Kammer, wo die alte Hexe saß und fragte »was verdient die, welche das und das tut?« und erzählte was geschehen war. Da war sie so verblendet, daß sie nichts merkte und sprach »die verdient daß man sie nackt auszieht und in ein Faß mit Nägeln legt, und daß man vor das Faß ein Pferd spannt und das Pferd in alle Welt schickt.« Das geschah alles an ihr und ihrer schwarzen Tochter. Der König aber heiratete die weiße und schöne Braut und belohnte den treuen Bruder, indem er ihn zu einem reichen und angesehenen Mann machte. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="136._Der_Eisenhans" 136. Der Eisenhans. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein König, der hatte einen großen Wald bei seinem Schloß, darin lief Wild aller Art herum. Zu einer Zeit schickte er einen Jäger hinaus, der sollte ein Reh schießen, aber er kam nicht wieder. »Vielleicht ist ihm ein Unglück zugestoßen,« sagte der König, und schickte den folgenden Tag zwei andere Jäger hinaus, die sollten ihn auf suchen, aber die blieben auch weg. Da ließ er am dritten Tag alle seine Jäger kommen und sprach »streift durch den ganzen Wald und laßt nicht ab bis ihr sie alle drei gefunden habt.« Aber auch von diesen kam keiner wieder heim, und von der Meute Hunde, die sie mitgenommen hatten, ließ sich keiner wieder sehen. Von der Zeit an wollte sich niemand mehr in den Wald wagen, und er lag da in tiefer Stille und Einsamkeit, und man sah nur zuweilen einen Adler oder Habicht darüber hin fliegen. Das dauerte viele Jahre, da meldete sich ein fremder Jäger bei dem König, suchte eine Versorgung und erbot sich in den gefährlichen Wald zu gehen. Der König aber wollte seine Einwilligung nicht geben und sprach »es ist nicht geheuer darin, ich fürchte es geht dir nicht besser als den andern, und du kommst nicht wieder heraus.« Der Jäger antwortete »Herr, ich wills auf meine[[Besitz]] Gefahr wagen: von Furcht weiß ich nichts.« Der Jäger begab sich also mit seinem Hund in den Wald. Es dauerte nicht lange, so geriet der Hund einem Wild auf die Fährte und wollte hinter ihm her: kaum aber war er ein paar Schritte gelaufen, so stand er vor einem tiefen Pfuhl, konnte nicht weiter und ein nackter Arm streckte sich aus dem Wasser, packte ihn und zog ihn hinab. Als der Jäger das sah, ging er zurück und holte drei Männer, die mußten mit Eimern kommen und das Wasser ausschöpfen. Als sie auf den Grund sehen konnten, so lag da ein wilder Mann, der braun am Leib war, wie rostiges Eisen, und dem die Haare über das Gesicht bis zu den Knieen herab hingen. Sie[[1]] banden ihn mit Stricken und führten ihn fort, in das Schloß. Da war große Verwunderung über den wilden Mann, der König aber ließ ihn in einen eisernen Käfig auf seinen Hof setzen und verbot bei Lebensstrafe die Türe des Käfigs zu öffnen, und die Königin mußte den Schlüssel selbst in Verwahrung nehmen. Von nun an konnte ein jeder wieder mit Sicherheit in den Wald gehen. Der König hatte einen Sohn von acht Jahren, der spielte einmal auf dem Hof, und bei dem Spiel fiel ihm sein goldener Ball in den Käfig. Der Knabe lief hin und sprach »gib mir meinen[[Besitz]] Ball heraus.« »Nicht eher,« antwortete der Mann, »als bis du mir die Türe aufgemacht hast.« »Nein,« sagte der Knabe, »das tue ich nicht, das hat der König verboten,« und lief fort. Am andern Tag kam er wieder und forderte seinen Ball: der wilde Mann sagte »öffne meine[[Besitz]] Türe,« aber der Knabe wollte nicht. Am dritten Tag war der König auf die Jagd geritten, da kam der Knabe nochmals und sagte »wenn ich auch wollte, ich kann die Türe nicht öffnen, ich habe den Schlüssel nicht.« Da sprach der wilde Mann »er liegt unter dem Kopfkissen deiner Mutter, da kannst du ihn holen.« Der Knabe, der seinen Ball wieder haben wollte, schlug alles Bedenken in den Wind und brachte den Schlüssel herbei. Die Türe ging schwer auf, und der Knabe klemmte sich den Finger. Als sie offen war, trat der wilde Mann heraus, gab ihm den goldenen Ball und eilte hinweg. Dem Knaben war angst geworden, er schrie und rief ihm nach »ach, wilder Mann, geh nicht fort, sonst bekomme ich Schläge.« Der wilde Mann kehrte um, hob ihn auf, setzte ihn auf seinen Nacken und ging mit schnellen Schritten in den Wald hinein. Als der König heim kam, bemerkte er den leeren Käfig und fragte die Königin wie das zugegangen wäre. Sie[[1]] wußte nichts davon, suchte den Schlüssel, aber er war weg. Sie[[1]] rief den Knaben, aber niemand antwortete. Der König schickte Leute aus, die ihn auf dem Feld suchen sollten, aber sie fanden ihn nicht. Da konnte er leicht erraten was geschehen war, und es herrschte große Trauer an dem königlichen Hof. Als der wilde Mann wieder in dem finstern Wald angelangt war, so setzte er den Knaben von den Schultern herab und sprach zu ihm »Vater und Mutter siehst du nicht wieder, aber ich will dich bei mir behalten, denn du hast mich befreit, und ich habe Mitleid mit dir. Wenn du alles tust, was ich dir sage, so sollst dus gut haben. Schätze und Gold habe ich genug und mehr als jemand in der Welt.« Er machte dem Knaben ein Lager von Moos, auf dem er einschlief, und am andern Morgen führte ihn der Mann zu einem Brunnen und sprach »siehst du der Goldbrunnen ist hell und klar wie Krystall: du sollst dabei sitzen und acht haben daß nichts hinein fällt, sonst ist er verunehrt. Jeden Abend komme ich und sehe ob du mein Gebot befolgt hast.« Der Knabe setzte sich an den Rand des Brunnens, sah wie manchmal ein goldner Fisch, manchmal eine goldne Schlange sich darin zeigte, und hatte acht daß nichts hinein fiel. Als er so saß, schmerzte ihn einmal der Finger so heftig daß er ihn unwillkürlich in das Wasser steckte. Er zog ihn schnell wieder heraus, sah aber daß er ganz vergoldet war, und wie große Mühe er sich gab das Gold wieder abzuwischen, es war alles vergeblich. Abends kam der Eisenhans zurück, sah den Knaben an und sprach »was ist mit dem Brunnen geschehen?« »Nichts, nichts« antwortete er und hielt den Finger auf den Rücken, daß er ihn nicht sehen sollte. Aber der Mann sagte »du hast den Finger in das Wasser getaucht: diesmal mags hingehen, aber hüte dich daß du nicht wieder etwas hinein fallen läßt.« Am frühsten Morgen saß er schon bei dem Brunnen und bewachte ihn. Der Finger tat ihm wieder weh und er fuhr damit über seinen Kopf, da fiel unglücklicher Weise ein Haar herab in den Brunnen. Er nahm es schnell heraus, aber es war schon ganz vergoldet. Der Eisenhans kam und wußte schon was geschehen war. »Du hast ein Haar in den Brunnen fallen lassen,« sagte er, »ich will dirs noch einmal nachsehen, aber wenns zum drittenmal geschieht, so ist der Brunnen entehrt, und du kannst nicht länger bei mir bleiben.« Am dritten Tag saß der Knabe am Brunnen, und bewegte den Finger nicht, wenn er ihm noch so weh tat. Aber die Zeit ward ihm lang, und er betrachtete sein Angesicht, das auf dem Wasserspiegel stand. Und als er sich dabei immer mehr beugte, und sich recht in die Augen sehen wollte, so fielen ihm seine langen Haare von den Schultern herab in das Wasser. Er richtete sich schnell in die Höhe, aber das ganze Haupthaar war schon vergoldet und glänzte wie eine Sonne. Ihr könnt denken wie der arme Knabe erschrak. Er nahm sein Taschentuch und band es um den Kopf, damit es der Mann nicht sehen sollte. Als er kam, wußte er schon alles und sprach »binde das Tuch auf.« Da quollen die goldenen Haare hervor und der Knabe mochte sich entschuldigen, wie er wollte, es half ihm nichts. »Du hast die Probe nicht bestanden und kannst nicht länger hier bleiben. Geh hinaus in die Welt, da wirst du erfahren, wie die Armut tut. Aber weil du kein böses Herz hast und ichs gut mit dir meine[[Meinung]], so will ich dir eins erlauben: wenn du in Not gerätst, so geh zu dem Wald und rufe »Eisenhans,« dann will ich kommen und dir helfen. Meine[[Besitz]] Macht ist groß, größer als du denkst, und Gold und Silber habe ich im Überfluß.« Da verließ der Königssohn den Wald und ging über gebahnte und ungebahnte Wege immer zu, bis er zuletzt in eine große Stadt kam. Er suchte da Arbeit, aber er konnte keine finden und hatte auch nichts erlernt, womit er sich hätte forthelfen können. Endlich ging er in das Schloß und fragte ob sie ihn behalten wollten. Die Hofleute wußten nicht wozu sie ihn brauchen sollten, aber sie hatten Wohlgefallen an ihm und hießen ihn bleiben. Zuletzt nahm ihn der Koch in Dienst und sagte er könnte Holz und Wasser tragen und die Asche zusammen kehren. Einmal, als gerade kein anderer zur Hand war, hieß ihn der Koch die Speisen zur königlichen Tafel tragen, da er aber seine goldenen Haare nicht wollte sehen lassen, so behielt er sein Hütchen auf. Dem König war so etwas noch nicht vorgekommen, und er sprach »wenn du zur königlichen Tafel kommst, mußt du deinen Hut abziehen.« »Ach Herr,« antwortete er, »ich kann nicht, ich habe einen bösen Grind auf dem Kopf.« Da ließ der König den Koch herbei rufen, schalt ihn und fragte wie er einen solchen Jungen hätte in seinen Dienst nehmen können; er sollte ihn gleich fortjagen. Der Koch aber hatte Mitleiden mit ihm und vertauschte ihn mit dem Gärtnerjungen. Nun mußte der Junge im Garten pflanzen und begießen, hacken und graben, und Wind und böses Wetter über sich ergehen lassen. Einmal im Sommer als er allein im Garten arbeitete, war der Tag so heiß daß er sein Hütchen abnahm und die Luft ihn kühlen sollte. Wie die Sonne auf das Haar schien, glitzte und blitzte es daß die Strahlen in das Schlafzimmer der Königstochter fielen und sie aufsprang um zu sehen was das wäre. Da erblickte sie den Jungen und rief ihn an »Junge, bring mir einen Blumenstrauß.« Er setzte in aller Eile sein Hütchen auf, brach wilde Feldblumen ab und band sie zusammen. Als er damit die Treppe hinauf stieg, begegnete ihm der Gärtner und sprach »wie kannst du der Königstochter einen Strauß von schlechten Blumen bringen? geschwind hole andere, und suche die schönsten und seltensten aus.« »Ach nein,« antwortete der Junge, »die wilden riechen kräftiger und werden ihr besser gefallen.« Als er in ihr Zimmer kam, sprach die Königstochter »nimm dein Hütchen ab, es ziemt sich nicht daß du ihn vor mir auf behältst.« Er antwortete wieder »ich darf nicht, ich habe einen grindigen Kopf.« Sie[[1]] griff aber nach dem Hütchen und zog es ab, da rollten seine goldenen Haare auf die Schultern herab, daß es prächtig anzusehen war. Er wollte fortspringen, aber sie hielt ihn am Arm und gab ihm eine Hand voll Dukaten. Er ging damit fort, achtete aber des Goldes nicht, sondern er brachte es dem Gärtner und sprach »ich schenke es deinen Kindern, die können damit spielen.« Den andern Tag rief ihm die Königstochter abermals zu er sollte ihr einen Strauß Feldblumen bringen, und als er damit eintrat, grapschte sie gleich nach seinem Hütchen und wollte es ihm wegnehmen, aber er hielt es mit beiden Händen fest. Sie[[1]] gab ihm wieder eine Hand voll Dukaten, aber er wollte sie nicht behalten und gab sie dem Gärtner zum Spielwerk für seine Kinder. Den dritten Tag gings nicht anders, sie konnte ihm sein Hütchen nicht weg nehmen, und er wollte ihr Gold nicht. Nicht lange danach ward das Land mit Krieg überzogen. Der König sammelte sein Volk und wußte nicht ob er dem Feind, der übermächtig war und ein großes Heer hatte, Widerstand leisten könnte. Da sagte der Gärtnerjunge »ich bin herangewachsen und will mit in den Krieg ziehen, gebt mir nur ein Pferd.« Die andern lachten und sprachen »wenn wir fort sind, so suche dir eins: wir wollen dir eins im Stall zurück lassen.« Als sie ausgezogen waren, ging er in den Stall und zog das Pferd heraus; es war an einem Fuß lahm und hickelte hunkepuus, hunkepuus. Dennoch setzte er sich auf und ritt fort nach dem dunkeln Wald. Als er an den Rand desselben gekommen war, rief er dreimal Eisenhans so laut daß es durch die Bäume schallte. Gleich darauf erschien der wilde Mann und sprach »was verlangst du?« »Ich verlange ein starkes Roß, denn ich will in den Krieg ziehen.« »Das sollst du haben und noch mehr als du verlangst.« Dann ging der wilde Mann in den Wald zurück, und es dauerte nicht lange, so kam ein Stallknecht aus dem Wald und führte ein Roß herbei, das schnaubte aus den Nüstern, und war kaum zu bändigen. Und hinterher folgte eine große Schaar Kriegsvolk, ganz in Eisen gerüstet, und ihre Schwerter blitzten in der Sonne. Der Jüngling übergab dem Stallknecht sein dreibeiniges Pferd, bestieg das andere und ritt vor der Schaar her. Als er sich dem Schlachtfeld näherte, war schon ein großer Teil von des Königs Leuten gefallen und es fehlte nicht viel, so mußten die übrigen weichen. Da jagte der Jüngling mit seiner eisernen Schaar heran, fuhr wie ein Wetter über die Feinde und schlug alles nieder was sich ihm widersetzte. Sie[[1]] wollten fliehen, aber der Jüngling saß ihnen auf dem Nacken und ließ nicht ab bis kein Mann mehr übrig war. Statt aber zu dem König zurück zu kehren, führte er seine Schaar auf Umwegen wieder zu dem Wald und rief den Eisenhans heraus. »Was verlangst du?« fragte der wilde Mann. »Nimm dein Roß und deine Schaar zurück und gib mir mein dreibeiniges Pferd wieder.« Es geschah alles, was er verlangte, und ritt auf seinem dreibeinigen Pferd heim. Als der König wieder in sein Schloß kam, ging ihm seine Tochter entgegen und wünschte ihm Glück zu seinem Sieg. »Ich bin es nicht, der den Sieg davon getragen hat« sprach er »sondern ein fremder Ritter, der mir mit seiner Schaar zu Hilfe kam.« Die Tochter wollte wissen wer der fremde Ritter wäre, aber der König wußte es nicht und sagte »er hat die Feinde verfolgt, und ich habe ihn nicht wieder gesehen.« Sie[[1]] erkundigte sich bei dem Gärtner nach seinem Jungen: der lachte aber und sprach »eben ist er auf seinem dreibeinigen Pferd heim gekommen, und die andern haben gespottet und gerufen ›da kommt unser Hunkepuus wieder an.‹ Sie[[1]] fragten auch ›hinter welcher Hecke hast du derweil gelegen und geschlafen?‹ Er sprach aber ›ich habe das beste getan, und ohne mich wäre es schlecht gegangen.‹ Da ward er noch mehr ausgelacht.« Der König sprach zu seiner Tochter »ich will ein großes Fest ansagen lassen, das drei Tage währen soll, und du sollst einen goldenen Apfel werfen: vielleicht kommt der unbekannte herbei.« Als das Fest verkündigt war, ging der Jüngling hinaus zu dem Wald und rief den Eisenhans. »Was verlangst du?« fragte er. »Daß ich den goldenen Apfel der Königstochter fange.« »Es ist so gut als hättest du ihn schon« sagte Eisenhans, »du sollst auch eine rote Rüstung dazu haben und auf einem stolzen Fuchs reiten.« Als der Tag kam, sprengte der Jüngling heran, stellte sich unter die Ritter und ward von niemand erkannt. Die Königstochter trat hervor und warf den Rittern einen goldenen Apfel zu, aber keiner fing ihn als er allein, aber sobald er ihn hatte, jagte er davon. Am zweiten Tag hatte ihn Eisenhans als weißen Ritter ausgerüstet und ihm einen Schimmel gegeben. Abermals fing er allein den Apfel, verweilte aber keinen Augenblick, sondern jagte damit fort. Der König ward bös und sprach »das ist nicht erlaubt, er muß vor mir erscheinen und seinen Namen nennen.« Er gab den Befehl, wenn der Ritter, der den Apfel gefangen habe, sich wieder davon machte, so sollte man ihm nachsetzen und wenn er nicht gutwillig zurück kehrte, auf ihn hauen und stechen. Am dritten Tag erhielt er vom Eisenhans eine schwarze Rüstung und einen Rappen und fing auch wieder den Apfel. Als er aber damit fortjagte, verfolgten ihn die Leute des Königs und einer kam ihm so nahe daß er mit der Spitze des Schwerts ihm das Bein verwundete. Er entkam ihnen jedoch, aber sein Pferd sprang so gewaltig daß der Helm ihm vom Kopf fiel, und sie konnten sehen daß er goldene Haare hatte. Sie[[1]] ritten zurück und meldeten dem König alles. Am andern Tag fragte die Königstochter den Gärtner nach seinem Jungen. »Er arbeitet im Garten: der wunderliche Kautz ist auch bei dem Fest gewesen und erst gestern Abend wieder gekommen; er hat auch meinen[[Besitz]] Kindern drei goldene Äpfel gezeigt, die er gewonnen hat.« Der König ließ ihn vor sich fordern, und er erschien und hatte wieder sein Hütchen auf dem Kopf. Aber die Königstochter ging auf ihn zu und nahm es ihm ab, und da fielen seine goldenen Haare über die Schultern, und er war so schön, daß alle erstaunten. »Bist du der Ritter gewesen, der jeden Tag zu dem Fest gekommen ist, immer in einer andern Farbe, und der die drei goldenen Äpfel gefangen hat?« fragte der König. »Ja« antwortete er, »und da sind die Äpfel,« holte sie aus seiner Tasche und reichte sie dem König. »Wenn ihr noch mehr Beweise verlangt, so könnt ihr die Wunde sehen, die mir eure Leute geschlagen haben, als sie mich verfolgten. Aber ich bin auch der Ritter, der euch zum Sieg über die Feinde geholfen hat.« »Wenn du solche Taten verrichten kannst, so bist du kein Gärtnerjunge: sage mir, wer ist dein Vater?« »Mein[[Besitz]] Vater ist ein mächtiger König und Goldes habe ich die Fülle und so viel ich nur verlange.« »Ich sehe wohl,« sprach der König, »ich bin dir Dank schuldig, kann ich dir etwas zu Gefallen tun?« »Ja« antwortete er, »das könnt ihr wohl, gebt mir eure Tochter zur Frau.« Da lachte die Jungfrau und sprach »der macht keine Umstände, aber ich habe schon an seinen goldenen Haaren gesehen daß er kein Gärtnerjunge ist:« ging dann hin und küßte ihn. Zu der Vermählung kam sein Vater und seine Mutter und waren in großer Freude, denn sie hatten schon alle Hoffnung aufgegeben ihren lieben Sohn wieder zu sehen. Und als sie an der Hochzeitstafel saßen, da schwieg auf einmal die Musik, die Türen gingen auf und ein stolzer König trat herein mit großem Gefolge. Er ging auf den Jüngling zu, umarmte ihn und sprach »ich bin der Eisenhans, und war in einen wilden Mann verwünscht, aber du hast mich erlöst. Alle Schätze, die ich besitze, die sollen dein Eigentum sein.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="137._De_drei_schwatten_Princessinnen" 137. &&wt0 {{De drei schwatten Princes¬sinnen.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Ost¬indien was von den Fiend belagert, he wull de Stadt nig verloeten, he wull ersten seshundert Dahler hebben. Do leiten se dat ut trum¬men, well de schaffen könne, de soll Börge¬mester weren. Do was der en armen Fisker, de fiskede up de See mit sinen Sohn, do kam de Fiend un nam den Sohn gefangen un gav em doför ses¬hun¬dert Dahler. Do genk de Vader hen un gav dat de Heerens in de Stadt, un de Fiend trock av un de Fisker wurde Börge¬mester. Do word utropen wer nig »Heer Börge¬mester« segde, de soll an de Galge richtet weren. De sohn de kam de Fiend wier ut de Hände un kam in en grauten Wold up en haujen Berg. De Berg de dei sick up, do kam he in en graut ver¬wüns¬ket Schloß, woin Stohle, Diske un Bänke alle schwatt behangen wören. Do queimen drei Princes¬sinnen, de gans schwatt an¬trocken wören, de men en lück (wenig) witt in't Gesicht häd¬den, de segden to em he soll men nig bange sien, se wullen em nix dohn, he könn eer erlösen. Do seg he je dat wull he gern dohn, wann he men wüste wo he dat macken söll. Do segget se he söll en gans Johr nig met en kühren (sprechen), un söll se auck nig anseihen: wat he gern hebben wull, dat söll he men seggen, wann se Ant¬wort giewen dröften (geben dürf¬ten), wullen se et dohn. As he 'ne Tied lang der west was, sede he he wull asse gern noh sin Vader gohn, da seg¬get se dat söll he men dohn, düssen Buel (Beutel) met Geld söll he met niermen, düsse Klöder soll he an¬trecken, un in acht Dage möst he der wier sien. Do werd he up¬nurmen (auf¬ge¬ho¬ben), un is glik in Ost¬indien. Do kann he sin Vader in de Fisk¬hütte nig mer finden un frög de Luide wo doh de arme Fisker blier¬wen wöre, do segget se dat möst he nig seggen, dann queim he an de Galge. Do kümmt he bi sin Vader, do seg he »Fisker, wo sin ji do to kum¬men?« Do seg de »dat möt ji nig seggen, wann dat de Heerens van de Stadt gewahr weeret, küm¬me ji an de Galge.« He willt ober gar nig loten, he werd noh de Galge bracht. Es he do is, seg he »o mine Heerens, gierwet mie doh Verlöv dat ick noh de olle Fisk¬hütte gohn mag.« Do tüt he sinen ollen Kiel an, do küm¬met he wier noh de Heerens un seg »seih ji et nu wull, sin ick nig en armen Fisker sinen Sohn? in düt Tueg heve ick minen Vader und Moder dat Braud gewun¬nen.« Do erken¬net se en un badden üm Vergib¬nüs un niermt en met noh sin Hues, do verteld he alle wü et em gohn hev, dat he wöre in en Wold kum¬men up en haujen Berg, do hädde sick de Berg updohn, do wöre he in en ver¬wüns¬ket Schloß kum¬men, wo alles schwatt west wöre, un drei Princes¬sinnen wören der an kum¬men, de wören schwatt west, men en lück witt in't Gesicht. De hädden em segd he söll nig bange sien, he könn eer erlösen. Do seg sine Moder dat mög wull nig guet sien, he soll 'ne gewiehte Wass¬keefze met nier¬men un drüp¬pen (trop¬fen) eer gleinig (glühend) Wass in't Gesicht. He geit wier hen un do gruelte (graute) em so, un he drüppde er Wass in't Gesicht, asse se sleipen, un se wören all halv witt. Do sprün¬gen alle de drei Princes¬sinnen up un segden »de ver¬fluchte Hund, usse Bloet soll örfer die Rache schreien, nu is kin Mensk up de Welt geboren un werd geboren, de us erlösen kann, wie hevet noh drei Bröders, de sind in siewen Ketten an¬schloe¬ten, de söllt die terreiten.« Do givt et en Gekriesk in't ganse Schloß, un he sprank noh ut dat Fenster un terbrack dat Been, un dat Schloß sunk wier in de Grunde, de Berg was wier to, un nüm¬mes wust wo et west was.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="138._Knoist_un_sine_dre_Sühne" 138. &&wt0 {{Knoist un sine dre Sühne.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Twisken Werrel un Soist, do wuhnde 'n Mann, un de hede Knoist, de hadde dre Sühne, de eene was blind, de annre was lahm un de dridde was splen¬ter¬naket. Do gingen se mol öwer Feld, do sehen se eenen Hasen. De blinne de schöt en, de lahme de fienk en, de nackede de stack en in de Tasken. Do käimen se für en groot all¬mächtig Waater, do wuren dre Schippe uppe, dat eene dat rann, dat annre dat sank, dat dridde, do was keen Buoden inne. Wo keen Buoden inne was, do gingen se olle dre inne. Do käimen se an eenen all¬mächtig grooten Walle (Wald), do was en groot all¬mächtig Boom inne, in den Boom was eene all¬mächtig groote Capelle, in de Capelle was een hage¬böcken Köster un en bußboomen Pastoer, de deelden dat Wiggewaater mit Knuppeln uit. Sielig is de Mann, de den Wigge¬waater entlau¬pen kann.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="139._Dat_Mäken_von_Brakel" 139. &&wt0 {{Dat Mäken von Brakel.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Et gien mal 'n Mäken von Brakel na de sünt Annen Capellen uner de Hinnen¬borg, un weil et gierne 'n Mann heven wulle un ock meinde et wäre süs neimes in de Capellen, sau sank et »O hilge sünte Anne, help mie doch bald tom Manne. Du kennst 'n ja wull: he wuhnt var«m Suttmer¬dore, hed gele Hore: du kennst 'n ja wull.« De Köster stand awerst hünner de Altare un höre dat, da rep he mit 'ner gans schrö¬geri¬gen Stimme »du kriggst 'n nig, du kriggst 'n nig.« Dat Mäken awerst meinde dat Marien¬kin¬neken, dat bie de Mudder Anne steiht, hedde üm dat to ropen, da wor et beuse un reip »pepper¬lepep, dumme Blae, halt de Schnuten un lat de Möhme kühren (die Mutter reden).«}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="140._Das_Hausgesinde" 140. &&wt0 {{Das Hausgesinde.}} &&ax &&lg=x &&fe {{»Wo wust du henne?« »Nah &&c=8 Walpe. &&c=0 « »Jck nah Walpe, du nah Walpe; sam, sam, goh wie dann.« »Häst du auck 'n Mann? wie hedd din Mann?« » &&c=8 Cham. &&c=0 « »Min Mann Cham, din Mann Cham: ick nah Walpe, du nah Walpe; sam, sam, goh wie dann.« »Häst du auck 'n Kind? wie hedd din Kind?« » &&c=8 Grind. &&c=0 « »Min Kind Grind, din Kind Grind: min Mann Cham, din Mann Cham: ick nah Walpe, du nah Walpe; sam, sam, goh wie dann.« »Häst du auck 'n Weige? wie hedd dine Weige?« » &&c=8 Hippo¬deige. &&c=0 « »Mine Weige Hippo¬deige, dine Weige Hippo¬deige; min Kind Grind, din Kind Grind: min Mann Cham, din Mann Cham: ick nah Walpe, du nah Walpe; sam, sam, goh wie dann.« »Häst du auck 'n Knecht? wie hedd din Knecht?« » &&c=8 Mach¬mirs¬recht. &&c=0 « »Min Knecht Mach¬mirs¬recht, din Knecht Mach¬mirs¬recht: mine Weige Hippo¬deige, dine Weige Hippo¬deige: min Kind Grind, din Kind Grind: min Mann Cham, din Mann Cham: ick nah Walpe, du nah Walpe; sam, sam, goh wie dann.«}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="141._Das_Lämmchen_und_Fischchen" 141. Das Lämmchen und Fischchen. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Brüderchen und Schwesterchen, die hatten sich herzlich lieb. Ihre rechte Mutter war aber tot, und sie hatten eine Stiefmutter, die war ihnen nicht gut und tat ihnen heimlich alles Leid an. Es trug sich zu, daß die zwei mit andern Kindern auf einer Wiese vor dem Haus spielten, und an der Wiese war ein Teich, der ging bis an die eine Seite vom Haus. Die Kinder liefen da herum, kriegten sich und spielten Abzählens: &&wt0 {{»Eneke, Beneke, lat mi liewen, will die ock min Vügel¬ken giewen. Vügel¬ken sall mie Strau söken, Strau will ick den Köse¬ken giewen, Köse¬ken sall mie Melk giewen, Melk will ick den Bäcker giewen, Bäcker sall mie 'n Kocken backen, Kocken will ick den Kät¬ken giewen, Kätken sall mie Müse fangen, Müse will ick in 'n Rauck han¬gen un will se an¬schnien.«}} &&wt1 Dabei standen sie in einem Kreis, und auf welchen nun das Wort &&wt0 {{»an¬schnien«}} &&wt1 fiel, der mußte fortlaufen, und die anderen liefen ihm nach und fingen ihn. Wie sie so fröhlich dahinsprangen, sah's die Stiefmutter vom Fenster mit an und ärgerte sich. Weil sie aber Hexenkünste verstand, so verwünschte sie beide, das Brüderchen in einen Fisch und das Schwesterchen in ein Lamm. Da schwamm das Fischchen im Teich hin und her, und war traurig, das Lämmchen ging auf der Wiese hin und her, und war traurig und fraß nicht und rührte kein Hälmchen an. So ging eine lange Zeit hin, da kamen fremde Gäste auf das Schloß. Die falsche Stiefmutter dachte »jetzt ist die Gelegenheit gut,« rief den Koch, und sprach zu ihm »geh und hol das Lamm von der Wiese und schlachts, wir haben sonst nichts für die Gäste.« Da ging der Koch hin und holte das Lämmchen und führte es in die Küche und band ihm die Füßchen; das litt es alles geduldig. Wie er nun sein Messer herausgezogen hatte und auf der Schwelle wetzte, um es abzustechen, sah es, wie ein Fischlein in dem Wasser vor dem Gossenstein hin und her schwamm und zu ihm hinaufblickte. Das war aber das Brüderchen, denn als das Fischchen gesehen hatte wie der Koch das Lämmchen fortführte, war es im Teich mitgeschwommen bis zum Haus. Da rief das Lämmchen hinab »ach Brüderchen im tiefen See, wie tut mir doch mein Herz so weh! der Koch der wetzt das Messer, will mir mein Herz durchstechen.« Das Fischchen antwortete »ach Schwesterchen in der Höh, wie tut mir doch mein Herz so weh in dieser tiefen See!« Wie der Koch hörte daß das Lämmchen sprechen konnte und so traurige Worte zu dem Fischchen hinabrief, erschrak er und dachte es müßte kein natürliches Lämmchen sein, sondern wäre von der bösen Frau im Haus verwünscht. Da sprach er »sei ruhig, ich will dich nicht schlachten« nahm ein anderes Tier und bereitete das für die Gäste, und brachte das Lämmchen zu einer guten Bäuerin, der erzählte er alles, was er gesehen und gehört hatte. Die Bäuerin war aber gerade die Amme von dem Schwesterchen gewesen, vermutete gleich wer's sein würde und ging mit ihm zu einer weisen Frau. Da sprach die weise Frau einen Segen über das Lämmchen und Fischchen, wovon sie ihre menschliche Gestalt wieder bekamen, und danach führte sie beide in einen großen Wald in ein klein Häuschen, wo sie einsam, aber zufrieden und glücklich lebten. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="142._Simeliberg" 142. Simeliberg {{[Simeliberg]}}. &&ax &&lg=x &&fe Es waren zwei Brüder, einer war reich, der andere arm. Der Reiche aber gab dem Armen nichts, und er mußte sich vom Kornhandel kümmerlich ernähren; da ging es ihm oft so schlecht, daß er für seine Frau und Kinder kein Brot hatte. Einmal fuhr er mit seinem Karren durch den Wald, da erblickte er zur Seite einen großen kahlen Berg, und weil er den noch nie gesehen hatte, hielt er still und betrachtete ihn mit Verwunderung. Wie er so stand, sah er zwölf wilde große Männer daher kommen: weil er nun glaubte das wären Räuber, schob er seinen Karren ins Gebüsch und stieg auf einen Baum und wartete was da geschehen würde. Die zwölf Männer gingen aber vor den Berg und riefen »Berg &&c=8 Semsi, &&c=0 Berg &&c=8 Semsi, &&c=0 tu dich auf.« Alsbald tat sich der kahle Berg in der Mitte von einander, und die zwölfe gingen hinein, und wie sie drin waren, schloß er sich zu. Über eine kleine Weile aber tat er sich wieder auf, und die Männer kamen heraus und trugen schwere Säcke auf den Rücken, und wie sie alle wieder am Tageslicht waren, sprachen sie »Berg &&c=8 Semsi, &&c=0 Berg &&c=8 Semsi, &&c=0 tu dich zu.« Da fuhr der Berg zusammen, und war kein Eingang mehr an ihm zu sehen, und die Zwölfe gingen fort. Als sie ihm nun ganz aus den Augen waren, stieg der Arme vom Baum herunter, und war neugierig was wohl im Berge heimliches verborgen wäre. Also ging er davor und sprach »Berg &&c=8 Semsi, &&c=0 Berg &&c=8 Semsi, &&c=0 tu dich auf,« und der Berg tat sich auch vor ihm auf. Da trat er hinein, und der ganze Berg war eine Höhle voll Silber und Gold, und hinten lagen große Haufen Perlen und blitzende Edelsteine, wie Korn aufgeschüttet. Der Arme wußte gar nicht was er anfangen sollte, und ob er sich etwas von den Schätzen nehmen dürfte; endlich füllte er sich die Taschen mit Gold, die Perlen und Edelsteine aber ließ er liegen. Als er wieder herauskam, sprach er gleichfalls »Berg &&c=8 Semsi, &&c=0 Berg &&c=8 Semsi, &&c=0 tu dich zu,« da schloß sich der Berg, und er fuhr mit seinem Karren nach Haus. Nun brauchte er nicht mehr zu sorgen und konnte mit seinem Golde für Frau und Kind Brot und auch Wein dazu kaufen, lebte fröhlich und redlich, gab den Armen und tat jedermann Gutes. Als aber das Geld zu Ende war, ging er zu seinem Bruder, lieh einen Scheffel und holte sich von neuem; doch rührte er von den großen Schätzen nichts an. Wie er sich zum drittenmal etwas holen wollte, borgte er bei seinem Bruder abermals den Scheffel. Der Reiche war aber schon lange neidisch über sein Vermögen und den schönen Haushalt, den er sich eingerichtet hatte, und konnte nicht begreifen woher der Reichtum käme und was sein Bruder mit dem Scheffel anfinge. Da dachte er eine List aus und bestrich den Boden mit Pech, und wie er das Maß zurück bekam, so war ein Goldstück darin hängen geblieben. Alsbald ging er zu seinem Bruder und fragte ihn »was hast du mit dem Scheffel gemessen?« »Korn und Gerste« sagte der andere. Da zeigte er ihm das Goldstück und drohte ihm, wenn er nicht die Wahrheit sagte, so wollt er ihn beim Gericht verklagen. Er erzählte ihm nun alles, wie es zugegangen war. Der Reiche aber ließ gleich einen Wagen anspannen, fuhr hinaus, wollte die Gelegenheit besser benutzen und ganz andere Schätze mitbringen. Wie er vor den Berg kam, rief er »Berg &&c=8 Semsi, &&c=0 Berg &&c=8 Semsi, &&c=0 tu dich auf.« Der Berg tat sich auf, und er ging hinein. Da lagen die Reichtümer alle vor ihm, und er wußte lange nicht wozu er am ersten greifen sollte, endlich lud er Edelsteine auf so viel er tragen konnte. Er wollte seine Last hinausbringen, weil aber Herz und Sinn ganz voll von den Schätzen waren, hatte er darüber den Namen des Berges vergessen und rief »Berg &&c=8 Simeli, &&c=0 Berg &&c=8 Simeli, &&c=0 tu dich auf.« Aber das war der rechte Name nicht, und der Berg regte sich nicht und blieb verschlossen. Da ward ihm angst, aber je länger er nachsann, desto mehr verwirrten sich seine Gedanken, und halfen ihm alle Schätze nichts mehr. Am Abend tat sich der Berg auf und die zwölf Räuber kamen herein, und als sie ihn sahen, lachten sie und riefen »Vogel, haben wir dich endlich, meinst du wir hättens nicht gemerkt daß du zweimal hereingekommen bist, aber wir konnten dich nicht fangen, zum drittenmal sollst du nicht wieder heraus.« Da rief er »ich wars nicht, mein Bruder wars,« aber er mochte bitten um sein Leben und sagen was er wollte, sie schlugen ihm das Haupt ab. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="143._Up_Reisen_gohn" 143. &&wt0 {{Up Reisen gohn.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Et was emol ne arme Frau, de hadde enen Suhn, de wull so gerne reisen, do seg de Mohr »wu kannst du reisen? wi hebt je gar kien Geld, dat du mit¬nie¬men kannst.« Do seg de Suhn »ick will mi gut behel¬pen, ick will alltied seg¬gen »nig viel, nig viel, nig viel.« Do genk he ene gude Tied un sede all¬tied »nig viel, nig viel, nig viel.« Kam do bi en Trop Fisker un seg »Gott helpe ju! nig viel, nig viel, nig viel.« »Wat segst du, Kerl, nig viel?« Un asse dat Gören (Garn) ut¬trocken, kregen se auck nig viel Fiske. So met enen Stock up de Jun¬gen, un »hest du mi nig dresken (dreschen) seihn?« »Wat sall ick denn seg¬gen?« seg de Junge. »Du sallst seg¬gen »fank vull, fank vull.« Do geit he wier ene gan¬ze Tied un seg »fank vull, fank vull,« bis he kümmt an enen Galgen, do hebt se en armen Sün¬der, den willt se rich¬ten. Do seg he »guden Morgen, fank vull, fank vull.« »Wat segst du, Kerl, fank vull? söllt der noch mehr leige (leidige, böse) Lude in de Welt sien? is düt noch nig genog?« He krig wier wat up den Puckel. »Wat sall ik denn seg¬gen?« »Du sallst seg¬gen »Gott tröst de arme See¬le.« De Junge geit wier ene ganze Tied un seg »Gott tröst de arme See¬le!« Do küm¬met he an en Gra¬wen, do steit en Filler (Schin¬der), de tüt en Perd af. De Junge seg »guden Morgen, Gott tröst de arme See¬le!« »Wat segst du, leige Kerl?« un schleit en met sinen Fil¬hacken üm de Ohren, dat he ut den Augen nig seihen kann. »Wu sall ick denn seg¬gen?« »Du sallst seg¬gen »do ligge du Aas in en Gra¬wen.« Do geit he un seg all¬tied »do ligge du Aas in en Gra¬wen! do ligge du Aas in en Gra¬wen!« Nu kümmt he bi enen Wagen vull Lüde, do seg he »guden Morgen, do ligge du Aas in en Gra¬wen!« Do föllt de Wagen üm in en Gra¬wen, de Knecht kreg de Pietske un knapt den Jun¬gen, dat he wier to sine Mohr krupen moste. Un he is sien Lewen nig wier up reisen gohn.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="144._Das_Eselein" 144. Das Eselein. &&ax &&lg=x &&fe Es lebte einmal ein König und eine Königin, die waren reich und hatten alles, was sie sich wünschten, nur keine Kinder. Darüber klagte sie Tag und Nacht und sprach »ich bin wie ein Acker, auf dem nichts wächst.« Endlich erfüllte Gott ihre Wünsche: als das Kind aber zur Welt kam, sahs nicht aus wie ein Menschenkind, sondern war ein junges Eselein. Wie die Mutter das erblickte, fing ihr Jammer und Geschrei erst recht an, sie hätte lieber gar kein Kind gehabt als einen Esel, und sagte man sollt ihn ins Wasser werfen, damit ihn die Fische fräßen. Der König aber sprach »nein, hat Gott ihn gegeben, soll er auch mein Sohn und Erbe sein, nach meinem Tod auf dem königlichen Tron sitzen und die königliche Krone tragen.« Also ward das Eselein aufgezogen, nahm zu, und die Ohren wuchsen ihm auch fein hoch und gerad hinauf. Es war aber sonst fröhlicher Art, sprang herum, spielte und hatte besonders seine Lust an der Musik, so daß es zu einem berühmten Spielmann ging und sprach »lehre mich deine Kunst, daß ich so gut die Laute schlagen kann als du.« »Ach, liebes Herrlein,« antwortete der Spielmann, »das sollt euch schwer fallen, eure Finger sind nicht allerdings dazu gemacht und gar zu groß; ich sorge die Saiten haltens nicht aus.« Es half keine Ausrede, das Eselein wollte und mußte die Laute schlagen, war beharrlich und fleißig, und lernte es am Ende so gut als sein Meister selber. Einmal ging das junge Herrlein nachdenksam spazieren und kam an einen Brunnen, da schaute es hinein und sah im spiegelhellen Wasser seine Eseleinsgestalt. Darüber war es so betrübt, daß es in die weite Welt ging und nur einen treuen Gesellen mitnahm. Sie[[1]] zogen auf und ab, zuletzt kamen sie in ein Reich, wo ein alter König herrschte, der nur eine einzige aber wunderschöne Tochter hatte. Das Eselein sagte »hier wollen wir weilen,« klopfte ans Tor und rief »es ist ein Gast haußen, macht auf, damit er eingehen kann.« Als aber nicht aufgetan ward, setzte er sich hin, nahm seine Laute und schlug sie mit seinen zwei Vorderfüßen aufs lieblichste. Da sperrte der Türhüter gewaltig die Augen auf, lief zum König und sprach »da draußen sitzt ein junges Eselein vor dem Tor, das schlägt die Laute so gut als ein gelernter Meister.« »So laß mir den Musikant hereinkommen« sprach der König. Wie aber ein Eselein hereintrat, fing alles an über den Lautenschläger zu lachen. Nun sollte das Eselein unten zu den Knechten gesetzt und gespeist werden, es ward aber unwillig und sprach »ich bin kein gemeines Stalleselein, ich bin ein vornehmes.« Da sagten sie »wenn du das bist, so setze dich zu dem Kriegsvolk.« »Nein,« sprach es, »ich will beim König sitzen.« Der König lachte und sprach in gutem Mut »ja, es soll so sein, wie du verlangst, Eselein, komm her zu mir.« Danach fragte er »Eselein, wie gefällt dir meine[[Besitz]] Tochter?« Das Eselein drehte den Kopf nach ihr, schaute sie an, nickte und sprach »aus der Maßen wohl, sie ist so schön wie ich noch keine gesehen habe.« »Nun, so sollst du auch neben ihr sitzen« sagte der König. »Das ist mir eben recht« sprach das Eselein und setzte sich an ihre Seite, aß und trank und wußte sich fein und säuberlich zu betragen. Als das edle Tierlein eine gute Zeit an des Königs Hof geblieben war, dachte es »was hilft das alles, du mußt wieder heim,« ließ den Kopf traurig hängen, trat vor den König und verlangte seinen Abschied. Der König hatte es aber lieb gewonnen und sprach »Eselein was ist dir? du schaust ja sauer wie ein Essigkrug: bleib bei mir, ich will dir geben, was du verlangst. Willst du Gold?« »Nein« sagte das Eselein und schüttelte mit dem Kopf. »Willst du Kostbarkeiten und Schmuck?« »Nein.« »Willst du mein halbes Reich?« »Ach nein.« Da sprach der König »wenn ich nur wüßte was dich vergnügt machen könnte: willst du meine[[Besitz]] schöne Tochter zur Frau?« »Ach ja,« sagte das Eselein, »die möchte ich wohl haben,« war auf einmal ganz lustig und guter Dinge, denn das wars gerade, was es sich gewünscht hatte. Also ward eine große und prächtige Hochzeit gehalten. Abends, wie Braut und Bräutigam in ihr Schlafkämmerlein geführt wurden, wollte der König wissen ob sich das Eselein auch fein artig und manierlich betrüge, und hieß einem Diener sich dort verstecken. Wie sie nun beide drinnen waren, schob der Bräutigam den Riegel vor die Türe, blickte sich um, und wie er glaubte daß sie ganz allein wären, da warf er auf einmal seine Eselshaut ab und stand da als ein schöner königlicher Jüngling. »Nun siehst du,« sprach er, »wer ich bin, und siehst auch daß ich deiner nicht unwert war.« Da ward die Braut froh, küßte ihn und hatte ihn von Herzen lieb. Als aber der Morgen herankam, sprang er auf, zog seine Tierhaut wieder über, und hätte kein Mensch gedacht was für einer dahinter steckte. Bald kam auch der alte König gegangen, »ei,« rief er, »ist das Eselein schon munter! Du bist wohl recht traurig,« sagte er zu seiner Tochter, »daß du keinen ordentlichen Menschen zum Mann bekommen hast?« »Ach nein, lieber Vater, ich habe ihn so lieb, als wenn er der allerschönste wäre, und will ihn mein Lebtag behalten.« Der König wunderte sich, aber der Diener, der sich versteckt hatte, kam und offenbarte ihm alles. Der König sprach »das ist nimmermehr wahr.« »So wacht selber die folgende Nacht, ihr werdets mit eigenen Augen sehen, und wißt ihr was, Herr König, nehmt ihm die Haut weg und werft sie ins Feuer, so muß er sich wohl in seiner rechten Gestalt zeigen.« »Dein Rat ist gut« sprach der König, und Abends als sie schliefen, schlich er sich hinein, und wie er zum Bett kam, sah er im Mondschein einen stolzen Jüngling da ruhen, und die Haut lag abgestreift auf der Erde. Da nahm er sie weg und ließ draußen ein gewaltiges Feuer anmachen und die Haut hineinwerfen, und blieb selber dabei, bis sie ganz zu Asche verbrannt war. Weil er aber sehen wollte wie sich der Beraubte anstellen würde, blieb er die Nacht über wach und lauschte. Als der Jüngling ausgeschlafen hatte, beim ersten Morgenschein, stand er auf und wollte die Eselshaut anziehen, aber sie war nicht zu finden. Da erschrak er und sprach voll Trauer und Angst »nun muß ich sehen daß ich entfliehe.« Wie er hinaustrat, stand aber der König da und sprach »mein Sohn, wohin so eilig, was hast du im Sinn? Bleib hier, du bist ein so schöner Mann, du sollst nicht wieder von mir. Ich gebe dir jetzt mein Reich halb, und nach meinem Tod bekommst du es ganz.« »So wünsch ich daß der gute Anfang auch ein gutes Ende nehme« sprach der Jüngling, »ich bleibe bei euch.« Da gab ihm der Alte das halbe Reich, und als er nach einem Jahr starb, hatte er das ganze, und nach dem Tod seines Vaters noch eins dazu, und lebte in aller Herrlichkeit. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="145._Der_undankbare_Sohn" 145. Der undankbare Sohn. &&ax &&lg=x &&fe Es saß einmal ein Mann mit seiner Frau vor der Haustür, und sie hatten ein gebraten Huhn vor sich stehen und wollten das zusammen verzehren. Da sah der Mann wie sein alter Vater daher kam, geschwind nahm er das Huhn und versteckte es, weil er ihm nichts davon gönnte. Der Alte kam, tat einen Trunk und ging fort. Nun wollte der Sohn das gebratene Huhn wieder auf den Tisch tragen, aber als er danach griff, war es eine große Kröte geworden, die sprang ihm ins Angesicht und saß da, und ging nicht wieder weg; und wenn sie jemand wegtun wollte, sah sie ihn giftig an, als wollte sie ihm ins Angesicht springen, so daß keiner sie anzurühren getraute. Und die Kröte mußte der undankbare Sohn alle Tage füttern, sonst fraß sie ihm aus seinem Angesicht; und also ging er ohne Ruhe in der Welt hin und her. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="146._Die_Rübe" 146. Die Rübe. &&ax &&lg=x &&fe Es waren einmal zwei Brüder, die dienten beide als Soldaten, und war der eine reich, der andere arm. Da wollte der Arme sich aus seiner Not helfen, zog den Soldatenrock aus und ward ein Bauer. Also grub und hackte er sein Stückchen Acker und säte Rübsamen. Der Same ging auf, und es wuchs da eine Rübe, die ward groß und stark und zusehends dicker und wollte gar nicht aufhören zu wachsen, so daß sie eine Fürstin aller Rüben heißen konnte, denn nimmer war so eine gesehen, und wird auch nimmer wieder gesehen werden. Zuletzt war sie so groß, daß sie allein einen ganzen Wagen anfüllte, und zwei Ochsen daran ziehen mußten, und der Bauer wußte nicht was er damit anfangen sollte und obs sein Glück oder sein Unglück wäre. Endlich dachte er »verkaufst du sie, was wirst du großes dafür bekommen, und willst du sie selber essen, so tun die kleinen Rüben denselben Dienst: am besten ist, du bringst sie dem König und machst ihm eine Verehrung damit.« Also lud er sie auf den Wagen, spannte zwei Ochsen vor, brachte sie an den Hof und schenkte sie dem König. »Was ist das für ein seltsam Ding?« sagte der König, »mir ist viel Wunderliches vor die Augen gekommen, aber so ein Ungetüm noch nicht; aus was für Samen mag die gewachsen sein? oder dir geräts allein und du bist ein Glückskind.« »Ach nein,« sagte der Bauer, »ein Glückskind bin ich nicht, ich bin ein armer Soldat, der, weil er sich nicht mehr nähren konnte, den Soldatenrock an den Nagel hing und das Land baute. Ich habe noch einen Bruder, der ist reich, und Euch, Herr König, auch wohl bekannt, ich aber, weil ich nichts habe, bin von aller Welt vergessen.« Da empfand der König Mitleid mit ihm und sprach »deiner Armut sollst du überhoben und so von mir beschenkt werden, daß du wohl deinem reichen Bruder gleich kommst.« Da schenkte er ihm eine Menge Gold, Äcker, Wiesen und Herden, und machte ihn steinreich, so daß des andern Bruders Reichtum gar nicht konnte damit verglichen werden. Als dieser hörte was sein Bruder mit einer einzigen Rübe erworben hatte, beneidete er ihn und sann hin und her wie er sich auch ein solches Glück zuwenden könnte. Er wollts aber noch viel gescheiter anfangen, nahm Gold und Pferde und brachte sie dem König und meinte nicht anders, der würde ihm ein viel größeres Gegengeschenk machen, denn hätte sein Bruder so viel für eine Rübe bekommen, was würde es ihm für so schöne Dinge nicht alles tragen. Der König nahm das Geschenk und sagte er wüßte ihm nichts wieder zu geben, das seltener und besser wäre als die große Rübe. Also mußte der Reiche seines Bruders Rübe auf einen Wagen legen und nach Haus fahren lassen. Daheim wußte er nicht an wem er seinen Zorn und Ärger auslassen sollte, bis ihm böse Gedanken kamen und er beschloß seinen Bruder zu töten. Er gewann Mörder, die mußten sich in einen Hinterhalt stellen, und darauf ging er zu seinem Bruder und sprach »lieber Bruder, ich weiß einen heimlichen Schatz, den wollen wir mit einander heben und teilen.« Der andere ließ sichs auch gefallen und ging ohne Arg mit. Als sie aber hinauskamen, stürzten die Mörder über ihn her, banden ihn und wollten ihn an einen Baum hängen. Indem sie eben darüber waren, erscholl aus der Ferne lauter Gesang und Hufschlag, daß ihnen der Schrecken in den Leib fuhr und sie über Hals und Kopf ihren Gefangenen in den Sack steckten, am Ast hinaufwanden und die Flucht ergriffen. Er aber arbeitete oben bis er ein Loch im Sack hatte, wodurch er den Kopf stecken konnte. Wer aber des Wegs kam, war nichts als ein fahrender Schüler, ein junger Geselle, der fröhlich sein Lied singend durch den Wald auf der Straße daher ritt. Wie der oben nun merkte daß einer unter ihm vorbei ging, rief er »sei mir gegrüßt, zu guter Stunde.« Der Schüler guckte sich überall um, wußte nicht, wo die Stimme herschallte, endlich sprach er »wer ruft mir?« Da antwortete es aus dem Wipfel »erhebe deine Augen, ich sitze hier oben im Sack der Weisheit: in kurzer Zeit habe ich große Dinge gelernt, dagegen sind alle Schulen ein Wind: um ein Weniges, so werde ich ausgelernt haben, herabsteigen und weiser sein als alle Menschen. Ich verstehe die Gestirne und Himmelszeichen, das Wehen aller Winde, den Sand im Meer, Heilung der Krankheit, die Kräfte der Kräuter, Vögel und Steine. Wärst du einmal darin, du würdest fühlen was für Herrlichkeit aus dem Sack der Weisheit fließt.« Der Schüler, wie er das alles hörte, erstaunte und sprach »gesegnet sei die Stunde, wo ich dich gefunden habe, könnt ich nicht auch ein wenig in den Sack kommen?« Oben der antwortete, als tät ers nicht gerne, »eine kleine Weile will ich dich wohl hinein lassen für Lohn und gute Worte, aber du mußt doch noch eine Stunde warten, es ist ein Stück übrig, das ich erst lernen muß.« Als der Schüler ein wenig gewartet hatte, war ihm die Zeit zu lang und er bat daß er doch möchte hineingelassen werden, sein Durst nach Weisheit wäre gar zu groß. Da stellte sich der oben als gäbe er endlich nach und sprach »damit ich aus dem Haus der Weisheit heraus kann, mußt du den Sack am Strick herunterlassen, so sollst du eingehen.« Also ließ der Schüler ihn herunter, band den Sack auf und befreite ihn, dann rief er selber »nun zieh mich recht geschwind hinauf,« und wollt geradstehend in den Sack einschreiten. »Halt!« sagte der andere, »so gehts nicht an,« packte ihn beim Kopf, steckte ihn umgekehrt in den Sack, schnürte zu, und zog den Jünger der Weisheit am Strick baumwärts, dann schwengelte er ihn in der Luft und sprach »wie stehts, mein lieber Geselle? siehe, schon fühlst du daß dir die Weisheit kommt und machst gute Erfahrung, sitze also fein ruhig, bis du klüger wirst.« Damit stieg er auf des Schülers Pferd, ritt fort, schickte aber nach einer Stunde jemand, der ihn wieder herablassen mußte. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="147._Das_junggeglühte_Männlein" 147. Das junggeglühte Männlein. &&ax &&lg=x &&fe Zur Zeit da unser Herr noch auf Erden ging, kehrte er eines Abends mit dem heiligen Petrus bei einem Schmied ein und bekam willig Herberge. Nun geschahs, daß ein armer Bettelmann, von Alter und Gebrechen hart gedrückt, in dieses Haus kam und vom Schmied Almosen forderte. Des erbarmte sich Petrus und sprach »Herr und Meister, so dirs gefällt, heil ihm doch seine Plage, daß er sich selbst sein Brot möge gewinnen.« Sanftmütig sprach der Herr »Schmied, leih mir deine Esse und lege mir Kohlen an, so will ich den alten kranken Mann zu dieser Zeit verjüngen.« Der Schmied war ganz bereit, und St Petrus zog die Bälge, und als das Kohlenfeuer auffunkte, groß und hoch, nahm unser Herr das alte Männlein, schobs in die Esse, mitten ins rote Feuer, daß es drin glühte wie ein Rosenstock, und Gott lobte mit lauter Stimme. Nachdem trat der Herr zum Löschtrog, zog das glühende Männlein hinein, daß das Wasser über ihn zusammenschlug, und nachdem ers fein sittig abgekühlt, gab er ihm seinen Segen: siehe, zuhand sprang das Männlein heraus, zart, gerade, gesund, und wie von zwanzig Jahren. Der Schmied, der eben und genau zugesehen hatte, lud sie alle zum Nachtmahl. Er hatte aber eine alte halbblinde bucklichte Schwieger die machte sich zum Jüngling hin und forschte ernstlich ob ihn das Feuer hart gebrennet habe. Nie sei ihm besser gewesen antwortete jener, er habe da in der Glut gesessen wie in einem kühlen Tau. Was der Jüngling gesagt hatte, das klang die ganze Nacht in den Ohren der alten Frau, und als der Herr frühmorgens die Straße weiter gezogen war und dem Schmied wohl gedankt hatte, meinte dieser er könnte seine alte Schwieger auch jung machen, da er fein ordentlich alles mit angesehen habe, und es in seine Kunst schlage. Rief sie deshalb an, ob sie auch wie ein Mägdlein von achtzehn Jahren in Sprüngen daher wollte gehen. Sie[[1]] sprach »von ganzem Herzen,« weil es dem Jüngling auch so sanft angekommen war. Machte also der Schmied große Glut und stieß die Alte hinein, die sich hin und wieder bog und grausames Mordgeschrei anstimmte. »Sitz still, was schreist und hüpfst du, ich will erst weidlich zublasen.« Zog damit die Bälge von neuem bis ihr alle Haderlumpen brannten. Das alte Weib schrie ohne Ruhe, und der Schmied dachte »Kunst geht nicht recht zu,« nahm sie heraus und warf sie in den Löschtrog. Da schrie sie ganz überlaut, daß es droben im Haus die Schmiedin und ihre Schnur hörten: die liefen beide die Stiegen herab, und sahen die Alte heulend und maulend ganz zusammen geschnurrt im Trog liegen, das Angesicht gerunzelt, gefaltet und ungeschaffen. Darob sich die zwei, die beide mit Kindern gingen, so entsetzten, daß sie noch dieselbe Nacht zwei Junge gebaren, die waren nicht wie Menschen geschaffen, sondern wie Affen, liefen zum Wald hinein; und von ihnen stammt das Geschlecht der Affen her. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="148._Des_Herrn_und_des_Teufels_Getier" 148. Des Herrn und des Teufels Getier. &&ax &&lg=x &&fe Gott der Herr hatte alle Tiere erschaffen und sich die Wölfe zu seinen Hunden auserwählet: blos der Geis hatte er vergessen. Da richtete sich der Teufel an, wollte auch schaffen und machte die Geise mit feinen langen Schwänzen. Wenn sie nun zur Weide gingen, blieben sie gewöhnlich mit ihren Schwänzen in den Dornhecken hängen, da mußte der Teufel hineingehen und sie mit vieler Mühe losknüpfen. Das verdroß ihn zuletzt, war her und biß jeder Geis den Schwanz ab, wie noch heut des Tags an den Stümpfen zu sehen ist. Nun ließ er sie zwar allein weiden, aber es geschah, daß Gott der Herr zusah wie sie bald einen fruchtbaren Baum benagten, bald die edeln Reben beschädigten, bald andere zarte Pflanzen verderbten. Das jammerte ihn, so daß er aus Güte und Gnaden seine Wölfe dran hetzte, welche die Geise, die da gingen, bald zerrissen. Wie der Teufel das vernahm, trat er vor den Herrn und sprach »dein Geschöpf hat mir das meine[[Besitz]] zerrissen.« Der Herr antwortete »was hattest du es zu Schaden erschaffen!« Der Teufel sagte »ich mußte das: gleichwie selbst mein Sinn auf Schaden geht, konnte was ich erschaffen keine andere Natur haben, und mußt mirs teuer zahlen.« »Ich zahl dirs sobald das Eichenlaub abfällt, dann komm, dein Geld ist schon gezählt.« Als das Eichenlaub abgefallen war, kam der Teufel und forderte seine Schuld. Der Herr aber sprach »in der Kirche zu Konstantinopel steht eine hohe Eiche, die hat noch alles ihr Laub.« Mit Toben und Fluchen entwich der Teufel und wollte die Eiche suchen, irrte sechs Monate in der Wüstenei, ehe er sie befand, und als er wieder kam, waren derweil wieder alle andere Eichen voll grüner Blätter. Da mußte er seine Schuld fahren lassen, stach im Zorn allen übrigen Geisen die Augen aus und setzte ihnen seine eigenen ein. Darum haben alle Geise Teufelsaugen und abgebissene Schwänze, und er nimmt gern ihre Gestalt an. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="149._Der_Hahnenbalken" 149. Der Hahnenbalken. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Zauberer, der stand mitten in einer großen Menge Volks und vollbrachte seine Wunderdinge. Da ließ er auch einen Hahn einherschreiten, der hob einen schweren Balken und trug ihn als wäre er federleicht. Nun war aber ein Mädchen, das hatte eben ein vierblättriges Kleeblatt gefunden und war dadurch klug geworden, so daß kein Blendwerk vor ihm bestehen konnte, und sah daß der Balken nichts war als ein Strohhalm. Da rief es »ihr Leute, seht ihr nicht, das ist ein bloßer Strohhalm und kein Balken, was der Hahn da trägt.« Alsbald verschwand der Zauber, und die Leute sahen was es war und jagten den Hexenmeister mit Schimpf und Schande fort. Er aber, voll innerlichen Zornes, sprach »ich will mich schon rächen.« Nach einiger Zeit hielt das Mädchen Hochzeit, war geputzt und ging in einem großen Zug über das Feld nach dem Ort, wo die Kirche stand. Auf einmal kamen sie an einen stark angeschwollenen Bach, und war keine Brücke und kein Steg, darüber zu gehen. Da war die Braut flink, hob ihre Kleider auf und wollte durchwaten. Wie sie nun eben im Wasser so steht, ruft ein Mann, und das war der Zauberer, neben ihr ganz spöttisch »ei! wo hast du deine Augen, daß du das für ein Wasser hältst?« Da gingen ihr die Augen auf, und sie sah daß sie mit ihren aufgehobenen Kleidern mitten in einem blaublühenden Flachsfeld stand. Da sahen es die Leute auch allesammt und jagten sie mit Schimpf und Gelächter fort. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="150._Die_alte_Bettelfrau" 150. Die alte Bettelfrau. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal eine alte Frau, du hast wohl ehe eine alte Frau sehn betteln gehn? diese Frau bettelte auch, und wann sie etwas bekam, dann sagte sie »Gott lohn euch.« Die Bettelfrau kam an die Tür, da stand ein freundlicher Schelm von Jungen am Feuer und wärmte sich. Der Junge sagte freundlich zu der armen alten Frau, wie sie so an der Tür stand und zitterte, »kommt, Altmutter, und erwärmt euch.« Sie[[1]] kam herzu, ging aber zu nahe ans Feuer stehn, daß ihre alten Lumpen anfingen zu brennen, und sie wards nicht gewahr. Der Junge stand und sah das, er hätts doch löschen sollen? Nicht wahr, er hätte löschen sollen? Und wenn er kein Wasser gehabt hätte, dann hätte er alles Wasser in seinem Leibe zu den Augen herausweinen sollen, das hätte so zwei hübsche Bächlein gegeben zu löschen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="151._Die_drei_Faulen" 151. Die drei Faulen. &&ax &&lg=x &&fe Ein König hatte drei Söhne, die waren ihm alle gleich lieb, und er wußte nicht welchen er zum König nach seinem Tode bestimmen sollte. Als die Zeit kam, daß er sterben wollte, rief er sie vor sein Bett und sprach »liebe Kinder, ich habe etwas bei mir bedacht, das will ich euch eröffnen: welcher von euch der Faulste ist, der soll nach mir König werden.« Da sprach der älteste »Vater, so gehört das Reich mir, denn ich bin so faul, wenn ich liege und will schlafen, und es fällt mir ein Tropfen in die Augen, so mag ich sie nicht zutun, damit ich einschlafe.« Der zweite sprach »Vater, das Reich gehört mir, denn ich bin so faul, wenn ich beim Feuer sitze mich zu wärmen, so ließ ich mir eher die Fersen verbrennen, eh ich die Beine zurück zöge.« Der dritte sprach »Vater, das Reich ist mein, denn ich bin so faul, sollt ich aufgehängt werden, und hätte den Strick schon um den Hals, und einer gäbe mir ein scharf Messer in die Hand, damit ich den Strick zerschneiden dürfte, so ließ ich mich eher aufhängen, eh ich meine[[Besitz]] Hand erhübe zum Strick.« Wie der Vater das hörte sprach er »du hast es am weitesten gebracht und sollst der König sein.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="151._Die_zwölf_faulen_Knechte" 151{{*}}. Die zwölf faulen Knechte. &&ax &&lg=x &&fe Zwölf Knechte, die den ganzen Tag nichts getan hatten, wollten sich am Abend nicht noch anstrengen, sondern legten sich ins Gras und rühmten sich ihrer Faulheit. Der erste sprach »was geht mich eure Faulheit an, ich habe mit meiner eigenen zu tun. Die Sorge für den Leib ist meine[[Besitz]] Hauptarbeit: ich esse nicht wenig und trinke desto mehr. Wenn ich vier Mahlzeiten gehalten habe, so faste ich eine kurze Zeit bis ich wieder Hunger empfinde, das bekommt mir am besten. Früh aufstehn ist nicht meine[[Besitz]] Sache, wenn es gegen Mittag geht, so suche ich mir schon einen Ruheplatz aus. Ruft der Herr, so tue ich als hätte ich es nicht gehört, und ruft er zum zweitenmal, so warte ich noch eine Zeitlang bis ich mich erhebe und gehe auch dann recht langsam. So läßt sich das Leben ertragen.« Der zweite sprach »ich habe ein Pferd zu besorgen, aber ich lasse ihm das Gebiß im Maul, und wenn ich nicht will, so gebe ich ihm kein Futter und sage es habe schon gefressen. Dafür lege ich mich in den Haferkasten und schlafe vier Stunden. Hernach strecke ich wohl einen Fuß heraus und fahre damit dem Pferd ein paarmal über den Leib, so ist es gestriegelt und geputzt; wer wird da viel Umstände machen? Aber der Dienst ist mir doch noch zu beschwerlich.« Der dritte sprach »wozu sich mit Arbeit plagen? dabei kommt nichts heraus. Ich legte mich in die Sonne und schlief. Es fing an zu tröpfeln, aber weshalb aufstehen? ich ließ es in Gottes Namen fortregnen. Zuletzt kam ein Platzregen und zwar so heftig, daß er mir die Haare vom Kopf ausriß und wegschwemmte, und ich ein Loch in den Schädel bekam. Ich legte ein Pflaster darauf und damit wars gut. Schaden der Art habe ich schon mehr gehabt.« Der vierte sprach »soll ich eine Arbeit angreifen, so dämmere ich erst eine Stunde herum, damit ich meine[[Besitz]] Kräfte spare. Hernach fange ich ganz gemächlich an und frage ob nicht andere da wären, die mir helfen könnten. Die lasse ich dann die Hauptarbeit tun, und sehe eigentlich nur zu: aber das ist mir auch noch zu viel.« Der fünfte sprach »was will das sagen! denkt euch, ich soll den Mist aus dem Pferdestall fortschaffen und auf den Wagen laden. Ich lasse es langsam angehen, und habe ich etwas auf die Gabel genommen, so hebe ich es nur halb in die Höhe und ruhe erst eine Viertelstunde bis ich es vollends hinauf werfe. Es ist übrig genug, wenn ich des Tags ein Fuder hinaus fahre. Ich habe keine Lust mich tot zu arbeiten.« Der sechste sprach »schämt euch, ich erschrecke vor keiner Arbeit, aber ich lege mich drei Wochen hin und ziehe nicht einmal meine[[Besitz]] Kleider aus. Wozu Schnallen an die Schuhe? die können mir immerhin von den Füßen abfallen, es schadet nichts. Will ich eine Treppe ersteigen, so ziehe ich einen Fuß nach dem andern langsam auf die erste Stufe herauf, dann zähle ich die übrigen, damit ich weiß wo ich ruhen muß.« Der siebente sprach »bei mir geht das nicht: mein Herr sieht auf meine[[Besitz]] Arbeit, nur ist er den ganzen Tag nicht zu Haus. Doch versäume ich nichts, ich laufe so viel das möglich ist, wenn man schleicht. Soll ich fortkommen, so müßten mich vier stämmige Männer mit allen Kräften fortschieben. Ich kam dahin, wo auf einer Pritsche sechs neben einander lagen und schliefen: ich legte mich zu ihnen und schlief auch. Ich war nicht wieder zu wecken, und wollten sie mich heim haben, so mußten sie mich wegtragen.« Der achte sprach »ich sehe wohl daß ich allein ein munterer Kerl bin, liegt ein Stein vor mir, so gebe ich mir nicht die Mühe meine[[Besitz]] Beine aufzuheben und darüber hinweg zu schreiten, ich lege mich auf die Erde nieder, und bin ich naß, voll Kot und Schmutz, so bleibe ich liegen bis mich die Sonne wieder ausgetrocknet hat: höchstens drehe ich mich so, daß sie auf mich scheinen kann.« Der neunte sprach »das ist was rechts! heute lag das Brot vor mir, aber ich war zu faul danach zu greifen, und wäre fast Hungers gestorben. Auch ein Krug stand dabei, aber so groß und schwer daß ich ihn nicht in die Höhe heben mochte und lieber Durst litt. Mich nur umzudrehen, war mir zu viel, ich blieb den ganzen Tag liegen wie ein Stock.« Der zehnte sprach »mir hat die Faulheit Schaden gebracht, ein gebrochenes Bein und geschwollene Waden. Unser drei lagen auf einem Fahrweg und ich hatte die Beine ausgestreckt. Da kam jemand mit einem Wagen und die Räder gingen mir darüber. Ich hätte die Beine freilich zurückziehen können, aber ich hörte den Wagen nicht kommen: die Mücken summten mir um die Ohren, krochen mir zu der Nase herein und zu dem Mund wieder heraus; wer will sich die Mühe geben das Geschmeiß weg zu jagen.« Der elfte sprach »gestern habe ich meinen[[Besitz]] Dienst aufgesagt. Ich hatte keine Lust meinem Herrn die schweren Bücher noch länger herbei zu holen und wieder weg zu tragen: das nahm den ganzen Tag kein Ende. Aber die Wahrheit zu sagen, er gab mir den Abschied und wollte mich auch nicht länger behalten, denn seine Kleider, die ich im Staub liegen ließ, waren von den Motten zerfressen; und das war recht.« Der zwölfte sprach »heute mußte ich mit dem Wagen über Feld fahren, ich machte mir ein Lager von Stroh darauf und schlief richtig ein. Die Zügel rutschten mir aus der Hand, und als ich erwachte, hatte sich das Pferd beinahe los gerissen, das Geschirr war weg, das Rückenseil, Kummet, Zaum und Gebiß. Es war einer vorbei gekommen, der hatte alles fortgetragen. Dazu war der Wagen in eine Pfütze geraten und stand fest. Ich ließ ihn stehen und streckte mich wieder aufs Stroh. Der Herr kam endlich selbst und schob den Wagen heraus, und wäre er nicht gekommen, so läge ich nicht hier, sondern dort und schliefe in guter Ruh.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="152._Das_Hirtenbüblein" 152. Das Hirtenbüblein. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Hirtenbübchen, das war wegen seiner weisen Antworten, die es auf alle Fragen gab, weit und breit berühmt. Der König des Landes hörte auch davon, glaubte es nicht und ließ das Bübchen kommen. Da sprach er zu ihm »kannst du mir auf drei Fragen, die ich dir vorlegen will, Antwort geben, so will ich dich ansehen wie mein eigen Kind, und du sollst bei mir in meinem königlichen Schloß wohnen.« Sprach das Büblein »wie lauten die drei Fragen?« Der König sagte »die erste lautet wie viel Tropfen Wasser sind in dem Weltmeer?« Das Hirtenbüblein antwortete »Herr König, laßt alle Flüsse auf der Erde verstopfen, damit kein Tröpflein mehr daraus ins Meer lauft, das ich nicht erst gezählt habe, so will ich euch sagen, wie viel Tropfen im Meere sind.« Sprach der König »die andere Frage lautet wie viel Sterne stehen am Himmel?« Das Hirtenbübchen sagte »gebt mir einen großen Bogen weiß Papier,« und dann machte es mit der Feder so viel feine Punkte darauf, daß sie kaum zu sehen und fast gar nicht zu zählen waren und einem die Augen vergingen, wenn man darauf blickte. Darauf sprach es »so viel Sterne stehen am Himmel, als hier Punkte auf dem Papier zählt sie nur.« Aber niemand war dazu im Stand. Sprach der König »die dritte Frage lautet wie viel Sekunden hat die Ewigkeit?« Da sagte das Hirtenbüblein »in Hinterpommern liegt der Demantberg, der hat eine Stunde in die Höhe, eine Stunde in die Breite und eine Stunde in die Tiefe; dahin kommt alle hundert Jahr ein Vögelein und wetzt sein Schnäblein daran, und wenn der ganze Berg abgewetzt ist, dann ist die erste Sekunde von der Ewigkeit vorbei.« Sprach der König »du hast die drei Fragen aufgelöst wie ein Weiser und sollst fortan bei mir in meinem königlichen Schlosse wohnen, und ich will dich ansehen wie mein eigenes Kind.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="153._Die_Sterntaler" 153. Die Sterntaler. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein kleines Mädchen, dem war Vater und Mutter gestorben, und es war so arm, daß es kein Kämmerchen mehr hatte darin zu wohnen und kein Bettchen mehr darin zu schlafen und endlich gar nichts mehr als die Kleider auf dem Leib und ein Stückchen Brot in der Hand, das ihm ein mitleidiges Herz geschenkt hatte. Es war aber gut und fromm. Und weil es so von aller Welt verlassen war, ging es im Vertrauen auf den lieben Gott hinaus ins Feld. Da begegnete ihm ein armer Mann, der sprach »ach, gib mir etwas zu essen, ich bin so hungerig.« Es reichte ihm das ganze Stückchen Brot und sagte »Gott segne dirs« und ging weiter. Da kam ein Kind das jammerte und sprach »es friert mich so an meinem Kopfe, schenk mir etwas, womit ich ihn bedecken kann.« Da tat es seine Mütze ab und gab sie ihm. Und als es noch eine Weile gegangen war, kam wieder ein Kind und hatte kein Leibchen an und fror: da gab es ihm seins: und noch weiter, da bat eins um ein Röcklein, das gab es auch von sich hin. Endlich gelangte es in einen Wald, und es war schon dunkel geworden, da kam noch eins und bat um ein Hemdlein, und das fromme Mädchen dachte »es ist dunkle Nacht, da sieht dich niemand du kannst wohl dein Hemd weg geben,« und zog das Hemd ab und gab es auch noch hin. Und wie es so stand und gar nichts mehr hatte, fielen auf einmal die Sterne vom Himmel, und waren lauter harte blanke Taler: und ob es gleich sein Hemdlein weg gegeben, so hatte es ein neues an und das war vom allerfeinsten Linnen. Da sammelte es sich die Taler hinein und war reich für sein Lebtag. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="154._Der_gestohlene_Heller" 154. Der gestohlene Heller. &&ax &&lg=x &&fe Es saß einmal ein Vater mit seiner Frau und seinen Kindern Mittags am Tisch, und ein guter Freund, der zum Besuch gekommen war, aß mit ihnen. Und wie sie so saßen, und es zwölf Uhr schlug, da sah der Fremde die Tür aufgehen und ein schneeweiß gekleidetes, ganz blasses Kindlein hereinkommen. Es blickte sich nicht um und sprach auch nichts, sondern ging geradezu in die Kammer neben an. Bald darauf kam es zurück und ging eben so still wieder zur Türe hinaus. Am zweiten und am dritten Tag kam es auf eben diese Weise. Da fragte endlich der Fremde den Vater wem das schöne Kind gehörte das alle Mittag in die Kammer ginge. »Ich habe es nicht gesehen,« antwortete er, »und wüßte auch nicht wem es gehören könnte.« Am andern Tage, wie es wieder kam, zeigte es der Fremde dem Vater, der sah es aber nicht, und die Mutter und die Kinder alle sahen auch nichts. Nun stand der Fremde auf, ging zur Kammertüre, öffnete sie ein wenig und schaute hinein. Da sah er das Kind auf der Erde sitzen und emsig mit den Fingern in den Dielenritzen graben und wühlen; wie es aber den Fremden bemerkte, verschwand es. Nun erzählte er was er gesehen hatte und beschrieb das Kind genau, da erkannte es die Mutter und sagte »ach, das ist mein liebes Kind, das vor vier Wochen gestorben ist.« Sie[[1]] brachen die Dielen auf und fanden zwei Heller, die hatte einmal das Kind von der Mutter erhalten, um sie einem armen Manne zu geben, es hatte aber gedacht »dafür kannst du dir einen Zwieback kaufen,« die Heller behalten und in die Dielenritzen versteckt; und da hatte es im Grabe keine Ruhe gehabt, und war alle Mittage gekommen um nach den Hellern zu suchen. Die Eltern gaben darauf das Geld einem Armen, und nachher ist das Kind nicht wieder gesehen worden. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="155._Die_Brautschau" 155. Die Brautschau. &&ax &&lg=x &&fe Es war ein junger Hirt, der wollte gern heiraten und kannte drei Schwestern, davon war eine so schön wie die andere, daß ihm die Wahl schwer wurde und er sich nicht entschließen konnte einer davon den Vorzug zu geben. Da fragte er seine Mutter um Rat, die sprach »lad alle drei ein und setz ihnen Käs vor und hab acht wie sie ihn anschneiden.« Das tat der Jüngling, die erste aber verschlang den Käs mit der Rinde: die zweite schnitt in der Hast[[beeilen]] die Rinde vom Käs ab, weil sie aber so hastig war, ließ sie noch viel Gutes daran und warf das mit weg: die dritte schälte ordentlich die Rinde ab, nicht zu viel und nicht zu wenig. Der Hirt erzählte das alles seiner Mutter, da sprach sie »nimm die dritte zu deiner Frau.« Das tat er und lebte zufrieden und glücklich mit ihr. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="156._Die_Schlickerlinge" 156. Die Schlickerlinge {{[Schlickerlinge]}}. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Mädchen, das war schön, aber faul und nachlässig. Wenn es spinnen sollte, so war es so verdrießlich daß wenn ein kleiner Knoten im Flachs war, es gleich einen ganzen Haufen mit herausriß und neben sich zur Erde schlickerte. Nun hatte es ein Dienstmädchen, das war arbeitsam, suchte den weggeworfenen Flachs zusammen, reinigte ihn, spann ihn fein und ließ sich ein hübsches Kleid daraus weben. Ein junger Mann hatte um das faule Mädchen geworben, und die Hochzeit sollte gehalten werden. Auf dem Polterabend tanzte das fleißige in seinem schönen Kleide lustig herum, da sprach die Braut »{{ach, wat kann dat Mäken springen in minen Slicker¬lingen!}}« Das hörte der Bräutigam und fragte die Braut was sie damit sagen wollte. Da erzählte sie ihm daß das Mädchen ein Kleid von dem Flachs trüge, den sie weggeworfen hätte. Wie der Bräutigam das hörte und ihre Faulheit bemerkte und den Fleiß des armen Mädchens, so ließ er sie stehen, ging zu jener und wählte sie zu seiner Frau. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="157._Der_Sperling_und_seine_vier_Kinder" 157. Der Sperling und seine vier Kinder. &&ax &&lg=x &&fe Ein Sperling hatte vier Junge in einem Schwalbennest. Wie sie nun flügge sind, stoßen böse Buben das Nest ein, sie kommen aber alle glücklich in Windbraus davon. Nun ist dem Alten leid, weil seine Söhne in die Welt kommen, daß er sie nicht vor allerlei Gefahr erst verwarnet, und ihnen gute Lehren fürgesagt habe. Aufn Herbst kommen in einem Weizenacker viel Sperlinge zusammen, allda trifft der Alte seine vier Jungen an, die führt er voll Freuden mit sich heim. »Ach, meine[[Besitz]] lieben Söhne, was habt ihr mir den Sommer über Sorge gemacht, dieweil ihr ohne meine[[Besitz]] Lehre in Winde kamet; höret meine[[Besitz]] Worte und folget eurem Vater und sehet euch wohl vor: kleine Vöglein haben große Gefährlichkeit auszustehen!« darauf fragte er den ältern wo er sich den Sommer über aufgehalten und wie er sich ernähret hätte. »Ich habe mich in den Gärten gehalten, Räuplein und Würmlein gesucht, bis die Kirschen reif wurden.« »Ach, mein Sohn,« sagte der Vater, »die Schnabelweid ist nicht bös, aber es ist große Gefahr dabei, darum habe fortan deiner wohl Acht, und sonderlich wenn Leut in Gärten umher gehn, die lange grüne Stangen tragen, die inwendig hohl sind und oben ein Löchlein haben.« »Ja, mein Vater, wenn dann ein grün Blättlein aufs Löchlein mit Wachs geklebt wäre?« spricht der Sohn. »Wo hast du das gesehen?« »In eines Kaufmanns Garten« sagte der Junge. »O mein Sohn,« spricht der Vater, »Kaufleut, geschwinde Leut! bist du um die Weltkinder gewesen, so hast du Weltgeschmeidigkeit genug gelernt, siehe und brauchs nur recht wohl und trau dir nicht zu viel.« Darauf befragt er den andern »wo hast du dein Wesen gehabt?« »Zu Hofe« spricht der Sohn. »Sperling und alberne Vöglein dienen nicht an diesem Ort, da viel Gold, Sammet, Seiden, Wehr, Harnisch, Sperber, Kautzen und Blaufüß sind, halt dich zum Roßstall, da man den Hafer schwingt, oder wo man drischet, so kann dirs Glück mit gutem Fried auch dein täglich Körnlein bescheeren.« »Ja, Vater,« sagte dieser Sohn, »wenn aber die Stalljungen Hebritzen {{[Hebritzen]}} machen und ihre Maschen und Schlingen ins Stroh binden, da bleibt auch mancher behenken.« »Wo hast du das gesehen?« sagte der Alte. »Zu Hof, beim Roßbuben.« »O, mein Sohn, Hofbuben, böse Buben! bist du zu Hof und um die Herren gewesen und hast keine Federn da gelassen, so hast du ziemlich gelernet und wirst dich in der Welt wohl wissen auszureißen, doch siehe dich um und auf; die Wölfe fressen auch oft die gescheiten Hündlein.« Der Vater nimmt den dritten auch vor sich, »wo hast du dein Heil versucht?« »Auf den Fahrwegen und Landstraßen hab ich Kübel und Seil eingeworfen und da bisweilen ein Körnlein oder Gräuplein angetroffen.« »Dies ist ja,« sagt der Vater, »eine feine Nahrung, aber merk gleich wohl auf die Schanz und siehe fleißig auf, sonderlich wenn sich einer bücket und einen Stein aufheben will, da ist dir nicht lang zu bleiben.« »Wahr ists,« sagt der Sohn, »wenn aber einer zuvor einen Wand- oder Handstein im Busen oder Tasche trüge?« »Wo hast du dies gesehn?« »Bei den Bergleuten, lieber Vater, wenn sie ausfahren, führen sie gemeinlich Handsteine bei sich.« »Bergleut, Werkleut, anschlägige Leut! bist du um Bergburschen gewesen, so hast du etwas gesehen und erfahren. Fahr hin und nimm deiner Sachen gleichwohl gut Acht, Bergbuben haben manchen Sperling mit Kobold umbracht.« Endlich kommt der Vater an jüngsten Sohn. »du, mein liebes Gackennestle &&wt0 {{[Gacken¬nestle]}}, &&wt1 du warst allzeit der alberst und schwächest, bleib du bei mir, die Welt hat viel grober und böser Vögel, die krumme Schnäbel und lange Krallen haben und nur auf arme Vöglein lauern und sie verschlucken: halt dich zu deinesgleichen und lies die Spinnlein und Räuplein von den Bäumen oder Häuslein, so bleibst du lang zufrieden.« »Du, mein lieber Vater, wer sich nährt ohn andrer Leut Schaden, der kommt lang hin, und kein Sperber, Habicht, Aar oder Weih wird ihm nicht schaden, wenn er zumal sich und seine ehrliche Nahrung dem lieben Gott all Abend und Morgen treulich befiehlt, welcher aller Wald- und Dorfvöglein Schöpfer und Erhalter ist, der auch der jungen Räblein Geschrei und Gebet höret, denn ohne seinen Willen fällt auch kein Sperling oder Schneekünglein auf die Erde.« »Wo hast du dies gelernt?« Antwortet der Sohn »wie mich der große Windbraus von dir wegriß, kam ich in eine Kirche, da las ich den Sommer die Fliegen und Spinnen von den Fenstern ab und hörte diese Sprüch predigen, da hat mich der Vater aller Sperlinge den Sommer über ernährt und behütet vor allem Unglück und grimmigen Vögeln.« »Traun! mein lieber Sohn, fleuchst du in die Kirchen und hilfest Spinnen und die sumsenden Fliegen aufräumen und zirpst zu Gott wie die jungen Räblein und befiehlst dich dem ewigen Schöpfer, so wirst du wohl bleiben, und wenn die ganze Welt voll wilder tückischer Vögel wäre. Denn wer dem Herrn befiehlt seine Sach, schweigt, leidet, wartet, betet, braucht Glimpf {{[Glimpf]}}, tut gemach, bewahrt Glaub und gut Gewissen rein, dem will Gott Schutz und Helfer sein.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="158._Das_Märchen_vom_Schlauraffenland" 158. Das Märchen vom Schlauraffenland &&wt0 {{[Schlau¬raffen¬land]}}. &&wt1 &&ax &&lg=x &&fe In der Schlauraffenzeit da ging ich, und sah an einem kleinen Seidenfaden hing Rom und der Lateran, und ein fußloser Mann der überlief ein schnelles Pferd und ein bitterscharfes Schwert das durchhieb eine Brücke. Da sah ich einen jungen Esel mit einer silbernen Nase, der jagte hinter zwei schnellen Hasen her, und eine Linde, die war breit, auf der wuchsen heiße Fladen. Da sah ich eine alte dürre Geis, trug wohl hundert Fuder Schmalzes an ihrem Leibe und sechzig Fuder Salzes. Ist das nicht gelogen genug? Da sah ich zackern einen Pflug ohne Roß und Rinder, und ein jähriges Kind warf vier Mühlensteine von Regensburg bis nach Trier und von Trier hinein in Strasburg, und ein Habicht schwamm über den Rhein: das tat er mit vollem Recht. Da hört ich Fische mit einander Lärm anfangen, daß es in den Himmel hinauf scholl, und ein süßer Honig floß wie Wasser von einem tiefen Tal auf einen hohen Berg; das waren seltsame Geschichten. Da waren zwei Krähen, mähten eine Wiese, und ich sah zwei Mücken an einer Brücke bauen, und zwei Tauben zerrupften einen Wolf, zwei Kinder die wurfen zwei Zicklein, aber zwei Frösche droschen mit einander Getreid aus. Da sah ich zwei Mäuse einen Bischof weihen, zwei Katzen, die einem Bären die Zunge auskratzten. Da kam eine Schnecke gerannt und erschlug zwei wilde Löwen. Da stand ein Bartscheerer, schor einer Frauen ihren Bart ab, und zwei säugende Kinder hießen ihre Mutter stillschweigen. Da sah ich zwei Windhunde, brachten eine Mühle aus dem Wasser getragen, und eine alte Schindmähre stand dabei, die sprach es wäre Recht. Und im Hof standen vier Rosse, die droschen Korn aus allen Kräften, und zwei Ziegen, die den Ofen heitzten, und eine rote Kuh schoß das Brot in den Ofen. Da krähte ein Huhn »kickeriki, das Märchen ist auserzählt, kickeriki.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="159._Das_Dietmarsische_Lügenmärchen" 159. Das Dietmarsische {{[Dietmar¬sische]}} Lügenmärchen. &&ax &&lg=x &&fe Ich will euch etwas erzählen. Ich sah zwei gebratene Hühner fliegen, flogen schnell und hatten die Bäuche gen Himmel gekehrt, die Rücken nach der Hölle, und ein Amboß und ein Mühlstein schwammen über den Rhein, fein langsam und leise, und ein Frosch saß und fraß eine Pflugschaar zu Pfingsten auf dem Eis. Da waren drei Kerle, wollten einen Hasen fangen, gingen auf Krücken und Stelzen, der eine war taub, der zweite blind, der dritte stumm, und der vierte konnte keinen Fuß rühren. Wollt ihr wissen, wie das geschah? Der Blinde der sah zuerst den Hasen über Feld traben, der Stumme der rief dem Lahmen zu, und der Lahme faßte ihn beim Kragen. Etliche die wollten zu Land segeln und spannten die Segel im Wind und schifften über große Äcker hin: da segelten sie über einen hohen Berg, da mußten sie elendig ersaufen. Ein Krebs jagte einen Hasen in die Flucht, und hoch auf dem Dach lag eine Kuh, die war hinauf gestiegen. In dem Lande sind die Fliegen so groß als hier die Ziegen. Mache das Fenster auf, damit die Lügen hinaus fliegen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="160._Rätselmärchen" 160. Rätselmärchen. &&ax &&lg=x &&fe Drei Frauen waren verwandelt in Blumen, die auf dem Felde standen, doch deren eine durfte des Nachts in ihrem Hause sein. Da sprach sie auf eine Zeit zu ihrem Mann, als sich der Tag nahete und sie wiederum zu ihren Gespielen auf das Feld gehen und eine Blume werden mußte, »so du heute Vormittag kommst und mich abbrichst, werde ich erlöst und fürder bei dir bleiben;« als dann auch geschah. Nun ist die Frage, wie sie ihr Mann erkannt habe, so die Blumen ganz gleich und ohne Unterschied waren? Antwort, »dieweil sie die Nacht in ihrem Haus und nicht auf dem Feld war, fiel der Tau nicht auf sie, als auf die andern zwei, dabei sie der Mann erkannte.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="161._Schneeweißchen_und_Rosenrot" 161. Schneeweißchen und Rosenrot. &&ax &&lg=x &&fe Eine arme Wittwe, die lebte einsam in einem Hüttchen, und vor dem Hüttchen war ein Garten, darin standen zwei Rosenbäumchen, davon trug das eine weiße, das andere rote Rosen: und sie hatte zwei Kinder, die glichen den beiden Rosenbäumchen, und das eine hieß Schneeweißchen, das andere Rosenrot. Sie[[1]] waren aber so fromm und gut, so arbeitsam und unverdrossen, als je zwei Kinder auf der Welt gewesen sind: Schneeweißchen war nur stiller und sanfter als Rosenrot. Rosenrot sprang lieber in den Wiesen und Feldern umher, suchte Blumen und fing Sommervögel: Schneeweißchen aber saß daheim bei der Mutter, half ihr im Hauswesen, oder las ihr vor, wenn nichts zu tun war. Die beiden Kinder hatten einander so lieb, daß sie sich immer an den Händen faßten, so oft sie zusammen ausgingen: und wenn Schneeweißchen sagte »wir wollen uns nicht verlassen,« so antwortete Rosenrot »so lange wir leben nicht,« und die Mutter setzte hinzu »was das eine hat solls mit dem andern teilen.« Oft liefen sie im Walde allein umher und sammelten rote Beeren, aber kein Tier tat ihnen etwas zu leid, sondern sie kamen vertraulich herbei: das Häschen fraß ein Kohlblatt aus ihren Händen, das Reh graste an ihrer Seite, der Hirsch sprang ganz lustig vorbei und die Vögel blieben auf den Ästen sitzen und sangen was sie nur wußten. Kein Unfall traf sie: wenn sie sich im Walde verspätet hatten und die Nacht sie überfiel, so legten sie sich nebeneinander auf das Moos und schliefen bis der Morgen kam, und die Mutter wußte das und hatte ihrentwegen keine Sorge. Einmal, als sie im Walde übernachtet hatten und das Morgenrot sie aufweckte, da sahen sie ein schönes Kind in einem weißen glänzenden Kleidchen neben ihrem Lager sitzen. Es stand auf und blickte sie ganz freundlich an, sprach aber nichts und ging in den Wald hinein. Und als sie sich umsahen, so hatten sie ganz nahe bei einem Abgrunde geschlafen, und wären gewiss hinein gefallen, wenn sie in der Dunkelheit noch ein paar Schritte weiter gegangen wären. Die Mutter aber sagte ihnen das müßte der Engel gewesen sein, der gute Kinder bewache. Schneeweißchen und Rosenrot hielten das Hüttchen der Mutter so reinlich, daß es eine Freude war hinein zu schauen. Im Sommer besorgte Rosenrot das Haus und stellte der Mutter jeden Morgen, ehe sie aufwachte, einen Blumenstrauß vors Bett, darin war von jedem Bäumchen eine Rose. Im Winter zündete Schneeweißchen das Feuer an und hing den Kessel an den Feuerhaken, und der Kessel war von Messing, glänzte aber wie Gold, so rein war er gescheuert. Abends, wenn die Flocken fielen, sagte die Mutter »geh, Schneeweißchen, und schieb den Riegel vor,« und dann setzten sie sich an den Herd, und die Mutter nahm die Brille und las aus einem großen Buche vor, und die beiden Mädchen hörten zu, saßen und spannen; neben ihnen lag ein Lämmchen auf dem Boden, und hinter ihnen auf einer Stange saß ein weißes Täubchen und hatte seinen Kopf unter den Flügel gesteckt. Eines Abends, als sie so vertraulich beisammen saßen, klopfte jemand an die Türe, als wollte er eingelassen sein. Die Mutter sprach »geschwind, Rosenrot, mach auf, es wird ein Wanderer sein, der Obdach sucht.« Rosenrot ging und schob den Riegel weg und dachte es wäre ein armer Mann, aber der war es nicht, es war ein Bär, der seinen dicken schwarzen Kopf zur Türe herein streckte. Rosenrot schrie laut und sprang zurück: das Lämmchen blöckte, das Täubchen flatterte auf und Schneeweißchen versteckte sich hinter der Mutter Bett. Der Bär aber fing an zu sprechen und sagte »fürchtet euch nicht, ich tue euch nichts zu leid, ich bin halb erfroren und will mich nur ein wenig bei euch wärmen.« »Du armer Bär,« sprach die Mutter, »leg dich ans Feuer, und gib nur acht daß dir dein Pelz nicht brennt.« Dann rief sie »Schneeweißchen, Rosenrot, kommt hervor, der Bär tut euch nichts, er meints ehrlich.« Da kamen sie beide heran, und nach und nach näherten sich auch das Lämmchen und Täubchen und hatten keine Furcht vor ihm. Der Bär sprach »ihr Kinder, klopft mir den Schnee ein wenig aus dem Pelzwerk,« und sie holten den Besen und kehrten dem Bär das Fell rein: er aber streckte sich ans Feuer und brummte ganz vergnügt und behaglich. Nicht lange, so wurden sie ganz vertraut und trieben Mutwillen mit dem unbeholfenen Gast. Sie[[1]] zausten ihm das Fell mit den Händen, setzten ihre Füßchen auf seinen Rücken und walgerten ihn hin und her, oder sie nahmen eine Haselrute und schlugen auf ihn los, und wenn er brummte, so lachten sie. Der Bär ließ sichs aber gerne gefallen, nur wenn sies gar zu arg machten, rief er »laßt mich am Leben, ihr Kinder: Schneeweißchen, Rosenrot, schlägst dir den Freier tot.« Als Schlafenszeit war und die andern zu Bett gingen, sagte die Mutter zu dem Bär »du kannst in Gottes Namen da am Herde liegen bleiben, so bist du vor der Kälte und dem bösen Wetter geschützt.« Sobald der Tag graute, ließen ihn die beiden Kinder hinaus, und er trabte über den Schnee in den Wald hinein. Von nun an kam der Bär jeden Abend zu der bestimmten Stunde, legte sich an den Herd und erlaubte den Kindern Kurzweil mit ihm zu treiben, so viel sie wollten; und sie waren so gewöhnt an ihn, daß die Türe nicht eher zugeriegelt ward, als bis der schwarze Gesell angelangt war. Als das Frühjahr herangekommen und draußen alles grün war, sagte der Bär eines Morgens zu Schneeweißchen »nun muß ich fort und darf den ganzen Sommer nicht wieder kommen.« »Wo gehst du denn hin, lieber Bär?« fragte Schneeweißchen. »Ich muß in den Wald und meine[[Besitz]] Schätze vor den bösen Zwergen hüten: im Winter, wenn die Erde hart gefroren ist, müssen sie wohl unten bleiben und können sich nicht durcharbeiten, aber jetzt, wenn die Sonne die Erde aufgetaut und erwärmt hat, da brechen sie durch, steigen herauf, suchen und stehlen; was einmal in ihren Händen ist und in ihren Höhlen liegt, das kommt so leicht nicht wieder an des Tages Licht.« Schneeweißchen war ganz traurig über den Abschied und als es ihm die Türe aufriegelte, und der Bär sich hinaus drängte, blieb er an dem Türhaken hängen und ein Stück seiner Haut riß auf, und da war es Schneeweißchen, als hätte es Gold durchschimmern gesehen: aber es war seiner Sache nicht gewiss. Der Bär lief eilig fort und war bald hinter den Bäumen verschwunden. Nach einiger Zeit schickte die Mutter die Kinder in den Wald, Reisig zu sammeln. Da fanden sie draußen einen großen Baum, der lag gefällt auf dem Boden, und an dem Stamme sprang zwischen dem Gras etwas auf und ab, sie konnten aber nicht unterscheiden was es war. Als sie näher kamen, sahen sie einen Zwerg mit einem alten verwelkten Gesicht und einem ellenlangen schneeweißen Bart. Das Ende des Bartes war in eine Spalte des Baums eingeklemmt, und der Kleine sprang hin und her wie ein Hündchen an einem Seil und wußte nicht wie er sich helfen sollte. Er glotzte die Mädchen mit seinen roten feurigen Augen an und schrie »was steht ihr da! könnt ihr nicht herbei gehen und mir Beistand leisten?« »Was hast du angefangen, kleines Männchen?« fragte Rosenrot. »Dumme neugierige Gans,« antwortete der Zwerg, »den Baum habe ich mir spalten wollen, um kleines Holz in der Küche zu haben; bei den dicken Klötzen verbrennt gleich das bischen Speise, das unser einer braucht, der nicht so viel hinunter schlingt als ihr, grobes, gieriges Volk. Ich hatte den Keil schon glücklich hinein getrieben, und es wäre alles nach Wunsch gegangen, aber das verwünschte Holz war zu glatt und sprang unversehens heraus, und der Baum fuhr so geschwind zusammen, daß ich meinen[[Besitz]] schönen weißen Bart nicht mehr herausziehen konnte; nun steckt er drinn, und ich kann nicht fort. Da lachen die albernen glatten Milchgesichter! pfui, was seid ihr garstig!« Die Kinder gaben sich alle Mühe, aber sie konnten den Bart nicht heraus ziehen, er steckte zu fest. »Ich will laufen und Leute herbei holen« sagte Rosenrot. »Wahnsinnige Schafsköpfe,« schnarrte der Zwerg, »wer wird gleich Leute herbeirufen, ihr seid mir schon um zwei zu viel; fällt euch nicht besseres ein?« »Sei nur nicht ungeduldig,« sagte Schneeweißchen, »ich will schon Rat schaffen,« holte sein Scheerchen aus der Tasche und schnitt das Ende des Bartes ab. Sobald der Zwerg sich frei fühlte, griff er nach einem Sack, der zwischen den Wurzeln des Baums steckte und mit Gold gefüllt war, hob ihn heraus und brummte vor sich hin »ungehobeltes Volk, schneidet mir ein Stück von meinem stolzen Barte ab! lohns euch der Guckuck!« damit schwang er seinen Sack auf den Rücken und ging fort ohne die Kinder nur noch einmal anzusehen. Einige Zeit danach wollten Schneeweißchen und Rosenrot ein Gericht Fische angeln. Als sie nahe bei dem Bach waren, sahen sie daß etwas wie eine große Heuschrecke nach dem Wasser zu hüpfte, als wollte es hinein springen. Sie[[1]] liefen heran und erkannten den Zwerg. »Wo willst du hin?« sagte Rosenrot, »du willst doch nicht ins Wasser?« »Solch ein Narr bin ich nicht,« schrie der Zwerg, »seht ihr nicht, der verwünschte Fisch will mich hinein ziehen?« Der Kleine hatte da gesessen und geangelt, und unglücklicher Weise hatte der Wind seinen Bart mit der Angelschnur verflochten: als gleich darauf ein großer Fisch anbiß, fehlten dem schwachen Geschöpf die Kräfte ihn herauszuziehen: der Fisch behielt die Oberhand und riß den Zwerg zu sich hin. Zwar hielt er sich an allen Halmen und Binsen, aber das half nicht viel, er mußte den Bewegungen des Fisches folgen, und war in beständiger Gefahr ins Wasser gezogen zu werden. Die Mädchen kamen zu rechter Zeit, hielten ihn fest und versuchten den Bart von der Schnur loszumachen, aber vergebens, Bart und Schnur waren fest in einander verwirrt. Es blieb nichts übrig als das Scheerchen hervor zu holen und den Bart abzuschneiden, wobei ein kleiner Teil desselben verloren ging. Als der Zwerg das sah, schrie er sie an, »ist das Manier, ihr Lorche, einem das Gesicht zu schänden? nicht genug, daß ihr mir den Bart unten abgestutzt habt, jetzt schneidet ihr mir den besten Teil davon ab: ich darf mich vor den Meinigen gar nicht sehen lassen. Daß ihr laufen müsstet und die Schuhsohlen verloren hättet!« Dann holte er einen Sack Perlen, der im Schilfe lag, und ohne ein Wort weiter zu sagen, schleppte er ihn fort und verschwand hinter einem Stein. Es trug sich zu, daß bald hernach die Mutter die beiden Mädchen nach der Stadt schickte, Zwirn Nadeln Schnüre und Bänder einzukaufen. Der Weg führte sie über eine Heide, auf der hier und da mächtige Felsenstücke zerstreut lagen. Da sahen sie einen großen Vogel in der Luft schweben, der langsam über ihnen kreiste, sich immer tiefer herab senkte und endlich nicht weit bei einem Felsen niederstieß. Gleich darauf hörten sie einen durchdringenden, jämmerlichen Schrei. Sie[[1]] liefen herzu und sahen mit Schrecken daß der Adler ihren alten Bekannten, den Zwerg, gepackt hatte und ihn forttragen wollte. Die mitleidigen Kinder hielten gleich das Männchen fest und zerrten sich so lange mit dem Adler herum, bis er seine Beute fahren ließ. Als der Zwerg sich von dem ersten Schrecken erholt hatte, schrie er mit seiner kreischenden Stimme »konntet ihr nicht säuberlicher mit mir umgehen? gerissen habt ihr an meinem dünnen Röckchen daß es überall zerfetzt und durchlöchert ist, unbeholfenes und täppisches Gesindel, das ihr seid!« Dann nahm er einen Sack mit Edelsteinen und schlüpfte wieder unter den Felsen in seine Höhle. Die Mädchen waren an seinen Undank schon gewöhnt, setzten ihren Weg fort und verrichteten ihr Geschäft in der Stadt. Als sie beim Heimweg wieder auf die Heide kamen, überraschten sie den Zwerg, der auf einem reinlichen Plätzchen seinen Sack mit Edelsteinen ausgeschüttet und nicht gedacht hatte daß so spät noch jemand daher kommen würde. Die Abendsonne schien über die glänzenden Steine, sie schimmerten und leuchteten so prächtig in allen Farben, daß die Kinder stehenblieben und sie betrachteten. »Was steht ihr da und habt Maulaffen feil!« schrie der Zwerg, und sein aschgraues Gesicht ward zinnoberrot vor Zorn. Er wollte mit seinen Scheltworten fortfahren, als sich ein lautes Brummen hören ließ und ein schwarzer Bär aus dem Walde herbei trabte. Erschrocken sprang der Zwerg auf, aber er konnte nicht mehr zu seinem Schlupfwinkel gelangen, der Bär war schon in seiner Nähe. Da rief er in Herzensangst »lieber Herr Bär, verschont mich, ich will euch alle meine[[Besitz]] Schätze geben, sehet, die schönen Edelsteine, die da liegen. Schenkt mir das Leben, was habt ihr an mir kleinen schmächtigen Kerl? ihr spürt mich nicht zwischen den Zähnen: da, die beiden gottlosen Mädchen packt, das sind für euch zarte Bissen, fett wie junge Wachteln, die fresst in Gottes Namen.« Der Bär kümmerte sich um seine Worte nicht, gab dem boshaften Geschöpf einen einzigen Schlag mit der Tatze, und es regte sich nicht mehr. Die Mädchen waren fortgesprungen, aber der Bär rief ihnen nach »Schneeweißchen und Rosenrot, fürchtet euch nicht, wartet ich will mit euch gehen.« Da erkannten sie seine Stimme und blieben stehen, und als der Bär bei ihnen war, fiel plötzlich die Bärenhaut ab, und er stand da als ein schöner Mann, und war ganz in Gold gekleidet. »Ich bin eines Königs Sohn,« sprach er, »und war von dem gottlosen Zwerg, der mir meine[[Besitz]] Schätze gestohlen hatte, verwünscht als ein wilder Bär in dem Walde zu laufen, bis ich durch seinen Tod erlöst würde. Jetzt hat er seine wohlverdiente Strafe empfangen.« Schneeweißchen ward mit ihm vermählt und Rosenrot mit seinem Bruder und sie teilten die großen Schätze mit einander, die der Zwerg in seine Höhle zusammen getragen hatte. Die alte Mutter lebte noch lange Jahre ruhig und glücklich bei ihren Kindern. Die zwei Rosenbäumchen aber nahm sie mit, und sie standen vor ihrem Fenster und trugen jedes Jahr die schönsten Rosen, weiß und rot. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="162._Der_kluge_Knecht" 162. Der kluge Knecht. &&ax &&lg=x &&fe Wie glücklich ist der Herr, und wie wohl steht es mit seinem Hause, wenn er einen klugen Knecht hat, der auf seine Worte zwar hört, aber nicht danach tut und lieber seiner eigenen Weisheit folgt. Ein solcher kluger Hans ward einmal von seinem Herrn ausgeschickt, eine verlorene Kuh zu suchen. Er blieb lange aus, und der Herr dachte »der treue Hans, er läßt sich in seinem Dienste doch keine Mühe verdrießen.« Als er aber gar nicht wiederkommen wollte, befürchtete der Herr es möchte ihm etwas zugestoßen sein, machte sich selbst auf und wollte sich nach ihm umsehen. Er mußte lange suchen, endlich erblickte er den Knecht, der im weiten Feld auf und ab lief. »Nun lieber Hans,« sagte der Herr, als er ihn eingeholt hatte, »hast du die Kuh gefunden, nach der ich dich ausgeschickt habe?« »Nein, Herr,« antwortete er, »die Kuh habe ich nicht gefunden, aber auch nicht gesucht.« »Was hast du denn gesucht, Hans?« »Etwas Besseres und das habe ich auch glücklich gefunden.« »Was ist das, Hans?« »Drei Amseln« antwortete der Knecht. »Und wo sind sie?« fragte der Herr. »Eine sehe ich, die andere höre ich und die dritte jage ich« antwortete der kluge Knecht. Nehmt euch daran ein Beispiel, bekümmert euch nicht um euern Herrn und seine Befehle, tut lieber was euch einfällt und wozu ihr Lust habt, dann werdet ihr eben so weise handeln, wie der kluge Hans. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="163._Der_gläserne_Sarg" 163. Der gläserne Sarg. &&ax &&lg=x &&fe Sage niemand daß ein armer Schneider es nicht weit bringen und nicht zu hohen Ehren gelangen könne, es ist weiter gar nichts nötig als daß er an die rechte Schmiede kommt und, was die Hauptsache ist, daß es ihm glückt. Ein solches artiges und behendes Schneiderbürschchen ging einmal seiner Wanderschaft nach und kam in einen großen Wald, und weil es den Weg nicht wußte, verirrte es sich. Die Nacht brach ein, und es blieb ihm nichts übrig als in dieser schauerlichen Einsamkeit ein Lager zu suchen. Auf dem weichen Mose hätte er freilich ein gutes Bett gefunden, allein die Furcht vor den wilden Tieren ließ ihm da keine Ruhe, und er mußte sich endlich entschließen auf einem Baume zu übernachten. Er suchte eine hohe Eiche, stieg bis in den Gipfel hinauf und dankte Gott daß er sein Bügeleisen bei sich trug, weil ihn sonst der Wind, der über die Gipfel der Bäume wehete, weggeführt hätte. Nachdem er einige Stunden in der Finsternis, nicht ohne Zittern und Zagen, zugebracht hatte, erblickte er in geringer Entfernung den Schein eines Lichtes; und weil er dachte daß da eine menschliche Wohnung sein möchte, wo er sich besser befinden würde als auf den Ästen eines Baums, so stieg er vorsichtig herab und ging dem Lichte nach. Es leitete ihn zu einem kleinen Häuschen, das aus Rohr und Binsen geflochten war. Er klopfte mutig an, die Türe öffnete sich, und bei dem Scheine des herausfallenden Lichtes sah er ein altes eisgraues Männchen, das ein von buntfarbigen Lappen zusammengesetztes Kleid an hatte. »Wer seid ihr, und was wollt ihr?« fragte es mit einer schnarrenden Stimme. »Ich bin ein armer Schneider,« antwortete er, »den die Nacht hier in der Wildnis überfallen hat, und bitte euch inständig mich bis Morgen in eurer Hütte aufzunehmen.« »Geh deiner Wege,« erwiderte der Alte mit mürrischem Tone, »mit Landstreichern will ich nichts zu schaffen haben; suche dir anderwärts ein Unterkommen.« Nach diesen Worten wollte er wieder in sein Haus schlüpfen, aber der Schneider hielt ihn am Rockzipfel fest und bat so beweglich, daß der Alte, der so böse nicht war als er sich anstellte, endlich erweicht ward und ihn mit in seine Hütte nahm, wo er ihm zu essen gab und dann in einem Winkel ein ganz gutes Nachtlager anwies. Der müde Schneider brauchte keines Einwiegens, sondern schlief sanft bis an den Morgen, würde auch noch nicht an das Aufstehen gedacht haben, wenn er nicht von einem lauten Lärm wäre aufgeschreckt worden. Ein heftiges Schreien und Brüllen drang durch die dünnen Wände des Hauses. Der Schneider, den ein unerwarteter Mut überkam, sprang auf, zog in der Hast[[beeilen]] seine Kleider an und eilte hinaus. Da erblickte er nahe bei dem Häuschen einen großen schwarzen Stier und einen schönen Hirsch, die in dem heftigsten Kampfe begriffen waren. Sie[[1]] gingen mit so großer Wut aufeinander los, daß von ihrem Getrampel der Boden erzitterte, und die Luft von ihrem Geschrei erdrönte. Es war lange ungewiss, welcher von beiden den Sieg davon tragen würde: endlich stieß der Hirsch seinem Gegner das Geweih in den Leib, worauf der Stier mit entsetzlichem Brüllen zur Erde sank, und durch einige Schläge des Hirsches völlig getötet ward. Der Schneider, welcher dem Kampfe mit Erstaunen zugesehen hatte, stand noch unbeweglich da, als der Hirsch in vollen Sprüngen auf ihn zu eilte und ihn, ehe er entfliehen konnte, mit seinem großen Geweihe geradezu aufgabelte. Er konnte sich nicht lange besinnen, denn es ging schnellen Laufes fort über Stock und Stein, Berg und Tal, Wiese und Wald. Er hielt sich mit beiden Händen an die Enden des Geweihes fest und überließ sich seinem Schicksal. Es kam ihm aber nicht anders vor als flöge er davon. Endlich hielt der Hirsch vor einer Felsenwand still und ließ den Schneider sanft herabfallen. Der Schneider, mehr tot als lebendig, bedurfte längerer Zeit, um wieder zur Besinnung zu kommen. Als er sich einigermaßen erholt hatte, stieß der Hirsch, der neben ihm stehen geblieben war, sein Geweih mit solcher Gewalt gegen eine in dem Felsen befindliche Türe, daß sie aufsprang. Feuerflammen schlugen heraus, auf welche ein großer Dampf folgte, der den Hirsch seinen Augen entzog. Der Schneider wußte nicht was er tun und wohin er sich wenden sollte, um aus dieser Einöde wieder unter Menschen zu gelangen. Indem er also unschlüssig stand, tönte eine Stimme aus dem Felsen, die ihm zurief »tritt ohne Furcht herein, dir soll kein Leid widerfahren.« Er zauderte zwar, doch, von einer heimlichen Gewalt angetrieben, gehorchte er der Stimme und gelangte durch die eiserne Tür in einen großen geräumigen Saal, dessen Decke, Wände und Boden aus glänzend geschliffenen Quadratsteinen bestanden, auf deren jedem ihm unbekannte Zeichen eingehauen waren. Er betrachtete alles voll Bewunderung und war eben in Begriff wieder hinaus zu gehen, als er abermals die Stimme vernahm, welche ihm sagte »tritt auf den Stein, der in der Mitte des Saales liegt, und dein wartet großes Glück.« Sein Mut war schon so weit gewachsen, daß er dem Befehle Folge leistete. Der Stein begann unter seinen Füßen nachzugeben und sank langsam in die Tiefe hinab. Als er wieder feststand, und der Schneider sich umsah, befand er sich in einem Saale, der an Umfang dem vorigen gleich war. Hier aber gab es mehr zu betrachten und zu bewundern. In die Wände waren Vertiefungen eingehauen, in welchen Gefäße von durchsichtigem Glase standen, die mit farbigem Spiritus oder mit einem bläulichen Rauche angefüllt waren. Auf dem Boden des Saales standen, einander gegenüber, zwei große gläserne Kasten, die sogleich seine Neugierde reizten. Indem er zu dem einen trat, erblickte er darin ein schönes Gebäude, einem Schlosse ähnlich, von Wirtschaftsgebäuden, Ställen und Scheuern und einer Menge anderer artigen Sachen umgeben. Alles war klein, aber überaus sorgfältig und zierlich gearbeitet, und schien von einer kunstreichen Hand mit der höchsten Genauigkeit ausgeschnitzt zu sein. Er würde seine Augen von der Betrachtung dieser Seltenheiten noch nicht abgewendet haben, wenn sich nicht die Stimme abermals hätte hören lassen. Sie[[1]] forderte ihn auf sich umzukehren und den gegenüberstehenden Glaskasten zu beschauen. Wie stieg seine Verwunderung als er darin ein Mädchen von größter Schönheit erblickte. Es lag wie im Schlafe, und war in lange blonde Haare wie in einen kostbaren Mantel eingehüllt. Die Augen waren fest geschlossen, doch die lebhafte Gesichtsfarbe und ein Band, das der Atem hin und her bewegte, ließen keinen Zweifel an ihrem Leben. Der Schneider betrachtete die Schöne mit klopfendem Herzen, als sie plötzlich die Augen aufschlug und bei seinem Anblick in freudigem Schrecken zusammenfuhr. »Gerechter Himmel,« rief sie, »meine[[Besitz]] Befreiung naht! geschwind, geschwind, hilf mir aus meinem Gefängnis: wenn du den Riegel an diesem gläsernen Sarg wegschiebst, so bin ich erlöst.« Der Schneider gehorchte ohne Zaudern, alsbald hob sie den Glasdeckel in die Höhe, stieg heraus und eilte in die Ecke des Saals, wo sie sich in einen weiten Mantel verhüllte. Dann setzte sie sich auf einen Stein nieder, hieß den jungen Mann heran gehen, und nachdem sie einen freundlichen Kuß auf seinen Mund gedrückt hatte, sprach sie »mein lang ersehnter Befreier, der gütige Himmel hat mich zu dir geführt und meinen[[Besitz]] Leiden ein Ziel gesetzt. An demselben Tage, wo sie endigen, soll dein Glück beginnen. Du bist der vom Himmel bestimmte Gemahl, und sollst, von mir geliebt und mit allen irdischen Gütern überhäuft, in ungestörter Freud dein Leben zubringen. Sitz nieder und höre die Erzählung meines Schicksals. »Ich bin die Tochter eines reichen Grafen. Meine[[Besitz]] Eltern starben als ich noch in zarter Jugend war und empfahlen mich in ihren letzten Willen meinem ältern Bruder, bei dem ich auferzogen wurde. Wir liebten uns so zärtlich und waren so übereinstimmend in unserer Denkungsart und unsern Neigungen, daß wir beide den Entschluß faßten uns niemals zu verheiraten, sondern bis an das Ende unseres Lebens beisammen zu bleiben. In unserm Hause war an Gesellschaft nie Mangel: Nachbarn und Freunde besuchten uns häufig, und wir übten gegen alle die Gastfreundschaft in vollem Maße. So geschah es auch eines Abends, daß ein Fremder in unser Schloß geritten kam und, unter dem Vorgeben den nächsten Ort nicht mehr erreichen zu können, um ein Nachtlager bat. Wir gewährten seine Bitte mit zuvorkommender Höflichkeit, und er unterhielt uns während des Abendessens mit seinem Gespräche und eingemischten Erzählungen auf das anmutigste. Mein Bruder hatte ein so großes Wohlgefallen an ihm, daß er ihn bat ein paar Tage bei uns zu verweilen, wozu er nach einigem Weigern einwilligte. Wir standen erst spät in der Nacht vom Tische auf, dem Fremden wurde ein Zimmer angewiesen, und ich eilte, ermüdet wie ich war, meine[[Besitz]] Glieder in die weichen Federn zu senken. Kaum war ich ein wenig eingeschlummert, so weckten mich die Töne einer zarten und lieblichen Musik. Da ich nicht begreifen konnte woher sie kamen, so wollte ich mein im Nebenzimmer schlafendes Kammermädchen rufen, allein zu meinem Erstaunen fand ich daß mir, als lastete ein Alp auf meiner Brust, von einer unbekannten Gewalt die Sprache benommen und ich unvermögend war den geringsten Laut von mir zu geben. Indem sah ich bei dem Schein der Nachtlampe den Fremden in mein durch zwei Türen fest verschlossenes Zimmer eintreten. Er näherte sich mir und sagte daß er durch Zauberkräfte, die ihm zu Gebote ständen, die liebliche Musik habe ertönen lassen um mich aufzuwecken, und dringe jetzt selbst durch alle Schlösser in der Absicht, mir Herz und Hand anzubieten. Mein Widerwille aber gegen seine Zauberkünste war so groß, daß ich ihn keiner Antwort würdigte. Er blieb eine Zeit lang unbeweglich stehen, wahrscheinlich in der Absicht einen günstigen Entschluß zu erwarten, als ich aber fortfuhr zu schweigen, erklärte er zornig daß er sich rächen und Mittel finden werde meinen[[Besitz]] Hochmut zu bestrafen, worauf er das Zimmer wieder verließ. Ich brachte die Nacht in höchster Unruhe zu und schlummerte erst gegen Morgen ein. Als ich erwacht war, eilte ich zu meinem Bruder, um ihn von dem was vorgefallen war, zu benachrichtigen, allein ich fand ihn nicht auf seinem Zimmer, und der Bediente sagte mir daß er bei anbrechendem Tage mit dem Fremden auf die Jagd geritten sei. Mir ahnete gleich nichts gutes. Ich kleidete mich schnell an, ließ meinen[[Besitz]] Leibzelter {{[Leibzelter]}} satteln und ritt, nur von einem Diener begleitet, in vollem Jagen nach dem Walde. Der Diener stürzte mit dem Pferde und konnte mir, da das Pferd den Fuß gebrochen hatte, nicht folgen. Ich setzte, ohne mich aufzuhalten, meinen[[Besitz]] Weg fort, und in wenigen Minuten sah ich den Fremden mit einem schönen Hirsch, den er an der Linie führte, auf mich zukommen. Ich fragte ihn wo er meinen[[Besitz]] Bruder gelassen habe und wie er zu diesem Hirsche gelangt sei, aus dessen großen Augen ich Tränen fließen sah. Anstatt mir zu antworten fing er an laut aufzulachen. Ich geriet darüber in höchsten Zorn, zog eine Pistole und drückte sie gegen das Ungeheuer ab, aber die Kugel prallte von seiner Brust zurück und fuhr in den Kopf meines Pferdes. Ich stürzte zur Erde, und der Fremde murmelte einige Worte, die mir das Bewußtsein raubten. Als ich wieder zur Besinnung kam fand ich mich in dieser unterirdischen Gruft in einem gläsernen Sarge. Der Schwarzkünstler erschien nochmals, sagte daß er meinen[[Besitz]] Bruder in einen Hirsch verwandelt, mein Schloß, mit allem Zubehör, verkleinert, in den andern Glaskasten eingeschlossen, und meine[[Besitz]] in Rauch verwandelten Leute in Glasflaschen gebannt hätte. Wolle ich mich jetzt seinem Wunsche fügen, so sei ihm ein leichtes, alles wieder in den vorigen Stand zu setzen: er brauche nur die Gefäße zu öffnen, so werde alles wieder in die natürliche Gestalt zurückkehren. Ich antwortete ihm so wenig als das erste Mal. Er verschwand und ließ mich in meinem Gefängnisse liegen, in welchem mich ein tiefer Schlaf befiel. Unter den Bildern, welche an meiner Seele vorübergingen, war auch das tröstliche, daß ein junger Mann kam und mich befreite, und als ich heute die Augen öffne, so erblicke ich dich und sehe meinen[[Besitz]] Traum erfüllt. Hilf mir vollbringen was in jenem Gesichte noch weiter geschah. Das erste ist daß wir den Glaskasten, in welchem mein Schloß sich befindet, auf jenen breiten Stein heben.« Der Stein, sobald er beschwert war, hob sich mit dem Fräulein und dem Jüngling in die Höhe, und stieg durch die Öffnung der Decke in den obern Saal, wo sie dann leicht ins Freie gelangen konnten. Hier öffnete das Fräulein den Deckel, und es war wunderbar anzusehen, wie Schloß, Häuser und Gehöfte sich ausdehnten und in größter Schnelligkeit zu natürlicher Größe heranwuchsen. Sie[[1]] kehrten darauf in die unterirdische Höhle zurück und ließen die mit Rauch gefüllten Gläser von dem Steine herauftragen. Kaum hatte das Fräulein die Flaschen geöffnet, so drang der blaue Rauch heraus und verwandelte sich in lebendige Menschen, in welchen das Fräulein ihre Diener und Leute erkannte. Ihre Freude ward noch vermehrt als ihr Bruder, der den Zauberer in dem Stier getötet hatte, in menschlicher Gestalt aus dem Walde heran kam, und noch denselben Tag reichte das Fräulein, ihrem Versprechen gemäß, dem glücklichen Schneider die Hand am Altare. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="164._Der_faule_Heinz" 164. Der faule Heinz. &&ax &&lg=x &&fe Heinz war faul, und obgleich er weiter nichts zu tun hatte, als seine Ziege täglich auf die Weide zu treiben, so seufzte er dennoch, wenn er nach vollbrachtem Tagewerk Abends nach Hause kam. »Es ist in Wahrheit eine schwere Last,« sagte er, »und ein mühseliges Geschäft, so eine Ziege Jahr aus Jahr ein bis in den späten Herbst ins Feld zu treiben. Und wenn man sich noch dabei hinlegen und schlafen könnte! aber nein, da muß man die Augen auf haben, damit sie die jungen Bäume nicht beschädigt, durch die Hecke in einen Garten dringt oder gar davon läuft. Wie soll da einer zur Ruhe kommen, und seines Lebens froh werden!« Er setzte sich, sammelte seine Gedanken und überlegte wie er seine Schultern von dieser Bürde frei machen könnte. Lange war alles Nachsinnen vergeblich, plötzlich fiels ihm wie Schuppen von den Augen. »Ich weiß was ich tue,« rief er aus, »ich heirate die dicke Trine, die hat auch eine Ziege, und kann meine[[Besitz]] mit austreiben, so brauche ich mich nicht länger zu quälen.« Heinz erhob sich also, setzte seine müden Glieder in Bewegung, ging quer über die Straße, denn weiter war der Weg nicht, wo die Eltern der dicken Trine wohnten, und hielt um ihre arbeitsame und tugendreiche Tochter an. Die Eltern besannen sich nicht lange, »gleich und gleich gesellt sich gern« meinten sie und willigten ein. Nun ward die dicke Trine Heinzens Frau und trieb die beiden Ziegen aus. Heinz hatte gute Tage und brauchte sich von keiner andern Arbeit zu erholen, als von seiner eigenen Faulheit. Nur dann und wann ging er mit hinaus und sagte »es geschieht bloß damit mir die Ruhe hernach desto besser schmeckt: man verliert sonst alles Gefühl dafür.« Aber die dicke Trine war nicht minder faul. »Lieber Heinz,« sprach sie eines Tages, »warum sollen wir uns das Leben ohne Not sauer machen und unsere beste Jugendzeit verkümmern? Ist es nicht besser, wir geben die beiden Ziegen, die jeden Morgen einen mit ihrem Meckern im besten Schlafe stören, unserm Nachbar und der gibt uns einen Bienenstock dafür? den Bienenstock stellen wir an einen sonnigen Platz hinter das Haus und bekümmern uns weiter nicht darum. Die Bienen brauchen nicht gehütet und nicht ins Feld getrieben zu werden: sie fliegen aus, finden den Weg nach Haus von selbst wieder und sammeln Honig ohne daß es uns die geringste Mühe macht.« »Du hast wie eine verständige Frau gesprochen« antwortete Heinz, »deinen Vorschlag wollen wir ohne Zaudern ausführen: außerdem schmeckt und nährt der Honig besser als die Ziegenmilch und läßt sich auch länger aufbewahren.« Der Nachbar gab für die beiden Ziegen gerne einen Bienenstock. Die Bienen flogen unermüdlich vom frühen Morgen bis zum späten Abend aus und ein, und füllten den Stock mit dem schönsten Honig, so daß Heinz im Herbst einen ganzen Krug voll heraus nehmen konnte. Sie[[1]] stellten den Krug auf ein Brett, das oben an der Wand in ihrer Schlafkammer befestigt war, und weil sie fürchteten er könnte ihnen gestohlen werden oder die Mäuse könnten darüber geraten, so holte Trine einen starken Haselstock herbei und legte ihn neben ihr Bett, damit sie ihn, ohne unnötigerweise aufzustehen, mit der Hand erreichen und die ungebetenen Gäste von dem Bette aus verjagen könnte. Der faule Heinz verließ das Bett nicht gerne vor Mittag: »wer früh aufsteht,« sprach er, »sein Gut verzehrt.« Eines Morgens als er so am hellen Tage noch in den Federn lag und von dem langen Schlaf ausruhte, sprach er zu seiner Frau »die Weiber lieben die Süßigkeit, und du naschest von dem Honig, es ist besser, ehe er von dir allein ausgegessen wird, daß wir dafür eine Gans mit einem jungen Gänslein erhandeln.« »Aber nicht eher,« erwiderte Trine, »als bis wir ein Kind haben, das sie hütet. Soll ich mich etwa mit den jungen Gänsen plagen und meine[[Besitz]] Kräfte dabei unnötigerweise zusetzen?« »Meinst du,« sagte Heins, »der Junge werde Gänse hüten? heutzutage gehorchen die Kinder nicht mehr: sie tun nach ihrem eigenen Willen, weil sie sich klüger dünken als die Eltern, gerade wie jener Knecht, der die Kuh suchen sollte, und drei Amseln nachjagte.« »O,« antwortete Trine, »dem soll es schlecht bekommen, wenn er nicht tut was ich sage. Einen Stock will ich nehmen und mit ungezählten Schlägen ihm die Haut gerben. Siehst du, Heinz,« rief sie in ihrem Eifer und faßte den Stock, mit dem sie die Mäuse verjagen wollte, »siehst du, so will ich auf ihn losschlagen.« Sie[[1]] holte aus, traf aber unglücklicherweise den Honigkrug über dem Bette. Der Krug sprang wider die Wand und fiel in Scherben herab, und der schöne Honig floß auf den Boden. »Da liegt nun die Gans mit dem jungen Gänslein,« sagte Heinz, »und braucht nicht gehütet zu werden. Aber ein Glück ist es, daß mir der Krug nicht auf den Kopf gefallen ist, wir haben alle Ursache mit unserm Schicksal zufrieden zu sein.« Und da er in einer Scherbe noch etwas Honig bemerkte, so langte er danach und sprach ganz vergnügt »das Restchen, Frau, wollen wir uns noch schmecken lassen und dann nach dem gehabten Schrecken ein wenig ausruhen, was tuts, wenn wir etwas später als gewöhnlich aufstehen, der Tag ist doch noch lang genug.« »Ja« antwortete Trine, »man kommt immer noch zu rechter Zeit. Weißt du, die Schnecke war einmal zur Hochzeit eingeladen, machte sich auf den Weg, kam aber zur Kindtaufe an. Vor[[Präpos]] dem Haus stürzte sie noch über den Zaun und sagte »eilen tut nicht gut.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="165._Der_Vogel_Greif" 165. &&wt0 {{Der Vogel Greif.}} &&ax &&lg=x &&fe {{S' isch einisch e Chönig gsi, woner gregiert hat und wiener gheisse hat weiß i nümme. De het kei Sohn gha, num¬mene einzige Tochter, die isch immer chrank gsi, und kei Dokter het se chönne heile. Do isch em Chönig profizeit worde si Tochter werd se an Öpfle gsund esse. Do lot er dur sis ganz Land bchant mache wer siner Tochter Öpfel bringe, daß se se gsund dar chönn esse, de müesse zur Frau ha und Chönig wärde. Das het au ne Pur verno, de drei Söhn gha het. Do säit er zum elste »gang ufs Gade ufe, nimm e Chratte (Hand¬korb) voll vo dene schöne Öpfle mit rote Bagge und träg se a Hof; villicht cha se d' Chönigs¬toch¬ter gsund dra esse und de darf¬sche hürote und wirsch Chönig.« De Kärle hets e so gmacht und der Weg under d' Füeß gno. Woner e Zitlang gange gsi isch, begeg¬net em es chlis isigs Manndle, das frogt ne was er do e dem Chratte häig, do seit der Uele, denn so het er gheisse, »Fröschebäi.« Das Manndle säit druf »no es sölle si und blibe« und isch witer gange. Ändle chunt der Uele fürs Schloß un lot se amelde, er hob Öpfel, die d' Tochter gsund mache, wenn se dervo ässe tue. Das het der Chönig grüsele gfreut und lot der Uele vor se cho, aber, o häie! woner ufdeckt, so heter anstatt Öpfel Fröschebäi e dem Chratte, die no zapled händ. Drob isch der Chönig bös worde, und lot ne zum Hus us jage. Woner häi cho isch, so verzelter dem Ätte wies em gange isch. Do schickt der Ätte der noelst Son, de Säme gheisse het; aber dem isch es ganz glich gange wie im Uele. Es isch em halt au es chlis isigs Manndle begeg¬net und das het ne gfrogt was er do e dem Chratte häig, der Säme säit »Seüborst,« und das isigs Manndle säit »no es söll si und blibe.« Woner do vor es Chönigs¬schloß cho isch, und säit er heb Öpfel, a dene se d' Chönigs¬toch¬ter gsund chönn esse, so händ se ne nid welle ine lo, und händ gsäit es sig scho eine do gsi und heb se füre Nare gha. Der Säme het aber aghalte, er heb gwüß dere Öpfel, se solle ne nume ine lo. Ändle händ sem glaubt, und füre ne vor der Chönig. Aber woner er si Chratte uf¬deckt, so het er halt Seüborst. Das het der Chönig gar schröckele erzürnt, so daß er der Säme us em Hus het lo peütsche. Woner häi cho isch, so het er gsäit wies em gange isch. Do chunt der jüngst Bueb, dem händse nume der dumm Hans gsäit, und frogt der Ätte ob er au mit Öpfel goh dörf. »Jo,« säit do der Ätte, »du wärst der rächt Kerle derzue, wenn die gschite nüt usrichte, was wettest denn du usrichte.« Der Bueb het aber nit no glo: »e woll, Ätte, i will au goh.« »Gang mer doch ewäg, du dumme Kerle, du muest warte bis gschiter wirsch« säit druf der Ätte und chert em der Rügge. Der Hans aber zupft ne hinde am Chittel »e woll, Ätte, i will au goh.« »No minet¬wäge, so gang, de wirsch woll wieder ome cho« gitt der Ätte zur Ant¬wort eme nidige Ton. Der Bueb hat se aber grüsele gfreut und isch ufgum¬pet. »Jo, tue jetz no wiene Nar, du wirsch vo äim Tag zum andere no düm¬mer« säit der Ätte wieder. Dat het aber im Hans nüt gmacht und het se e siner Freud nid lo störe. Wils aber gli Nacht gsi isch, so het er dänkt er well warte bis am Morge, er möcht hüt doch nümme na Hof gcho. Z« Nacht im Bett het er nid chönne schloffe, und wenn er au ne ihli igschlum¬mert isch, so hets em traumt vo schöne Jumpfere, vo Schlößern, Gold und Silber und aller¬hand dere Sache meh. Am Morge früe macht er se up der Wäg, und gli drufe bchun¬tem es chlis mutzigs Manndle, eme isige Chläidle, und frogt ne was er do e dem Chratte häig. Der Hans gitt em zur Antwort er heb Öpfel, a dene d' Chönigs¬tochter se gsund äße sött. »No,« säit das Manndle, »es sölle söttige (solche) si und blibe.« Aber am Hof händ se der Hans partu nit welle ine lo, denn es sige scho zwee do gsi und hebe gsäit se bringe Öpfel und do heb äine Fröschebäi und der ander Seüborst gha. Der Hans het aber gar grüsele aghalte, er heb gwöß kene Fröschebäi, sondern von de schönste Öpfle, die im ganze Chönig¬reich wachse. Woner de so ordele gredt het, so dänke d' Thör¬hüe¬ter de chönn nid lüge und lönde ine, und se händ au rächt gha, denn wo der Hans si Chratte vor em Chönig abdeckt, so sind gold¬gäle Öpfel füre cho. De Chönig het se gfreut und lot gli der Tochter dervo bringe, und wartet jetz e banger Erwar¬tig bis me¬nem der Bericht bringt, was se für Würkig tho hebe. Aber nid lange Zit vergot, so bringt em öpper Bricht: aber was meine¬der wer isch das gsi? d' Toch¬ter selber isch es gsi. So bald se vo dene Öpfle ggäße gha het, isch e gsund us em Bett gsprunge. Wie der Chönig e Freud gha het, chame nid beschribe. Aber jetz het er d' Tochter dem Hans nid welle zur Frau ge un säit er müeß em zerst none Wäidlig (Nachen) mache, de ufem drochne Land wäidliger geu as im Wasser. Der Hans nimmt de Betingig a und got häi und verzelts wies eme gangen seig. Do schickt der Ätte der Uele is Holz um e söttige Wäidlig z' mache. Er hat flißig gewärret (gear¬bei¬tet) und derzue gpfiffe. Z' Mittag, wo d' Sunne am höchste gstande isch, chunt es chlis isigs Manndle und frogt was er do mach. Der Uele gitt em zur Antwort »Chelle (hölzernes Gerät).« Das isig Männdle säit »no es sölle si und blibe.« Z' Obe meint der Uele er heb jetz e Wäidlig gmacht, aber woner het welle isitze, so sinds alles Chelle gsi. Der anner Tag got der Säme e Wald, aber s' isch em ganz gliche gange wie im Uele. Am dritte Tag got der dumm Hans. Er schafft rächt flißig, daß es im ganze Wald tönt vo sine chräftige Schläge, derzue singt er und pfift er rächt lustig. Da chunt wieder das chli Manndle z' Mittag, wos am heißeste gsi isch, und frogt was er do mach. »E Wäidlig, de uf em drochne Land wäidliger got as uf em Wasser,« un wenn er dermit fertig seig, so chom er d' Chönigs¬tochter zur Frau über. »No,« säit das Manndle, »es söll e so äine ge und blibe.« Z' Obe, wo d' Sunne aber z' Gold gange isch, isch der Hans au fertig gsi mit sim Wäidlig und Schiff und Gscher. Er sitzt i und ruederet der Resi¬denz zue. Der Wäidlig isch aber so gschwind gange wie der Wind. Der Chönig hets von witen gseh, will aber im Hans si Tochter nonig ge und säit er müeß zerst no hundert Haase hüete vom Morge früeh bis z' Obe spot, und wenn em äine furt chömm, so chömm er d' Tochter nit über. Der Hans isch e des z' friede gsi, und gli am andere Tag got er mit siner Heerd uf d' Wäid und paßt verwändt uf daß em keine dervo laufe. Nid mänge Stund isch vergan¬ge, so chunt e Magd vom Schloß und säit zum Hans er söll ere gschwind e Haas ge, so hebe Wisite über cho. Der Hans hett aber woll gemerkt wo das use will und säit er gäb e keine, der Chönig chön denn morn siner Wisite mit Haase¬pfäf¬fer ufwarte. D« Magd het aber nid no glo und am Änd fot so no a resniere. Do säit der Hans wenn d' Chönigs¬toch¬ter selber chömm, so woll er ene Haas ge. Dat het d' Magd im Schloß gsäit, und d' Tochter isch selber gange. Under¬desse isch aber zum Hans das chli Manndle wieder cho und frogt der Hans was er do thüej. »He, do müeß er hundert Haase hüete, daß em kaine dervo lauf, und denn dörf er d' Chönigs¬tochter hürothe und wäre Chönig.« »Guet,« säit das Manndle, »do hesch es Pfifle, und wenn der äine furt¬lauft, so pfif nume, denn chunt er wieder ume.« Wo do d' Tochter cho isch, so gitt ere der Hans e Haas is Fürtüchle. Aber wo se öppe hundert Schritt wit gsi isch, so pfift der Hans, und de Haas springt ere us em Schäu¬bele use und, was gisch was hesch, wieder zu der Heerd. Wo's Obe gsi isch, so pfift de Haase¬hirt no emol und luegt ob alle do sige und treibt se do zum Schloß. Der Chönig het se verwun¬deret wie au der Hans im Stand gsi seig hun¬dert Haase z' hüete, daß em käine dervo glofe isch; er will em aber d' Tochter äine weg nonig ge, und säit er müß em no ne Fädere us d' Vogel¬grife Stehl bringe. Der Hans macht se grad uf der Wäg und mar¬schiert rächt handle vorwärts. Z' Obe chunt er zu neme Schloß, do frogt er umenes Nachtlager, denn sälbes¬mol het me no käine Wirts¬hüser gha, das säit em der Herr vom Schloß mit vele Freude zue und frogt ne woner he well. Der Hans git druf zur Antwort »zum Vogel¬grif.« »So, zum Vogelgrif, me säit ame er wuß alles, und i hane Schlös¬sel zue nere isige Gäld¬chiste verlore: ehr chöntet doch so guet si und ne froge woner seig.« »Jo frile,« säit der Hans, »das wili scho tue.« Am Morgen früe isch er do witer gange, und chunt unter¬wägs zue mene andere Schloß, i dem er wieder über¬nacht blibt. Wo d' Lüt drus verno händ daß er zum Vogel¬grif well, so säge se es sig im Hus ne Tochter chrank, und se hebe scho alle Mittel brucht, aber es well kais aschlo, er söll doch so guet si und der Vogel¬grif froge was die Tochter wieder chön gsund mache. Der Hans säit das weller gärn tue und goht witer. Do chunt er zue emne Wasser, und anstatt eme Feer isch e große große Ma do gsi, de all Lüt het müesse übere träge. De Ma het der Hans gfrogt wo si Räis ane geu. »Zum Vogel¬grif« säit der Hans. »No, wenn er zue nme chömet,« säit do de Ma, »sö froget ne an worum i all Lüt müeß über das Wasser träge.« Do säit der Hans »jo, min Gott jo, das wili scho tue.« De Ma het ne do uf d' Achsle gno und übere träit. Ändle chunt do der Hans zum Hus vom Vogel¬grif, aber do isch nume d' Frau dehäime gsi und der Vogel¬grif sälber nid. Do frogt ne d' Frau was er well. Do het ere der Hans alles verzelt, daß ere Fädere sölt ha us s' Vogel¬grife Stehl, und denn hebe se emene Schloß der Schlüs¬sel zue nere Gäld¬chiste verlore, und er sött der Vogel¬grif froge wo der Schlüs¬sel seig; denn seig eme andere Schloß e Tochter chrank, und er söt wüße was die Tochter chönt gsund mache; denn seig nig wid vo do es Wasser und e Ma derbi, de d' Lüt müeß übere träge, und er möcht au gern wüsse worum de Ma all Lüt müeß übere träge. Do säit die Frau »ja lueget, mi guete Fründ, s' cha käi Christ mit em Vogelgrif rede, er frißt se all; wenn er aber wänd, so chön neder under sis Bett undere ligge, und z' Nacht, wenn er rächt fest schloft, so chön¬ne¬der denn use länge und em e Fädere usem Stehl riße; und wäge dene Sache, die ner wüße söttet, will i ne sälber froge. Der Hans isch e das alles z'friede gsi und lit unders Bett undere. Z' Obe chunt der Vogelgrif häi, und wiener i d' Stube chunt, so säit er »Frau, i schmöke ne Christ.« »Jo,« säit do d' Frau, »s' isch hüt äine do gsi, aber er isch wieder furt;« und mit dem het der Vogel¬grif nüt me gsäit. Z' mitzt e der Nacht, wo der Vogelgrif rächt geschnar¬chlet het, so längt der Hans ufe und rißt em e Fädere usem Stehl. Do isch der Vogelgrif plötzle ufgjuckt und säit »Frau, i schmöcke ne Christ, und s' isch mer s' heb me öpper am Stehl zehrt.« De säit d' Frau »de hesch gwüß traumet, und i ho der jo hüt scho gsäit, s' isch e Christ do gsi, aber isch wieder furt. Do het mer aller¬hand Sache verzellt. Si hebe ime Schloß der Schlüssel zue nere Gäldchiste verlore und chönnene numme finde.« »O di Nare,« säit der Vogelgrif, »de Schlüs¬sel lit im Holz¬hus hinder der Thör undere Holz¬big.« »Und denn het er au gsäit imene Schloß seig e Tochter chrank und se wüße kais Mittel für se gsund z' mache.« »O di Nare,« säit der Vogelgrif, »under der Chäller¬stäge het e Chrot es Näscht gmacht von ere Hoore, und wenn se die Hoor wieder het, so wers se gsund.« »Und denn het er au no gsäit s' sig amene Ort es Wasser un e Ma derbi, der müeß all Lüt drüber träge.« »O de Nar,« säit de Vogelgrif, »täter nome emol äine z' mitzt dri stelle, er müeßt denn käine me übere träge.« Am Morge frue isch der Vogel¬grif uf gstande und isch furt gange. Do chunt der Hans underem Bett füre und het e schöne Fädere gha; au het er ghört was der Vogel¬grif gsäit het wäge dem Schlüssel und der Tochter und dem Ma. D' Frau vom Vogel¬grif het em do alles no nemol verzellt, daß er nüt ver¬gäße, und denn isch er wieder häi zue gange. Zerst chunt er zum Ma bim Wasser, de frogt ne gli was der Vogel¬grif gsäit heb, do säit der Hans er söll ne zerst übere träge, es well em's denn däne säge. Do träit ne der Ma übere. Woner däne gsi isch, so säit em der Hans er söllt nume äinisch äine z' mitzt dri stelle, er müeß denn käine me übere träge. Do het se de Ma grüsele gfreut und säit zum Hans er well ne zum Dank none mol ume und äne trage. Do säit der Hans näi, er well em die Müeh erspare, er seig sust mit em z'friede, und isch witer gange. Do chunt er zue dem Schloß, wo die Tochter chrank gsi isch, die nimmt er do uf d' Achsle, denn se het nit chönne laufe, und träit se d' Cheller¬stäge ab und nimmt das Chrotenäst under dem underste Tritt füre und gits der Tochter i d' Händ, und die springt em ab der Achsle abe und vor im d' Stäge uf, und isch ganz gsund gsi. Jetz händ der Vater und d' Mueter e grüsliche Freud gha und händ dem Hans Gschänke gmacht vo Gold und Silber: und was er nume het welle, das händ sem gge. Wo do der Hans is an der Schloß cho isch, isch er gli is Holz¬hus gange, und het hinder der Thör under der Holz¬bige de Schlüssel richtig gfunde, und het ne do dem Herr brocht. De het se au nid wenig gfreut und het dem Hans zur Belohnig vill vo dem Gold gge, das e der Chiste gsi isch, und sust no aller derhand für Sache, so Chüe und Schoof und Gäiße. Wo der Hans zum Chönig cho isch mit deme Sache alle, mit dem Gäld und dem Gold und Silber und dene Chüene, Schoofe und Gäiße, so frogt ne der Chönig, woner au das alles übercho heb. Do säit der Hans der Vogel¬grif gäb äin so vill me well. Do dänkt der Chönig er chönt das au bruche und macht se au uf der Weg zum Vogel¬grif, aber woner zue dem Wasser cho isch, so isch er halt der erst gsi, der sid em Hans cho isch, un de Ma stellt e z' mitzt ab und goht furt, und der Chönig isch ertrunke. Der Hans het do d' Tochter ghürothet und isch Chönig worde.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="166._Der_starke_Hans" 166. Der starke Hans. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Mann und eine Frau, die hatten nur ein einziges Kind, und lebten in einem abseits gelegenen Tale ganz allein. Es trug sich zu, daß die Mutter einmal ins Holz ging, Tannenreiser zu lesen, und den kleinen Hans, der erst zwei Jahr alt war, mitnahm. Da es gerade in der Frühlingszeit war und das Kind seine Freude an den bunten Blumen hatte, so ging sie immer weiter mit ihm in den Wald hinein. Plötzlich sprangen aus dem Gebüsch zwei Räuber hervor, packten die Mutter und das Kind und führten sie tief in den schwarzen Wald, wo Jahr aus Jahr ein kein Mensch hinkam. Die arme Frau bat die Räuber inständig sie mit ihrem Kinde frei zu lassen, aber das Herz der Räuber war von Stein: sie hörten nicht auf ihr Bitten und Flehen und trieben sie mit Gewalt an weiter zu gehen. Nachdem sie etwa zwei Stunden durch Stauden und Dörner sich hatten durcharbeiten müssen, kamen sie zu einem Felsen, wo eine Türe war, an welche die Räuber klopften, und die sich alsbald öffnete. Sie[[1]] mußten durch einen langen dunkelen Gang und kamen endlich in eine große Höhle, die von einem Feuer, das auf dem Herd brannte, erleuchtet war. An der Wand hingen Schwerter, Säbel und andere Mordgewehre, die in dem Lichte blinkten, und in der Mitte stand ein schwarzer Tisch, an dem vier andere Räuber saßen und spielten, und oben an saß der Hauptmann. Dieser kam, als er die Frau sah, herbei, redete sie an und sagte sie sollte nur ruhig und ohne Angst sein, sie täten ihr nichts zu Leid, aber sie müßte das Hauswesen besorgen, und wenn sie alles in Ordnung hielte, so sollte sie es nicht schlimm bei ihnen haben. Darauf gaben sie ihr etwas zu essen und zeigten ihr ein Bett, wo sie mit ihrem Kinde schlafen könnte. Die Frau blieb viele Jahre bei den Räubern, und Hans ward groß und stark. Die Mutter erzählte ihm Geschichten und lehrte ihn in einem alten Ritterbuch, das sie in der Höhle fand, lesen. Als Hans neun Jahr alt war, machte er sich aus einem Tannenast einen starken Knüttel und versteckte ihn hinter das Bett: dann ging er zu seiner Mutter und sprach »liebe Mutter, sage mir jetzt einmal wer mein Vater ist, ich will und muß es wissen.« Die Mutter schwieg still und wollte es ihm nicht sagen, damit er nicht das Heimweh bekäme: sie wußte auch daß die gottlosen Räuber den Hans doch nicht fortlassen würden; aber es hätte ihr fast das Herz zersprengt, daß Hans nicht sollte zu seinem Vater kommen. In der Nacht, als die Räuber von ihrem Raubzug heimkehrten, holte Hans seinen Knüttel hervor, stellte sich vor den Hauptmann und sagte »jetzt will ich wissen wer mein Vater ist, und wenn du mirs nicht gleich sagst, so schlag ich dich nieder.« Da lachte der Hauptmann und gab dem Hans eine Ohrfeige, daß er unter den Tisch kugelte. Hans machte sich wieder auf, schwieg und dachte »ich will noch ein Jahr warten und es dann noch einmal versuchen, vielleicht gehts besser.« Als das Jahr herum war, holte er seinen Knüttel wieder hervor, wischte den Staub ab, betrachtete ihn und sprach »es ist ein tüchtiger wackerer Knüttel.« Nachts kamen die Räuber heim, tranken Wein, einen Krug nach dem anderen, und fingen an die Köpfe zu hängen. Da holte der Hans seinen Knüttel herbei, stellte sich wieder vor den Hauptmann und fragte ihn wer sein Vater wäre. Der Hauptmann gab ihm abermals eine so kräftige Ohrfeige, daß Hans unter den Tisch rollte, aber es dauerte nicht lange, so war er wieder oben und schlug mit seinem Knüttel auf den Hauptmann und die Räuber, daß sie Arme und Beine nicht mehr regen konnten. Die Mutter stand in einer Ecke und war voll Verwunderung über seine Tapferkeit und Stärke. Als Hans mit seiner Arbeit fertig war, ging er zu seiner Mutter und sagte »jetzt ist mirs Ernst gewesen, aber jetzt muß ich auch wissen wer mein Vater ist.« »Lieber Hans,« antwortete die Mutter, »komm wir wollen gehen und ihn suchen bis wir ihn finden.« Sie[[1]] nahm dem Hauptmann den Schlüssel zu der Eingangstüre ab, und Hans holte einen großen Mehlsack, packte Gold, Silber und was er sonst noch für schöne Sachen fand, zusammen, bis er voll war, und nahm ihn dann auf den Rücken. Sie[[1]] verließen die Höhle, aber was tat Hans die Augen auf, als er aus der Finsternis heraus in das Tageslicht kam, und den grünen Wald, Blumen und Vögel und die Morgensonne am Himmel erblickte. Er stand da und staunte alles an, als wenn er nicht recht gescheit wäre. Die Mutter suchte den Weg nach Haus, und als sie ein paar Stunden gegangen waren, so kamen sie glücklich in ihr einsames Tal und zu ihrem Häuschen. Der Vater saß unter der Türe, er weinte vor Freude als er seine Frau erkannte und hörte daß Hans sein Sohn war, die er beide längst für tot gehalten hatte. Aber Hans, obgleich erst zwölf Jahr alt, war doch einen Kopf größer als sein Vater. Sie[[1]] gingen zusammen in das Stübchen, aber kaum hatte Hans seinen Sack auf die Ofenbank gesetzt, so fing das ganze Haus an zu krachen, die Bank brach ein und dann auch der Fußboden, und der schwere Sack sank in den Keller hinab. »Gott behüte uns,« rief der Vater »was ist das? jetzt hast du unser Häuschen zerbrochen.« »Laßt euch keine graue Haare darüber wachsen, lieber Vater,« antwortete Hans, »da in dem Sack steckt mehr als für ein neues Haus nötig ist.« Der Vater und Hans fingen auch gleich an ein neues Haus zu bauen, Vieh zu erhandeln und Land zu kaufen und zu wirtschaften. Hans ackerte die Felder, und wenn er hinter dem Pflug ging und ihn in die Erde hinein schob, so hatten die Stiere fast nicht nötig zu ziehen. Den nächsten Frühling sagte Hans »Vater, behaltet alles Geld und laßt mir einen zentnerschweren Spazierstab machen, damit ich in die Fremde gehen kann.« Als der verlangte Stab fertig war, verließ er seines Vaters Haus, zog fort und kam in einen tiefen und finstern Wald. Da hörte er etwas knistern und knastern, schaute um sich und sah eine Tanne, die von unten bis oben wie ein Seil gewunden war: und wie er die Augen in die Höhe richtete, so erblickte er einen großen Kerl, der den Baum gepackt hatte und ihn wie eine Weidenrute umdrehte. »He!« rief Hans, »was machst du da droben?« Der Kerl antwortete »ich habe gestern Reiswellen zusammen getragen und will mir ein Seil dazu drehen.« »Das laß ich mir gefallen,« dachte Hans, »der hat Kräfte,« und rief ihm zu, »laß du das gut sein und komm mit mir.« Der Kerl kletterte von oben herab, und war einen ganzen Kopf größer als Hans, und der war doch auch nicht klein. »Du heißest jetzt Tannendreher« sagte Hans zu ihm. Sie[[1]] gingen darauf weiter und hörten etwas klopfen und hämmern, so stark daß bei jedem Schlag der Erdboden zitterte. Bald darauf kamen sie zu einem mächtigen Felsen, vor dem stand ein Riese und schlug mit der Faust große Stücke davon ab. Als Hans fragte was er da vor hätte, antwortete er »wenn ich Nachts schlafen will, so kommen Bären, Wölfe und anderes Ungeziefer der Art, die schnuppern und schnuffeln an mir herum und lassen mich nicht schlafen, da will ich mir ein Haus bauen und mich hinein legen, damit ich Ruhe habe.« »Ei ja wohl,« dachte Hans, »den kannst du auch noch brauchen« und sprach zu ihm »laß das Hausbauen gut sein und geh mit mir, du sollst der Felsenklipperer heißen.« Er willigte ein, und sie strichen alle drei durch den Wald hin und wo sie hinkamen, da wurden die wilden Tiere aufgeschreckt und liefen vor ihnen weg. Abends kamen sie in ein altes verlassenes Schloß, stiegen hinauf und legten sich in den Saal schlafen. Am andern Morgen ging Hans hinab in den Garten, der war ganz verwildert und stand voll Dörner und Gebüsch. Und wie er so herum ging, sprang ein Wildschwein auf ihn los: er gab ihm aber mit seinem Stab einen Schlag daß es gleich niederfiel. Dann nahm er es auf die Schulter und brachte es hinauf; da steckten sie es an einen Spieß, machten sich einen Braten zurecht und waren guter Dinge. Nun verabredeten sie daß jeden Tag, der Reihe nach zwei auf die Jagd gehen sollten und einer daheim bleiben und kochen, für jeden neun Pfund Fleisch. Den ersten Tag blieb der Tannendreher daheim und Hans und der Felsenklipperer gingen auf die Jagd. Als der Tannendreher beim Kochen beschäftigt war, kam ein kleines altes zusammengeschrumpeltes Männchen zu ihm auf das Schloß, und forderte Fleisch. »Pack dich, Duckmäuser,« antwortete er, »du brauchst kein Fleisch.« Aber wie verwunderte sich der Tannendreher, als das kleine unscheinbare Männlein an ihm hinauf sprang und mit Fäusten so auf ihn losschlug, daß er sich nicht wehren konnte, zur Erde fiel und nach Atem schnappte. Das Männlein ging nicht eher fort, als bis es seinen Zorn völlig an ihm ausgelassen hatte. Als die zwei andern von der Jagd heimkamen, sagte ihnen der Tannendreher nichts von dem alten Männchen und den Schlägen, die er bekommen hatte und dachte »wenn sie daheim bleiben, so können sies auch einmal mit der kleinen Kratzbürste versuchen,« und der bloße Gedanke machte ihm schon Vergnügen. Den folgenden Tag blieb der Steinklipperer daheim, und dem ging es gerade so wie dem Tannendreher, er ward von dem Männlein übel zugerichtet, weil er ihm kein Fleisch hatte geben wollen. Als die andern Abends nach Haus kamen, sah es ihm der Tannendreher wohl an was er erfahren hatte, aber beide schwiegen still und dachten »der Hans muß auch von der Suppe kosten.« Der Hans, der den nächsten Tag daheim bleiben mußte, tat seine Arbeit in der Küche, wie sichs gebührte, und als er oben stand und den Kessel abschaumte, kam das Männchen und forderte ohne weiteres ein Stück Fleisch. Da dachte Hans »es ist ein armer Wicht, ich will ihm von meinem Anteil geben, damit die andern nicht zu kurz kommen« und reichte ihm ein Stück Fleisch. Als es der Zwerg verzehrt hatte, verlangte er nochmals Fleisch, und der gutmütige Hans gab es ihm und sagte da wäre noch ein schönes Stück, damit sollte er zufrieden sein. Der Zwerg forderte aber zum drittenmal. »Du wirst unverschämt« sagte Hans und gab ihm nichts. Da wollte der boshafte Zwerg an ihm hinaufspringen und ihn wie den Tannendreher und Felsenklipperer behandeln, aber er kam an den unrechten. Hans gab ihm, ohne sich anzustrengen, ein paar Hiebe, daß er die Schloßtreppe hinabsprang. Hans wollte ihm nachlaufen, fiel aber, so lang er war, über ihn hin. Als er sich wieder aufgerichtet hatte, war ihm der Zwerg voraus. Hans eilte ihm bis in den Wald nach und sah wie er in eine Felsenhöhle schlüpfte. Hans kehrte nun heim, hatte sich aber die Stelle gemerkt. Die beiden andern, als sie nach Haus kamen, wunderten sich daß Hans so wohl auf war. Er erzählte ihnen was sich zugetragen hatte, und da verschwiegen sie nicht länger wie es ihnen ergangen war. Hans lachte und sagte »es ist euch ganz recht, warum seid ihr so geitzig mit eurem Fleisch gewesen, aber es ist eine Schande, ihr seid so groß und habt euch von dem Zwerge Schläge geben lassen.« Sie[[1]] nahmen darauf Korb und Seil und gingen alle drei zu der Felsenhöhle, in welche der Zwerg geschlüpft war, und ließen den Hans mit seinem Stab im Korb hinab. Als Hans auf dem Grund angelangt war, fand er eine Türe, und als er sie öffnete, saß da eine bildschöne Jungfrau, nein so schön, daß es nicht zu sagen ist, und neben ihr saß der Zwerg und grinste den Hans an wie eine Meerkatze. Sie[[1]] aber war mit Ketten gebunden und blickte ihn so traurig an, daß Hans großes Mitleid empfand und dachte »du mußt sie aus der Gewalt des bösen Zwerges erlösen,« und gab ihm einen Streich mit seinem Stab, daß er tot niedersank. Alsbald fielen die Ketten von der Jungfrau ab, und Hans war wie verzückt über ihre Schönheit. Sie[[1]] erzählte ihm sie wäre eine Königstochter, die ein wilder Graf aus ihrer Heimat geraubt und hier in den Felsen eingesperrt hätte, weil sie nichts von ihm hätte wissen wollen: den Zwerg aber hätte der Graf zum Wächter gesetzt und er hätte ihr Leid und Drangsal genug angetan. Darauf setzte Hans die Jungfrau in den Korb und ließ sie hinauf ziehen. Der Korb kam wieder herab, aber Hans traute den beiden Gesellen nicht und dachte »sie haben sich schon falsch gezeigt und dir nichts von dem Zwerg gesagt, wer weiß was sie gegen dich im Schild führen.« Da legte er seinen Stab in den Korb, und das war sein Glück, denn als der Korb halb in der Höhe war, ließen sie ihn fallen, und hätte Hans wirklich darin gesessen, so wäre es sein Tod gewesen. Aber nun wußte er nicht wie er sich aus der Tiefe herausarbeiten sollte und wie er hin und her dachte, er fand keinen Rat. »Es ist doch traurig,« sagte er »daß du da unten verschmachten sollst.« Und als er so auf und abging, kam er wieder zu dem Kämmerchen, wo die Jungfrau gesessen hatte, und sah daß der Zwerg einen Ring am Finger hatte, der glänzte und schimmerte. Da zog er ihn ab und steckte ihn an, und als er ihn am Finger umdrehte, so hörte er plötzlich etwas über seinem Kopf rauschen. Er blickte in die Höhe und sah da Luftgeister schweben, die sagten er wäre ihr Herr und fragten was sein Begehren wäre. Hans war anfangs ganz verstummt, dann aber sagte er sie sollten ihn hinauf tragen. Augenblicklich gehorchten sie, und es war nicht anders als flöge er hinauf. Als er aber oben war, so war kein Mensch mehr zu sehen, und als er in das Schloß ging, so fand er auch dort niemand. Der Tannendreher und der Felsenklipperer waren fortgeeilt und hatten die schöne Jungfrau mit geführt. Aber Hans drehte den Ring, da kamen die Luftgeister und sagten ihm die zwei wären auf dem Meer. Hans lief und lief in einem fort bis er zu dem Meeresstrand kam, da erblickte er weit weit auf dem Wasser ein Schiffchen, in welchem seine treulosen Gefährten saßen. Und im heftigen Zorn sprang er, ohne sich zu besinnen, mit sammt seinem Stab ins Wasser und fing an zu schwimmen, aber der zentnerschwere Stab zog ihn tief hinab, daß er fast ertrunken wäre. Da drehte er noch zu rechter Zeit den Ring, alsbald kamen die Luftgeister und trugen ihn, so schnell wie der Blitz, in das Schiffchen. Da schwang er seinen Stab und gab den bösen Gesellen den verdienten Lohn und warf sie hinab ins Wasser; dann aber ruderte er mit der schönen Jungfrau, die in den größten Ängsten gewesen war, und die er zum zweiten Male befreit hatte, heim zu ihrem Vater und ihrer Mutter, und ward mit ihr verheiratet, und haben alle sich gewaltig gefreut. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="167._Das_Bürle_im_Himmel" 167. &&wt0 {{Das Bürle im Himmel.}} &&ax &&lg=x &&fe {{S isch emol es arms fromms Bürle gstorbe, und chunt do vor d' Him¬mels¬pforte. Zur gliche Zit isch au e riche riche Herr do gsi und het au i Him¬mel welle. Do chunt der heilige Petrus mitem Schlüs¬sel und macht uf und lot der Herr ine; das Bürle het er aber, wies schint, nid gseh und macht d' Pforte ämel wieder zue. Do het das Bürle vorusse ghört wie de Herr mit alle Freude im Him¬mel uf gno worde isch, und wie se drin musi¬ziert und gsunge händ. Ändle isch es do wider still worde, und der heilig Petrus chunt, macht d' Him¬mels¬pforte uf un lot das Bürle au ine. S Bürle het do gmeint s werd jetzt au musi¬ziert und gsunge, wenn es chöm, aber do isch alles still gsi; me hets frile mit aller Liebe ufgno, und d' Ängele sind em egäge cho, aber gsunge het niemer (nie¬mand). Do frogt das Bürle der heilig Petrus worum das me be im nid singe wie be dem riche Herr, s geu, schints, do im Him¬mel au partei¬isch zue wie uf der Erde. Do säit der heilig Petrus »nai wäger, du bisch is so lieb wie alle andere und muesch alle himm¬li¬sche Freude gniesse wie de rich Herr, aber lueg, so arme Bürle, wie du äis bisch, chömme alle Tag e Himmel, so ne riche Herr aber chunt nume alle hundert Johr öppe äine.«}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="168._Die_hagere_Liese" 168. Die hagere Liese. &&ax &&lg=x &&fe Ganz anders als der faule Heinz und die dicke Trine, die sich von nichts aus ihrer Ruhe bringen ließen, dachte die hagere Liese. Sie[[1]] äscherte sich ab von Morgen bis Abend und lud ihrem Mann, dem langen Lenz, so viel Arbeit auf, daß er schwerer zu tragen hatte als ein Esel an drei Säcken. Es war aber alles umsonst, sie hatten nichts und kamen zu nichts. Eines Abends, als sie im Bette lag und vor Müdigkeit kaum ein Glied regen konnte, ließen sie die Gedanken doch nicht einschlafen. Sie[[1]] stieß ihren Mann mit dem Ellenbogen in die Seite und sprach »hörst du, Lenz, was ich gedacht habe? wenn ich einen Gulden fände, und einer mir geschenkt würde, so wollte ich einen dazu borgen, und du solltest mir auch noch einen geben: so bald ich dann die vier Gulden beisammen hätte, so wollte ich eine junge Kuh kaufen.« Dem Mann gefiel das recht gut, »ich weiß zwar nicht,« sprach er, »woher ich den Gulden nehmen soll, den du von mir willst geschenkt haben, aber wenn du dennoch das Geld zusammenbringst, und du kannst dafür eine Kuh kaufen, so tust du wohl, wenn du dein Vorhaben ausführst. Ich freue mich,« fügte er hinzu, »wenn die Kuh ein Kälbchen bringt, so werde ich doch manchmal zu meiner Erquickung einen Trunk Milch erhalten.« »Die Milch ist nicht für dich,« sagte die Frau, »wir lassen das Kalb saugen, damit es groß und fett wird, und wir es gut verkaufen können.« »Freilich,« antwortete der Mann, »aber ein wenig Milch nehmen wir doch, das schadet nichts.« »Wer hat dich gelehrt mit Kühen umgehen?« sprach die Frau, »es mag schaden oder nicht, ich will es nicht haben: und wenn du dich auf den Kopf stellst, du kriegst keinen Tropfen Milch. Du langer Lenz, weil du nicht zu ersättigen bist, meinst du du wolltest verzehren was ich mit Mühe erwerbe.« »Frau,« sagte der Mann, »sei still, oder ich hänge dir eine Maultasche an.« »Was,« rief sie, »du willst mir drohen, du Nimmersatt, du Strick, du fauler Heinz.« Sie[[1]] wollte ihm in die Haare fallen, aber der lange Lenz richtete sich auf, packte mit der einen Hand die dürren Arme der hagern Liese zusammen, mit der andern drückte er ihr den Kopf auf das Kissen, ließ sie schimpfen und hielt sie so lange bis sie vor großer Müdigkeit eingeschlafen war. Ob sie am andern Morgen beim Erwachen fortfuhr zu zanken, oder ob sie ausging den Gulden zu suchen, den sie finden wollte, das weiß ich nicht. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="169._Das_Waldhaus" 169. Das Waldhaus. &&ax &&lg=x &&fe Ein armer Holzhauer lebte mit seiner Frau und drei Töchtern in einer kleinen Hütte an dem Rande eines einsamen Waldes. Eines Morgens, als er wieder an seine Arbeit wollte, sagte er zu seiner Frau, »laß mir mein Mittagsbrot von dem ältesten Mädchen hinaus in den Wald bringen, ich werde sonst nicht fertig. Und damit es sich nicht verirrt,« setzte er hinzu, »so will ich einen Beutel mit Hirsen mitnehmen und die Körner auf den Weg streuen.« Als nun die Sonne mitten über dem Walde stand, machte sich das Mädchen mit einem Topf voll Suppe auf den Weg. Aber die Feld- und Waldsperlinge, die Lerchen und Finken, Amseln und Zeisige hatten den Hirsen schon längst aufgepickt, und das Mädchen konnte die Spur nicht finden. Da ging es auf gut Glück immer fort, bis die Sonne sank und die Nacht einbrach. Die Bäume rauschten in der Dunkelheit, die Eulen schnarrten, und es fing an ihm angst zu werden. Da erblickte es in der Ferne ein Licht, das zwischen den Bäumen blinkte. »Dort sollten wohl Leute wohnen,« dachte es, »die mich über Nacht behalten,« und ging auf das Licht zu. Nicht lange so kam es an ein Haus, dessen Fenster erleuchtet waren. Es klopfte an, und eine rauhe Stimme rief von innen »herein.« Das Mädchen trat auf die dunkle Diele, und pochte an der Stubentür. »Nur herein« rief die Stimme, und als es öffnete, saß da ein alter eisgrauer Mann an dem Tisch, hatte das Gesicht auf die beiden Hände gestützt, und sein weißer Bart floß über den Tisch herab fast bis auf die Erde. Am Ofen aber lagen drei Tiere, ein Hühnchen, ein Hähnchen und eine buntgescheckte Kuh. Das Mädchen erzählte dem Alten sein Schicksal und bat um ein Nachtlager. Der Mann sprach »schön Hühnchen, schön Hähnchen, und du schöne bunte Kuh, was sagst du dazu?« »duks!« antworteten die Tiere: und das mußte wohl heißen »wir sind es zufrieden,« denn der Alte sprach weiter »hier ist Hülle und Fülle, geh hinaus an den Herd und koch uns ein Abendessen.« Das Mädchen fand in der Küche Überfluß an allem und kochte eine gute Speise, aber an die Tiere dachte es nicht. Es trug die volle Schüssel auf den Tisch, setzte sich zu dem grauen Mann, aß und stillte seinen Hunger. Als es satt war, sprach es »aber jetzt bin ich müde, wo ist ein Bett, in das ich mich legen und schlafen kann?« Die Tiere antworteten »du hast mit ihm gegessen, du hast mit ihm getrunken, du hast an uns gar nicht gedacht, nun sieh auch wo du bleibst die Nacht.« Da sprach der Alte »steig nur die Treppe hinauf, so wirst du eine Kammer mit zwei Betten finden, schüttle sie auf und decke sie mit weißem Linnen, so will ich auch kommen und mich schlafen legen.« Das Mädchen stieg hinauf, und als es die Betten geschüttelt und frisch gedeckt hatte, legte es sich in das eine, ohne weiter auf den Alten zu warten. Nach einiger Zeit aber kam der graue Mann, beleuchtete das Mädchen mit dem Licht und schüttelte mit dem Kopf. Und als er sah daß es fest eingeschlafen war, öffnete er eine Falltüre und ließ es in den Keller sinken. Der Holzhauer kam am späten Abend nach Haus und machte seiner Frau Vorwürfe, daß sie ihn den ganzen Tag habe hungern lassen. »Ich habe keine Schuld« antwortete sie, »das Mädchen ist mit dem Mittagsessen hinausgegangen, es muß sich verirrt haben: morgen wird es schon wiederkommen.« Vor[[Präpos]] Tag aber stand der Holzhauer auf, wollte in den Wald und verlangte die zweite Tochter sollte ihm diesmal das Essen bringen. »Ich will einen Beutel mit Linsen mitnehmen,« sagte er, »die Körner sind größer als Hirsen, das Mädchen wird sie besser sehen und kann den Weg nicht verfehlen.« Zur Mittagszeit trug auch das Mädchen die Speise hinaus, aber die Linsen waren verschwunden: die Waldvögel hatten sie, wie am vorigen Tag, aufgepickt und keine übrig gelassen. Das Mädchen irrte im Walde umher bis es Nacht ward, da kam es ebenfalls zu dem Haus des Alten, ward hereingerufen, und bat um Speise und Nachtlager. Der Mann mit dem weißen Barte fragte wieder die Tiere »schön Hühnchen, schön Hähnchen, und du schöne bunte Kuh, was sagst du dazu?« Die Tiere antworteten abermals »duks,« und es geschah alles wie am vorigen Tag. Das Mädchen kochte eine gute Speise, aß und trank mit dem Alten und kümmerte sich nicht um die Tiere. Und als es sich nach seinem Nachtlager erkundigte, antworteten sie »du hast mit ihm gegessen, du hast mit ihm getrunken, du hast an uns gar nicht gedacht, nun sieh auch wo du bleibst die Nacht.« Als es eingeschlafen war, kam der Alte, betrachtete es mit Kopfschütteln und ließ es in den Keller hinab. Am dritten Morgen sprach der Holzhacker zu seiner Frau »schicke mir heute unser jüngstes Kind mit dem Essen hinaus, das ist immer gut und gehorsam gewesen, das wird auf dem rechten Weg bleiben und nicht wie seine Schwestern, die wilden Hummeln, herum schwärmen.« Die Mutter wollte nicht und sprach »soll ich mein liebstes Kind auch noch verlieren?« »Sei ohne Sorge,« antwortete er, »das Mädchen verirrt sich nicht, es ist zu klug und verständig; zum Überfluß will ich Erbsen mitnehmen, und ausstreuen, die sind noch größer als Linsen und werden ihm den Weg zeigen.« Aber als das Mädchen mit dem Korb am Arm hinaus kam, so hatten die Waldtauben die Erbsen schon im Kropf, und es wußte nicht wohin es sich wenden sollte. Es war voll Sorgen und dachte beständig daran wie der arme Vater hungern und die gute Mutter jammern würde, wenn es ausbliebe. Endlich als es finster ward, erblickte es das Lichtchen und kam an das Waldhaus. Es bat ganz freundlich sie möchten es über Nacht beherbergen, und der Mann mit dem weißen Bart fragte wieder seine Tiere »schön Hühnchen, schön Hähnchen, und du schöne bunte Kuh, was sagst du dazu?« »duks« sagten sie. Da trat das Mädchen an den Ofen, wo die Tiere lagen, und liebkoste Hühnchen und Hähnchen, indem es mit der Hand über die glatten Federn hinstrich, und die bunte Kuh kraulte es zwischen den Hörnern. Und als es auf Geheiß des Alten eine gute Suppe bereitet hatte und die Schüssel auf dem Tisch stand, so sprach es »soll ich mich sättigen und die guten Tiere sollen nichts haben? Draußen ist die Hülle und Fülle, erst will ich für sie sorgen.« Da ging es, holte Gerste und streute sie dem Hühnchen und Hähnchen vor, und brachte der Kuh wohlriechendes Heu einen ganzen Arm voll. »Laßts euch schmecken, ihr lieben Tiere,« sagte es, »und wenn ihr durstig seid, sollt ihr auch einen frischen Trunk haben.« Dann trug es einen Eimer voll Wasser herein, und Hühnchen und Hähnchen sprangen auf den Rand, steckten den Schnabel hinein und hielten den Kopf dann in die Höhe wie die Vögel trinken, und die bunte Kuh tat auch einen herzhaften Zug. Als die Tiere gefüttert waren, setzte sich das Mädchen zu dem Alten an den Tisch und aß was er ihm übrig gelassen hatte. Nicht lange so fing Hühnchen und Hähnchen an das Köpfchen zwischen die Flügel zu stecken, und die bunte Kuh blinzelte mit den Augen. Da sprach das Mädchen »sollen wir uns nicht zur Ruhe begeben? schön Hühnchen, schön Hähnchen, und du schöne bunte Kuh, was sagst du dazu?« Die Tiere antworteten »duks, du hast mit uns gegessen, du hast mit uns getrunken, du hast uns alle wohl bedacht, wir wünschen dir eine gute Nacht.« Da ging das Mädchen die Treppe hinauf, schüttelte die Federkissen und deckte frisches Linnen auf, und als es fertig war, kam der Alte und legte sich in das eine Bett, und sein weißer Bart reichte ihm bis an die Füße. Das Mädchen legte sich in das andere, tat sein Gebet und schlief ein. Es schlief ruhig bis Mitternacht, da ward es so unruhig in dem Hause, daß das Mädchen erwachte. Da fing es an in den Ecken zu knittern und zu knattern, und die Türe sprang auf und schlug an die Wand: die Balken drönten, als wenn sie aus ihren Fugen gerissen würden, und es war als wenn die Treppe herab stürzte, und endlich krachte es als wenn das ganze Dach zusammen fiele. Da es aber wieder still ward und dem Mädchen nichts zu Leid geschah, so blieb es ruhig liegen und schlief wieder ein. Als es aber am Morgen bei hellem Sonnenschein aufwachte, was erblickten seine Augen? Es lag in einem großen Saal, und rings umher glänzte alles in königlicher Pracht: an den Wänden wuchsen auf grün seidenem Grund goldene Blumen in die Höhe, das Bett war von Elfenbein und die Decke darauf von rotem Sammt, und auf einem Stuhl daneben standen ein paar mit Perlen gestickte Pantoffel. Das Mädchen glaubte es wäre ein Traum, aber es traten drei reichgekleidete Diener herein und fragten was es zu befehlen hätte. »Geht nur,« antwortete das Mädchen, »ich will gleich aufstehen und dem Alten eine Suppe kochen und dann auch schön Hühnchen, schön Hähnchen und die schöne bunte Kuh füttern.« Es dachte der Alte wäre schon aufgestanden und sah sich nach seinem Bette um, aber er lag nicht darin, sondern ein fremder Mann. Und als es ihn betrachtete und sah daß er jung und schön war, erwachte er, richtete sich auf und sprach »ich bin ein Königssohn, und war von einer bösen Hexe verwünscht worden als ein alter eisgrauer Mann in dem Wald zu leben: niemand durfte um mich sein als meine[[Besitz]] drei Diener in der Gestalt eines Hühnchens eines Hähnchens und einer bunten Kuh. Und nicht eher sollte die Verwünschung aufhören, als bis ein Mädchen zu uns käme, so gut von Herzen, daß es nicht gegen die Menschen allein, sondern auch gegen die Tiere sich liebreich bezeigte, und das bist du gewesen, und heute um Mitternacht sind wir durch dich erlöst und das alte Waldhaus ist wieder in meinen[[Besitz]] königlichen Palast verwandelt worden.« Und als sie aufgestanden waren, sagte der Königssohn den drei Dienern sie sollten hinfahren und Vater und Mutter des Mädchens zur Hochzeitsfeier herbei holen. »Aber wo sind meine[[Besitz]] zwei Schwestern?« fragte das Mädchen. »Die habe ich in den Keller gesperrt, und Morgen sollen sie in den Wald geführt werden und sollen bei einem Köhler so lange als Mägde dienen, bis sie sich gebessert haben und auch die armen Tiere nicht hungern lassen.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="170._Lieb_und_Leid_teilen" 170. Lieb und Leid teilen. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Schneider, der war ein zänkischer Mensch, und seine Frau, die gut, fleißig und fromm war, konnte es ihm niemals recht machen. Was sie tat, er war unzufrieden, brummte, schalt, raufte und schlug sie. Als die Obrigkeit endlich davon hörte, ließ sie ihn vorfordern und ins Gefängnis setzen, damit er sich bessern sollte. Er saß eine Zeitlang bei Wasser und Brot, dann wurde er wieder freigelassen, mußte aber geloben seine Frau nicht mehr zu schlagen, sondern friedlich mit ihr zu leben, Lieb und Leid zu teilen, wie sichs unter Eheleuten gebührt. Eine Zeitlang ging es gut, dann aber geriet er wieder in seine alte Weise, war mürrisch und zänkisch. Und weil er sie nicht schlagen durfte, wollte er sie bei den Haaren packen und raufen. Die Frau entwischte ihm und sprang auf den Hof hinaus, er lief aber mit der Elle und Scheere hinter ihr her, jagte sie herum und warf ihr die Elle und Scheere, und was ihm sonst zur Hand war, nach. Wenn er sie traf, so lachte er, und wenn er sie fehlte, so tobte und wetterte er. Er trieb es so lange bis die Nachbaren der Frau zu Hilfe kamen. Der Schneider ward wieder vor die Obrigkeit gerufen und an sein Versprechen erinnert. »Liebe Herrn,« antwortete er, »ich habe gehalten was ich gelobt habe, ich habe sie nicht geschlagen, sondern Lieb und Leid mit ihr geteilt.« »Wie kann das sein,« sprach der Richter, »da sie abermals so große Klage über Euch führt?« »Ich habe sie nicht geschlagen, sondern ihr nur, weil sie so wunderlich aussah, die Haare mit der Hand kämmen wollen: sie ist mir aber entwichen und hat mich böslich verlassen. Da bin ich ihr nachgeeilt und habe, damit sie zu ihrer Pflicht zurückkehre, als eine gutgemeinte Erinnerung nachgeworfen was mir eben zur Hand war. Ich habe auch Lieb und Leid mit ihr geteilt, denn so oft ich sie getroffen habe, ist es mir lieb gewesen und ihr leid: habe ich sie aber gefehlt, so ist es ihr lieb gewesen, mir aber leid.« Die Richter waren aber mit dieser Antwort nicht zufrieden, sondern ließen ihm seinen verdienten Lohn auszahlen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="171._Der_Zaunkönig" 171. Der Zaunkönig. &&ax &&lg=x &&fe In den alten Zeiten da hatte jeder Klang noch Sinn und Bedeutung. Wenn der Hammer des Schmieds ertönte, so rief er »{{smiet mi to! smiet mi to!}}« Wenn der Hobel des Tischlers schnarrte, so sprach er »{{dor häst! dor, dor häst!}}« Fing das Räderwerk der Mühle an zu klappern, so sprach es »{{help, Herr Gott! help, Herr Gott!}}« und war der Müller ein Betrüger, und ließ die Mühle an, so sprach sie hochdeutsch und fragte erst langsam »{{wer ist da? wer ist da?}}« dann antwortete sie schnell »{{der Müller! der Müller!}}« und endlich ganz geschwind »{{stiehlt tapfer, stiehlt tapfer, vom Achtel drei Sechter.}}« Zu dieser Zeit hatten auch die Vögel ihre eigene Sprache, die jedermann verstand, jetzt lautet es nur wie ein Zwitschern, Kreischen und Pfeifen, und bei einigen wie Musik ohne Worte. Es kam aber den Vögeln in den Sinn, sie wollten nicht länger ohne Herrn sein und einen unter sich zu ihrem König wählen. Nur einer von ihnen, der Kibitz, war dagegen: frei hatte er gelebt und frei wollte er sterben, und angstvoll hin und her fliegend rief er »{{wo bliew ick? wo bliew ick?}}« Er zog sich zurück in einsame und unbesuchte Sümpfe und zeigte sich nicht wieder unter Seinesgleichen. Die Vögel wollten sich nun über die Sache besprechen, und an einem schönen Maimorgen kamen sie alle aus Wäldern und Feldern zusammen, Adler und Buchfinke, Eule und Krähe, Lerche und Sperling, was soll ich sie alle nennen? selbst der Kuckuck kam und der Wiedehopf, sein Küster, der so heißt, weil er sich immer ein paar Tage früher hören läßt; auch ein ganz kleiner Vogel, der noch keinen Namen hatte, mischte sich unter die Schaar. Das Huhn, das zufällig von der ganzen Sache nichts gehört hatte, verwunderte sich über die große Versammlung. »{{Wat, wat, wat is den dar to don?}}« gackerte es, aber der Hahn beruhigte seine liebe Henne und sagte »{{luter riek Lüd,}}« erzählte ihr auch was sie vor hätten. Es ward aber beschlossen daß der König sein sollte, der am höchsten fliegen könnte. Ein Laubfrosch, der im Gebüsche saß, rief, als er das hörte, warnend »{{natt, natt, natt! natt, natt, natt!}}« weil er meinte es würden deshalb viel Tränen vergossen werden. Die Krähe aber sagte »{{Quark ok!}}«, es sollte alles friedlich abgehen. Es ward nun beschlossen, sie wollten gleich an diesem schönen Morgen aufsteigen, damit niemand hinterher sagen könnte »ich wäre wohl noch höher geflogen, aber der Abend kam, da konnte ich nicht mehr.« Auf ein gegebenes Zeichen erhob sich also die ganze Schaar in die Lüfte. Der Staub stieg da von dem Felde auf, es war ein gewaltiges Sausen und Brausen und Fittichschlagen, und es sah aus als wenn eine schwarze Wolke dahin zöge. Die kleinern Vögel aber blieben bald zurück, konnten nicht weiter und fielen wieder auf die Erde. Die größern hieltens länger aus, aber keiner konnte es dem Adler gleich tun, der stieg so hoch daß er der Sonne hätte die Augen aushacken können. Und als er sah daß die andern nicht zu ihm herauf konnten, so dachte er »was willst du noch höher fliegen, du bist doch der König,« und fing an sich wieder herab zu lassen. Die Vögel unter ihm riefen ihm alle gleich zu »du mußt unser König sein, keiner ist höher geflogen als du.« »Ausgenommen ich« schrie der kleine Kerl ohne Namen, der sich in die Brustfedern des Adlers verkrochen hatte. Und da er nicht müde war, so stieg er auf und stieg so hoch, daß er Gott auf seinem Stuhle konnte sitzen sehen. Als er aber so weit gekommen war, legte er seine Flügel zusammen, sank herab und rief unten mit feiner durchdringender Stimme »{{König bün ick! König bün ick!}}« »Du unser König?« schrien die Vögel zornig, »durch Ränke und Listen hast du es dahin gebracht.« Sie[[1]] machten eine andere Bedingung, der sollte ihr König sein, der am tiefsten in die Erde fallen könnte. Wie klatschte da die Gans mit ihrer breiten Brust wieder auf das Land! Wie scharrte der Hahn schnell ein Loch! Die Ente kam am schlimmsten weg, sie sprang in einen Graben, verrenkte sich aber die Beine und watschelte fort zum nahen Teiche mit dem Ausruf »{{Pracherwerk! Pracherwerk!}}« Der kleine ohne Namen aber suchte ein Mäuseloch, schlüpfte hinab und rief mit seiner feinen Stimme heraus »{{König bün ick! König bün ick!}}« »Du unser König?« riefen die Vögel noch zorniger, »meinst du deine Listen sollten gelten?« Sie[[1]] beschlossen ihn in seinem Loch gefangen zu halten und auszuhungern. Die Eule ward als Wache davor gestellt: sie sollte den Schelm nicht heraus lassen, so lieb ihr das Leben wäre. Als es aber Abend geworden war und die Vögel von der Anstrengung beim Fliegen große Müdigkeit empfanden, so gingen sie mit Weib und Kind zu Bett. Die Eule allein blieb bei dem Mäuseloch stehen und blickte mit ihren großen Augen unverwandt hinein. Indessen war sie auch müde geworden und dachte »ein Auge kannst du wohl zu tun, du wachst ja noch mit dem andern, und der kleine Bösewicht soll nicht aus seinem Loch heraus.« Also tat sie das eine Auge zu und schaute mit dem andern steif auf das Mäuseloch. Der kleine Kerl guckte mit dem Kopf heraus und wollte wegwitschen, aber die Eule trat gleich davor, und er zog den Kopf wieder zurück. Dann tat die Eule das eine Auge wieder auf und das andere zu, und wollte so die ganze Nacht abwechseln. Aber als sie das eine Auge wieder zu machte, vergaß sie das andere aufzutun, und sobald die beiden Augen zu waren, schlief sie ein. Der Kleine merkte das bald und schlüpfte weg. Von der Zeit an darf sich die Eule nicht mehr am Tage sehen lassen, sonst sind die andern Vögel hinter ihr her und zerzausen ihr das Fell. Sie[[1]] fliegt nur zur Nachtzeit aus, haßt aber und verfolgt die Mäuse, weil sie solche böse Löcher machen. Auch der kleine Vogel läßt sich nicht gerne sehen, weil er fürchtet es ginge ihm an den Kragen, wenn er erwischt würde. Er schlüpft in den Zäunen herum, und wenn er ganz sicher ist, ruft er wohl zuweilen »{{König bün ick!}}« und deshalb nennen ihn die andern Vögel aus Spott &&c=8 Zaunkönig. &&c=0 Niemand aber war froher als die Lerche, daß sie dem Zaunkönig nicht zu gehorchen brauchte. Wie sich die Sonne blicken läßt, steigt sie in die Lüfte und ruft »{{ach, wo is dat schön! schön ist dat! schön! schön! ach, wo is dat schön!}}« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="172._Die_Scholle" 172. Die Scholle. &&ax &&lg=x &&fe Die Fische waren schon lange unzufrieden daß keine Ordnung in ihrem Reich herrschte. Keiner kehrte sich an den andern, schwamm rechts und links, wie es ihm einfiel, fuhr zwischen denen durch, die zusammenbleiben wollten, oder sperrte ihnen den Weg, und der stärkere gab dem schwächeren einen Schlag mit dem Schwanz, daß er weit weg fuhr, oder er verschlang ihn ohne weiteres. »Wie schön wäre es, wenn wir einen König hätten, der Recht und Gerechtigkeit bei uns übte« sagten sie, und vereinigten sich den zu ihrem Herren zu wählen, der am schnellsten die Fluten durchstreichen und dem Schwachen Hilfe bringen könnte. Sie[[1]] stellten sich also am Ufer in Reihe und Glied auf, und der Hecht gab mit dem Schwanz ein Zeichen, worauf sie alle zusammen aufbrachen. Wie ein Pfeil schoß der Hecht dahin und mit ihm der Hering, der Gründling, der Barsch, die Karpfe, und wie sie alle heißen. Auch die Scholle schwamm mit und hoffte das Ziel zu erreichen. Auf einmal ertönte der Ruf »der Hering ist vor! der Hering ist vor.« »{{Wen is vör?}}« schrie verdrießlich die platte mißgünstige Scholle, die weit zurückgeblieben war, »{{wen is vör?}}« »Der Hering, der Hering« war die Antwort. »{{De nackte Hiering?}}« rief die neidische, »{{de nackte Hiering?}}« Seit der Zeit steht der Scholle zur Strafe das Maul schief. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="173._Rohrdommel_und_Wiedehopf" 173. Rohrdommel und Wiedehopf. &&ax &&lg=x &&fe »Wo weidet ihr eure Herde am liebsten?« fragte einer einen alten Kuhhirten. »Hier, Herr, wo das Gras nicht zu fett ist und nicht zu mager; es tut sonst kein gut.« »Warum nicht?« fragte der Herr. »Hört ihr dort von der Wiese her den dumpfen Ruf?« antwortete der Hirt, »das ist der Rohrdommel, der war sonst ein Hirte und der Wiedehopf war es auch. Ich will euch die Geschichte erzählen. Der Rohrdommel hütete seine Herde auf fetten grünen Wiesen, wo Blumen im Überfluß standen, davon wurden seine Kühe mutig und wild. Der Wiedehopf aber trieb das Vieh auf hohe dürre Berge, wo der Wind mit dem Sand spielt, und seine Kühe wurden mager und kamen nicht zu Kräften. Wenn es Abend war und die Hirten heimwärts trieben, konnte Rohrdommel seine Kühe nicht zusammenbringen, sie waren übermütig und sprangen ihm davon. Er rief »{{bunt, herüm}}« (bunte Kuh, herum), doch vergebens, sie hörten nicht auf seinen Ruf. Wiedehopf aber konnte sein Vieh nicht auf die Beine bringen, so matt und kraftlos war es geworden. »{{Up, up, up!}}« schrie er, aber es half nicht, sie blieben auf dem Sand liegen. So gehts wenn man kein Maß hält. Noch heute, wo sie keine Herde mehr hüten, schreit Rohrdommel »{{bunt, herüm,}}« und der Wiedehopf »{{up, up, up!}}« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="174._Die_Eule" 174. Die Eule. &&ax &&lg=x &&fe Vor[[Präpos]] ein paar hundert Jahren, als die Leute noch lange nicht so klug und verschmitzt waren, als sie heutzutage sind, hat sich in einer kleinen Stadt eine seltsame Geschichte zugetragen. Von Ungefähr war eine von den großen Eulen, die man Schuhu {{[Schuhu]}} nennt, aus dem benachbarten Walde bei nächtlicher Weile in die Scheuer eines Bürgers geraten und wagte sich, als der Tag anbrach, aus Furcht vor den andern Vögeln, die wenn sie sich blicken läßt, ein furchtbares Geschrei erheben, nicht wieder aus ihrem Schlupfwinkel heraus. Als nun der Hausknecht Morgens in die Scheuer kam um Stroh zu holen, erschrak er bei dem Anblick der Eule, die da in einer Ecke saß, so gewaltig, daß er fortlief und seinem Herrn ankündigte ein Ungeheuer, wie er Zeit seines Lebens keins erblickt hätte, säße in der Scheuer, drehte die Augen im Kopf herum und könnte einen ohne Umstände verschlingen. »Ich kenne dich schon,« sagte der Herr, »einer Amsel im Felde nachzujagen, dazu hast du Mut genug, aber wenn du ein totes Huhn liegen siehst, so holst du dir erst einen Stock, ehe du ihm nahe kommst. Ich muß nur selbst einmal nachsehen was das für ein Ungeheuer ist« setzte der Herr hinzu, ging ganz tapfer zur Scheuer hinein und blickte umher. Als er aber das seltsame und greuliche Tier mit eigenen Augen sah, so geriet er in nicht geringere Angst als der Knecht. Mit ein paar Sätzen sprang er hinaus, lief zu seinen Nachbarn und bat sie flehentlich ihm gegen ein unbekanntes und gefährliches Tier Beistand zu leisten; ohnehin könnte die ganze Stadt in Gefahr kommen, wenn es aus der Scheuer, wo es säße, herausbräche. Es entstand großer Lärm und Geschrei in allen Straßen: die Bürger kamen mit Spießen Heugabeln Sensen und Äxten bewaffnet herbei als wollten sie gegen den Feind ausziehen: zuletzt erschienen auch die Herrn des Rats mit dem Bürgermeister an der Spitze. Als sie sich auf dem Markt geordnet hatten, zogen sie zu der Scheuer und umringten sie von allen Seiten. Hierauf trat einer der beherztesten hervor und ging mit gefälltem Spieß hinein, kam aber gleich darauf mit einem Schrei und totenbleich wieder heraus gelaufen, und konnte kein Wort hervor bringen. Noch zwei andere wagten sich hinein, es erging ihnen aber nicht besser. Endlich trat einer hervor, ein großer starker Mann, der wegen seiner Kriegstaten berühmt war, und sprach »mit bloßen Ansehen werdet ihr das Ungetüm nicht vertreiben, hier muß Ernst gebraucht werden, aber ich sehe daß ihr alle zu Weibern geworden seid und keiner den Fuchs beißen will.« Er ließ sich Harnisch Schwert und Spieß bringen, und rüstete sich. Alle rühmten seinen Mut, obgleich viele um sein Leben besorgt waren. Die beiden Scheuertore wurden aufgetan, und man erblickte die Eule, die sich indessen in die Mitte auf einen großen Querbalken gesetzt hatte. Er ließ eine Leiter herbeibringen, und als er sie anlegte und sich bereitete hinaufzusteigen, so riefen ihm alle zu er solle sich männlich halten, und empfahlen ihn dem heiligen Georg, der den Drachen getötet hatte. Als er bald oben war, und die Eule sah daß er an sie wollte, auch von der Menge und dem Geschrei des Volks verwirrt war und nicht wußte wohinaus, so verdrehte sie die Augen, sträubte die Federn, sperrte die Flügel auf, gnappte mit dem Schnabel und ließ ihr schuhu, schuhu mit rauher Stimme hören. »Stoß zu, stoß zu!« rief die Menge draußen dem tapfern Helden zu. »Wer hier stände, wo ich stehe,« antwortete er, »der würde nicht stoß zu rufen.« Er setzte zwar den Fuß noch eine Staffel höher, dann aber fing er an zu zittern und machte sich halb ohnmächtig auf den Rückweg. Nun war keiner mehr übrig, der sich in die Gefahr hätte begeben wollen. »Das Ungeheuer,« sagten sie, »hat den stärksten Mann, der unter uns zu finden war, durch sein Gnappen und Anhauchen allein vergiftet und tötlich verwundet, sollen wir andern auch unser Leben in die Schanze schlagen?« Sie[[1]] ratschlagten was zu tun wäre, wenn die ganze Stadt nicht sollte zu Grunde gehen. Lange Zeit schien alles vergeblich, bis endlich der Bürgermeister einen Ausweg fand. »Meine[[Besitz]] Meinung geht dahin,« sprach er, »daß wir aus gemeinem Säckel diese Scheuer sammt allem, was darin liegt, Getreide Stroh und Heu, dem Eigentümer bezahlen und ihn schadlos halten, dann aber das ganze Gebäude und mit ihm das fürchterliche Tier abbrennen, so braucht doch niemand sein Leben daran zu setzen. Hier ist keine Gelegenheit zu sparen, und Knauserei wäre übel angewendet.« Alle stimmten ihm bei. Also ward die Scheuer an vier Ecken angezündet, und mit ihr die Eule jämmerlich verbrannt. Wers nicht glauben will, der gehe hin und frage selbst nach. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="175._Der_Mond" 175. Der Mond. &&ax &&lg=x &&fe Vorzeiten gab es ein Land, wo die Nacht immer dunkel und der Himmel wie ein schwarzes Tuch darüber gebreitet war, denn es ging dort niemals der Mond auf, und kein Stern blinkte in der Finsternis. Bei Erschaffung der Welt hatte das nächtliche Licht ausgereicht. Aus diesem Land gingen einmal vier Bursche auf die Wanderschaft und gelangten in ein anderes Reich, wo Abends, wenn die Sonne hinter den Bergen verschwunden war, auf einem Eichbaum eine leuchtende Kugel stand, die weit und breit ein sanftes Licht ausgoß. Man konnte dabei alles wohl sehen und unterscheiden, wenn es auch nicht so glänzend wie die Sonne war. Die Wanderer standen still und fragten einen Bauer, der mit seinem Wagen vorbei fuhr, was das für ein Licht sei. »Das ist der Mond,« antwortete dieser, »unser Schultheiß hat ihn für drei Taler gekauft und an den Eichbaum befestigt. Er muß täglich Öl aufgießen und ihn rein erhalten, damit er immer hell brennt. Dafür erhält er von uns wöchentlich einen Taler.« Als der Bauer weggefahren war, sagte der eine von ihnen »diese Lampe könnten wir brauchen, wir haben daheim einen Eichbaum, der eben so groß ist, daran können wir sie hängen. Was für eine Freude, wenn wir Nachts nicht in der Finsternis herum tappen!« »Wißt ihr was?« sprach der zweite, »wir wollen Wagen und Pferde holen und den Mond wegführen. Sie[[1]] können sich hier einen andern kaufen.« »Ich kann gut klettern,« sprach der dritte, »ich will ihn schon herunter holen.« Der vierte brachte einen Wagen mit Pferden herbei, und der dritte stieg den Baum hinauf, bohrte ein Loch in den Mond, zog ein Seil hindurch und ließ ihn herab. Als die glänzende Kugel auf dem Wagen lag, deckten sie ein Tuch darüber, damit niemand den Raub bemerken sollte. Sie[[1]] brachten ihn glücklich in ihr Land und stellten ihn auf eine hohe Eiche. Alte und junge freuten sich, als die neue Lampe ihr Licht über alle Felder leuchten ließ und Stuben und Kammern damit erfüllte. Die Zwerge kamen aus den Felsenhöhlen hervor, und die kleinen Wichtelmänner tanzten in ihren roten Röckchen auf den Wiesen den Ringeltanz. Die vier versorgten den Mond mit Öl, putzten den Docht und erhielten wöchentlich ihren Taler. Aber sie wurden alte Greise, und als der eine erkrankte und seinen Tod voraus sah, verordnete er daß der vierte Teil des Mondes als sein Eigentum ihm mit in das Grab sollte gegeben werden. Als er gestorben war, stieg der Schultheiß auf den Baum und schnitt mit der Heckenscheere ein Viertel ab, das in den Sarg gelegt ward. Das Licht des Mondes nahm ab, aber noch nicht merklich. Als der zweite starb, ward ihm das zweite Viertel mitgegeben und das Licht minderte sich. Noch schwächer ward es nach dem Tod des dritten, der gleichfalls seinen Teil mitnahm, und als der vierte ins Grab kam, trat die alte Finsternis wieder ein. Wenn die Leute Abends ohne Laterne ausgingen, stießen sie mit den Köpfen zusammen. Als aber die Teile des Monds in der Unterwelt sich wieder vereinigten, so wurden dort, wo immer Dunkelheit geherrscht hatte, die Toten unruhig und erwachten aus ihrem Schlaf. Sie[[1]] erstaunten als sie wieder sehen konnten: das Mondlicht war ihnen genug, denn ihre Augen waren so schwach geworden, daß sie den Glanz der Sonne nicht ertragen hätten. Sie[[1]] erhoben sich, wurden lustig und nahmen ihre alte Lebensweise wieder an. Ein Teil ging zum Spiel und Tanz, andere liefen in die Wirtshäuser, wo sie Wein forderten, sich betranken, tobten und zankten, und endlich ihre Knüttel aufhoben und sich prügelten. Der Lärm ward immer ärger und drang endlich bis in den Himmel hinauf. Der heilige Petrus, der das Himmelstor bewacht, glaubte die Unterwelt wäre in Aufruhr geraten und rief die himmlischen Heerschaaren zusammen, die den bösen Feind, wenn er mit seinen Gesellen den Aufenthalt der Seligen stürmen wollte, zurück jagen sollten. Da sie aber nicht kamen, so setzte er sich auf sein Pferd und ritt durch das Himmelstor hinab in die Unterwelt. Da brachte er die Toten zur Ruhe, hieß sie sich wieder in die Gräber legen und nahm den Mond mit fort, den er oben am Himmel aufhing. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="176._Die_Lebenszeit" 176. Die Lebenszeit. &&ax &&lg=x &&fe Als Gott die Welt geschaffen hatte und allen Kreaturen ihre Lebenszeit bestimmen wollte, kam der Esel und fragte »Herr, wie lange soll ich leben?« »Dreißig Jahre,« antwortete Gott, »ist dir das recht?« »Ach Herr,« erwiderte der Esel, »das ist eine lange Zeit. Bedenke mein mühseliges Dasein: von Morgen bis in die Nacht schwere Lasten tragen, Kornsäcke in die Mühle schleppen, damit andere das Brot essen, mit nichts als mit Schlägen und Fußtritten ermuntert und aufgefrischt zu werden! erlaß mir einen Teil der langen Zeit.« Da erbarmte sich Gott und schenkte ihm achtzehn Jahre. Der Esel ging getröstet weg und der Hund erschien. »Wie lange willst du leben?« sprach Gott zu ihm, »dem Esel sind dreißig Jahre zu viel, du aber wirst damit zufrieden sein.« »Herr,« antwortete der Hund, »ist das dein Wille? bedenke was ich laufen muß, das halten meine[[Besitz]] Füße so lange nicht aus; und habe ich erst die Stimme zum Bellen verloren und die Zähne zum Beißen, was bleibt mir übrig als aus einer Ecke in die andere zu laufen und zu knurren?« Gott sah daß er recht hatte und erließ ihm zwölf Jahre. Darauf kam der Affe. »Du willst wohl gerne dreißig Jahre leben?« sprach der Herr zu ihm, »du brauchst nicht zu arbeiten, wie der Esel und der Hund, und bist immer guter Dinge.« »Ach Herr,« antwortete er, »das sieht so aus, ist aber anders. Wenns Hirsenbrei regnet, habe ich keinen Löffel. Ich soll immer lustige Streiche machen, Gesichter schneiden damit die Leute lachen, und wenn sie mir einen Apfel reichen und ich beiße hinein, so ist er sauer. Wie oft steckt die Traurigkeit hinter dem Spaß! Dreißig Jahre halte ich das nicht aus.« Gott war gnädig und schenkte ihm zehn Jahre. Endlich erschien der Mensch, war freudig, gesund und frisch und bat Gott ihm seine Zeit zu bestimmen. »Dreißig Jahre sollst du leben,« sprach der Herr, »ist dir das genug?« »Welch eine kurze Zeit!« rief der Mensch, »wenn ich mein Haus gebaut habe, und das Feuer auf meinem eigenen Herde brennt: wenn ich Bäume gepflanzt habe, die blühen und Früchte tragen, und ich meines Lebens froh zu werden gedenke, so soll ich sterben! o Herr, verlängere meine[[Besitz]] Zeit.« »Ich will dir die achtzehn Jahre des Esels zulegen« sagte Gott. »Das ist nicht genug« erwiderte der Mensch. »Du sollst auch die zwölf Jahre des Hundes haben.« »Immer noch zu wenig.« »Wohlan,« sagte Gott, »ich will dir noch die zehn Jahre des Affen geben, aber mehr erhältst du nicht.« Der Mensch ging fort, war aber nicht zufrieden gestellt. Also lebt der Mensch siebzig Jahr. Die ersten dreißig sind seine menschlichen Jahre, die gehen schnell dahin; da ist er gesund heiter, arbeitet mit Lust und freut sich seines Daseins. Hierauf folgen die achtzehn Jahre des Esels, da wird ihm eine Last nach der andern aufgelegt: er muß das Korn tragen, das andere nährt, und Schläge und Tritte sind der Lohn seiner treuen Dienste. Dann kommen die zwölf Jahre des Hundes, da liegt er in den Ecken, knurrt und hat keine Zähne mehr zum Beißen. Und wenn diese Zeit vorüber ist, so machen die zehn Jahre des Affen den Beschluß. Da ist der Mensch schwachköpfig und närrisch, treibt alberne Dinge und wird ein Spott der Kinder. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="177._Die_Boten_des_Todes" 177. Die Boten des Todes. &&ax &&lg=x &&fe Vor[[Präpos]] alten Zeiten wanderte einmal ein Riese auf der großen Landstraße, da sprang ihm plötzlich ein unbekannter Mann entgegen und rief »halt! keinen Schritt weiter!« »Was,« sprach der Riese, »du Wicht, den ich zwischen den Fingern zerdrücken kann, du willst mir den Weg vertreten? Wer bist du, daß du so keck reden darfst?« »Ich bin der Tod,« erwiderte der andere, »mir widersteht niemand, und auch du mußt meinen[[Besitz]] Befehlen gehorchen.« Der Riese aber weigerte sich und fing an mit dem Tode zu ringen. Es war ein langer heftiger Kampf, zuletzt behielt der Riese die Oberhand und schlug den Tod mit seiner Faust nieder, daß er neben einen Stein zusammensank. Der Riese ging seiner Wege, und der Tod lag da besiegt und war so kraftlos, daß er sich nicht wieder erheben konnte. »Was soll daraus werden,« sprach er, »wenn ich da in der Ecke liegen bleibe? es stirbt niemand mehr auf der Welt, und sie wird so mit Menschen angefüllt werden, daß sie nicht mehr Platz haben neben einander zu stehen.« Indem kam ein junger Mensch des Wegs, frisch und gesund, sang ein Lied und warf seine Augen hin und her. Als er den halbohnmächtigen erblickte, ging er mitleidig heran, richtete ihn auf, flößte ihm aus seiner Flasche einen stärkenden Trank ein und wartete bis er wieder zu Kräften kam. »Weißt du auch,« fragte der Fremde, indem er sich aufrichtete, »wer ich bin, und wem du wieder auf die Beine geholfen hast?« »Nein,« antwortete der Jüngling, »ich kenne dich nicht.« »Ich bin der Tod,« sprach er, »ich verschone niemand und kann auch mit dir keine Ausnahme machen. Damit du aber siehst daß ich dankbar bin, so verspreche ich dir daß ich dich nicht unversehens überfallen sondern dir erst meine[[Besitz]] Boten senden will, bevor ich komme und dich abhole.« »Wohlan,« sprach der Jüngling, »immer ein Gewinn, daß ich weiß wann du kommst und so lange wenigstens sicher vor dir bin.« Dann zog er weiter, war lustig und guter Dinge und lebte in den Tag hinein. Allein Jugend und Gesundheit hielten nicht lange aus, bald kamen Krankheiten und Schmerzen, die ihn bei Tag plagten und ihm Nachts die Ruhe wegnahmen. »Sterben werde ich nicht,« sprach er zu sich selbst, »denn der Tod sendet erst seine Boten, ich wollte nur die bösen Tage der Krankheit wären erst vorüber.« Sobald er sich gesund fühlte, fing er wieder an in Freuden zu leben. Da klopfte ihn eines Tags jemand auf die Schulter: er blickte sich um, und der Tod stand hinter ihm und sprach »folge mir, die Stunde deines Abschieds von der Welt ist gekommen.« »Wie,« antwortete der Mensch, »willst du dein Wort brechen? hast du mir nicht versprochen daß du mir, bevor du selbst kämest, deine Boten senden wolltest? ich habe keinen gesehen.« »Schweig,« erwiderte der Tod, »habe ich dir nicht einen Boten über den andern geschickt? kam nicht das Fieber, stieß dich an, rüttelte dich und warf dich nieder? hat der Schwindel dir nicht den Kopf betäubt? zwickte dich nicht die Gicht in allen Gliedern? brauste dirs nicht in den Ohren? nagte nicht der Zahnschmerz in deinen Backen? ward dirs nicht dunkel vor den Augen? Über das alles, hat nicht mein leiblicher Bruder, der Schlaf, dich jeden Abend an mich erinnert? lagst du nicht in der Nacht, als wärst du schon gestorben?« Der Mensch wußte nichts zu erwidern, ergab sich in sein Geschick und ging mit dem Tode fort. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="178._Meister_Pfriem" 178. Meister Pfriem. {{[Pfriem]}} &&ax &&lg=x &&fe Meister Pfriem war ein kleiner hagerer aber lebhafter Mann, der keinen Augenblick Ruhe hatte. Sein Gesicht, aus dem nur die aufgestülpte Nase vorragte, war pockennarbig und leichenblaß, sein Haar grau und struppig, seine Augen klein, aber sie blitzten unaufhörlich rechts und links hin. Er bemerkte alles, tadelte alles, wußte alles besser und hatte in allem Recht. Ging er auf der Straße, so ruderte er heftig mit beiden Armen, und einmal schlug er einem Mädchen, das Wasser trug, den Eimer so hoch in die Luft, daß er selbst davon begossen ward. »Schafskopf,« rief er ihr zu indem er sich schüttelte, »konntest du nicht sehen daß ich hinter dir herkam?« Seines Handwerks war er ein Schuster, und wenn er arbeitete, so fuhr er mit dem Draht so gewaltig aus, daß er jedem, der sich nicht weit genug in der Ferne hielt, die Faust in den Leib stieß. Kein Geselle blieb länger als einen Monat bei ihm, denn er hatte an der besten Arbeit immer etwas auszusetzen. Bald waren die Stiche nicht gleich, bald war ein Schuh länger, bald ein Absatz höher als der andere, bald war das Leder nicht hinlänglich geschlagen. »Warte« sagte er zu dem Lehrjungen, »ich will dir schon zeigen wie man die Haut weich schlägt,« holte den Riemen und gab ihm ein paar Hiebe über den Rücken. Faullenzer nannte er sie alle. Er selber brachte aber doch nicht viel vor sich, weil er keine Viertelstunde ruhig sitzen blieb. War seine Frau frühmorgens aufgestanden und hatte Feuer angezündet, so sprang er aus dem Bett und lief mit bloßen Füßen in die Küche. »Wollt ihr mir das Haus anzünden?« schrie er, »das ist ja ein Feuer, daß man einen Ochsen dabei braten könnte! oder kostet das Holz etwa kein Geld?« Standen die Mägde am Waschfaß, lachten und erzählten sich was sie wußten, so schalt er sie aus, »da stehen die Gänse und schnattern und vergessen über dem Geschwätz ihre Arbeit. Und wozu die frische Seife? heillose Verschwendung und obendrein eine schändliche Faulheit: sie wollen die Hände schonen und das Zeug nicht ordentlich reiben.« Er sprang fort, stieß aber einen Eimer voll Lauge um, so daß die ganze Küche überschwemmt ward. Richtete man ein neues Haus auf, so lief er ans Fenster und sah zu. »Da vermauern sie wieder den roten Sandstein,« rief er, »der niemals austrocknet; in dem Haus bleibt kein Mensch gesund. Und seht einmal wie schlecht die Gesellen die Steine aufsetzen. Der Mörtel taugt auch nichts: Kies muß hinein, nicht Sand. Ich erlebe noch daß den Leuten das Haus über dem Kopf zusammenfällt.« Er setzte sich und tat ein paar Stiche, dann sprang er wieder auf, hakte sein Schurzfell &&wt0 {{[Schurz¬fell]}} &&wt1 los und rief »ich will nur hinaus und den Menschen ins Gewissen reden.« Er geriet aber an die Zimmerleute. »Was ist das?« rief er, »ihr haut ja nicht nach der Schnur. Meint ihr die Balken würden gerad stehen? es weicht einmal alles aus den Fugen.« Er riß einem Zimmermann die Axt aus der Hand und wollte ihm zeigen wie er hauen müßte, als aber ein mit Lehm beladener Wagen herangefahren kam, warf er die Axt weg und sprang zu dem Bauer, der neben her ging. »Ihr seid nicht recht bei Trost,« rief er, »wer spannt junge Pferde vor einen schwer beladenen Wagen? die armen Tiere werden euch auf dem Platz umfallen.« Der Bauer gab ihm keine Antwort, und Pfriem lief vor Ärger in seine Werkstätte zurück. Als er sich wieder zur Arbeit setzen wollte, reichte ihm der Lehrjunge einen Schuh. »Was ist das wieder?« schrie er ihn an, »habe ich euch nicht gesagt ihr solltet die Schuhe nicht so weit ausschneiden? wer wird einen solchen Schuh kaufen an dem fast nichts ist als die Sohle? ich verlange daß meine[[Besitz]] Befehle unmangelhaft befolgt werden.« »Meister,« antwortete der Lehrjunge, »ihr mögt wohl Recht haben, daß der Schuh nichts taugt, aber es ist derselbe, den ihr zugeschnitten und selbst in Arbeit genommen habt. Als ihr vorhin aufgesprungen seid, habt ihr ihn vom Tisch herabgeworfen, und ich habe ihn nur aufgehoben. Euch könnte es aber ein Engel vom Himmel nicht recht machen.« Meister Pfriem träumte in einer Nacht er wäre gestorben und befände sich auf dem Weg nach dem Himmel. Als er anlangte, klopfte er heftig an die Pforte: »es wundert mich,« sprach er, »daß sie nicht einen Ring am Tor haben, man klopft sich die Knöchel wund.« Der Apostel Petrus öffnete und wollte sehen wer so ungestüm Einlaß begehrte. »Ach, ihr seids, Meister Pfriem,« sagte er, »ich will euch wohl einlassen, aber ich warne euch daß ihr von eurer Gewohnheit ablaßt und nichts tadelt, was ihr im Himmel seht: es könnte euch übel bekommen.« »Ihr hättet euch die Ermahnung sparen können,« erwiderte Pfriem, »ich weiß schon was sich ziemt, und hier ist, Gott sei Dank, alles vollkommen und nichts zu tadeln, wie auf Erden.« Er trat also ein und ging in den weiten Räumen des Himmels auf und ab. Er sah sich um, rechts und links, schüttelte aber zuweilen mit dem Kopf oder brummte etwas vor sich hin. Indem erblickte er zwei Engel, die einen Balken wegtrugen. Es war der Balken, den einer im Auge gehabt hatte, während er nach dem Splitter in den Augen anderer suchte. Sie[[1]] trugen aber den Balken nicht der Länge nach, sondern queer. »Hat man je einen solchen Unverstand gesehen?« dachte Meister Pfriem; doch schwieg er und gab sich zufrieden: »es ist im Grunde einerlei, wie man den Balken trägt, gerade aus oder queer, wenn man nur damit durchkommt, und wahrhaftig ich sehe sie stoßen nirgend an.« Bald hernach erblickte er zwei Engel, welche Wasser aus einem Brunnen in ein Faß schöpften, zugleich bemerkte er, daß das Faß durchlöchert war und das Wasser von allen Seiten herauslief. Sie[[1]] tränkten die Erde mit Regen. »Alle Hagel!« platzte er heraus, besann sich aber glücklicherweise und dachte »vielleicht ists bloßer Zeitvertreib; machts einem Spaß, so kann man dergleichen unnütze Dinge tun, zumal hier im Himmel, wo man, wie ich schon bemerkt habe, doch nur faullenzt.« Er ging weiter und sah einen Wagen, der in einem tiefen Loch stecken geblieben war. »Kein Wunder,« sprach er zu dem Mann, der dabei stand, »wer wird so unvernünftig aufladen? was habt ihr da?« »Fromme Wünsche,« antwortete der Mann, »ich konnte damit nicht auf den rechten Weg kommen, aber ich habe den Wagen noch glücklich herauf geschoben, und hier werden sie mich nicht stecken lassen.« Wirklich kam ein Engel und spannte zwei Pferde vor. »Ganz gut,« meinte Pfriem, »aber zwei Pferde bringen den Wagen nicht heraus, viere müssen wenigstens davor.« Ein anderer Engel kam und führte noch zwei Pferde herbei, spannte sie aber nicht vorn sondern hinten an. Das war dem Meister Pfriem zu viel. »Tollpatsch,« brach er los, »was machst du da? hat man je, so lange die Welt steht, auf diese Weise einen Wagen herausgezogen? Da meinen[[Meinung]] sie aber in ihrem dünkelhaften Übermut alles besser zu wissen.« Er wollte weiter reden, aber einer von den Himmelsbewohnern hatte ihn am Kragen gepackt und schob ihn mit unwiderstehlicher Gewalt hinaus. Unter der Pforte drehte der Meister noch einmal den Kopf nach dem Wagen und sah wie er von vier Flügelpferden in die Höhe gehoben ward. In diesem Augenblick erwachte Meister Pfriem. »Es geht freilich im Himmel etwas anders her, als auf Erden,« sprach er zu sich selbst, »und da läßt sich manches entschuldigen, aber wer kann geduldig mit ansehen daß man die Pferde zugleich hinten und vorn anspannt? freilich sie hatten Flügel, aber wer kann das wissen? Es ist übrigens eine gewaltige Dummheit Pferden, die vier Beine zum Laufen haben, noch ein paar Flügel anzuheften. Aber ich muß aufstehen, sonst machen sie mir im Haus lauter verkehrtes Zeug. Es ist nur ein Glück, daß ich nicht wirklich gestorben bin.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="179._Die_Gänsehirtin_am_Brunnen" 179. Die Gänsehirtin am Brunnen. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein steinaltes Mütterchen, das lebte mit seiner Herde Gänse in einer Einöde zwischen Bergen und hatte da ein kleines Haus. Die Einöde war von einem großen Wald umgeben, und jeden Morgen nahm die Alte ihre Krücke und wackelte in den Wald. Da war aber das Mütterchen ganz geschäftig, mehr als man ihm bei seinen hohen Jahren zugetraut hatte, sammelte Gras für seine Gänse, brach sich das wilde Obst ab, so weit es mit den Händen reichen konnte, und trug alles auf seinem Rücken heim. Man hätte meinen[[Meinung]] sollen die schwere Last müßte sie zu Boden drücken, aber sie brachte sie immer glücklich nach Haus. Wenn ihr jemand begegnete, so grüßte sie ganz freundlich, »guten Tag, lieber Landsmann, heute ist schönes Wetter. Ja, ihr wundert euch daß ich das Gras schleppe, aber jeder muß seine Last auf den Rücken nehmen.« Doch die Leute begegneten ihr nicht gerne und nahmen lieber einen Umweg, und wenn ein Vater mit seinem Knaben an ihr vorüberging, so sprach er leise zu ihm »nimm dich in Acht vor der Alten, die hats faustdick hinter den Ohren: es ist eine Hexe.« Eines Morgens ging ein hübscher junger Mann durch den Wald. Die Sonne schien hell, die Vögel sangen, und ein kühles Lüftchen strich durch das Laub, und er war voll Freude und Lust. Noch war ihm kein Mensch begegnet, als er plötzlich die alte Hexe erblickte, die am Boden auf den Knien saß und Gras mit einer Sichel abschnitt. Eine ganze Last hatte sie schon in ihr Tragtuch geschoben, und daneben standen zwei Körbe, die mit wilden Birnen und Äpfeln angefüllt waren. »Aber, Mütterchen,« sprach er, »wie kannst du das alles fortschaffen?« »Ich muß sie tragen, lieber Herr,« antwortete sie, »reicher Leute Kinder brauchen es nicht. Aber beim Bauer heißts schau dich nicht um, dein Buckel ist krumm.« »Wollt ihr mir helfen?« sprach sie, als er bei ihr stehen blieb, »ihr habt noch einen geraden Rücken und junge Beine, es wird euch ein leichtes sein. Auch ist mein Haus nicht so weit von hier: hinter dem Berge dort steht es auf einer Heide. Wie bald seid ihr da hinaufgesprungen.« Der junge Mann empfand Mitleiden mit der Alten, »zwar ist mein Vater kein Bauer,« antwortete er, »sondern ein reicher Graf, aber damit ihr seht daß die Bauern nicht allein tragen können, so will ich euer Bündel aufnehmen.« »Wollt ihrs versuchen,« sprach sie, »so soll mirs lieb sein. Eine Stunde weit werdet ihr freilich gehen müssen, aber was macht euch das aus! Dort die Äpfel und Birnen müßt ihr auch tragen.« Es kam dem jungen Grafen doch ein wenig bedenklich vor, als er von einer Stunde Wegs hörte, aber die Alte ließ ihn nicht wieder los, packte ihm das Tragtuch auf den Rücken und hing ihm die beiden Körbe an den Arm. »Seht ihr, es geht ganz leicht,« sagte sie. »Nein es geht nicht leicht« antwortete der Graf und machte ein schmerzliches Gesicht, »der Bündel drückt ja so schwer, als wären lauter Wackersteine darin, und die Äpfel und Birnen haben ein Gewicht, als wären sie von Blei; ich kann kaum atmen.« Er hatte Lust alles wieder abzulegen, aber die Alte ließ es nicht zu. »Seht einmal,« sprach sie spöttisch, »der junge Herr will nicht tragen was ich alte Frau schon so oft fortgeschleppt habe. Mit schönen Worten sind sie bei der Hand, aber wenns Ernst wird, so wollen sie sich aus dem Staub machen. Was steht ihr da,« fuhr sie fort, »und zaudert, hebt die Beine auf. Es nimmt euch niemand den Bündel wieder ab.« So lange er auf ebener Erde ging, wars noch auszuhalten, aber als sie an den Berg kamen und steigen mußten, und die Steine hinter seinen Füßen hinabrollten, als wären sie lebendig, da gings über seine Kräfte. Die Schweißtropfen standen ihm auf der Stirne und liefen ihm bald heiß bald kalt über den Rücken hinab. »Mütterchen,« sagte er, »ich kann nicht weiter, ich will ein wenig ruhen.« »Nichts da,« antwortete die Alte, »wenn wir angelangt sind, so könnt ihr ausruhen, aber jetzt müßt ihr vorwärts. Wer weiß wozu euch das gut ist.« »Alte, du wirst unverschämt,« sagte der Graf und wollte das Tragtuch abwerfen, aber er bemühte sich vergeblich: es hing so fest an seinem Rücken, als wenn es angewachsen wäre. Er drehte und wendete sich, aber er konnte es nicht wieder los werden. Die Alte lachte dazu und sprang ganz vergnügt auf ihrer Krücke herum. »Erzürnt euch nicht, lieber Herr,« sprach sie, »ihr werdet ja so rot im Gesicht, wie ein Zinshahn. Tragt euern Bündel mit Geduld, wenn wir zu Hause angelangt sind, so will ich euch schon ein gutes Trinkgeld geben.« Was wollte er machen? er mußte sich in sein Schicksal fügen und geduldig hinter der Alten herschleichen. Sie[[1]] schien immer flinker zu werden und ihm seine Last immer schwerer. Auf einmal tat sie einen Satz, sprang auf das Tragtuch und setzte sich oben darauf; wie zaundürre sie war, so hatte sie doch mehr Gewicht als die dickste Bauerndirne. Dem Jünglinge zitterten die Knie, aber wenn er nicht fortging, so schlug ihn die Alte mit einer Gerte und mit Brennesseln auf die Beine. Unter beständigem Ächzen stieg er den Berg hinauf und langte endlich bei dem Haus der Alten an, als er eben niedersinken wollte. Als die Gänse die Alte erblickten, streckten sie die Flügel in die Höhe und die Hälse voraus, liefen ihr entgegen und schrien ihr »wulle, wulle.« Hinter der Herde mit einer Rute in der Hand ging eine bejahrte Trulle, stark und groß, aber häßlich wie die Nacht. »Frau Mutter,« sprach sie zur Alten, »ist euch etwas begegnet? ihr seid so lange ausgeblieben.« »Bewahre, mein Töchterchen,« erwiderte sie, »mir ist nichts Böses begegnet, im Gegenteil der liebe Herr da hat mir meine[[Besitz]] Last getragen; denk dir, als ich müde war, hat er mich selbst noch auf den Rücken genommen. Der Weg ist uns auch gar nicht lang geworden, wir sind lustig gewesen und haben immer Spaß miteinander gemacht.« Endlich rutschte die Alte herab, nahm dem jungen Mann den Bündel vom Rücken und die Körbe vom Arm, sah ihn ganz freundlich an und sprach »nun setzt euch auf die Bank vor die Türe und ruht euch aus. Ihr habt euern Lohn redlich verdient, der soll auch nicht ausbleiben.« Dann sprach sie zu der Gänsehirtin »geh du ins Haus hinein, mein Töchterchen, es schickt sich nicht daß du mit einem jungen Herrn allein bist, man muß nicht Öl ins Feuer gießen; er könnte sich in dich verlieben.« Der Graf wußte nicht ob er weinen oder lachen sollte. »Solch ein Schätzchen,« dachte er, »und wenn es dreißig Jahre jünger wäre, könnte doch mein Herz nicht rühren.« Indessen hätschelte und streichelte die Alte ihre Gänse wie Kinder und ging dann mit ihrer Tochter in das Haus. Der Jüngling streckte sich auf die Bank unter einem wilden Apfelbaum. Die Luft war lau und mild: rings umher breitete sich eine grüne Wiese aus, die mit Himmelsschlüsseln, wildem Thymian und tausend andern Blumen übersät war: mitten durch rauschte ein klarer Bach, auf dem die Sonne glitzerte: und die weißen Gänse gingen auf und ab spazieren oder pudelten sich im Wasser. »Es ist recht lieblich hier,« sagte er, »aber ich bin so müde, daß ich die Augen nicht aufbehalten mag: ich will ein wenig schlafen. Wenn nur kein Windstoß kommt und bläst mir meine[[Besitz]] Beine vom Leib weg, denn sie sind mürb wie Zunder.« Als er ein Weilchen geschlafen hatte, kam die Alte, und schüttelte ihn wach. »Steh auf,« sagte sie, »hier kannst du nicht bleiben. Freilich habe ich dirs sauer genug gemacht, aber das Leben hats doch nicht gekostet. Jetzt will ich dir deinen Lohn geben, Geld und Gut brauchst du nicht, da hast du etwas anderes.« Damit steckte sie ihm ein Büchslein in die Hand, das aus einem einzigen Smaragd geschnitten war. »Bewahrs wohl,« setzte sie hinzu, »es wird dir Glück bringen.« Der Graf sprang auf, und da er fühlte daß er ganz frisch und wieder bei Kräften war, so dankte er der Alten für ihr Geschenk und machte sich auf den Weg ohne nach dem schönen Töchterchen auch nur einmal umzublicken. Als er schon eine Strecke weg war, hörte er noch aus der Ferne das lustige Geschrei der Gänse. Der Graf mußte drei Tage in der Wildnis herum irren, ehe er sich heraus finden konnte. Da kam er in eine große Stadt, und weil ihn niemand kannte, ward er in das königliche Schloß geführt, wo der König und die Königin auf dem Tron saßen. Der Graf ließ sich auf ein Knie nieder, zog das smaragdene Gefäß aus der Tasche und legte es der Königin zu Füßen. Sie[[1]] hieß ihn aufstehen und er mußte ihr das Büchslein hinauf reichen. Kaum aber hatte sie es geöffnet und hinein geblickt, so fiel sie wie tot zur Erde. Der Graf ward von den Dienern des Königs festgehalten und sollte in das Gefängnis geführt werden, da schlug die Königin die Augen auf und rief sie sollten ihn frei lassen, und jedermann sollte hinaus gehen, sie wollte insgeheim mit ihm reden. Als die Königin allein war, fing sie bitterlich an zu weinen und sprach »was hilft mir Glanz und Ehre, die mich umgeben, jeden Morgen erwache ich mit Sorgen und Kummer. Ich habe drei Töchter gehabt, davon war die jüngste so schön, daß sie alle Welt für ein Wunder hielt. Sie[[1]] war so weiß wie Schnee, so rot wie Apfelblüte, und ihr Haar so glänzend wie Sonnenstrahlen. Wenn sie weinte so fielen nicht Tränen aus ihren Augen, sondern lauter Perlen und Edelsteine. Als sie fünfzehn Jahr alt war, da ließ der König alle drei Schwestern vor seinen Tron kommen. Da hättet ihr sehen sollen was die Leute für Augen machten, als die jüngste eintrat, es war als wenn die Sonne aufging. Der König sprach »meine[[Besitz]] Töchter, ich weiß nicht wann mein letzter Tag kommt, ich will heute bestimmen was eine jede nach meinem Tode erhalten soll. Ihr alle habt mich lieb, aber welche mich von euch am liebsten hat, die soll das beste haben.« Jede sagte sie hätte ihn am liebsten. »Könnt ihr mirs nicht ausdrücken,« erwiderte der König, »wie lieb ihr mich habt? daran werde ichs sehen wie ihrs meint.« Die älteste sprach »ich habe den Vater so lieb wie den süßesten Zucker.« Die zweite »ich habe den Vater so lieb wie mein schönstes Kleid.« Die jüngste aber schwieg. Da fragte der Vater »und du, mein liebstes Kind, wie lieb hast du mich?« »Ich weiß es nicht,« antwortete sie, »und kann meine[[Besitz]] Liebe mit nichts vergleichen.« Aber der Vater bestand darauf, sie müßte etwas nennen. Da sagte sie endlich »die beste Speise schmeckt mir nicht ohne Salz, darum habe ich den Vater so lieb wie Salz.« Als der König das hörte, geriet er in Zorn und sprach »wenn du mich so liebst als Salz, so soll deine Liebe auch mit Salz belohnt werden.« Da teilte er das Reich zwischen den beiden ältesten, der jüngsten aber ließ er einen Sack mit Salz auf den Rücken binden, und zwei Knechte mußten sie hinaus in den wilden Wald führen. »Wir haben alle für sie gefleht und gebeten,« sagte die Königin, »aber der Zorn des Königs war nicht zu erweichen. Wie hat sie geweint, als sie uns verlassen mußte! der ganze Weg ist mit Perlen besät worden, die ihr aus den Augen geflossen sind. Den König hat bald hernach seine große Härte gereut und hat das arme Kind in dem ganzen Wald suchen lassen, aber niemand konnte sie finden. Wenn ich denke daß sie die wilden Tiere gefressen haben, so weiß ich mich vor Traurigkeit nicht zu fassen; manchmal tröste ich mich mit der Hoffnung, sie sei noch am Leben und habe sich in einer Höhle versteckt oder bei mitleidigen Menschen Schutz gefunden. Aber stellt euch vor, als ich euer Smaragdbüchslein aufmachte, so lag eine Perle darin, gerade der Art, wie sie meiner Tochter aus den Augen geflossen sind, und da könnt ihr euch vorstellen wie mir der Anblick das Herz bewegt hat. Ihr sollt mir sagen wie ihr zu der Perle gekommen seid.« Der Graf erzählte ihr daß er sie von der Alten im Walde erhalten hätte, die ihm nicht geheuer vorgekommen wäre, und eine Hexe sein müßte; von ihrem Kinde aber hätte er nichts gehört und gesehen. Der König und die Königin faßten den Entschluß die Alte aufzusuchen; sie dachten, wo die Perle gewesen wäre, da müßten sie auch Nachricht von ihrer Tochter finden. Die Alte saß draußen in der Einöde bei ihrem Spinnrad und spann. Es war schon dunkel geworden, und ein Span, der unten am Herd brannte, gab ein sparsames Licht. Auf einmal wards draußen laut, die Gänse kamen heim von der Weide und ließen ihr heiseres Gekreisch hören. Bald hernach trat auch die Tochter herein. Aber die Alte dankte ihr kaum und schüttelte nur ein wenig mit dem Kopf. Die Tochter setzte sich zu ihr nieder, nahm ihr Spinnrad und drehte den Faden so flink wie ein junges Mädchen. So saßen beide zwei Stunden, und sprachen kein Wort mit einander. Endlich raschelte etwas am Fenster und zwei feurige Augen glotzten herein. Es war eine alte Nachteule, die dreimal uhu schrie. Die Alte schaute nur ein wenig in die Höhe, dann sprach sie »jetzt ists Zeit, Töchterchen, daß du hinaus gehst, tu deine Arbeit.« Sie[[1]] stand auf und ging hinaus. »Wo ist sie denn hingegangen?« über die Wiesen immer weiter bis in das Tal. Endlich kam sie zu einem Brunnen, bei dem drei alte Eichbäume standen. Der Mond war indessen rund und groß über dem Berg aufgestiegen, und es war so hell, daß man eine Stecknadel hätte finden können. Sie[[1]] zog eine Haut ab, die auf ihrem Gesicht lag, bückte sich dann zu dem Brunnen und fing an sich zu waschen. Als sie fertig war, tauchte sie auch die Haut in das Wasser, und legte sie dann auf die Wiese, damit sie wieder im Mondschein bleichen und trocknen sollte. Aber wie war das Mädchen verwandelt! So was habt ihr nie gesehen! Als der graue Zopf abfiel, da quollen die goldenen Haare wie Sonnenstrahlen hervor und breiteten sich, als wärs ein Mantel, über ihre ganze Gestalt. Nur die Augen blitzten heraus so glänzend wie die Sterne am Himmel, und die Wangen schimmerten in sanfter röte wie die Äpfelblüte. Aber das schöne Mädchen war traurig. Es setzte sich nieder und weinte bitterlich. Eine Träne nach der andern drang aus seinen Augen und rollte zwischen den langen Haaren auf den Boden. So saß es da und wäre lange sitzen geblieben, wenn es nicht in den Ästen des nahestehenden Baumes geknittert und gerauscht hätte. Sie[[1]] sprang auf wie ein Reh, das den Schuß des Jägers vernimmt. Der Mond ward gerade von einer schwarzen Wolke bedeckt, und im Augenblick war das Mädchen wieder in die alte Haut geschlüpft, und verschwand wie ein Licht, das der Wind ausbläst. Zitternd wie ein Espenlaub lief sie zu dem Haus zurück. Die Alte stand vor der Türe, und das Mädchen wollte ihr erzählen was ihm begegnet war, aber die Alte lachte freundlich und sagte »ich weiß schon alles.« Sie[[1]] führte es in die Stube und zündete einen neuen Span an. Aber sie setzte sich nicht wieder zu dem Spinnrad, sondern sie holte einen Besen, und fing an zu kehren und zu scheuern. »Es muß alles rein und sauber sein« sagte sie zu dem Mädchen. »Aber, Mutter,« sprach das Mädchen, »warum fangt ihr in so später Stunde die Arbeit an? was habt ihr vor?« »Weißt du denn welche Stunde es ist?« fragte die Alte. »Noch nicht Mitternacht,« antwortete das Mädchen, »aber schon elf Uhr vorbei?« »Denkst du nicht daran,« fuhr die Alte fort, »daß du heute vor drei Jahren zu mir gekommen bist? Deine Zeit ist aus, wir können nicht länger beisammen bleiben.« Das Mädchen erschrak und sagte »ach, liebe Mutter, wollt ihr mich verstoßen? wo soll ich hin? ich habe keine Freunde und keine Heimat, wohin ich mich wenden kann. Ich habe alles getan was ihr verlangt habt, und ihr seid immer zufrieden mit mir gewesen: schickt mich nicht fort.« Die Alte wollte dem Mädchen nicht sagen was ihm bevorstand. »Meines Bleibens ist nicht länger hier,« sprach sie zu ihm, »wenn ich aber ausziehe, muß Haus und Stube sauber sein: darum halt mich nicht auf in meiner Arbeit. Deinetwegen sei ohne Sorgen, du sollst ein Dach finden, unter dem du wohnen kannst, und mit dem Lohn, den ich dir geben will, wirst du auch zufrieden sein.« »Aber sagt mir nur was ist vor?« fragte das Mädchen weiter. »Ich sage dir nochmals störe mich nicht in meiner Arbeit. Rede kein Wort weiter, geh in deine Kammer, nimm die Haut vom Gesicht und zieh das seidene Kleid an, das du trugst als du zu mir kamst, und dann harre in deiner Kammer, bis ich dich rufe.« Aber ich muß wieder von dem König und der Königin erzählen, die mit dem Grafen ausgezogen waren und die Alte in der Einöde aufsuchen wollten. Der Graf war Nachts in dem Walde von ihnen abgekommen, und mußte allein weiter gehen. Am andern Tag kam es ihm vor, als befände er sich auf dem rechten Weg. Er ging immer fort, bis die Dunkelheit einbrach, da stieg er auf einen Baum und wollte da übernachten, denn er war besorgt er möchte sich verirren. Als der Mond die Gegend erhellte, so erblickte er eine Gestalt, die den Berg herabwandelte. Sie[[1]] hatte keine Rute in der Hand, aber er konnte doch sehen daß es die Gänsehirtin war, die er früher bei dem Haus der Alten gesehen hatte. »Oho!« rief er, »da kommt sie, und habe ich erst die eine Hexe, so soll mir die andere auch nicht entgehen.« Wie erstaunte er aber, als sie zu dem Brunnen trat, die Haut ablegte und sich wusch, als die goldenen Haare über sie herabfielen, und sie so schön war, wie er noch niemand auf der Welt gesehen hatte. Kaum daß er zu atmen wagte, aber er streckte den Hals zwischen dem Laub so weit vor, als er nur konnte, und schaute sie mit unverwandten Blicken an. Ob er sich zu weit überbog, oder was sonst Schuld war, plötzlich krachte der Ast, und in demselben Augenblick schlüpfte das Mädchen in die Haut, sprang wie ein Reh davon, und da der Mond sich zugleich bedeckte, so war sie seinen Blicken entzogen. Kaum war sie verschwunden, so stieg der Graf von dem Baum herab und eilte ihr mit behenden Schritten nach. Er war noch nicht lange gegangen, so sah er in der Dämmerung zwei Gestalten über die Wiese wandeln. Es war der König und die Königin, die hatten aus der Ferne das Licht in dem Häuschen der Alten erblickt und waren drauf zu gegangen. Der Graf erzählte ihnen was er für Wunderdinge bei dem Brunnen gesehen hätte, und sie zweifelten nicht daß das ihre verlorene Tochter gewesen wäre. Voll Freude gingen sie weiter und kamen bald bei dem Häuschen an: die Gänse saßen rings herum, hatten den Kopf in die Flügel gesteckt und schliefen, und keine regte sich nicht. Sie[[1]] schauten zum Fenster hinein, da saß die Alte ganz still und spann, nickte mit dem Kopf und sah sich nicht um. Es war ganz sauber in der Stube, als wenn da die kleinen Nebelmännlein wohnten, die keinen Staub auf den Füßen tragen. Ihre Tochter aber sahen sie nicht. Sie[[1]] schauten das alles eine Zeitlang an, endlich faßten sie ein Herz und klopften leise ans Fenster. Die Alte schien sie erwartet zu haben, sie stand auf und rief ganz freundlich »nur herein, ich kenne euch schon.« Als sie in die Stube eingetreten waren, sprach die Alte »den weiten Weg hättet ihr euch sparen können, wenn ihr euer Kind, das so gut und liebreich ist, nicht vor drei Jahren ungerechter Weise verstoßen hättet. Ihr hats nichts geschadet, sie hat drei Jahre lang die Gänse hüten müssen: sie hat nichts Böses dabei gelernt sondern ihr reines Herz behalten. Ihr aber seid durch die Angst, in der ihr gelebt habt, hinlänglich gestraft.« Dann ging sie an die Kammer und rief »komm heraus, mein Töchterchen.« Da ging die Türe auf, und die Königstochter trat heraus in ihrem seidenen Gewand mit ihren goldenen Haaren und ihren leuchtenden Augen, und es war als ob ein Engel vom Himmel käme. Sie[[1]] ging auf ihren Vater und ihre Mutter zu, fiel ihnen um den Hals und küßte sie: es war nicht anders, sie mußten alle vor Freude weinen. Der junge Graf stand neben ihnen, und als sie ihn erblickte, ward sie so rot im Gesicht wie eine Moosrose {{[Moos¬rose]}}; sie wußte selbst nicht warum. Der König sprach »liebes Kind, mein Königreich habe ich verschenkt, was soll ich dir geben?« »Sie[[1]] braucht nichts,« sagte die Alte, »ich schenke ihr die Tränen, die sie um euch geweint hat, das sind lauter Perlen, schöner als sie im Meer gefunden werden, und sind mehr wert als euer ganzes Königreich. Und zum Lohn für ihre Dienste gebe ich ihr mein Häuschen.« Als die Alte das gesagt hatte, verschwand sie vor ihren Augen. Es knatterte ein wenig in den Wänden, und als sie sich umsahen, war das Häuschen in einen prächtigen Palast verwandelt, und eine königliche Tafel war gedeckt, und die Bedienten liefen hin und her. Die Geschichte geht noch weiter, aber meiner Großmutter, die sie mir erzählt hat, war das Gedächtnis schwach geworden: sie hatte das übrige vergessen. Ich glaube immer die schöne Königstochter ist mit dem Grafen vermählt worden, und sie sind zusammen in dem Schloß geblieben und haben da in aller Glückseligkeit gelebt so lange Gott wollte. Ob die schneeweißen Gänse, die bei dem Häuschen gehütet wurden, lauter Mädchen waren (es brauchts niemand übel zu nehmen), welche die Alte zu sich genommen hatte, und ob sie jetzt ihre menschliche Gestalt wieder erhielten, und als Dienerinnen bei der jungen Königin blieben, das weiß ich nicht genau, aber ich vermute es doch. So viel ist gewiß, daß die Alte keine Hexe war, wie die Leute glaubten, sondern eine weise Frau, die es gut meinte. Wahrscheinlich ist sie es auch gewesen, die der Königstochter schon bei der Geburt die Gabe verliehen hat Perlen zu weinen statt der Tränen. Heutzutage kommt das nicht mehr vor, sonst könnten die Armen bald reich werden. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="180._Die_ungleichen_Kinder_Evas" 180. Die ungleichen Kinder Evas. &&ax &&lg=x &&fe Als Adam und Eva aus dem Paradies vertrieben waren, so mußten sie auf unfruchtbarer Erde sich ein Haus bauen und im Schweiße ihres Angesichts ihr Brot essen. Adam hackte das Feld und Eva spann Wolle. Eva brachte jedes Jahr ein Kind zur Welt, die Kinder waren aber ungleich, einige schön, andere häßlich. Nachdem eine geraume Zeit verlaufen war, sendete Gott einen Engel an die beiden und ließ ihnen entbieten daß er kommen und ihren Haushalt schauen wollte. Eva, freudig daß der Herr so gnädig war, säuberte emsig ihr Haus, schmückte es mit Blumen und streute Binsen auf den Estrich. Dann holte sie ihre Kinder herbei, aber nur die schönen. Sie[[1]] wusch und badete sie, kämmte ihnen die Haare, legte ihnen neugewaschene Hemder an und ermahnte sie in der Gegenwart des Herrn sich anständig und züchtig zu betragen. Sie[[1]] sollten sich vor ihm sittig neigen, die Hand darbieten und auf seine Fragen bescheiden und verständig antworten. Die häßlichen Kinder aber sollten sich nicht sehen lassen. Das eine verbarg sie unter das Heu, das andere unter das Dach, das dritte in das Stroh, das vierte in den Ofen, das fünfte in den Keller, das sechste unter eine Kufe, das siebente unter das Weinfaß, das achte unter ihren alten Pelz, das neunte und zehnte unter das Tuch, aus dem sie ihnen Kleider zu machen pflegte, und das elfte und zwölfte unter das Leder, aus dem sie ihnen die Schuhe zuschnitt. Eben war sie fertig geworden, als es an die Haustüre klopfte. Adam blickte durch eine Spalte und sah daß es der Herr war. Ehrerbietig öffnete er und der himmlische Vater trat ein. Da standen die schönen Kinder in der Reihe, neigten sich, boten ihm die Hände dar und knieten nieder. Der Herr aber fing an sie zu segnen, legte auf den ersten seine Hände und sprach »du sollst ein gewaltiger König werden:« ebenso zu dem zweiten »du ein Fürst:« zu dem dritten »du ein Graf:« zu dem vierten »du ein Ritter:« zu dem fünften »du ein Edelmann:« zu dem sechsten »du ein Bürger:« zum siebenten »du ein Kaufmann:« zu dem achten »du ein gelehrter Mann.« Er erteilte ihnen also allen seinen reichen Segen. Als Eva sah daß der Herr so mild und gnädig war, dachte sie »ich will meine[[Besitz]] ungestalten Kinder herbeiholen, vielleicht daß er ihnen auch seinen Segen gibt.« Sie[[1]] lief also und holte sie aus dem Heu, Stroh, Ofen, und wo sie sonst hin versteckt waren, hervor. Da kam die ganze grobe, schmutzige, grindige und rußige Schaar. Der Herr lächelte, betrachtete sie alle und sprach »auch diese will ich segnen.« Er legte auf den ersten die Hände und sprach zu ihm »du sollst werden ein Bauer,« zu dem zweiten »du ein Fischer,« zu dem dritten »du ein Schmied,« zu dem vierten »du ein Lohgerber {{[Lohgerber]}},« zu dem fünften »du ein Weber,« zu dem sechsten »du ein Schuhmacher,« zu dem siebenten »du ein Schneider,« zu dem achten »du ein Töpfer,« zu dem neunten »du ein Karrenführer,« zu dem zehnten »du ein Schiffer,« zu dem elften »du ein Bote,« zu dem zwölften »du ein Hausknecht dein Lebelang.« Als Eva das alles mit angehört hatte, sagte sie »Herr, wie teilst du deinen Segen so ungleich! Es sind doch alle meine[[Besitz]] Kinder, die ich geboren habe: deine Gnade sollte über alle gleich ergehen.« Gott aber erwiderte »Eva, das verstehst du nicht. Mir gebührt und ist Not daß ich die ganze Welt mit deinen Kindern versehe: wenn sie alle Fürsten und Herrn wären, wer sollte Korn bauen, dreschen, malen und backen? wer schmieden, weben, zimmern, bauen, graben, schneiden und nähen? Jeder soll seinen Stand vertreten, daß einer den andern erhalte und alle ernährt werden wie am Leib die Glieder.« Da antwortete Eva »ach, Herr, vergib, ich war zu rasch, daß ich dir einredete. Dein göttlicher Wille geschehe auch an meinen[[Besitz]] Kindern.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="181._Die_Nixe_im_Teich" 181. Die Nixe im Teich. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Müller, der führte mit seiner Frau ein vergnügtes Leben. Sie[[1]] hatten Geld und Gut, und ihr Wohlstand nahm von Jahr zu Jahr noch zu. Aber Unglück kommt über Nacht: wie ihr Reichtum gewachsen war, so schwand er von Jahr zu Jahr wieder hin, und zuletzt konnte der Müller kaum noch die Mühle, in der er saß, sein Eigentum nennen. Er war voll Kummer, und wenn er sich nach der Arbeit des Tags nieder legte, so fand er keine Ruhe, sondern wälzte sich voll Sorgen in seinem Bett. Eines Morgens stand er schon vor Tagesanbruch auf, ging hinaus ins Freie und dachte es sollte ihm leichter ums Herz werden. Als er über dem Mühldamm dahin schritt, brach eben der erste Sonnenstrahl hervor, und er hörte in dem Weiher etwas rauschen. Er wendete sich um und erblickte ein schönes Weib, das sich langsam aus dem Wasser erhob. Ihre langen Haare, die sie über den Schultern mit ihren zarten Händen gefaßt hatte, flossen an beiden Seiten herab und bedeckten ihren weißen Leib. Er sah wohl daß es die Nixe des Teichs war und wußte vor Furcht nicht ob er davon gehen oder stehen bleiben sollte. Aber die Nixe ließ ihre sanfte Stimme hören, nannte ihn bei Namen und fragte warum er so traurig wäre. Der Müller war anfangs verstummt, als er sie aber so freundlich sprechen hörte, faßte er sich ein Herz und erzählte ihr daß er sonst in Glück und Reichtum gelebt hätte, aber jetzt so arm wäre, daß er sich nicht zu raten wüßte. »Sei ruhig,« antwortete die Nixe, »ich will dich reicher und glücklicher machen als du je gewesen bist, nur mußt du mir versprechen daß du mir geben willst was eben in deinem Hause jung geworden ist.« »Was kann das anders sein,« dachte der Müller, »als ein junger Hund oder ein junges Kätzchen?« und sagte ihr zu was sie verlangte. Die Nixe stieg wieder in das Wasser hinab, und er eilte getröstet und gutes Mutes nach seiner Mühle. Noch hatte er sie nicht erreicht, da trat die Magd aus der Haustüre und rief ihm zu er sollte sich freuen, seine Frau hätte ihm einen kleinen Knaben geboren. Der Müller stand wie vom Blitz gerührt, er sah wohl daß die tückische Nixe das gewußt und ihn betrogen hatte. Mit gesenktem Haupt trat er zu dem Bett seiner Frau, und als sie ihn fragte »warum freust du dich nicht über den schönen Knaben?« so erzählte er ihr was ihm begegnet war und was für ein Versprechen er der Nixe gegeben hatte. »Was hilft mir Glück und Reichtum,« fügte er hinzu, »wenn ich mein Kind verlieren soll? aber was kann ich tun?« Auch die Verwandten, die herbeigekommen waren, Glück zu wünschen, wußten keinen Rat. Indessen kehrte das Glück in das Haus des Müllers wieder ein. Was er unternahm gelang, es war als ob Kisten und Kasten von selbst sich füllten und das Geld im Schrank über Nacht sich mehrte. Es dauerte nicht lange, so war sein Reichtum größer als je zuvor. Aber er konnte sich nicht ungestört darüber freuen: die Zusage, die er der Nixe getan hatte, quälte sein Herz. So oft er an dem Teich vorbei kam, fürchtete er sie möchte auftauchen und ihn an seine Schuld mahnen. Den Knaben selbst ließ er nicht in die Nähe des Wassers: »hüte dich,« sagte er zu ihm, »wenn du das Wasser berührst, so kommt eine Hand heraus, hascht dich und zieht dich hinab.« Doch als Jahr auf Jahr verging, und die Nixe sich nicht wieder zeigte, so fing der Müller an sich zu beruhigen. Der Knabe wuchs zum Jüngling heran und kam bei einem Jäger in die Lehre. Als er ausgelernt hatte und ein tüchtiger Jäger geworden war, nahm ihn der Herr des Dorfes in seine Dienste. In dem Dorf war ein schönes und treues Mädchen, das gefiel dem Jäger, und als sein Herr das bemerkte, schenkte er ihm ein kleines Haus; die beiden hielten Hochzeit, lebten ruhig und glücklich und liebten sich von Herzen. Einsmals verfolgte der Jäger ein Reh. Als das Tier aus dem Wald in das freie Feld ausbog, setzte er ihm nach und streckte es endlich mit einem Schuß nieder. Er bemerkte nicht daß er sich in der Nähe des gefährlichen Weihers befand, und ging, nachdem er das Tier ausgeweidet hatte, zu dem Wasser, um seine mit Blut befleckten Hände zu waschen. Kaum aber hatte er sie hinein getaucht, als die Nixe emporstieg, lachend mit ihren nassen Armen ihn umschlang und so schnell hinabzog, daß die Wellen über ihm zusammenschlugen. Als es Abend war und der Jäger nicht nach Haus kam, so geriet seine Frau in Angst. Sie[[1]] ging aus ihn zu suchen, und da er ihr oft erzählt hatte daß er sich vor den Nachstellungen der Nixe in Acht nehmen müßte und nicht in die Nähe des Weihers sich wagen dürfte, so ahnte sie schon was geschehen war. Sie[[1]] eilte zu dem Wasser, und als sie am Ufer seine Jägertasche liegen fand, da konnte sie nicht länger an dem Unglück zweifeln. Wehklagend und händeringend rief sie ihren Liebsten mit Namen, aber vergeblich: sie eilte hinüber auf die andere Seite des Weihers, und rief ihn aufs neue: sie schalt die Nixe mit harten Worten, aber keine Antwort erfolgte. Der Spiegel des Wassers blieb ruhig, nur das halbe Gesicht des Mondes blickte unbeweglich zu ihr herauf. Die arme Frau verließ den Teich nicht. Mit schnellen Schritten, ohne Rast und Ruhe, umkreiste sie ihn immer von neuem, manchmal still, manchmal einen heftigen Schrei ausstoßend, manchmal in leisem Wimmern. Endlich waren ihre Kräfte zu Ende: sie sank zur Erde nieder und verfiel in einen tiefen Schlaf. Bald überkam sie ein Traum. Sie[[1]] stieg zwischen großen Felsblöcken angstvoll aufwärts; Dornen und Ranken hakten sich an ihre Füße, der Regen schlug ihr ins Gesicht und der Wind zauste ihr langes Haar. Als sie die Anhöhe erreicht hatte, bot sich ein ganz anderer Anblick dar. Der Himmel war blau, die Luft mild, der Boden senkte sich sanft hinab und auf einer grünen, bunt beblümten Wiese stand eine reinliche Hütte. Sie[[1]] ging darauf zu und öffnete die Türe, da saß eine Alte mit weißen Haaren, die ihr freundlich winkte. In dem Augenblick erwachte die arme Frau. Der Tag war schon angebrochen, und sie entschloß sich gleich dem Traum Folge zu leisten. Sie[[1]] stieg mühsam den Berg hinauf, und es war alles so, wie sie es in der Nacht gesehen hatte. Die Alte empfing sie freundlich und zeigte ihr einen Stuhl, auf den sie sich setzen sollte. »Du mußt ein Unglück erlebt haben,« sagte sie, »weil du meine[[Besitz]] einsame Hütte aufsuchst.« Die Frau erzählte ihr unter Tränen was ihr begegnet war. »Tröste dich,« sagte die Alte, »ich will dir helfen: da hast du einen goldenen Kamm. Harre bis der Vollmond aufgestiegen ist, dann geh zu dem Weiher, setze dich am Rand nieder und strähle dein langes schwarzes Haar mit diesem Kamm. Wenn du aber fertig bist, so lege ihn am Ufer nieder, und du wirst sehen was geschieht.« Die Frau kehrte zurück, aber die Zeit bis zum Vollmond verstrich ihr langsam. Endlich erschien die leuchtende Scheibe am Himmel, da ging sie hinaus an den Weiher, setzte sich nieder und kämmte ihre langen schwarzen Haare mit dem goldenen Kamm, und als sie fertig war, legte sie ihn an den Rand des Wassers nieder. Nicht lange, so brauste es aus der Tiefe, eine Welle erhob sich, rollte an das Ufer und führte den Kamm mit sich fort. Es dauerte nicht länger als der Kamm nötig hatte, auf den Grund zu sinken, so teilte sich der Wasserspiegel und der Kopf des Jägers stieg in die Höhe. Er sprach nicht, schaute aber seine Frau mit traurigen Blicken an. In demselben Augenblick kam eine zweite Welle herangerauscht und bedeckte das Haupt des Mannes. Alles war verschwunden, der Weiher lag so ruhig wie zuvor und nur das Gesicht des Vollmondes glänzte darauf. Trostlos kehrte die Frau zurück, doch der Traum zeigte ihr die Hütte der Alten. Abermals machte sie sich am nächsten Morgen auf den Weg und klagte der weisen Frau ihr Leid. Die Alte gab ihr eine goldene Flöte, und sprach »harre bis der Vollmond wieder kommt, dann nimm diese Flöte, setze dich an das Ufer, blas ein schönes Lied darauf, und wenn du damit fertig bist, so lege sie auf den Sand; du wirst sehen was geschieht.« Die Frau tat wie die Alte gesagt hatte. Kaum lag die Flöte auf dem Sand, so brauste es aus der Tiefe: eine Welle erhob sich, zog heran, und führte die Flöte mit sich fort. Bald darauf teilte sich das Wasser und nicht bloß der Kopf auch der Mann bis zur Hälfte des Leibes stieg hervor. Er breitete voll Verlangen seine Arme nach ihr aus, aber eine zweite Welle rauschte heran, bedeckte ihn und zog ihn wieder hinab. »Ach, was hilft es mir,« sagte die Unglückliche, »daß ich meinen[[Besitz]] Liebsten nur erblicke, um ihn wieder zu verlieren.« Der Gram erfüllte aufs neue ihr Herz, aber der Traum führte sie zum drittenmal in das Haus der Alten. Sie[[1]] machte sich auf den Weg, und die weise Frau gab ihr ein goldenes Spinnrad, tröstete sie und sprach »es ist noch nicht alles vollbracht, harre bis der Vollmond kommt, dann nimm das Spinnrad, setze dich an das Ufer und spinn die Spule voll, und wenn du fertig bist, so stelle das Spinnrad nahe an das Wasser und du wirst sehen was geschieht.« Die Frau befolgte alles genau. Sobald der Vollmond sich zeigte, trug sie das goldene Spinnrad an das Ufer und spann emsig bis der Flachs zu Ende und die Spule mit dem Faden ganz angefüllt war. Kaum aber stand das Rad am Ufer, so brauste es noch heftiger als sonst in der Tiefe des Wassers, eine mächtige Welle eilte herbei und trug das Rad mit sich fort. Alsbald stieg mit einem Wasserstrahl der Kopf und der ganze Leib des Mannes in die Höhe. Schnell sprang er ans Ufer, faßte seine Frau an der Hand und entfloh. Aber kaum hatten sie sich eine kleine Strecke entfernt, so erhob sich mit entsetzlichem Brausen der ganze Weiher und strömte mit reißender Gewalt in das weite Feld hinein. Schon sahen die Fliehenden ihren Tod vor Augen, da rief die Frau in ihrer Angst die Hilfe der Alten an, und in dem Augenblick waren sie verwandelt, sie in eine Kröte, er in einen Frosch. Die Flut, die sie erreicht hatte, konnte sie nicht töten, aber sie riß sie beide von einander und führte sie weit weg. Als das Wasser sich verlaufen hatte und beide wieder den trocknen Boden berührten, so kam ihre menschliche Gestalt zurück. Aber keiner wußte wo das andere geblieben war; sie befanden sich unter fremden Menschen, die ihre Heimat nicht kannten. Hohe Berge und tiefe Täler lagen zwischen ihnen. Um sich das Leben zu erhalten mußten beide die Schafe hüten. Sie[[1]] trieben lange Jahre ihre Herden durch Feld und Wald und waren voll Trauer und Sehnsucht. Als wieder einmal der Frühling aus der Erde hervorgebrochen war, zogen beide an einem Tag mit ihren Herden aus und der Zufall wollte daß sie einander entgegen zogen. Er erblickte an einem fernen Bergesabhang eine Herde und trieb seine Schafe nach der Gegend hin. Sie[[1]] kamen in einem Tal zusammen, aber sie erkannten sich nicht, doch freuten sie sich daß sie nicht mehr so einsam waren. Von nun an trieben sie jeden Tag ihre Herde neben einander: sie sprachen nicht viel, aber sie fühlten sich getröstet. Eines Abends, als der Vollmond am Himmel schien und die Schafe schon ruhten, holte der Schäfer die Flöte aus seiner Tasche und blies ein schönes aber trauriges Lied. Als er fertig war, bemerkte er daß die Schäferin bitterlich weinte. »Warum weinst du?« fragte er. »Ach,« antwortete sie, »so schien auch der Vollmond als ich zum letztenmal dieses Lied auf der Flöte blies und das Haupt meines Liebsten aus dem Wasser hervorkam.« Er sah sie an und es war ihm als fiele eine Decke von den Augen, er erkannte seine liebste Frau: und als sie ihn anschaute und der Mond auf sein Gesicht schien, erkannte sie ihn auch. Sie[[1]] umarmten und küßten sich, und ob sie glückselig waren braucht keiner zu fragen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="182._Die_Geschenke_des_kleinen_Volkes" 182. Die Geschenke des kleinen Volkes. &&ax &&lg=x &&fe Ein Schneider und ein Goldschmied wanderten zusammen und vernahmen eines Abends, als die Sonne hinter die Berge gesunken war, den Klang einer fernen Musik, die immer deutlicher ward; sie tönte ungewöhnlich aber so anmutig, daß sie aller Müdigkeit vergaßen und rasch weiter schritten. Der Mond war schon aufgestiegen, als sie zu einem Hügel gelangten, auf dem sie eine Menge kleiner Männer und Frauen erblickten, die sich bei den Händen gefaßt hatten, und mit größter Lust und Freudigkeit im Tanze herum wirbelten: sie sangen dazu auf das lieblichste; und das war die Musik, die die Wanderer gehört hatten. In der Mitte saß ein Alter, der etwas größer war als die übrigen, der einen buntfarbigen Rock trug, und dem ein eisgrauer Bart über die Brust herabhing. Die beiden blieben voll Verwunderung stehen und sahen dem Tanz zu. Der Alte winkte, sie sollten eintreten, und das kleine Volk öffnete bereitwillig seinen Kreis. Der Goldschmied, der einen Höcker hatte und wie alle Buckeligen keck genug war, trat herzu: der Schneider empfand zuerst einige Scheu und hielt sich zurück, doch als er sah wie es so lustig herging, faßte er sich ein Herz und kam nach. Alsbald schloß sich der Kreis wieder und die Kleinen sangen und tanzten in den wildesten Sprüngen weiter, der Alte aber nahm ein breites Messer, das an seinem Gürtel hing, wetzte es und als es hinlänglich geschärft war, blickte er sich nach den Fremdlingen um. Es ward ihnen angst, aber sie hatten nicht lange Zeit sich zu besinnen, der Alte packte den Goldschmied und schor in der größten Geschwindigkeit ihm Haupthaar und Bart glatt hinweg; ein gleiches geschah hierauf dem Schneider. Doch ihre Angst verschwand, als der Alte nach vollbrachter Arbeit beiden freundlich auf die Schulter klopfte, als wollte er sagen, sie hätten es gut gemacht daß sie ohne Sträuben Alles willig hätten geschehen lassen. Er zeigte mit dem Finger auf einen Haufen Kohlen, der zur Seite lag, und deutete ihnen durch Gebärden an daß sie ihre Taschen damit füllen sollten. Beide gehorchten, obgleich sie nicht wußten wozu ihnen die Kohlen dienen sollten, und gingen dann weiter, um ein Nachtlager zu suchen. Als sie ins Tal gekommen waren, schlug die Glocke des benachbarten Klosters zwölf Uhr: augenblicklich verstummte der Gesang, Alles war verschwunden, und der Hügel lag in einsamem Mondschein. Die beiden Wanderer fanden eine Herberge und deckten sich auf dem Strohlager mit ihren Röcken zu, vergaßen aber wegen ihrer Müdigkeit die Kohlen zuvor heraus zu nehmen. Ein schwerer Druck auf ihren Gliedern weckte sie früher als gewöhnlich. Sie[[1]] griffen in die Taschen und wollten ihren Augen nicht trauen, als sie sahen daß sie nicht mit Kohlen, sondern mit reinem Gold angefüllt waren; auch Haupthaar und Bart war glücklich wieder in aller Fülle vorhanden. Sie[[1]] waren nun reiche Leute geworden, doch besaß der Goldschmied, der seiner habgierigen Natur gemäß die Taschen besser gefüllt hatte, nocheinmal so viel als der Schneider. Ein Habgieriger, wenn er viel hat, verlangt noch mehr, der Goldschmied machte dem Schneider den Vorschlag, noch einen Tag zu verweilen, am Abend wieder hinaus zu gehen, um sich bei dem Alten auf dem Berge noch größere Schätze zu holen. Der Schneider wollte nicht und sagte »ich habe genug und bin zufrieden: jetzt werde ich Meister, heirate meinen[[Besitz]] angenehmen Gegenstand (wie er seine Liebste nannte) und bin ein glücklicher Mann.« Doch wollte er, ihm zu Gefallen, den Tag noch bleiben. Abends hing der Goldschmied noch ein paar Taschen über die Schulter, um recht einsacken zu können, und machte sich auf den Weg zu dem Hügel. Er fand, wie in der vorigen Nacht, das kleine Volk bei Gesang und Tanz, der Alte schor ihn abermals glatt und deutete ihm an Kohlen mitzunehmen. Er zögerte nicht einzustecken was nur in seine Taschen gehen wollte, kehrte ganz glückselig heim und deckte sich mit dem Rock zu. »Wenn das Gold auch drückt,« sprach er, »ich will das schon ertragen,« und schlief endlich mit dem süßen Vorgefühl ein, Morgen als steinreicher Mann zu erwachen. Als er die Augen öffnete, erhob er sich schnell, um die Taschen zu untersuchen, aber wie erstaunte er als er nichts herauszog als schwarze Kohlen, er mochte so oft hinein greifen als er wollte. »Noch bleibt mir das Gold, das ich die Nacht vorher gewonnen habe« dachte er und holte es herbei, aber wie erschrak er, als er sah daß es ebenfalls wieder zu Kohle geworden war. Er schlug sich mit der schwarzbestäubten Hand an die Stirne, da fühlte er daß der ganze Kopf kahl und glatt war wie der Bart. Aber sein Missgeschick war noch nicht zu Ende, er merkte erst jetzt daß ihm zu dem Höcker auf dem Rücken noch ein zweiter eben so großer vorn auf der Brust gewachsen war. Da erkannte er die Strafe seiner Habgier und begann laut zu weinen. Der gute Schneider, der davon aufgeweckt ward, tröstete den Unglücklichen so gut es gehen wollte und sprach »du bist mein Geselle auf der Wanderschaft gewesen, du sollst bei mir bleiben und mit von meinem Schatz zehren.« Er hielt Wort, aber der arme Goldschmied mußte sein Lebtag die beiden Höcker tragen und seinen kahlen Kopf mit einer Mütze bedecken. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="183._Der_Riese_und_der_Schneider" 183. Der Riese und der Schneider. &&ax &&lg=x &&fe Einem Schneider, der ein großer Prahler war, aber ein schlechter Zahler, kam es in den Sinn ein wenig auszugehen und sich in dem Wald umzuschauen. Sobald er nur konnte, verließ er seine Werkstatt, wanderte seinen Weg über Brücke und Steg, bald da, bald dort, immer fort und fort. Als er nun draußen war, erblickte er in der blauen Ferne einen steilen Berg und dahinter einen himmelhohen Turm, der aus einem wilden und finstern Wald hervorragte. »Potz Blitz!« rief der Schneider, »was ist das?« und weil ihn die Neugierde gewaltig stach, so ging er frisch darauf los. Was sperrte er aber Maul und Augen auf, als er in die Nähe kam, denn der Turm hatte Beine, sprang in einem Satz über den steilen Berg und stand als ein großmächtiger Riese vor dem Schneider. »Was willst du hier, du winziges Fliegenbein,« rief der mit einer Stimme, als wenns von allen Seiten donnerte. Der Schneider wisperte »ich will mich umschauen, ob ich mein Stückchen Brot in dem Wald verdienen kann.« »Wenns um die Zeit ist,« sagte der Riese, »so kannst du ja bei mir im Dienst eintreten.« »Wenns sein muß, warum das nicht? was krieg ich aber für einen Lohn?« »Was du für einen Lohn kriegst?« sagte der Riese, »das sollst du hören. Jährlich dreihundert und fünf und sechzig Tage, und wenns ein Schaltjahr ist, noch einen obendrein. Ist dir das recht?« »Meinetwegen,« antwortete der Schneider und dachte in seinem Sinn »man muß sich strecken nach seiner Decke. Ich such mich bald wieder los zu machen.« Darauf sprach der Riese zu ihm »geh, kleiner Halunke, und hol mir einen Krug Wasser.« »Warum nicht lieber gleich den Brunnen mitsammt der Quelle?« fragte der Prahlhans und ging mit dem Krug zu dem Wasser. »Was? den Brunnen mitsammt der Quelle?« brummte der Riese, der ein bischen tölpisch und albern war, in den Bart hinein und fing an sich zu fürchten, »der Kerl kann mehr als Äpfel braten: der hat einen Alraun im Leib. Sei auf deiner Hut, alter Hans, das ist kein Diener für dich.« Als der Schneider das Wasser gebracht hatte, befahl ihm der Riese in dem Wald ein paar Scheite Holz zu hauen und heim zu tragen. »Warum nicht lieber den ganzen Wald mit einem Streich, den ganzen Wald mit jung und alt, mit allem, was er hat, knorzig und glatt?« fragte das Schneiderlein, und ging das Holz zu hauen. »Was? den ganzen Wald mit jung und alt, mit allem, was er hat, knorzig und glatt? und den Brunnen mit sammt der Quelle?« brummte der leichtgläubige Riese in den Bart und fürchtete sich noch mehr, »der Kerl kann mehr als Äpfel braten, der hat einen Alraun im Leib. Sei auf deiner Hut, alter Hans, das ist kein Diener für dich.« Wie der Schneider das Holz gebracht hatte, befahl ihm der Riese zwei oder drei wilde Schweine zum Abendessen zu schießen. »Warum nicht lieber gleich tausend auf einen Schuß und die alle hierher?« fragte der hoffärtige Schneider. »Was?« rief der Hasenfuß von einem Riesen und war heftig erschrocken, »laß es nur für heute gut sein und lege dich schlafen.« Der Riese fürchtete sich so gewaltig, daß er die ganze Nacht kein Auge zutun konnte und hin und her dachte, wie ers anfangen sollte, um sich den verwünschten Hexenmeister von Diener je eher je lieber vom Hals zu schaffen. Kommt Zeit, kommt Rat. Am andern Morgen gingen der Riese und der Schneider zu einem Sumpf, um den ringsherum eine Menge Weidenbäume standen. Da sprach der Riese »hör einmal, Schneider, setz dich auf eine von den Weidenruten, ich möchte um mein Leben gern sehen, ob du im Stand bist sie herabzubiegen.« Husch, saß das Schneiderlein oben, hielt den Atem ein und machte sich schwer, so schwer daß sich die Gerte niederbog. Als er aber wieder Atem schöpfen mußte, da schnellte sie ihn, weil er zum Unglück kein Bügeleisen in die Tasche gesteckt hatte, zu großer Freude des Riesen, so weit in die Höhe, daß man ihn gar nicht mehr sehen konnte. Wenn er nicht wieder herunter gefallen ist, so wird er wohl noch oben in der Luft herum schweben. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="184._Der_Nagel" 184. Der Nagel. &&ax &&lg=x &&fe Ein Kaufmann hatte auf der Messe gute Geschäfte gemacht, alle Waren verkauft und seine Geldkatze mit Gold und Silber gespickt. Er wollte jetzt heimreisen und vor Einbruch der Nacht zu Haus sein. Er packte also den Mantelsack mit dem Geld auf sein Pferd und ritt fort. Zu Mittag rastete er in einer Stadt: als er weiter wollte, führte ihm der Hausknecht das Roß vor, sprach aber »Herr, am linken Hinterfuß fehlt im Hufeisen ein Nagel.« »Laß ihn fehlen,« erwiderte der Kaufmann, »die sechs Stunden, die ich noch zu machen habe, wird das Eisen wohl fest halten. Ich habe Eile.« Nachmittags als er wieder abgestiegen war und dem Roß Brot geben ließ, kam der Knecht in die Stube, und sagte »Herr, euerm Pferd fehlt am linken Hinterfuß ein Hufeisen. Soll ichs zum Schmied führen?« »Laß es fehlen,« erwiderte der Herr, »die paar Stunden, die noch übrig sind, wird das Pferd wohl aushalten. Ich habe Eile.« Er ritt fort, aber nicht lange, so fing das Pferd zu hinken an. Es hinkte nicht lange, so fing es an zu stolpern, und es stolperte nicht lange, so fiel es nieder und brach ein Bein. Der Kaufmann mußte das Pferd liegen lassen, den Mantelsack abschnallen, auf die Schulter nehmen und zu Fuß nach Haus gehen, wo er erst spät in der Nacht anlangte. »An allem Unglück,« sprach er zu sich selbst, »ist der verwünschte Nagel Schuld.« Eile mit Weile. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="185._Der_arme_Junge_im_Grab" 185. Der arme Junge im Grab. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein armer Hirtenjunge, dem war Vater und Mutter gestorben, und er war von der Obrigkeit einem reichen Mann in das Haus gegeben, der sollte ihn ernähren und erziehen. Der Mann aber und seine Frau hatten ein böses Herz, waren bei allem Reichtum geizig und missgünstig, und ärgerten sich wenn jemand einen Bissen von ihrem Brot in den Mund steckte. Der arme Junge mochte tun was er wollte, er erhielt wenig zu essen, aber destomehr Schläge. Eines Tages sollte er die Glucke mit ihren Küchlein hüten. Sie[[1]] verlief sich aber mit ihren Jungen durch einen Heckenzaun: gleich schoß der Habicht herab und entführte sie durch die Lüfte. Der Junge schrie aus Leibeskräften »Dieb, Dieb, Spitzbub.« Aber was half das? der Habicht brachte seinen Raub nicht wieder zurück. Der Mann hörte den Lärm, lief herbei, und als er vernahm daß seine Henne weg war, so geriet er in Wut und gab dem Jungen eine solche Tracht Schläge, daß er sich ein paar Tage lang nicht regen konnte. Nun mußte er die Küchlein ohne die Henne hüten, aber da war die Not noch größer, das eine lief dahin, das andere dorthin. Da meinte er es klug zu machen, wenn er sie alle zusammen an eine Schnur bände, weil ihm dann der Habicht keins wegstehlen könnte. Aber weit gefehlt. Nach ein paar Tagen, als er von dem Herumlaufen und vom Hunger ermüdet einschlief, kam der Raubvogel und packte eins von den Küchlein, und da die andern daran fest hingen, so trug er sie alle mit fort, setzte sich auf einen Baum und schluckte sie hinunter. Der Bauer kam eben nach Haus und als er das Unglück sah, erboste er sich und schlug den Jungen so unbarmherzig, daß er mehrere Tage im Bette liegen mußte. Als er wieder auf den Beinen war, sprach der Bauer zu ihm »du bist mir zu dumm, ich kann dich zum Hüter nicht brauchen, du sollst als Bote gehen.« Da schickte er ihn zum Richter, dem er einen Korb voll Trauben bringen sollte, und gab ihm noch einen Brief mit. Unterwegs plagte Hunger und Durst den armen Jungen so heftig, daß er zwei von den Trauben aß. Er brachte dem Richter den Korb, als dieser aber den Brief gelesen und die Trauben gezählt hatte, so sagte er »es fehlen zwei Stück.« Der Junge gestand ganz ehrlich daß er, von Hunger und Durst getrieben, die fehlenden verzehrt habe. Der Richter schrieb einen Brief an den Bauer und verlangte noch einmal so viel Trauben. Auch diese mußte der Junge mit einem Brief hintragen. Als ihn wieder so gewaltig hungerte und durstete, so konnte er sich nicht anders helfen, er verzehrte abermals zwei Trauben. Doch nahm er vorher den Brief aus dem Korb, legte ihn unter einen Stein und setzte sich darauf, damit der Brief nicht zusehen und ihn verraten könnte. Der Richter aber stellte ihn doch der fehlenden Stücke wegen zur Rede. »Ach,« sagte der Junge, »wie habt ihr das erfahren? der Brief konnte es nicht wissen, denn ich hatte ihn zuvor unter einen Stein gelegt.« Der Richter mußte über die Einfalt lachen, und schickte dem Mann einen Brief, worin er ihn ermahnte den armen Jungen besser zu halten und es ihm an Speis und Trank nicht fehlen zu lassen; auch möchte er ihn lehren was Recht und Unrecht sei. »Ich will dir den Unterschied schon zeigen,« sagte der harte Mann; »willst du aber essen, so mußt du auch arbeiten, und tust du etwas Unrechtes, so sollst du durch Schläge hinlänglich belehrt werden.« Am folgenden Tag stellte er ihn an eine schwere Arbeit. Er sollte ein paar Bund Stroh zum Futter für die Pferde schneiden; dabei drohte der Mann, »in fünf Stunden,« sprach er, »bin ich wieder zurück, wenn dann das Stroh nicht zu Heksel geschnitten ist, so schlage ich dich so lange bis du kein Glied mehr regen kannst.« Der Bauer ging mit seiner Frau dem Knecht und der Magd auf den Jahrmarkt und ließ dem Jungen nichts zurück als ein kleines Stück Brot. Der Junge stellte sich an den Strohstuhl und fing an aus allen Leibeskräften zu arbeiten. Da ihm dabei heiß ward, so zog er sein Röcklein aus und warfs auf das Stroh. In der Angst nicht fertig zu werden schnitt er immer zu, und in seinem Eifer zerschnitt er unvermerkt mit dem Stroh auch sein Röcklein. Zu spät ward er das Unglück gewahr, das sich nicht wieder gut machen ließ. »Ach,« rief er, »jetzt ist es aus mit mir. Der böse Mann hat mir nicht umsonst gedroht, kommt er zurück und sieht was ich getan habe, so schlägt er mich tot. Lieber will ich mir selbst das Leben nehmen.« Der Junge hatte einmal gehört wie die Bäuerin sprach »unter dem Bett habe ich einen Topf mit Gift stehen.« Sie[[1]] hatte es aber nur gesagt, um die Näscher zurückzuhalten, denn es war Honig darin. Der Junge kroch unter das Bett, holte den Topf hervor und aß ihn ganz aus. »Ich weiß nicht,« sprach er, »die Leute sagen der Tod sei bitter, mir schmeckt er süß. Kein Wunder daß die Bäuerin sich so oft den Tod wünscht.« Er setzte sich auf ein Stühlchen und war gefaßt zu sterben. Aber statt daß er schwächer werden sollte, fühlte er sich von der nahrhaften Speise gestärkt. »Es muß kein Gift gewesen sein,« sagte er, »aber der Bauer hat einmal gesagt in seinem Kleiderkasten läge ein Fläschchen mit Fliegengift, das wird wohl das wahre Gift sein und mir den Tod bringen.« Es war aber kein Fliegengift, sondern Ungarwein. Der Junge holte die Flasche heraus und trank sie aus. »Auch dieser Tod schmeckt süß,« sagte er, doch als bald hernach der Wein anfing ihm ins Gehirn zu steigen und ihn zu betäuben, so meinte er sein Ende nahte sich heran. »Ich fühle daß ich sterben muß,« sprach er, »ich will hinaus auf den Kirchhof gehen, und ein Grab suchen.« Er taumelte fort, erreichte den Kirchhof und legte sich in ein frisch geöffnetes Grab. Die Sinne verschwanden ihm immer mehr. In der Nähe stand ein Wirtshaus, wo eine Hochzeit gefeiert wurde: als er die Musik hörte, däuchte er sich schon im Paradies zu sein, bis er endlich alle Besinnung verlor. Der arme Junge erwachte nicht wieder, die Glut des heißen Weins und der kalte Tau der Nacht nahmen ihm das Leben, und er verblieb in dem Grab, in das er sich selbst gelegt hatte. Als der Bauer die Nachricht von dem Tod des Jungen erhielt, erschrak er und fürchtete vor das Gericht geführt zu werden: ja die Angst faßte ihn so gewaltig, daß er ohnmächtig zur Erde sank. Die Frau, die mit einer Pfanne voll Schmalz am Herde stand, lief herzu um ihm Beistand zu leisten. Aber das Feuer schlug in die Pfanne, ergriff das ganze Haus, und nach wenigen Stunden lag es schon in Asche. Die Jahre, die sie noch zu leben hatten, brachten sie, von Gewissensbissen geplagt, in Armut und Elend zu. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="186._Die_wahre_Braut" 186. Die wahre Braut. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Mädchen, das war jung und schön, aber seine Mutter war ihm früh gestorben, und die Stiefmutter tat ihm alles gebrannte Herzeleid an. Wenn sie ihm eine Arbeit auftrug, sie mochte noch so schwer sein, so ging es unverdrossen daran und tat was in seinen Kräften stand. Aber es konnte damit das Herz der bösen Frau nicht rühren, immer war sie unzufrieden, immer war es nicht genug. Je fleißiger es arbeitete, je mehr ward ihm aufgelegt, und sie hatte keinen andern Gedanken, als wie sie ihm eine immer größere Last aufbürden und das Leben recht sauer machen wollte. Eines Tags sagte sie zu ihm »da hast du zwölf Pfund Federn, die sollst du abschleißen, und wenn du nicht heute Abend damit fertig bist, so wartet eine Tracht Schläge auf dich. Meinst du, du könntest den ganzen Tag faullenzen?« Das arme Mädchen setzte sich zu der Arbeit nieder, aber die Tränen flossen ihm dabei über die Wangen herab, denn es sah wohl daß es unmöglich war mit der Arbeit in einem Tage zu Ende zu kommen. Wenn es ein Häufchen Federn vor sich liegen hatte und es seufzte oder schlug in seiner Angst die Hände zusammen, so stoben sie aus einander und es mußte sie wieder auflesen und von neuem anfangen. Da stützte es einmal die Ellbogen auf den Tisch, legte sein Gesicht in beide Hände, und rief »ist denn niemand auf Gottes Erdboden, der sich meiner erbarmt?« Indem hörte es eine sanfte Stimme, die sprach »tröste dich, mein Kind, ich bin gekommen dir zu helfen.« Das Mädchen blickte auf, und eine alte Frau stand neben ihm. Sie[[1]] faßte das Mädchen freundlich an der Hand, und sprach »vertraue mir nur an was dich drückt.« Da sie so herzlich sprach, so erzählte ihr das Mädchen von seinem traurigen Leben, daß ihm eine Last auf die andere gelegt würde und es mit den aufgegebenen Arbeiten nicht mehr zu Ende kommen könnte. »Wenn ich mit diesen Federn heute Abend nicht fertig bin, so schlägt mich die Stiefmutter; sie hat mirs angedroht, und ich weiß sie hält Wort.« Ihre Tränen fingen wieder an zu fließen, aber die gute Alte sprach »sei unbesorgt, mein Kind, ruhe dich aus, ich will derweil deine Arbeit verrichten.« Das Mädchen legte sich auf sein Bett und schlief bald ein. Die Alte setzte sich an den Tisch bei die Federn, hu! wie flogen sie von den Kielen ab, die sie mit ihren dürren Händen kaum berührte. Bald war sie mit den zwölf Pfund fertig. Als das Mädchen erwachte, lagen große schneeweiße Haufen aufgetürmt, und alles war im Zimmer reinlich aufgeräumt, aber die Alte war verschwunden. Das Mädchen dankte Gott und saß still bis der Abend kam. Da trat die Stiefmutter herein und staunte über die vollbrachte Arbeit. »Siehst du, Trulle,« sprach sie, »was man ausrichtet, wenn man fleißig ist? hättest du nicht noch etwas anderes vornehmen können? aber da sitzest du und legst die Hände in den Schooß.« Als sie hinausging, sprach sie, »die Kreatur kann mehr als Brot essen, ich muß ihr schwerere Arbeit auflegen.« Am andern Morgen rief sie das Mädchen und sprach »da hast du einen Löffel, damit schöpfe mir den großen Teich aus, der bei dem Garten liegt. Und wenn du damit Abends nicht zu Rand gekommen bist, so weißt du was erfolgt.« Das Mädchen nahm den Löffel und sah daß er durchlöchert war, und wenn er es auch nicht gewesen wäre, es hätte nimmermehr damit den Teich ausgeschöpft. Es machte sich gleich an die Arbeit, kniete am Wasser, in das seine Tränen fielen, und schöpfte. Aber die gute Alte erschien wieder, und als sie die Ursache von seinem Kummer erfuhr, sprach sie »sei getrost, mein Kind, geh in das Gebüsch und lege dich schlafen, ich will deine Arbeit schon tun.« Als die Alte allein war, berührte sie nur den Teich: wie ein Dunst stieg das Wasser in die Höhe und vermischte sich mit den Wolken. Allmählig ward der Teich leer, und als das Mädchen vor Sonnenuntergang erwachte und herbeikam, so sah es nur noch die Fische, die in dem Schlamm zappelten. Es ging zu der Stiefmutter und zeigte ihr an daß die Arbeit vollbracht wäre. »Du hättest längst fertig sein sollen,« sagte sie und ward blaß vor Ärger, aber sie sann etwas Neues aus. Am dritten Morgen sprach sie zu dem Mädchen »dort in der Ebene mußt du mir ein schönes Schloß bauen und zum Abend muß es fertig sein.« Das Mädchen erschrak und sagte »wie kann ich ein so großes Werk vollbringen?« »Ich dulde keinen Widerspruch,« schrie die Stiefmutter, »kannst du mit einem durchlöcherten Löffel einen Teich ausschöpfen, so kannst du auch ein Schloß bauen. Noch heute will ich es beziehen, und wenn etwas fehlt, sei es das geringste in Küche oder Keller, so weißt du was dir bevorsteht.« Sie[[1]] trieb das Mädchen fort, und als es in das Tal kam, so lagen da die Felsen über einander aufgetürmt; mit aller seiner Kraft konnte es den kleinsten nicht einmal bewegen. Es setzte sich nieder und weinte, doch hoffte es auf den Beistand der guten Alten. Sie[[1]] ließ auch nicht lange auf sich warten, kam und sprach ihm Trost ein, »lege dich nur dort in den Schatten, und schlaf, ich will dir das Schloß schon bauen. Wenn es dir Freude macht, so kannst du selbst darin wohnen.« Als das Mädchen weggegangen war, rührte die Alte die grauen Felsen an. Alsbald regten sie sich, rückten zusammen und standen da, als hätten Riesen die Mauer gebaut: darauf erhob sich das Gebäude, und es war als ob unzählige Hände unsichtbar arbeiteten und Stein auf Stein legten. Der Boden dröhnte, große Säulen stiegen von selbst in die Höhe und stellten sich neben einander in Ordnung. Auf dem Dach legten sich die Ziegeln zurecht, und als es Mittag war, drehte sich schon die große Wetterfahne wie eine goldene Jungfrau mit fliegendem Gewand auf der Spitze des Turms. Das Innere des Schlosses war bis zum Abend vollendet. Wie es die Alte anfing, weiß ich nicht, aber die Wände der Zimmer waren mit Seide und Sammet bezogen, buntgestickte Stühle standen da und reichverzierte Armsessel an Tischen von Marmor, kristallene Kronleuchter hingen von der Bühne herab und spiegelten sich in dem glatten Boden: grüne Papageien saßen in goldenen Käfigen und fremde Vögel, die lieblich sangen: überall war eine Pracht, als wenn ein König da einziehen sollte. Die Sonne wollte eben untergehen, als das Mädchen erwachte und ihm der Glanz von tausend Lichtern entgegen leuchtete. Mit schnellen Schritten kam es heran und trat durch das geöffnete Tor in das Schloß. Die Treppe war mit rotem Tuch belegt und das goldene Geländer mit blühenden Bäumen besetzt. Als es die Pracht der Zimmer erblickte, blieb es wie erstarrt stehen. Wer weiß wie lang es so gestanden hätte, wenn ihm nicht der Gedanke an die Stiefmutter gekommen wäre. »Ach,« sprach es zu sich selbst, »wenn sie doch endlich zufrieden gestellt wäre und mir das Leben nicht länger zur Qual machen wollte.« Das Mädchen ging und zeigte ihr an daß das Schloß fertig wäre. »Gleich will ich einziehen« sagte sie und erhob sich von ihrem Sitz. Als sie in das Schloß eintrat, mußte sie die Hand vor die Augen halten, so blendete sie der Glanz. »Siehst du,« sagte sie zu dem Mädchen, »wie leicht dirs geworden ist, ich hätte dir etwas Schwereres aufgeben sollen.« Sie[[1]] ging durch alle Zimmer und spürte in allen Ecken ob etwas fehlte oder mangelhaft wäre, aber sie konnte nichts auffinden. »Jetzt wollen wir hinabsteigen,« sprach sie und sah das Mädchen mit boshaften Blicken an, »Küche und Keller muß noch untersucht werden, und hast du etwas vergessen, so sollst du deiner Strafe nicht entgehen.« Aber das Feuer brannte auf dem Herd, in den Töpfen kochten die Speisen, Kluft und Schippe waren angelehnt, und an den Wänden das blanke Geschirr von Messing aufgestellt. Nichts fehlte, selbst nicht der Kohlenkasten und die Wassereimer. »Wo ist der Eingang zum Keller?« rief sie, »wo der nicht mit Weinfässern reichlich angefüllt ist, so wird dirs schlimm ergehen.« Sie[[1]] hob selbst die Falltüre auf und stieg die Treppe hinab, aber kaum hatte sie zwei Schritte getan, so stürzte die schwere Falltüre, die nur angelehnt war, nieder. Das Mädchen hörte einen Schrei, hob die Türe schnell auf, um ihr zu Hilfe zu kommen, aber sie war hinabgestürzt und es fand sie entseelt auf dem Boden liegen. Nun gehörte das prächtige Schloß dem Mädchen ganz allein. Es wußte sich in der ersten Zeit gar nicht in seinem Glück zu finden, schöne Kleider hingen in den Schränken, die Truhen waren mit Gold und Silber oder mit Perlen und Edelsteinen angefüllt, und es hatte keinen Wunsch, den es nicht erfüllen konnte. Bald ging der Ruf von der Schönheit und dem Reichtum des Mädchens durch die ganze Welt. Alle Tage meldeten sich Freier, aber keiner gefiel ihr. Endlich kam auch der Sohn eines Königs, der ihr Herz zu rühren wußte, und sie verlobte sich mit ihm. In dem Schloßgarten stand eine grüne Linde, darunter saßen sie eines Tages vertraulich zusammen, da sagte er zu ihr »ich will heimziehen und die Einwilligung meines Vaters zu unserer Vermählung holen; ich bitte dich harre mein hier unter dieser Linde, in wenigen Stunden bin ich wieder zurück.« Das Mädchen küßte ihn auf den linken Backen und sprach »bleib mir treu, und laß dich von keiner andern auf diesen Backen küssen. Ich will hier unter der Linde warten bis du wieder zurückkommst.« Das Mädchen blieb unter der Linde sitzen, bis die Sonne unterging, aber er kam nicht wieder zurück. Sie[[1]] saß drei Tage von Morgen bis Abend, und erwartete ihn, aber vergeblich. Als er am vierten Tag noch nicht da war, so sagte sie »gewiß ist ihm ein Unglück begegnet, ich will ausgehen und ihn suchen und nicht eher wiederkommen als bis ich ihn gefunden habe.« Sie[[1]] packte drei von ihren schönsten Kleidern zusammen, eins mit glänzenden Sternen gestickt, das zweite mit silbernen Monden, das dritte mit goldenen Sonnen, band eine Hand voll Edelsteine in ihr Tuch und machte sich auf. Sie[[1]] fragte aller Orten nach ihrem Bräutigam, aber niemand hatte ihn gesehen, niemand wußte von ihm. Weit und breit wanderte sie durch die Welt, aber sie fand ihn nicht. Endlich vermietete sie sich bei einem Bauer als Hirtin, und vergrub ihre Kleider und Edelsteine unter einem Stein. Nun lebte sie als eine Hirtin, hütete ihre Herde, war traurig und voll Sehnsucht nach ihrem Geliebten. Sie[[1]] hatte ein Kälbchen, das gewöhnte sie an sich, fütterte es aus der Hand, und wenn sie sprach »Kälbchen, Kälbchen, knie nieder, vergiß nicht deine Hirtin wieder, wie der Königssohn die Braut vergaß, die unter der grünen Linde saß,« so kniete das Kälbchen nieder und ward von ihr gestreichelt. Als sie ein paar Jahre einsam und kummervoll gelebt hatte, so verbreitete sich im Lande das Gerücht, daß die Tochter des Königs ihre Hochzeit feiern wollte. Der Weg nach der Stadt ging an dem Dorf vorbei, wo das Mädchen wohnte, und es trug sich zu, als sie einmal ihre Herde austrieb, daß der Bräutigam vorüber zog. Er saß stolz auf seinem Pferd und sah sie nicht an, aber als sie ihn ansah, so erkannte sie ihren Liebsten. Es war als ob ihr ein scharfes Messer in das Herz schnitte. »Ach,« sagte sie, »ich glaubte er wäre mir treu geblieben, aber er hat mich vergessen.« Am andern Tag kam er wieder des Wegs. Als er in ihrer Nähe war, sprach sie zum Kälbchen, »Kälbchen, Kälbchen, knie nieder, vergiß nicht deine Hirtin wieder, wie der Königssohn die Braut vergaß, die unter der grünen Linde saß.« Als er die Stimme vernahm, blickte er herab und hielt sein Pferd an. Er schaute der Hirtin ins Gesicht, hielt dann die Hand vor die Augen, als wollte er sich auf etwas besinnen, aber schnell ritt er weiter und war bald verschwunden. »Ach,« sagte sie, »er kennt mich nicht mehr,« und ihre Trauer ward immer größer. Bald darauf sollte an dem Hofe des Königs drei Tage lang ein großes Fest gefeiert werden, und das ganze Land ward dazu eingeladen. »Nun will ich das Letzte versuchen« dachte das Mädchen, und als der Abend kam, ging es zu dem Stein, unter dem es seine Schätze vergraben hatte. Sie[[1]] holte das Kleid mit den goldnen Sonnen hervor, legte es an und schmückte sich mit den Edelsteinen. Ihre Haare, die sie unter einem Tuch verborgen hatte, band sie auf, und sie fielen in langen Locken an ihr herab. So ging sie nach der Stadt und ward in der Dunkelheit von niemand bemerkt. Als sie in den hell erleuchteten Saal trat, wichen alle voll Verwunderung zurück, aber niemand wußte wer sie war. Der Königssohn ging ihr entgegen, doch er erkannte sie nicht. Er führte sie zum Tanz und war so entzückt über ihre Schönheit daß er an die andere Braut gar nicht mehr dachte. Als das Fest vorüber war, verschwand sie im Gedränge und eilte vor Tagesanbruch in das Dorf, wo sie ihr Hirtenkleid wieder anlegte. Am andern Abend nahm sie das Kleid mit den silbernen Monden heraus und steckte einen Halbmond von Edelsteinen in ihre Haare. Als sie auf dem Fest sich zeigte, wendeten sich alle Augen nach ihr, aber der Königssohn eilte ihr entgegen, und ganz von Liebe erfüllt tanzte er mit ihr allein und blickte keine andere mehr an. Ehe sie wegging, mußte sie ihm versprechen den letzten Abend nochmals zum Fest zu kommen. Als sie zum drittenmal erschien, hatte sie das Sternenkleid an, das bei jedem ihrer Schritte funkelte, und Haarband und Gürtel waren Sterne von Edelsteinen. Der Königssohn hatte schon lange auf sie gewartet und drängte sich zu ihr hin. »Sage mir nur wer du bist,« sprach er, »mir ist als wenn ich dich schon lange gekannt hätte.« »Weißt du nicht,« antwortete sie, »was ich tat, als du von mir schiedest?« Da trat sie zu ihm heran und küßte ihn auf den linken Backen: in dem Augenblick fiel es wie Schuppen von seinen Augen und er erkannte die wahre Braut. »Komm,« sagte er zu ihr, »hier ist meines Bleibens nicht länger,« reichte ihr die Hand und führte sie hinab zu dem Wagen. Als wäre der Wind vorgespannt, so eilten die Pferde zu dem Wunderschloß. Schon von weitem glänzten die erleuchteten Fenster. Als sie bei der Linde vorbei fuhren, schwärmten unzählige Glühwürmer darin, sie schüttelte ihre Äste und sendete ihre Düfte herab. Auf der Treppe blühten die Blumen, aus dem Zimmer schallte der Gesang der fremden Vögel, aber in dem Saal stand der ganze Hof versammelt und der Priester wartete um den Bräutigam mit der wahren Braut zu vermählen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="187._Der_Hase_und_der_Igel" 187. &&wt0 {{Der Hase und der Igel.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Disse Geschicht is lögenhaft to vertellen, Jungens, aver wahr is se doch, denn mien Grootvader, van den ick se hew, plegg jümmer, wenn he se mie vortüerde (mit Behag¬lich¬keit vortrug), dabi to seggen »wahr mutt se doch sien, mien Söhn, anners kunn man se jo nich vertellen.« De Geschicht hett sick aber so todragen. Et wöör an enen Sündag¬morgen tor Harvest¬tied, jüst as de Book¬weeten bloihde: de Sünn wöör hellig upgaen am Hewen, de Morgen¬wind güng warm över de Stop¬peln, de Larken süngen inn'r Lucht (Luft), de Immen sumsten in den Book¬weeten un de Lühde güngen in ehren Sündags¬staht nah«r Kerken, un alle Creatur wöör vergnögt, un de Swinegel ook. De Swinegel aver stünd vör siener Döhr, harr de Arm ünner¬slagen, keek dabi in den Morgen¬wind hinut un quinkeleerde en lütjet Leedken vör sick hin, so good un so slecht as nu eben am leewen Sündag¬morgen en Swinegel to singen pleggt. Indem he nu noch so half liese vör sick hin sung, füll em up eenmal in he künn ook wol, mittler¬wiel sien Fro de Kinner wüsch un antröcke, en beeten in't Feld spazeeren un tosehen wie sien Stäh¬kröwen stünden. De Stäh¬kröwen wöören aver de nöchsten bi sienem Huuse, un he pleggte mit siener Familie davon to eten, darüm sahg he se as de sienigen an. Gesagt, gedahn. De Swinegel makte de Huus¬döör achter sick to un slög den Weg nah'n Felde in. He wöör noch nich gans wiet von Huuse un wull jüst um den Slöbusch, (Schlehen¬busch), de dar vörm Felde liggt, nah den Stäh¬kröwen¬acker hinup dreien, as em de Haas bemött, de in ähnlichen Geschäften uutgahn wöör, nämlich um sienen Kohl to besehn. As de Swinegel den Haasen ansichtig wöör, so böhd he em en fründ¬lichen go'n Morgen. De Haas aver, de up siene Wies en vörnehmer Herr was, un grausahm hoch¬fahrtig dabi, antwoorde nicks up den Swinegel sienen Gruß, sondern segte tom Swinegel, wobi he en gewaltig höhnische Miene annöhm, »wie kummt et denn, dat du hier all bi so fröhem Morgen im Felde rumlöppst?« »Jck gah spazeeren« segt de Swinegel. »Spazeeren?« lachte de Haas, »mi ducht du kunnst de Been ook wol to betern Dingen gebruuken.« Disse Antword verdrööt den Swinegel unge¬heuer, denn alles kunn he verdregen, aver up siene Been laet he nicks komen, eben weil se von Natuhr scheef wöören. »Du bildst di wol in,« seggt nu de Swinegel tom Haasen, »as wenn du mit diene Beene mehr utrichten kunnst?« »Dat denk ick« seggt de Haas. »Dat kummt up 'n Versöök an,« meent de Swinegel, »ick pareer, wenn wi in de Wett loopt, ick loop di vörbi.« »Dat is tum Lachen, du mit diene scheefen Been,« seggt de Haas, »aver mienetwegen mach't sien, wenn du so över¬groote Lust hest. Wat gilt de Wett?« »En goldne Lujedor un'n Buddel Branwien« seggt de Swinegel. »Ange¬nahmen,« spröök de Haas, »sla in, un denn kann't gliek los gahn.« »Nä, so groote Jhl hett et nich,« meen de Swinegel, »ick bün noch gans nüchdern; eerst will ick to Huus gahn un en beeten fröh¬stücken: inner halwen Stünd bün ick wedder hier upp'n Platz.« Damit güng de Swinegel, denn de Haas wöör et tofreeden. Ünner¬weges dachte de Swinegel bi sick »de Haas verlett sick up siene langen Been, aver ick will em wol kriegen. He is zwar ehn vörnehm Herr, aver doch man'n dum¬men Keerl, un betahlen sall he doch.« As nu de Swinegel to Huuse ankööm, spröök he to sien Fro »Fro, treck di gau (schnell) an, du must mit mi nah'n Felde hinuut.« »Wat givt et denn?« seggt sien Fro. »Jck hew mit'n Haasen wett't üm'n golden Lujedor un'n Buddel Branwien, ick will mit em inn Wett loopen un da salst du mit dabi sien.« »O mien Gott, Mann,« füng nu den Swinegel sien Fro an to schreen, »büst du nich klook, hest du denn ganz den Verstand verlaaren? Wie kannst du mit den Haasen in de Wett loopen wollen?« »Holt dat Muul, Wief,« seggt de Swinegel, »dat is mien Saak. Resonehr nich in Männer¬geschäfte. Marsch, treck di an un denn kumm mit.« Wat sull den Swinegel sien Fro maken? se mußt wol folgen, se mugg nu wollen oder nich. As se nu mit eenander ünner¬wegs wöören, spröök de Swinegel to sien Fro »nu pass up, wat ick seggen will. Sühst du, up den langen Acker dar wüll wi unsen Wett¬loop maken. De Haas löppt nemlich in der eenen Föhr (Furche) un ick inner andern, un von baben (oben) fang wi an to loopen. Nu hast du wieder nicks to dohn as du stellst di hier unnen in de Föhr, un wenn de Haas up de andere Siet ankummt, so röpst du em entgegen »ick bün all (schon) hier.« Damit wöören se bi den Acker anlangt, de Swinegel wiesde siener Fro ehren Platz an un gung nu den Acker hinup. As he baben ankööm, wöör de Haas all da. »Kann et losgahn?« seggt de Haas. »Ja wol« seggt de Swinegel. »Denn man to!« Un damit stellde jeder sick in siene Föhr. De Haas tellde (zählte) »hahl een, hahl twee, hahl dree« un los güng he wie en Storm¬wind den Acker hindahl (hinab). De Swinegel aver lööp ungefähr man dree Schritt, dann duhkde he sick dahl (herab) in de Föhr un bleev ruhig sitten. As nu de Haas in vullen Loopen ünnen am Acker ankööm, rööp em den Swinegel sien Fro entgegen »ick bün all hier.« De Haas stutzd un verwun¬derde sick nich wenig: he menede nich anders als et wöör de Swinegel sülvst, de em dat torööp, denn bekannt¬lich süht den Swinegel sien Fro jüst so uut wie ehr Mann. De Haas aver meende »datt geiht nich to mit rechten Dingen.« He rööp »nochmal geloopen, wedder üm!« Un fort güng he wedder wie en Storm¬wind, datt em de Ohren am Koppe flögen. Den Swinegel sien Fro aver blev ruhig up ehren Platze. As nu de Haas baben ankööm, rööp em de Swinegel entgegen »ick bün all hier.« De Haas aver, ganz uuter sick vör Jhwer (Ärger), schreede »noch¬mal geloo¬pen, wedder üm!« »Mi nich to schlimm,« ant¬woorde de Swinegel, »mienet¬wegen so oft as du Lust hest.« So löp de Haas noch dree¬un¬söben¬tigmal, un de Swinegel höhl (hielt) et ümmer mit em uut. Jedes¬mal, wenn de Haas ünnen oder baben ankööm, seggten de Swinegel oder sien Fro »ick bün all hier.« Tum veer¬un¬söben¬tigs¬ten¬mal aver köm de Haas nich mehr to ende. Midden am Acker stört he tor Eerde, datt Blohd flög em utn Halse un he bleev doot upn Platze. De Swinegel aver nöhm siene gewun¬nene Lujedor un den Buddel Branwien, rööp siene Fro uut der Föhr aff, un beide güngen vergnögt mit een¬anner nah Huus; un wenn se nich storben sünd, lewt se noch. So begev et sick, dat up der Bux¬te¬hu¬der Heid de Swinegel den Haasen dodt lopen hett, un sied jener Tied hatt et sick keen Haas wedder infal¬len laten mit'n Bux¬te¬hu¬der Swinegel in de Wett to lopen. De Lehre aver uut disser Geschicht is erstens, datt keener, un wenn he sick ook noch so vörnehm dücht, sick sall bikom¬men laten, övern geringen Mann sick lustig to maken, un wöört ook man'n Swinegel. Un tweetens, datt et gerahden is, wenn eener freet, datt he sick 'ne Fro uut sienem Stande nimmt, un de jüst so uutsüht as he sülwst. Wer also en Swinegel is, de mutt tosehn datt siene Fro ook en Swinegel is, un so wieder.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="188._Spindel,_Weberschiffchen_und_Nadel" 188. Spindel, Weberschiffchen und Nadel. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Mädchen, dem starb Vater und Mutter, als es noch ein kleines Kind war. Am Ende des Dorfes wohnte in einem Häuschen ganz allein seine Pate, die sich von Spinnen Weben und Nähen ernährte. Die Alte nahm das verlassene Kind zu sich, hielt es zur Arbeit an und erzog es in aller Frömmigkeit. Als das Mädchen fünfzehn Jahr alt war, erkrankte sie, rief das Kind an ihr Bett und sagte »liebe Tochter, ich fühle daß mein Ende herannaht, ich hinterlasse dir das Häuschen, darin bist du vor Wind und Wetter geschützt, dazu Spindel, Weberschiffchen und Nadel, damit kannst du dir dein Brot verdienen.« Sie[[1]] legte noch die Hände auf seinen Kopf, segnete es und sprach »behalt nur Gott in dem Herzen, so wird dirs wohl gehen.« Darauf schloß sie die Augen, und als sie zur Erde bestattet wurde, ging das Mädchen bitterlich weinend hinter dem Sarg und erwies ihr die letzte Ehre. Das Mädchen lebte nun in dem kleinen Haus ganz allein, war fleißig, spann, webte und nähte, und auf allem, was es tat, ruhte der Segen der guten Alten. Es war als ob sich der Flachs in der Kammer von selbst mehrte, und wenn sie ein Stück Tuch oder einen Teppich gewebt, oder ein Hemd genäht hatte, so fand sich gleich ein Käufer, der es reichlich bezahlte, so daß sie keine Not empfand und andern noch etwas mitteilen konnte. Um diese Zeit zog der Sohn des Königs im Land umher und wollte sich eine Braut suchen. Eine arme sollte er nicht wählen und eine reiche wollte er nicht. Da sprach er »die soll meine[[Besitz]] Frau werden, die zugleich die ärmste und die reichste ist.« Als er in das Dorf kam, wo das Mädchen lebte, fragte er, wie er überall tat, wer in dem Ort die reichste und ärmste wäre. Sie[[1]] nannten ihm die reichste zuerst: die ärmste, sagten sie, wäre das Mädchen, das in dem kleinen Haus ganz am Ende wohnte. Die Reiche saß vor der Haustür in vollem Putz, und als der Königssohn sich näherte, stand sie auf, ging ihm entgegen und neigte sich vor ihm. Er sah sie an, sprach kein Wort und ritt weiter. Als er zu dem Haus der Armen kam, stand das Mädchen nicht an der Türe, sondern saß in seinem Stübchen. Er hielt das Pferd an und sah durch das Fenster, durch das die helle Sonne schien, das Mädchen an dem Spinnrad sitzen und emsig spinnen. Es blickte auf, und als es bemerkte daß der Königssohn hereinschaute, ward es über und über rot, schlug die Augen nieder und spann weiter; ob der Faden diesmal ganz gleich ward, weiß ich nicht, aber es spann so lange bis der Königssohn wieder weggeritten war. Dann trat es ans Fenster, öffnete es und sagte »es ist so heiß in der Stube,« aber es blickte ihm nach so lange es noch die weißen Federn an seinem Hut erkennen konnte. Das Mädchen setzte sich wieder in seine Stube zur Arbeit und spann weiter. Da kam ihm ein Spruch in den Sinn, den die Alte manchmal gesagt hatte, wenn es bei der Arbeit saß, und es sang so vor sich hin »Spindel, Spindel, geh du aus, bring den Freier in mein Haus.« Was geschah? Die Spindel sprang ihm augenblicklich aus der Hand und zur Türe hinaus; und als es vor Verwunderung aufstand und ihr nachblickte, so sah es daß sie lustig in das Feld hinein tanzte und einen glänzenden goldenen Faden hinter sich herzog. Nicht lange, so war sie ihm aus den Augen entschwunden. Das Mädchen, da es keine Spindel mehr hatte, nahm das Weberschiffchen in die Hand, setzte sich an den Webstuhl und fing an zu weben. Die Spindel aber tanzte immer weiter, und eben als der Faden zu Ende war, hatte sie den Königssohn erreicht. »Was sehe ich?« rief er, »die Spindel will mir wohl den Weg zeigen?« drehte sein Pferd um und ritt an dem goldenen Faden zurück. Das Mädchen aber saß an seiner Arbeit und sang »Schiffchen, Schiffchen, webe fein, führ den Freier mir herein.« Alsbald sprang ihr das Schiffchen aus der Hand und sprang zur Türe hinaus. Vor[[Präpos]] der Türschwelle aber fing es an einen Teppich zu weben, schöner als man je einen gesehen hat. Auf beiden Seiten blühten Rosen und Lilien und in der Mitte auf goldenem Grund stiegen grüne Ranken herauf, darin sprangen Hasen und Kaninchen: Hirsche und Rehe streckten die Köpfe dazwischen: oben in den Zweigen saßen bunte Vögel; es fehlte nichts als daß sie gesungen hätten. Das Schiffchen sprang hin und her, und es war als wüchse alles von selber. Weil das Schiffchen fortgelaufen war, hatte sich das Mädchen zum Nähen hingesetzt: es hielt die Nadel in der Hand und sang »Nadel, Nadel, spitz und fein, Mach das Haus dem Freier rein.« Da sprang ihr die Nadel aus den Fingern und flog in der Stube hin und her, so schnell wie der Blitz. Es war nicht anders als wenn unsichtbare Geister arbeiteten, alsbald überzogen sich Tisch und Bänke mit grünem Tuch, die Stühle mit Sammet, und an den Fenstern hingen seidene Vorhänge herab. Kaum hatte die Nadel den letzten Stich getan, so sah das Mädchen schon durch das Fenster die weißen Federn von dem Hut des Königssohns, den die Spindel an dem goldenen Faden herbei geholt hatte. Er stieg ab, schritt über den Teppich in das Haus herein, und als er in die Stube trat, stand das Mädchen da in seinem ärmlichen Kleid, aber es glühte darin wie eine Rose im Busch. »Du bist die Ärmste und auch die Reichste,« sprach er zu ihr, »komm mit mir, du sollst meine[[Besitz]] Braut sein.« Sie[[1]] schwieg, aber sie reichte ihm die Hand. Da gab er ihr einen Kuß, führte sie hinaus, hob sie auf sein Pferd und brachte sie in das königliche Schloß, wo die Hochzeit mit großer Freude gefeiert ward. Spindel, Weberschiffchen und Nadel wurden in der Schatzkammer verwahrt und in großen Ehren gehalten. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="189._Der_Bauer_und_der_Teufel" 189. Der Bauer und der Teufel. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein kluges und verschmitztes Bäuerlein, von dessen Streichen viel zu erzählen wäre: die schönste Geschichte ist aber doch, wie er den Teufel einmal dran gekriegt und zum Narren gehabt hat. Das Bäuerlein hatte eines Tages seinen Acker bestellt und rüstete sich zur Heimfahrt als die Dämmerung schon eingetreten war. Da erblickte er mitten auf seinem Acker einen Haufen feuriger Kohlen, und als er voll Verwunderung hinzuging, so saß oben auf der Glut ein kleiner schwarzer Teufel. »Du sitzest wohl auf einem Schatz?« sprach das Bäuerlein. »Ja wohl,« antwortete der Teufel, »auf einem Schatz, der mehr Gold und Silber enthält als du dein Lebtag gesehen hast.« »Der Schatz liegt auf meinem Feld und gehört mir« sprach das Bäuerlein. »Er ist dein« antwortete der Teufel, »wenn du mir zwei Jahre lang die Hälfte von dem gibst, was dein Acker hervorbringt: Geld habe ich genug, aber ich trage Verlangen nach den Früchten der Erde.« Das Bäuerlein ging auf den Handel ein. »Damit aber kein Streit bei der Teilung entsteht,« sprach es, »so soll dir gehören was über der Erde ist und mir was unter der Erde ist.« Dem Teufel gefiel das wohl, aber das listige Bäuerlein hatte Rüben gesät. Als nun die Zeit der Ernte kam, so erschien der Teufel und wollte seine Frucht holen, er fand aber nichts als die gelben welken Blätter, und das Bäuerlein, ganz vergnügt, grub seine Rüben aus. »Einmal hast du den Vorteil gehabt,« sprach der Teufel, »aber für das nächstemal soll das nicht gelten. Dein ist was über der Erde wächst und mein was darunter ist.« »Mir auch recht« antwortete das Bäuerlein. Als aber die Zeit zur Aussat kam, säte das Bäuerlein nicht wieder Rüben, sondern Weizen. Die Frucht ward reif, das Bäuerlein ging auf den Acker und schnitt die vollen Halme bis zur Erde ab. Als der Teufel kam, fand er nichts als die Stoppeln und fuhr wütend in eine Felsenschlucht hinab. »So muß man die Füchse prellen« sprach das Bäuerlein, ging hin und holte sich den Schatz. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="190._Die_Brosamen_auf_dem_Tisch" 190. &&wt0 {{Die Brosamen auf dem Tisch.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Der Güggel het einisch zue sine Hüendlene gseit »chöm¬met weidli i d Stuben ufe goh Brot¬brös¬mele zäm¬me¬bicke ufem Tisch: euse Frau isch ußgange goh ne Visite mache.« Do säge do d Hüendli »nei nei, mer chöm¬me nit: weist d Frau balget amme mit is.« Do seit der Güggel »se weiß jo nüt dervo, chöm¬met er num¬me: se git is doch au nie nit guets.« Do säge d Hüendli wider »nei nei, sisch uß und verby, mer gönd nit ufe.« Aber der Güggel het ene kei ruei glo, bis se endlig gange sind und ufe Tisch, und do Brot¬brös¬meli zäm¬me gläse hend in aller Stren¬ge. Do chunt juste¬ment d Frau der¬zue und nimmt gschwind e Stäcke und steubt se abe und re¬giert gar grüseli mit ene. Und wo se do vor em hus unde gsi sind, so säge do d Hüendli zum Güggel »gse gse gse gse gse gse gsehst aber?« Do het der Güggel glachet und num¬me gseit »ha ha han is nit gwüßt?« do händ se chönne goh.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="191._Das_Meerhäschen" 191. Das Meerhäschen. &&wt0 {{[Meerhäschen]}} &&wt1 &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal eine Königstochter, die hatte in ihrem Schloß hoch unter der Zinne einen Saal mit zwölf Fenstern, die gingen nach allen Himmelsgegenden, und wenn sie hinaufstieg und umher schaute, so konnte sie ihr ganzes Reich übersehen. Aus dem ersten sah sie schon schärfer als andere Menschen, in dem zweiten noch besser, in dem dritten noch deutlicher und so immer weiter bis in dem zwölften, wo sie alles sah, was über und unter der Erde war und ihr nichts verborgen bleiben konnte. Weil sie aber stolz war, sich niemand unterwerfen wollte und die Herrschaft allein behalten, so ließ sie bekannt machen, es sollte niemand ihr Gemahl werden, der sich nicht so vor ihr verstecken könnte daß es ihr unmöglich wäre ihn zu finden. Wer es aber versuche und sie entdecke ihn, so werde ihm das Haupt abgeschlagen und auf einen Pfahl gesteckt. Es standen schon sieben und neunzig Pfähle mit toten Häuptern vor dem Schloß, und in langer Zeit meldete sich niemand. Die Königstochter war vergnügt und dachte »ich werde nun für mein Lebtag frei bleiben.« Da erschienen drei Brüder vor ihr und kündigten ihr an daß sie ihr Glück versuchen wollten. Der älteste glaubte sicher zu sein, wenn er in ein Kalkloch krieche, aber sie erblickte ihn schon aus dem ersten Fenster, ließ ihn herausziehen und ihm das Haupt abschlagen. Der zweite kroch in den Keller des Schlosses, aber auch diesen erblickte sie aus dem ersten Fenster, und es war um ihn geschehen: sein Haupt kam auf den neun und neunzigsten Pfahl. Da trat der jüngste vor sie hin und bat sie möchte ihm einen Tag Bedenkzeit geben, auch so gnädig sein es ihm zweimal zu schenken, wenn sie ihn entdecke: misslinge es ihm zum drittenmal, so wolle er sich nichts mehr aus seinem Leben machen. Weil er so schön war und so herzlich bat, so sagte sie »ja, ich will dir das bewilligen, aber es wird dir nicht glücken.« Den folgenden Tag sann er lange nach wie er sich verstecken wollte, aber es war vergeblich. Da ergriff er seine Büchse und ging hinaus auf die Jagd. Er sah einen Raben und nahm ihn aufs Korn; eben wollte er losdrücken, da rief der Rabe »schieß nicht, ich will dirs vergelten!« Er setzte ab, ging weiter und kam an einen See, wo er einen großen Fisch überraschte, der aus der Tiefe herauf an die Oberfläche des Wassers gekommen war. Als er angelegt hatte, rief der Fisch »schieß nicht, ich will dirs vergelten!« Er ließ ihn untertauchen, ging weiter und begegnete einem Fuchs der hinkte. Er schoß und verfehlte ihn, da rief der Fuchs »komm lieber her und zieh mir den Dorn aus dem Fuß.« Er tat es zwar, wollte aber dann den Fuchs töten und ihm den Balg abziehen. Der Fuchs sprach »laß ab, ich will dirs vergelten!« Der Jüngling ließ ihn laufen, und da es Abend war, kehrte er heim. Am andern Tag sollte er sich verkriechen, aber wie er sich auch den Kopf darüber zerbrach, er wußte nicht wohin. Er ging in den Wald zu dem Raben und sprach »ich habe dich leben lassen, jetzt sage mir wohin ich mich verkriechen soll, damit mich die Königstochter nicht sieht.« Der Rabe senkte den Kopf und bedachte sich lange. Endlich schnarrte er »ich habs heraus!« Er holte ein Ei aus seinem Nest, zerlegte es in zwei Teile und schloß den Jüngling hinein: dann machte er es wieder ganz und setzte sich darauf. Als die Königstochter an das erste Fenster trat, konnte sie ihn nicht entdecken, auch nicht in den folgenden, und es fing an ihr bange zu werden, doch im elften erblickte sie ihn. Sie[[1]] ließ den Raben schießen, das Ei holen und zerbrechen, und der Jüngling mußte heraus kommen. Sie[[1]] sprach »einmal ist es dir geschenkt, wenn du es nicht besser machst, so bist du verloren.« Am folgenden Tag ging er an den See, rief den Fisch herbei und sprach »ich habe dich leben lassen, nun sage wohin soll ich mich verbergen, damit mich die Königstochter nicht sieht.« Der Fisch besann sich, endlich rief er »ich habs heraus! ich will dich in meinen[[Besitz]] Bauch verschließen.« Er verschluckte ihn und fuhr hinab auf den Grund des Sees. Die Königstochter blickte durch ihre Fenster, auch im elften sah sie ihn nicht, und war bestürzt, doch endlich im zwölften entdeckte sie ihn. Sie[[1]] ließ den Fisch fangen und töten, und der Jüngling kam zum Vorschein. Es kann sich jeder denken wie ihm zu Mut war. Sie[[1]] sprach »Zweimal ist dirs geschenkt, aber dein Haupt wird wohl auf den hundertsten Pfahl kommen.« An dem letzten Tag ging er mit schwerem Herzen aufs Feld und begegnete dem Fuchs. »Du weißt alle Schlupfwinkel zu finden,« sprach er, »ich habe dich leben lassen, jetzt rat mir wohin ich mich verstecken soll, damit mich die Königstochter nicht findet.« »Ein schweres Stück,« antwortete der Fuchs, und machte ein bedenkliches Gesicht. Endlich rief er »ich habs heraus!« Er ging mit ihm zu einer Quelle, tauchte sich hinein und kam als ein Marktkrämer und Tierhändler heraus. Der Jüngling mußte sich auch in das Wasser tauchen, und ward in ein kleines Meerhäschen verwandelt. Der Kaufmann zog in die Stadt und zeigte das artige Tierchen. Es lief viel Volk zusammen um es anzusehen. Zuletzt kam auch die Königstochter, und weil sie großen Gefallen daran hatte, kaufte sie es und gab dem Kaufmann viel Geld dafür. Bevor er es ihr hinreichte, sagte er zu ihm »wenn die Königstochter ans Fenster geht, so krieche schnell unter ihren Zopf.« Nun kam die Zeit, wo sie ihn suchen sollte. Sie[[1]] trat nach der Reihe an die Fenster vom ersten bis zum elften und sah ihn nicht. Als sie ihn auch bei dem zwölften nicht sah, war sie voll Angst und Zorn und schlug es so gewaltig zu, daß das Glas in allen Fenstern in tausend Stücke zersprang und das ganze Schloß erzitterte. Sie[[1]] ging zurück und fühlte das Meerhäschen unter ihrem Zopf, da packte sie es, warf es zu Boden und rief »fort mir aus den Augen!« Es lief zum Kaufmann und beide eilten zur Quelle, wo sie sich untertauchten und ihre wahre Gestalt zurück erhielten. Der Jüngling dankte dem Fuchs und sprach »der Rabe und der Fisch sind blitzdumm gegen dich, du weißt die rechten Pfiffe, das muß wahr sein!« Der Jüngling ging geradezu in das Schloß. Die Königstochter wartete schon auf ihn und fügte sich ihrem Schicksal. Die Hochzeit ward gefeiert und er war jetzt der König und Herr des ganzen Reichs. Er erzählte ihr niemals wohin er sich zum drittenmal versteckt und wer ihm geholfen hatte, und so glaubte sie, er habe alles aus eigener Kunst getan, und hatte Achtung vor ihm, denn sie dachte bei sich »der kann doch mehr als du!« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="192._Der_Meisterdieb" 192. Der Meisterdieb. &&ax &&lg=x &&fe Eines Tages saß vor einem ärmlichen Hause ein alter Mann mit seiner Frau, und wollten von der Arbeit ein wenig ausruhen. Da kam auf einmal ein prächtiger, mit vier Rappen bespannter Wagen herbeigefahren, aus dem ein reichgekleideter Herr stieg. Der Bauer stand auf, trat zu dem Herrn und fragte was sein Verlangen wäre und worin er ihm dienen könnte. Der Fremde reichte dem Alten die Hand und sagte »ich wünsche nichts als einmal ein ländliches Gericht zu genießen. Bereitet mir Kartoffel, wie ihr sie zu essen pflegt, dann will ich mich zu euerm Tisch setzen, und sie mit Freude verzehren.« Der Bauer lächelte und sagte »ihr seid ein Graf oder Fürst, oder gar ein Herzog, vornehme Herrn haben manchmal solch ein Gelüsten; euer Wunsch soll aber erfüllt werden.« Die Frau ging in die Küche und sie fing an Kartoffel zu waschen und zu reiben und wollte Klöße daraus bereiten, wie sie die Bauern essen. Während sie bei der Arbeit stand, sagte der Bauer zu dem Fremden »kommt einstweilen mit mir in meinen[[Besitz]] Hausgarten, wo ich noch etwas zu schaffen habe.« In dem Garten hatte er Löcher gegraben und wollte jetzt Bäume einsetzen. »Habt ihr keine Kinder,« fragte der Fremde, »die euch bei der Arbeit behilflich sein könnten?« »Nein« antwortete der Bauer; »ich habe freilich einen Sohn gehabt,« setzte er hinzu, »aber der ist schon seit langer Zeit in die weite Welt gegangen. Es war ein ungeratener Junge, klug und verschlagen, aber er wollte nichts lernen und machte lauter böse Streiche; zuletzt lief er mir fort, und seitdem habe ich nichts von ihm gehört.« Der Alte nahm ein Bäumchen, setzte es in ein Loch und stieß einen Pfahl daneben: und als er Erde hineingeschaufelt und sie festgestampft hatte, band er den Stamm unten, oben und in der Mitte mit einem Strohseil fest an den Pfahl. »Aber sagt mir,« sprach der Herr, »warum bindet ihr den krummen knorrichten Baum, der dort in der Ecke fast bis auf den Boden gebückt liegt, nicht auch an einen Pfahl, wie diesen, damit er strack wächst?« Der Alte lächelte und sagte »Herr, ihr redet wie ihrs versteht: man sieht wohl daß ihr euch mit der Gärtnerei nicht abgegeben habt. Der Baum dort ist alt und verknorzt, den kann niemand mehr gerad machen: Bäume muß man ziehen, so lange sie jung sind.« »Es ist wie bei euerm Sohn,« sagte der Fremde, »hättet ihr den gezogen, wie er noch jung war, so wäre er nicht fortgelaufen; jetzt wird er auch hart und knorzig geworden sein.« »Freilich,« antwortete der Alte, »es ist schon lange seit er fortgegangen ist; er wird sich verändert haben.« »Würdet ihr ihn noch erkennen, wenn er vor euch träte?« fragte der Fremde. »Am Gesicht schwerlich,« antwortete der Bauer, »aber er hat ein Zeichen an sich, ein Muttermal auf der Schulter, das wie eine Bohne aussieht.« Als er das gesagt hatte, zog der Fremde den Rock aus, entblößte seine Schulter und zeigte dem Bauer die Bohne. »Herr Gott,« rief der Alte, »du bist wahrhaftig mein Sohn,« und die Liebe zu seinem Kind regte sich in seinem Herzen. »Aber,« setzte er hinzu, »wie kannst du mein Sohn sein, du bist ein großer Herr geworden und lebst in Reichtum und Überfluß? auf welchem Weg bist du dazu gelangt?« »Ach, Vater,« erwiderte der Sohn, »der junge Baum war an keinen Pfahl gebunden und ist krumm gewachsen: jetzt ist er zu alt; er wird nicht wieder gerad. Wie ich das alles erworben habe? ich bin ein Dieb geworden. Aber erschreckt euch nicht, ich bin ein Meisterdieb. Für mich gibt es weder Schloß noch Riegel: wonach mich gelüstet, das ist mein. Glaubt nicht daß ich stehle wie ein gemeiner Dieb, ich nehme nur vom Überfluß der Reichen. Arme Leute sind sicher: ich gebe ihnen lieber als daß ich ihnen etwas nehme. So auch was ich ohne Mühe List und Gewandtheit haben kann, das rühre ich nicht an.« »Ach, mein Sohn,« sagte der Vater, »es gefällt mir doch nicht, ein Dieb bleibt ein Dieb; ich sage dir es nimmt kein gutes Ende.« Er führte ihn zu der Mutter, und als sie hörte daß es ihr Sohn war, weinte sie vor Freude, als er ihr aber sagte daß er ein Meisterdieb geworden wäre, so flossen ihr zwei Ströme über das Gesicht. Endlich sagte sie »wenn er auch ein Dieb geworden ist, so ist er doch mein Sohn, und meine[[Besitz]] Augen haben ihn noch einmal gesehen.« Sie[[1]] setzten sich an den Tisch, und er aß mit seinen Eltern wieder einmal die schlechte Kost, die er lange nicht gegessen hatte. Der Vater sprach »wenn unser Herr, der Graf drüben im Schlosse, erfährt wer du bist und was du treibst, so nimmt er dich nicht auf die Arme und wiegt dich darin, wie er tat, als er dich am Taufstein hielt, sondern er läßt dich am Galgenstrick schaukeln.« »Seid ohne Sorge, mein Vater, er wird mir nichts tun, denn ich verstehe mein Handwerk. Ich will heute noch selbst zu ihm gehen.« Als die Abendzeit sich näherte, setzte sich der Meisterdieb in seinen Wagen und fuhr nach dem Schloß. Der Graf empfing ihn mit Artigkeit, weil er ihn für einen vornehmen Mann hielt. Als aber der Fremde sich zu erkennen gab, so erbleichte er und schwieg eine Zeitlang ganz still. Endlich sprach er »du bist mein Pate, deshalb will ich Gnade für Recht ergehen lassen und nachsichtig mit dir verfahren. Weil du dich rühmst ein Meisterdieb zu sein, so will ich deine Kunst auf die Probe stellen wenn du aber nicht bestehst, so mußt du mit des Seilers Tochter Hochzeit halten, und das Gekrächze der Raben soll deine Musik dabei sein.« »Herr Graf,« antwortete der Meister, »denkt euch drei Stücke aus, so schwer ihr wollt, und wenn ich eure Aufgabe nicht löse, so tut mit mir wie euch gefällt.« Der Graf sann einige Augenblicke nach, dann sprach er »wohlan, zum ersten sollst du mir mein Leibpferd aus dem Stalle stehlen, zum andern sollst du mir und meiner Gemahlin, wenn wir eingeschlafen sind, das Betttuch unter dem Leib wegnehmen, ohne daß wirs merken, und dazu meiner Gemahlin den Trauring vom Finger: zum dritten und letzten sollst du mir den Pfarrer und Küster aus der Kirche wegstehlen. Merke dir alles wohl, denn es geht dir an den Hals.« Der Meister begab sich in die zunächst liegende Stadt. Dort kaufte er einer alten Bauernfrau die Kleider ab, und zog sie an. Dann färbte er sich das Gesicht braun und malte sich noch Runzeln hinein, so daß ihn kein Mensch wieder erkannt hätte. Endlich füllte er ein Fäßchen mit altem Ungarwein, in welchen ein starker Schlaftrunk gemischt war. Das Fäßchen legte er auf eine Kötze, die er auf den Rücken nahm, und ging mit bedächtigen, schwankenden Schritten zu dem Schloß des Grafen. Es war schon dunkel als er anlangte: er setzte sich in dem Hof auf einen Stein, fing an zu husten, wie eine alte brustkranke Frau und rieb die Hände, als wenn er fröre. Vor[[Präpos]] der Türe des Pferdestalls lagen Soldaten um ein Feuer: einer von ihnen bemerkte die Frau und rief ihr zu »komm näher, altes Mütterchen, und wärme dich bei uns. Du hast doch kein Nachtlager und nimmst es an, wo du es findest.« Die Alte trippelte herbei, bat ihr die Kötze vom Rücken zu heben, und setzte sich zu ihnen ans Feuer. »Was hast du da in deinem Fäßchen, du alte Schachtel?« fragte einer. »Einen guten Schluck Wein,« antwortete sie, »ich ernähre mich mit dem Handel, für Geld und gute Worte gebe ich euch gerne ein Glas.« »Nur her damit,« sagte der Soldat, und als er ein Glas gekostet hatte, rief er »wenn der Wein gut ist, so trink ich lieber ein Glas mehr,« ließ sich nochmals einschenken, und die andern folgten seinem Beispiel. »Heda, Kameraden,« rief einer denen zu, die in dem Stall saßen, »hier ist ein Mütterchen, das hat Wein, der so alt ist wie sie selber, nehmt auch einen Schluck, der wärmt euch den Magen noch besser als unser Feuer.« Die Alte trug ihr Fäßchen in den Stall. Einer hatte sich auf das gesattelte Leibpferd gesetzt, ein anderer hielt den Zaum in der Hand, ein dritter hatte den Schwanz gepackt. Sie[[1]] schenkte ein so viel verlangt ward, bis die Quelle versiegte. Nicht lange so fiel dem einen der Zaum aus der Hand, er sank nieder und fing an zu schnarchen, der andere ließ den Schwanz los, legte sich nieder und schnarchte noch lauter. Der welcher im Sattel saß, blieb zwar sitzen, bog sich aber mit dem Kopf fast bis auf den Hals des Pferdes, schlief und blies mit dem Mund wie ein Schmiedebalg. Die Soldaten draußen waren schon längst eingeschlafen, lagen auf der Erde und regten sich nicht, als wären sie von Stein. Als der Meisterdieb sah daß es ihm geglückt war, gab er dem einen statt des Zaums ein Seil in die Hand, und dem andern, der den Schwanz gehalten hatte, einen Strohwisch; aber was sollte er mit dem, der auf dem Rücken des Pferdes saß, anfangen? Herunter werfen wollte er ihn nicht, er hätte erwachen und ein Geschrei erheben können. Er wußte aber guten Rat, er schnallte die Sattelgurt auf, knüpfte ein paar Seile, die in Ringen an der Wand hingen, an den Sattel fest, und zog den schlafenden Reiter mit dem Sattel in die Höhe, dann schlug er die Seile um den Pfosten und machte sie fest. Das Pferd hatte er bald von der Kette los gebunden, aber wenn er über das steinerne Pflaster des Hofs geritten wäre, so hätte man den Lärm im Schloß gehört. Er umwickelte ihm also zuvor die Hufen mit alten Lappen, führte es dann vorsichtig hinaus, schwang sich auf und jagte davon. Als der Tag angebrochen war, sprengte der Meister auf dem gestohlenen Pferd zu dem Schloß. Der Graf war eben aufgestanden und blickte aus dem Fenster. »Guten Morgen, Herr Graf,« rief er ihm zu, »hier ist das Pferd, das ich glücklich aus dem Stall geholt habe. Schaut nur, wie schön eure Soldaten da liegen und schlafen, und wenn ihr in den Stall gehen wollt, so werdet ihr sehen, wie bequem sichs eure Wächter gemacht haben.« Der Graf mußte lachen, dann sprach er »einmal ist dirs gelungen, aber das zweitemal wirds nicht so glücklich ablaufen. Und ich warne dich, wenn du mir als Dieb begegnest, so behandle ich dich auch wie einen Dieb.« Als die Gräfin Abends zu Bette gegangen war, schloß sie die Hand mit dem Trauring fest zu, und der Graf sagte »alle Türen sind verschlossen und verriegelt, ich bleibe wach und will den Dieb erwarten; steigt er aber zum Fenster ein, so schieße ich ihn nieder.« Der Meisterdieb aber ging in der Dunkelheit hinaus zu dem Galgen, schnitt einen armen Sünder, der da hing, von dem Strick ab und trug ihn auf dem Rücken nach dem Schloß. Dort stellte er eine Leiter an das Schlafgemach, setzte den Toten auf seine Schultern und fing an hinauf zu steigen. Als er so hoch gekommen war, daß der Kopf des Toten in dem Fenster erschien, drückte der Graf, der in seinem Bett lauerte, eine Pistole auf ihn los: alsbald ließ der Meister den armen Sünder herab fallen, sprang selbst die Leiter herab, und versteckte sich in eine Ecke. Die Nacht war von dem Mond so weit erhellt, daß der Meister deutlich sehen konnte wie der Graf aus dem Fenster auf die Leiter stieg, herabkam und den Toten in den Garten trug. Dort fing er an ein Loch zu graben, in das er ihn legen wollte. »Jetzt,« dachte der Dieb, »ist der günstige Augenblick gekommen,« schlich behende aus seinem Winkel und stieg die Leiter hinauf, geradezu ins Schlafgemach der Gräfin. »Liebe Frau,« fing er mit der Stimme des Grafen an, »der Dieb ist tot, aber er ist doch mein Pate und mehr ein Schelm als ein Bösewicht gewesen: ich will ihn der öffentlichen Schande nicht preis geben; auch mit den armen Eltern habe ich Mitleid. Ich will ihn, bevor der Tag anbricht, selbst im Garten begraben, damit die Sache nicht ruchbar wird. Gib mir auch das Betttuch, so will ich die Leiche einhüllen und ihn nicht wie einen Hund verscharren.« Die Gräfin gab ihm das Tuch. »Weißt du was,« sagte der Dieb weiter, »ich habe eine Anwandlung von Großmut, gib mir noch den Ring; der Unglückliche hat sein Leben gewagt, so mag er ihn ins Grab mitnehmen.« Sie[[1]] wollte dem Grafen nicht entgegen sein, und obgleich sie es ungern tat, so zog sie doch den Ring vom Finger und reichte ihn hin. Der Dieb machte sich mit beiden Stücken fort und kam glücklich nach Haus, bevor der Graf im Garten mit seiner Totengräberarbeit fertig war. Was zog der Graf für ein langes Gesicht, als am andern Morgen der Meister kam und ihm das Betttuch und den Ring brachte. »Kannst du hexen?« sagte er zu ihm, »wer hat dich aus dem Grab geholt, in das ich selbst dich gelegt habe, und hat dich wieder lebendig gemacht?« »Mich habt ihr nicht begraben,« sagte der Dieb, »sondern den armen Sünder am Galgen« und erzählte ausführlich wie es zugegangen war; und der Graf mußte ihm zugestehen daß er ein gescheiter und listiger Dieb wäre. »Aber noch bist du nicht zu Ende,« setzte er hinzu, »du hast noch die dritte Aufgabe zu lösen, und wenn dir das nicht gelingt, so hilft dir alles nichts.« Der Meister lächelte und gab keine Antwort. Als die Nacht eingebrochen war, kam er mit einem langen Sack auf dem Rücken, einem Bündel unter dem Arm, und einer Laterne in der Hand zu der Dorfkirche gegangen. In dem Sack hatte er Krebse, in dem Bündel aber kurze Wachslichter. Er setzte sich auf den Gottesacker, holte einen Krebs heraus und klebte ihm ein Wachslichtchen auf den Rücken; dann zündete er das Lichtchen an, setzte den Krebs auf den Boden und ließ ihn kriechen. Er holte einen zweiten aus dem Sack, machte es mit diesem ebenso und fuhr fort bis auch der letzte aus dem Sacke war. Hierauf zog er ein langes schwarzes Gewand an, das wie eine Mönchskutte aussah und klebte sich einen grauen Bart an das Kinn. Als er endlich ganz unkenntlich war, nahm er den Sack, in dem die Krebse gewesen waren, ging in die Kirche und stieg auf die Kanzel. Die Turmuhr schlug eben zwölf: als der letzte Schlag verklungen war, rief er mit lauter gellender Stimme »hört an, ihr sündigen Menschen, das Ende aller Dinge ist gekommen, der jüngste Tag ist nahe: hört an, hört an. Wer mit mir in den Himmel will, der krieche in den Sack. Ich bin Petrus, der die Himmelstüre öffnet und schließt. Seht ihr draußen auf dem Gottesacker wandeln die Gestorbenen und sammeln ihre Gebeine zusammen. Kommt, kommt und kriecht in den Sack, die Welt geht unter.« Das Geschrei erschallte durch das ganze Dorf. Der Pfarrer und der Küster, die zunächst an der Kirche wohnten, hatten es zuerst vernommen, und als sie die Lichter erblickten, die auf dem Gottesacker umher wandelten, merkten sie daß etwas Ungewöhnliches vorging und traten sie in die Kirche ein. Sie[[1]] hörten der Predigt eine Weile zu, da stieß der Küster den Pfarrer an und sprach »es wäre nicht übel, wenn wir die Gelegenheit benutzten und zusammen vor dem Einbruch des jüngsten Tags auf eine leichte Art in den Himmel kämen.« »Freilich,« erwiderte der Pfarrer, »das sind auch meine[[Besitz]] Gedanken gewesen; habt ihr Lust, so wollen wir uns auf den Weg machen.« »Ja,« antwortete der Küster, »aber ihr, Herr Pfarrer, habt den Vortritt, ich folge nach.« Der Pfarrer schritt also vor und stieg auf die Kanzel, wo der Meister den Sack öffnete. Der Pfarrer kroch zuerst hinein, dann der Küster. Gleich band der Meister den Sack fest zu, packte ihn am Bausch und schleifte ihn die Kanzeltreppe hinab: so oft die Köpfe der beiden Toren auf die Stufen aufschlugen, rief er »jetzt gehts schon über die Berge.« Dann zog er sie auf gleiche Weise durch das Dorf, und wenn sie durch Pfützen kamen, rief er »jetzt gehts schon durch die nassen Wolken,« und als er sie endlich die Schloßtreppe hinaufzog, so rief er »jetzt sind wir auf der Himmelstreppe und werden bald im Vorhof sein.« Als er oben angelangt war, schob er den Sack in den Taubenschlag, und als die Tauben flatterten, sagte er »hört ihr wie die Engel sich freuen und mit den Fittichen schlagen.« Dann schob er den Riegel vor und ging fort. Am andern Morgen begab er sich zu dem Grafen, und sagte ihm daß er auch die dritte Aufgabe gelöst und den Pfarrer und Küster aus der Kirche weggeführt hätte. »Wo hast du sie gelassen?« fragte der Herr. »Sie[[1]] liegen in einem Sack oben auf dem Taubenschlag und bilden sich ein sie wären im Himmel.« Der Graf stieg selbst hinauf und überzeugte sich daß er die Wahrheit gesagt hatte. Als er den Pfarrer und Küster aus dem Gefängnis befreit hatte, sprach er »du bist ein Erzdieb, und hast deine Sache gewonnen. Für diesmal kommst du mit heiler Haut davon, aber mache daß du aus meinem Land fortkommst, denn wenn du dich wieder darin betreten läßt, so kannst du auf deine Erhöhung am Galgen rechnen.« Der Erzdieb nahm Abschied von seinen Eltern, ging wieder in die weite Welt, und niemand hat wieder etwas von ihm gehört. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="193._Der_Trommler" 193. Der Trommler. &&ax &&lg=x &&fe Eines Abends ging ein junger Trommler ganz allein auf dem Feld und kam an einen See, da sah er an dem Ufer drei Stückchen weiße Leinewand liegen. »Was für feines Leinen« sprach er, und steckte eins davon in die Tasche. Er ging heim, dachte nicht weiter an seinen Fund und legte sich zu Bett. Als er eben einschlafen wollte, war es ihm als nennte jemand seinen Namen. Er horchte und vernahm eine leise Stimme, die ihm zurief »Trommeler, Trommeler, wach auf.« Er konnte, da es finstere Nacht war, niemand sehen, aber es kam ihm vor als schwebte eine Gestalt vor seinem Bett auf und ab. »Was willst du?« fragte er. »Gib mir mein Hemdchen zurück,« antwortete die Stimme, »das du mir gestern Abend am See weggenommen hast.« »Du sollst es wieder haben,« sprach der Trommler, »wenn du mir sagst wer du bist.« »Ach,« erwiderte die Stimme, »ich bin die Tochter eines mächtigen Königs, aber ich bin in die Gewalt einer Hexe geraten, und bin auf den Glasberg gebannt. Jeden Tag muß ich mich mit meinen[[Besitz]] zwei Schwestern im See baden, aber ohne mein Hemdchen kann ich nicht wieder fort fliegen. Meine[[Besitz]] Schwestern haben sich fort gemacht, ich aber habe zurück bleiben müssen. Ich bitte dich gib mir mein Hemdchen wieder.« »Sei ruhig, armes Kind,« sprach der Trommler, »ich will dirs gerne zurückgeben.« Er holte es aus seiner Tasche, und reichte es ihr in der Dunkelheit hin. Sie[[1]] erfaßte es hastig, und wollte damit fort. »Weile einen Augenblick,« sagte er »vielleicht kann ich dir helfen.« »Helfen kannst du mir nur, wenn du auf den Glasberg steigst und mich aus der Gewalt der Hexe befreist. Aber zu dem Glasberg kommst du nicht, und wenn du auch ganz nahe daran wärst, so kannst du nicht hinauf.« »Was ich will, das kann ich,« sagte der Trommler, »ich habe Mitleid mit dir und ich fürchte mich vor nichts. Aber ich weiß den Weg nicht, der nach dem Glasberge führt.« »Der Weg geht durch den großen Wald, in dem die Menschenfresser hausen,« antwortete sie, »mehr darf ich dir nicht sagen.« Darauf hörte er wie sie fortschwirrte. Bei Anbruch des Tags machte sich der Trommler auf, hing seine Trommel um und ging ohne Furcht geradezu in den Wald hinein. Als er ein Weilchen gegangen war und keinen Riesen erblickte, so dachte er »ich muß die Langeschläfer aufwecken,« hing die Trommel vor und schlug einen Wirbel, daß die Vögel aus den Bäumen mit Geschrei aufflogen. Nicht lange so erhob sich auch ein Riese in die Höhe, der im Gras gelegen und geschlafen hatte, und war so groß wie eine Tanne. »Du Wicht,« rief er ihm zu, »was trommelst du hier und weckst mich aus dem besten Schlaf?« »Ich trommle,« antwortete er, »weil viele tausende hinter mir herkommen, damit sie den Weg wissen.« »Was wollen die hier in meinem Wald?« fragte der Riese. »Sie[[1]] wollen dir den Garaus machen und den Wald von einem Ungetüm, wie du bist, säubern.« »Oho,« sagte der Riese, »ich trete euch wie Ameisen tot.« »Meinst du, du könntest gegen sie etwas ausrichten?« sprach der Trommler, »wenn du dich bückst, um einen zu packen, so springt er fort und versteckt sich: wie du dich aber niederlegst und schläfst, so kommen sie aus allen Gebüschen herbei, und kriechen an dir hinauf. Jeder hat einen Hammer von Stahl am Gürtel stecken, damit schlagen sie dir den Schädel ein.« Der Riese ward verdrießlich und dachte »wenn ich mich mit dem listigen Volk befasse, so könnte es doch zu meinem Schaden ausschlagen. Wölfen und Bären drücke ich die Gurgel zusammen, aber vor den Erdwürmen kann ich mich nicht schützen.« »Hör, kleiner Kerl,« sprach er, »zieh wieder ab, ich verspreche dir, daß ich dich und deine Gesellen in Zukunft in Ruhe lassen will, und hast du noch einen Wunsch, so sags mir, ich will dir wohl etwas zu Gefallen tun.« »Du hast lange Beine,« sprach der Trommler, »und kannst schneller laufen als ich, trag mich zum Glasberge, so will ich den Meinigen ein Zeichen zum Rückzug geben, und sie sollen dich diesmal in Ruhe lassen.« »Komm her, Wurm,« sprach der Riese, »setz dich auf meine[[Besitz]] Schulter, ich will dich tragen wohin du verlangst.« Der Riese hob ihn hinauf, und der Trommler fing oben an nach Herzenslust auf der Trommel zu wirbeln. Der Riese dachte »das wird das Zeichen sein, daß das andere Volk zurückgehen soll.« Nach einer Weile stand ein zweiter Riese am Weg, der nahm den Trommler dem ersten ab und steckte ihn in sein Knopfloch. Der Trommler faßte den Knopf, der wie eine Schüssel groß war, hielt sich daran und schaute ganz lustig umher. Dann kamen sie zu einem dritten, der nahm ihn aus dem Knopfloch und setzte ihn auf den Rand seines Hutes; da ging der Trommler oben auf und ab und sah über die Bäume hinaus, und als er in blauer Ferne einen Berg erblickte, so dachte er »das ist gewiss der Glasberg,« und er war es auch. Der Riese tat nur noch ein paar Schritte, so waren sie an dem Fuß des Bergs angelangt, wo ihn der Riese absetzte. Der Trommler verlangte er sollte ihn auch auf die Spitze des Glasberges tragen, aber der Riese schüttelte mit dem Kopf, brummte etwas in den Bart und ging in den Wald zurück. Nun stand der arme Trommler vor dem Berg, der so hoch war, als wenn drei Berge aufeinander gesetzt wären, und dabei so glatt wie ein Spiegel, und wußte keinen Rat um hinauf zu kommen. Er fing an zu klettern, aber vergeblich, er rutschte immer wieder herab. »Wer jetzt ein Vogel wäre« dachte er, aber was half das Wünschen, es wuchsen ihm keine Flügel. Indem er so stand, und sich nicht zu helfen wußte, erblickte er nicht weit von sich zwei Männer, die heftig miteinander stritten. Er ging auf sie zu und sah daß sie wegen eines Sattels uneins waren, der vor ihnen auf der Erde lag und den jeder von ihnen haben wollte. »Was seid ihr für Narren,« sprach er, »zankt euch um einen Sattel und habt kein Pferd dazu.« »Der Sattel ist wert daß man darum streitet,« antwortete der eine von den Männern, »wer darauf sitzt und wünscht sich irgend wohin, und wärs am Ende der Welt, der ist im Augenblick angelangt, wie er den Wunsch ausgesprochen hat. Der Sattel gehört uns gemeinschaftlich, die Reihe darauf zu reiten ist an mir, aber der andere will es nicht zulassen.« »Den Streit will ich bald austragen,« sagte der Trommler, ging eine Strecke weit und steckte einen weißen Stab in die Erde. Dann kam er zurück und sprach »jetzt lauft nach dem Ziel, wer zuerst dort ist, der reitet zuerst.« Beide setzten sich in Trab, aber kaum waren sie ein paar Schritte weg, so schwang sich der Trommler auf den Sattel, wünschte sich auf den Glasberg, und ehe man die Hand umdrehte, war er dort. Auf dem Berg oben war eine Ebne, da stand ein altes steinernes Haus, und vor dem Haus lag ein großer Fischteich, dahinter aber ein finsterer Wald. Menschen und Tiere sah er nicht, es war alles still, nur der Wind raschelte in den Bäumen, und die Wolken zogen ganz nah über seinem Haupt weg. Er trat an die Türe und klopfte an. Als er zum drittenmal geklopft hatte, öffnete eine Alte mit braunem Gesicht und roten Augen die Türe; sie hatte eine Brille auf ihrer langen Nase und sah ihn scharf an, dann fragte sie was sein Begehren wäre. »Einlaß, Kost und Nachtlager« antwortete der Trommler. »Das sollst du haben,« sagte die Alte, »wenn du dafür drei Arbeiten verrichten willst.« »Warum nicht?« antwortete er, »ich scheue keine Arbeit, und wenn sie noch so schwer ist.« Die Alte ließ ihn ein, gab ihm Essen und Abends ein gutes Bett. Am Morgen als er ausgeschlafen hatte, nahm die Alte einen Fingerhut von ihrem dürren Finger, reichte ihn dem Trommler hin, und sagte »jetzt geh an die Arbeit und schöpfe den Teich draußen mit diesem Fingerhut aus: aber ehe es Nacht wird mußt du fertig sein, und alle Fische, die in dem Wasser sind, müssen nach ihrer Art und Größe ausgesucht und nebeneinander gelegt sein.« »Das ist eine seltsame Arbeit,« sagte der Trommler, ging aber zu dem Teich und fing an zu schöpfen. Er schöpfte den ganzen Morgen, aber was kann man mit einem Fingerhut bei einem großen Wasser ausrichten, und wenn man tausend Jahre schöpft? Als es Mittag war, dachte er »es ist alles umsonst, und ist einerlei ob ich arbeite oder nicht,« hielt ein, und setzte sich nieder. Da kam ein Mädchen aus dem Haus gegangen, stellte ihm ein Körbchen mit Essen hin, und sprach »du sitzest da so traurig, was fehlt dir?« Er blickte es an und sah daß es wunderschön war. »Ach,« sagte er, »ich kann die erste Arbeit nicht vollbringen, wie wird es mit den andern werden? Ich bin ausgegangen eine Königstochter zu suchen, die hier wohnen soll, aber ich habe sie nicht gefunden; ich will weiter gehen.« »Bleib hier,« sagte das Mädchen, »ich will dir aus deiner Not helfen. Du bist müde, lege deinen Kopf in meinen[[Besitz]] Schoß und schlaf. Wenn du wieder aufwachst, so ist die Arbeit getan.« Der Trommler ließ sich das nicht zweimal sagen. Sobald ihm die Augen zufielen, drehte sie einen Wunschring und sprach »Wasser herauf, Fische heraus.« Alsbald stieg das Wasser wie ein weißer Nebel in die Höhe und zog mit den andern Wolken fort, und die Fische schnalzten, sprangen ans Ufer, und legten sich nebeneinander, jeder nach seiner Größe und Art. Als der Trommler erwachte, sah er mit Erstaunen daß alles vollbracht war. Aber das Mädchen sprach »einer von den Fischen liegt nicht bei seinesgleichen, sondern ganz allein. Wenn die Alte heute Abend kommt, und sieht daß alles geschehen ist, was sie verlangt hat, so wird sie fragen »was soll dieser Fisch allein?« Dann wirf ihr den Fisch ins Angesicht und sprich »der soll für dich sein, alte Hexe.« Abends kam die Alte, und als sie die Frage getan hatte, so warf er ihr den Fisch ins Gesicht. Sie[[1]] stellte sich als merkte sie es nicht und schwieg still, aber sie blickte ihn mit boshaften Augen an. Am andern Morgen sprach sie »gestern hast du es zu leicht gehabt, ich muß dir schwerere Arbeit geben. Heute mußt du den ganzen Wald umhauen, das Holz in Scheite spalten und in Klaftern legen, und am Abend muß alles fertig sein.« Sie[[1]] gab ihm eine Axt, einen Schläger und zwei Keile. Aber die Axt war von Blei, der Schläger und die Keile waren von Blech. Als er anfing zu hauen, so legte sich die Axt um, und Schläger und Keile drückten sich zusammen. Er wußte sich nicht zu helfen, aber Mittags kam das Mädchen wieder mit dem Essen und tröstete ihn. »Lege deinen Kopf in meinen[[Besitz]] Schoß,« sagte sie, »und schlaf, wenn du aufwachst, so ist die Arbeit getan.« Sie[[1]] drehte ihren Wunschring, in dem Augenblick sank der ganze Wald mit Krachen zusammen, das Holz spaltete sich von selbst, und legte sich in Klaftern zusammen; es war als ob unsichtbare Riesen die Arbeit vollbrächten. Als er aufwachte, sagte das Mädchen »siehst du das Holz ist geklaftert und gelegt: nur ein einziger Ast ist übrig, aber wenn die Alte heute Abend kommt und fragt was der Ast solle, so gib ihr damit einen Schlag und sprich »der soll für dich sein, du Hexe.« Die Alte kam, »siehst du,« sprach sie, »wie leicht die Arbeit war: aber für wen liegt der Ast noch da?« »Für dich, du Hexe« antwortete er und gab ihr einen Schlag damit. Aber sie tat als fühlte sie es nicht, lachte höhnisch und sprach »Morgen früh sollst du alles Holz auf einen Haufen legen, es anzünden und verbrennen.« Er stand mit Anbruch des Tages auf und fing an das Holz herbei zu holen, aber wie kann ein einziger Mensch einen ganzen Wald zusammen tragen? die Arbeit rückte nicht fort. Doch das Mädchen verließ ihn nicht in der Not: es brachte ihm Mittags seine Speise, und als er gegessen hatte, legte er seinen Kopf in den Schoß und schlief ein. Bei seinem Erwachen brannte der ganze Holzstoß in einer ungeheuern Flamme, die ihre Zungen bis in den Himmel ausstreckte. »Hör mich an,« sprach das Mädchen, »wenn die Hexe kommt, wird sie dir allerlei auftragen: tust du ohne Furcht was sie verlangt, so kann sie dir nichts anhaben: fürchtest du dich aber, so packt dich das Feuer und verzehrt dich. Zuletzt, wenn du alles getan hast, so packe sie mit beiden Händen, und wirf sie mitten in die Glut.« Das Mädchen ging fort, und die Alte kam herangeschlichen, »hu! mich friert,« sagte sie, »aber das ist ein Feuer, das brennt, das wärmt mir die alten Knochen, da wird mir wohl. Aber dort liegt ein Klotz, der will nicht brennen, den hol mir heraus. Hast[[Besitz]] du das noch getan, so bist du frei, und kannst ziehen wohin du willst. Nur munter hinein.« Der Trommler besann sich nicht lange, sprang mitten in die Flammen, aber sie taten ihm nichts, nicht einmal die Haare konnten sie ihm versengen. Er trug den Klotz heraus und legte ihn hin. Kaum aber hatte das Holz die Erde berührt, so verwandelte es sich, und das schöne Mädchen stand vor ihm, das ihm in der Not geholfen hatte: und an den seidenen goldglänzenden Kleidern, die es anhatte, merkte er wohl daß es die Königstochter war. Aber die Alte lachte giftig und sprach »du meinst du hättest sie, aber du hast sie noch nicht.« Eben wollte sie auf das Mädchen losgehen, und es fortziehen, da packte er die Alte mit beiden Händen, hob sie in die Höhe, und warf sie den Flammen in den Rachen, die über ihr zusammenschlugen, als freuten sie sich daß sie eine Hexe verzehren sollten. Die Königstochter blickte darauf den Trommler an, und als sie sah daß es ein schöner Jüngling war und bedachte daß er sein Leben daran gesetzt hatte, um sie zu erlösen, so reichte sie ihm die Hand und sprach »du hast alles für mich gewagt, aber ich will auch für dich alles tun. Versprichst du mir deine Treue, so sollst du mein Gemahl werden. An Reichtümern fehlt es uns nicht, wir haben genug an dem, was die Hexe hier zusammen getragen hat.« Sie[[1]] führte ihn in das Haus, da standen Kisten und Kasten, die mit ihren Schätzen angefüllt waren. Sie[[1]] ließen Gold und Silber liegen und nahmen nur die Edelsteine. Sie[[1]] wollte nicht länger auf dem Glasberg bleiben, da sprach er zu ihr »setze dich zu mir auf meinen[[Besitz]] Sattel, so fliegen wir hinab wie Vögel.« »Der alte Sattel gefällt mir nicht,« sagte sie, »ich brauche nur an meinem Wunschring zu drehen, so sind wir zu Haus.« »Wohlan,« antwortete der Trommler, »so wünsch uns vor das Stadttor.« Im Nu waren sie dort, der Trommler aber sprach »ich will erst zu meinen[[Besitz]] Eltern gehen und ihnen Nachricht geben, harre mein hier auf dem Feld, ich will bald zurück sein.« »Ach,« sagte die Königstochter, »ich bitte dich, nimm dich in Acht, küsse deine Eltern bei deiner Ankunft nicht auf die rechte Wange, denn sonst wirst du alles vergessen, und ich bleibe hier allein und verlassen auf dem Feld zurück.« »Wie kann ich dich vergessen?« sagte er und versprach ihr in die Hand recht bald wieder zu kommen. Als er in sein väterliches Haus trat, wußte niemand wer er war, so hatte er sich verändert, denn die drei Tage, die er auf dem Glasberg zugebracht hatte, waren drei lange Jahre gewesen. Da gab er sich zu erkennen, und seine Eltern fielen ihm vor Freude um den Hals, und er war so bewegt in seinem Herzen, daß er sie auf beide Wangen küßte und an die Worte des Mädchens nicht dachte. Wie er ihnen aber den Kuß auf die rechte Wange gegeben hatte, verschwand ihm jeder Gedanke an die Königstochter. Er leerte seine Taschen aus und legte Händevoll der größten Edelsteine auf den Tisch. Die Eltern wußten gar nicht was sie mit dem Reichtum anfangen sollten. Da baute der Vater ein prächtiges Schloß, von Gärten, Wäldern und Wiesen umgeben, als wenn ein Fürst darin wohnen sollte. Und als es fertig war, sagte die Mutter »ich habe ein Mädchen für dich ausgesucht, in drei Tagen soll die Hochzeit sein.« Der Sohn war mit allem zufrieden, was die Eltern wollten. Die arme Königstochter hatte lange vor der Stadt gestanden und auf die Rückkehr des Jünglings gewartet. Als es Abend ward, sprach sie »gewiss hat er seine Eltern auf die rechte Wange geküßt, und hat mich vergessen.« Ihr Herz war voll Trauer, sie wünschte sich in ein einsames Waldhäuschen und wollte nicht wieder an den Hof ihres Vaters zurück. Jeden Abend ging sie in die Stadt, und ging an seinem Haus vorüber: er sah sie manchmal, aber er kannte sie nicht mehr. Endlich hörte sie wie die Leute sagten »morgen wird seine Hochzeit gefeiert.« Da sprach sie »ich will versuchen ob ich sein Herz wieder gewinne.« Als der erste Hochzeitstag gefeiert ward, da drehte sie ihren Wunschring und sprach »ein Kleid so glänzend wie die Sonne.« Alsbald lag das Kleid vor ihr und war so glänzend, als wenn es aus lauter Sonnenstrahlen gewebt wäre. Als alle Gäste sich versammelt hatten, so trat sie in den Saal. Jedermann wunderte sich über das schöne Kleid, am meisten die Braut, und da schöne Kleider ihre größte Lust waren, so ging sie zu der Fremden und fragte ob sie es ihr verkaufen wollte. »Für Geld nicht,« antwortete sie, »aber wenn ich die erste Nacht vor der Türe verweilen darf, wo der Bräutigam schläft, so will ich es hingeben.« Die Braut konnte ihr Verlangen nicht bezwingen und willigte ein, aber sie mischte dem Bräutigam einen Schlaftrunk in seinen Nachtwein, wovon er in tiefen Schlaf verfiel. Als nun alles still geworden war, so kauerte sich die Königstochter vor die Türe der Schlafkammer, öffnete sie ein wenig und rief hinein »Trommler, Trommler, hör mich an, hast du mich denn ganz vergessen? hast du auf dem Glasberg nicht bei mir gesessen? habe ich vor der Hexe nicht bewahrt dein Leben? hast du mir auf Treue nicht die Hand gegeben? Trommler, Trommler, hör mich an.« Aber es war alles vergeblich, der Trommler wachte nicht auf, und als der Morgen anbrach, mußte die Königstochter unverrichteter Dinge wieder fortgehen. Am zweiten Abend drehte sie ihren Wunschring und sprach »ein Kleid so silbern als der Mond.« Als sie mit dem Kleid, das so zart war, wie der Mondschein, bei dem Fest erschien, erregte sie wieder das Verlangen der Braut und gab es ihr für die Erlaubnis auch die zweite Nacht vor der Türe der Schlafkammer zubringen zu dürfen. Da rief sie in nächtlicher Stille »Trommler, Trommler, hör mich an, hast du mich denn ganz vergessen? hast du auf dem Glasberg nicht bei mir gesessen? habe ich vor der Hexe nicht bewahrt dein Leben? hast du mir auf Treue nicht die Hand gegeben? Trommler, Trommler, hör mich an.« Aber der Trommler, von dem Schlaftrunk betäubt, war nicht zu erwecken. Traurig ging sie den Morgen wieder zurück in ihr Waldhaus. Aber die Leute im Haus hatten die Klage des fremden Mädchens gehört und erzählten dem Bräutigam davon: sie sagten ihm auch daß es ihm nicht möglich gewesen wäre etwas davon zu vernehmen, weil sie ihm einen Schlaftrunk in den Wein geschüttet hätten. Am dritten Abend drehte die Königstochter den Wunschring und sprach »ein Kleid flimmernd wie Sterne.« Als sie sich darin auf dem Fest zeigte, war die Braut über die Pracht des Kleides, das die andern weit übertraf, ganz außer sich und sprach »ich soll und muß es haben.« Das Mädchen gab es, wie die andern, für die Erlaubnis die Nacht vor der Türe des Bräutigams zuzubringen. Der Bräutigam aber trank den Wein nicht, der ihm vor dem Schlafengehen gereicht wurde, sondern goß ihn hinter das Bett. Und als alles im Haus still geworden war, so hörte er eine sanfte Stimme, die ihn anrief »Trommler, Trommler, hör mich an, hast du mich denn ganz vergessen? hast du auf dem Glasberg nicht bei mir gesessen? habe ich vor der Hexe nicht bewahrt dein Leben? hast du mir auf Treue nicht die Hand gegeben? Trommler, Trommler, hör mich an.« Plötzlich kam ihm das Gedächtnis wieder. »Ach,« rief er, »wie habe ich so treulos handeln können, aber der Kuß, den ich meinen[[Besitz]] Eltern in der Freude meines Herzens auf die rechte Wange gegeben habe, der ist Schuld daran, der hat mich betäubt.« Er sprang auf, nahm die Königstochter bei der Hand und führte sie zu dem Bett seiner Eltern. »Das ist meine[[Besitz]] rechte Braut,« sprach er, »wenn ich die andere heirate, so tue ich großes Unrecht.« Die Eltern, als sie hörten wie alles sich zugetragen hatte, willigten ein. Da wurden die Lichter im Saal wieder angezündet, Pauken und Trompeten herbei geholt, die Freunde und Verwandten eingeladen wieder zu kommen, und die wahre Hochzeit ward mit großer Freude gefeiert. Die erste Braut behielt die schönen Kleider zur Entschädigung und gab sich zufrieden. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="194._Die_Kornähre" 194. Die Kornähre. &&ax &&lg=x &&fe Vorzeiten, als Gott noch selbst auf Erden wandelte, da war die Fruchtbarkeit des Bodens viel größer als sie jetzt ist: damals trugen die Ähren nicht funfzig- oder sechzigfältig, sondern vier- bis fünfhundertfältig. Da wuchsen die Körner am Halm von unten bis oben hinauf: so lang er war, so lang war auch die Ähre. Aber wie die Menschen sind, im Überfluß achten sie des Segens nicht mehr, der von Gott kommt, werden gleichgültig und leichtsinnig. Eines Tages ging eine Frau an einem Kornfeld vorbei, und ihr kleines Kind, das neben ihr sprang, fiel in eine Pfütze und beschmutzte sein Kleidchen. Da riß die Mutter eine Hand voll der schönen Ähren ab und reinigte ihm damit das Kleid. Als der Herr, der eben vorüberkam, das sah, zürnte er und sprach »fortan soll der Kornhalm keine Ähre mehr tragen: die Menschen sind der himmlischen Gabe nicht länger wert.« Die Umstehenden, die das hörten, erschraken, fielen auf die Knie und flehten, daß er noch etwas möchte an dem Halm stehen lassen: wenn sie selbst es auch nicht verdienten, doch der unschuldigen Hühner wegen, die sonst verhungern müßten. Der Herr, der ihr Elend voraus sah, erbarmte sich und gewährte die Bitte. Also blieb noch oben die Ähre übrig, wie sie jetzt wächst. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="195._Der_Grabhügel" 195. Der Grabhügel. &&ax &&lg=x &&fe Ein reicher Bauer stand eines Tags in seinem Hof und schaute nach seinen Feldern und Gärten: das Korn wuchs kräftig heran und die Obstbäume hingen voll Früchte. Das Getreide des vorigen Jahrs lag noch in so mächtigen Haufen auf dem Boden, daß es kaum die Balken tragen konnten. Dann ging er in den Stall, da standen die gemästeten Ochsen, die fetten Kühe und die spiegelglatten Pferde. Endlich ging er in seine Stube zurück und warf seine Blicke auf die eisernen Kasten, in welchen sein Geld lag. Als er so stand, und seinen Reichtum übersah, klopfte es auf einmal heftig bei ihm an. Es klopfte aber nicht an die Türe seiner Stube, sondern an die Türe seines Herzens. Sie[[1]] tat sich auf und er hörte eine Stimme, die zu ihm sprach »hast du den Deinigen damit wohl getan? hast du die Not der Armen angesehen? hast du mit den Hungrigen dein Brot geteilt? war dir genug was du besaßest oder hast du noch immer mehr verlangt?« Das Herz zögerte nicht mit der Antwort »ich bin hart und unerbittlich gewesen und habe den Meinigen niemals etwas Gutes erzeigt. Ist ein Armer gekommen, so habe ich mein Auge weg gewendet. Ich habe mich um Gott nicht bekümmert, sondern nur an die Mehrung meines Reichtums gedacht. Wäre alles mein eigen gewesen, was der Himmel bedeckte, dennoch hätte ich nicht genug gehabt.« Als er diese Antwort vernahm, erschrak er heftig: die Knie fingen an ihm zu zittern und er mußte sich niedersetzen. Da klopfte es abermals an, aber es klopfte an die Türe seiner Stube. Es war sein Nachbar, ein armer Mann, der ein Häufchen Kinder hatte, die er nicht mehr sättigen konnte. »Ich weiß,« dachte der Arme, »mein Nachbar ist reich, aber er ist ebenso hart: ich glaube nicht daß er mir hilft, aber meine[[Besitz]] Kinder schreien nach Brot, da will ich es wagen.« Er sprach zu dem Reichen »Ihr gebt nicht leicht etwas von dem eurigen weg, aber ich stehe da wie einer, dem das Wasser bis an den Kopf geht: meine[[Besitz]] Kinder hungern, leiht mir vier Malter Korn.« Der Reiche sah ihn lange an, da begann der erste Sonnenstrahl der Milde einen Tropfen von dem Eis der Habsucht abzuschmelzen. »Vier Malter will ich dir nicht leihen,« antwortete er, »sondern achte will ich dir schenken, aber eine Bedingung mußt du erfüllen.« »Was soll ich tun?« sprach der Arme. »Wenn ich tot bin, sollst du drei Nächte an meinem Grabe wachen.« Dem Bauer ward bei dem Antrag unheimlich zu Mut, doch in der Not, in der er sich befand, hätte er alles bewilligt: er sagte also zu und trug das Korn heim. Es war, als hätte der Reiche vorausgesehen was geschehen würde, nach drei Tagen fiel er plötzlich tot zur Erde; man wußte nicht recht wie es zugegangen war, aber niemand trauerte um ihn. Als er bestattet war, fiel dem Armen sein Versprechen ein: gerne wäre er davon entbunden gewesen, aber er dachte »er hat sich gegen dich doch mildtätig erwiesen, du hast mit seinem Korn deine hungrigen Kinder gesättigt, und wäre das auch nicht, du hast einmal das Versprechen gegeben und mußt du es halten.« Bei einbrechender Nacht ging er auf den Kirchhof und setzte sich auf den Grabhügel. Es war alles still, nur der Mond schien über die Grabhügel und manchmal flog eine Eule vorbei und ließ ihre kläglichen Töne hören. Als die Sonne aufging, begab sich der Arme ungefährdet heim, und ebenso ging die zweite Nacht ruhig vorüber. Den Abend des dritten Tages empfand er eine besondere Angst, es war ihm als stände noch etwas bevor. Als er hinaus kam, erblickte er an der Mauer des Kirchhofs einen Mann, den er noch nie gesehen hatte. Er war nicht mehr jung, hatte Narben im Gesicht und seine Augen blickten scharf und feurig umher. Er war ganz von einem alten Mantel bedeckt und nur große Reiterstiefeln waren sichtbar. »Was sucht ihr hier?« redete ihn der Bauer an, »gruselt euch nicht auf dem einsamen Kirchhof?« »Ich suche nichts,« antwortete er, »aber ich fürchte auch nichts. Ich bin wie der Junge, der ausging das Gruseln zu lernen, und sich vergeblich bemühte, der aber bekam die Königstochter zur Frau und mit ihr große Reichtümer, und ich bin immer arm geblieben. Ich bin nichts als ein abgedankter Soldat und will hier die Nacht zubringen, weil ich sonst kein Obdach habe.« »Wenn ihr keine Furcht habt,« sprach der Bauer, »so bleibt bei mir und helft mir dort den Grabhügel bewachen.« »Wacht halten ist Sache des Soldaten« antwortete er, »was uns hier begegnet, Gutes oder Böses, das wollen wir gemeinschaftlich tragen.« Der Bauer schlug ein und sie setzten sich zusammen auf das Grab. Alles blieb still bis Mitternacht, da ertönte auf einmal ein schneidendes Pfeifen in der Luft, und die beiden Wächter erblickten den Bösen, der leibhaftig vor ihnen stand. »Fort, ihr Halunken,« rief er ihnen zu, »der in dem Grab liegt, ist mein: ich will ihn holen, und wo ihr nicht weg geht, dreh ich euch die Hälse um.« »Herr mit der roten Feder,« sprach der Soldat, »ihr seid mein Hauptmann nicht, ich brauch euch nicht zu gehorchen, und das Fürchten hab ich noch nicht gelernt. Geht eurer Wege, wir bleiben hier sitzen.« Der Teufel dachte »mit Gold fängst du die zwei Haderlumpen am besten,« zog gelindere Saiten auf und fragte ganz zutraulich ob sie nicht einen Beutel mit Gold annehmen und damit heim gehen wollten. »Das läßt sich hören,« antwortete der Soldat, »aber mit Einem Beutel voll Gold ist uns nicht gedient: wenn ihr so viel Gold geben wollt als da in einen von meinen[[Besitz]] Stiefeln geht, so wollen wir Euch das Feld räumen und abziehen.« »So viel habe ich nicht bei mir,« sagte der Teufel, »aber ich will es holen: in der benachbarten Stadt wohnt ein Wechsler, der mein guter Freund ist, der streckt mir gerne so viel vor.« Als der Teufel verschwunden war, zog der Soldat seinen linken Stiefel aus und sprach »dem Kohlenbrenner wollen wir schon eine Nase drehen: gebt mir nur euer Messer, Gevatter.« Er schnitt von dem Stiefel die Sohle ab und stellte ihn neben den Hügel in das hohe Gras an den Rand einer halb überwachsenen Grube. »So ist alles gut« sprach er, »nun kann der Schornsteinfeger kommen.« Beide setzten sich und warteten, es dauerte nicht lange, so kam der Teufel und hatte ein Säckchen Gold in der Hand. »Schüttet es nur hinein,« sprach der Soldat und hob den Stiefel ein wenig in die Höhe, »das wird aber nicht genug sein.« Der Schwarze leerte das Säckchen, das Gold fiel durch und der Stiefel blieb leer. »Dummer Teufel,« rief der Soldat, »es schickt nicht: habe ich es nicht gleich gesagt? kehrt nur wieder um und holt mehr.« Der Teufel schüttelte den Kopf, ging und kam nach einer Stunde mit einem viel größeren Sack unter dem Arm. »Nur eingefüllt,« rief der Soldat, »aber ich zweifle, daß der Stiefel voll wird.« Das Gold klingelte als es hinab fiel, und der Stiefel blieb leer. Der Teufel blickte mit seinen glühenden Augen selbst hinein und überzeugte sich von der Wahrheit. »Ihr habt unverschämt starke Waden« rief er und verzog den Mund. »Meint ihr,« erwiderte der Soldat, »ich hätte einen Pferdefuß wie ihr? seit wann seid ihr so knauserig? macht daß ihr mehr Gold herbeischafft, sonst wird aus unserm Handel nichts.« Der Unhold trollte sich abermals fort. Diesmal blieb er länger aus, und als er endlich erschien, keuchte er unter der Last eines Sackes, der auf seiner Schulter lag. Er schüttete ihn in den Stiefel, der sich aber so wenig füllte als vorher. Er ward wütend und wollte dem Soldat den Stiefel aus der Hand reißen, aber in dem Augenblick drang der erste Strahl der aufgehenden Sonne am Himmel herauf und der böse Geist entfloh mit lautem Geschrei. Die arme Seele war gerettet. Der Bauer wollte das Gold teilen, aber der Soldat sprach »gib den Armen was mir zufällt: ich ziehe zu dir in deine Hütte und wir wollen mit dem übrigen in Ruhe und Frieden zusammen leben, so lange es Gott gefällt«. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="196._Oll_Rinkrank" 196. &&wt0 {{Oll Rinkrank.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Dar war mal 'n König wän, un de har 'n Dochter hat: un de har 'n glasen Barg maken laten, un har segt de dar över lopen kun, an to vallen, de schull sin Dochter to 'n Fro hebben. Do is dar ok en, de mag de Königs¬dochter so gärn liden, de vragt den König of he sin Dochter nich hebben schal? »Ja,« segt de König, »wenn he dar över den Barg lopen kan, an dat he valt, den schal he är hebben.« Do segt de Königs¬dochter den wil se dar mit hüm över lopen un wil hüm hollen, wen he war vallen schul. Do lopt se dar mit 'nanner över, un as se dar miden up sünt, do glit de Königs¬dochter ut un valt, un de Glas¬barg de deit sick apen, un se schütt darin hendal: un de Brögam de kan nich sen war se herdör kamen is, den de Barg het sick glick wär to dan. Do jam¬mert un went he so väl, un de König is ok so trorig un let den Barg dar wedder weg bräken un ment he wil är wedder ut krigen, man se könt de Stä ni finnen wär se hendal vallen is. Ünner¬tüsken is de Königs¬dochter ganz dep in de Grunt in 'n grote Höl kamen. Do kumt är dar 'n ollen Kärl mit 'n ganzen langen grauen Bart to möt, un de segt wen se sin Magd wäsen wil un all don wat he bevelt, den schal se läven bliven, anners wil he är üm¬bringen. Do deit se all wat he är segt. «S Morgens den kricht he sin Ledder ut de Task un legt de an den Barg un sticht darmit to 'n Barg henut: un den lukt he de Ledder na sick üm¬hoch mit sick henup. Un den mut se sin Äten kaken und sin Bedd maken un all sin Arbeit don, un den, wen he wedder in Hus kumt, den bringt he alltit 'n Hüpen Golt un Sülver mit. As se al väl jaren bi em wäsen is un al ganz olt wurden is, do het he är Fro &&c=8 Mansrot, &&c=0 un se möt hüm &&c=8 oll Rinkrank &&c=0 heten. Do is he ok ins enmal ut, do makt se hüm sin Bedd un waskt sin Schöt¬tels, un do makt se de Dören un Vensters all dicht to, un do is dar so 'n Schuf wäsen, war 't Lecht herin schint het, dat let se apen. As d' oll Rink¬rank do wedder kumt, do klopt he an sin Dör un röpt »Fro Mansrot, do mi d' Dör apen.« »Na,« segt se, »ik do di, oll Rinkrank, d' Dör nich apen.« Do segt he »hir sta ik arme Rink¬rank up min söven¬tein Benen lank up min en ver¬güllen Vot, Fro Mans¬rot, wask mi d' Schöt¬tels.« »'k heb din Schöt¬tels al wusken« segt se. Do segt he wedder »hir sta ik arme Rink¬rank up min söven¬tein Benen lank, up min en ver¬güllen Vot, Fro Mans¬rot, mak mi 't Bedd.« »'k heb din Bedd al makt« segt se. Do segt he wedder »hir sta ik arme Rin¬krank up min söven¬tein Benen lank, up min en ver¬güllen Vot, Fro Mans¬rot, do mi d' Dör apen.« Do löpt he all runt üm sin Hus to un süt dat de lütke Luk dar apen is, do denkt he »du schast doch ins tosen wat se dar wol makt, warüm dat se mi d' Dör wol nich apen don wil.« Do wil he dar dör kiken un kan den Kop dar ni dör krigen van sin langen Bart. Do stekt he sin Bart dar erst dör de Luk, un as he de dar hendör het, do geit Fro Mans¬rot bi un schuft de Luk grad to mit 'n Bant, de se dar an bunnen het, un de Bart blift darin vast sitten. Do fangt he so jam¬merlik an to kriten, dat deit üm so sär: un do bidd't he är se mag üm wedder los laten. Do segt se er nich as bet he är de Ledder deit, war he mit to 'n Barg herut sticht. Do mag he willen oder nich, he mot är seggen war de Ledder is. Do bint se 'n ganzen langen Bant dar an de Schuf, un do legt se de Ledder an un sticht to 'n Barg herut: un as se baven is, do lukt se de Schuf apen. Do geit se na är Vader hen un vertelt wo dat är all gan is. Do freut de König sick so un är Brögam is dar ok noch, un do gat se hen un gravt den Barg up un finnt den ollen Rink¬rank mit all sin Golt ün Sülver darin. Do let de König den ollen Rink¬rank dot maken, un all sin Sülver un Golt nimt he mit. Do kricht de Königs¬dochter den ollen Brögam noch ton Mann, un se lävt recht vergnögt un herr¬lich un in Freuden.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="197._Die_Kristallkugel" 197. Die Kristallkugel. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal eine Zauberin, die hatte drei Söhne, die sich brüderlich liebten: aber die Alte traute ihnen nicht und dachte sie wollten ihr ihre Macht rauben. Da verwandelte sie den ältesten in einen Adler, der mußte auf einem Felsengebirge hausen und man sah ihn manchmal am Himmel in großen Kreisen auf und nieder schweben. Den zweiten verwandelte sie in einen Wallfisch, der lebte im tiefen Meer, und man sah nur wie er zuweilen einen mächtigen Wasserstrahl in die Höhe warf. Beide hatten nur zwei Stunden jeden Tag ihre menschliche Gestalt. Der dritte Sohn, da er fürchtete sie möchte ihn auch in ein reißendes Tier verwandeln, in einen Bären oder einen Wolf, so ging er heimlich fort. Er hatte aber gehört daß auf dem Schloß der goldenen Sonne eine verwünschte Königstochter säße, die auf Erlösung harrte: es müßte aber jeder sein Leben daran wagen, schon drei und zwanzig Jünglinge wären eines jämmerlichen Todes gestorben und nur noch einer übrig, dann dürfte keiner mehr kommen. Und da sein Herz ohne Furcht war, so faßte er den Entschluß das Schloß von der goldenen Sonne aufzusuchen. Er war schon lange Zeit herum gezogen, und hatte es nicht finden können, da geriet er in einen großen Wald und wußte nicht wo der Ausgang war. Auf einmal erblickte er in der Ferne zwei Riesen, die winkten ihm mit der Hand, und als er zu ihnen kam, sprachen sie »wir streiten um einen Hut, wem er zugehören soll, und da wir beide gleich stark sind, so kann keiner den andern überwältigen: die kleinen Menschen sind klüger als wir, daher wollen wir dir die Entscheidung überlassen.« »Wie könnt ihr euch um einen alten Hut streiten?« sagte der Jüngling. »Du weißt nicht was er für Eigenschaften hat, es ist ein Wünschhut, wer den aufsetzt, der kann sich hinwünschen wohin er will, und im Augenblick ist er dort.« »Gebt mir den Hut« sagte der Jüngling, »ich will ein Stück Wegs gehen, und wenn ich euch dann rufe, so lauft um die Wette, und wer am ersten bei mir ist, dem soll er gehören.« Er setzte den Hut auf und ging fort, dachte aber an die Königstochter, vergaß die Riesen und ging immer weiter. Einmal seufzte er aus Herzensgrund und rief, »ach, wäre ich doch auf dem Schloß der goldenen Sonne!« und kaum waren die Worte über seine Lippen, so stand er auf einem hohen Berg vor dem Tor des Schlosses. Er trat hinein und ging durch alle Zimmer, bis er in dem letzten die Königstochter fand. Aber wie erschrak er, als er sie anblickte: sie hatte ein aschgraues Gesicht voll Runzeln, trübe Augen und rote Haare. »Seid ihr die Königstochter, deren Schönheit alle Welt rühmt?« rief er aus. »Ach,« erwiderte sie, »das ist meine[[Besitz]] Gestalt nicht, die Augen der Menschen können mich nur in dieser Häßlichkeit erblicken, aber damit du weißt wie ich aussehe, so schau in den Spiegel, der läßt sich nicht irre machen, der zeigt dir mein Bild, wie es in Wahrheit ist.« Sie[[1]] gab ihm den Spiegel in die Hand, und er sah darin das Abbild der schönsten Jungfrau, die auf der Welt war, und sah wie ihr vor Traurigkeit die Tränen über die Wangen rollten. Da sprach er »wie kannst du erlöst werden? ich scheue keine Gefahr.« Sie[[1]] sprach »wer die kristallene Kugel erlangt und hält sie dem Zauberer vor, der bricht damit seine Macht, und ich kehre in meine[[Besitz]] wahre Gestalt zurück. »Ach,« setzte sie hinzu, »schon so mancher ist darum in seinen Tod gegangen, und du junges Blut, du jammerst mich, wenn du dich in die großen Gefährlichkeiten begibst.« »Mich kann nichts abhalten« sprach er, »aber sage mir was ich tun muß.« »Du sollst alles wissen,« sprach die Königstochter, »wenn du den Berg auf dem das Schloß steht, hinabgehst, so wird unten an einer Quelle ein wilder Auerochs stehen, mit dem mußt du kämpfen. Und wenn es dir glückt ihn zu töten, so wird sich aus ihm ein feuriger Vogel erheben, der trägt in seinem Leib ein glühendes Ei, und in dem Ei steckt als Dotter die Kristallkugel. Er läßt aber das Ei nicht fallen, bis er dazu gedrängt wird, fällt es aber auf die Erde, so zündet es und verbrennt alles in seiner Nähe, und das Eis selbst zerschmilzt und mit ihm die kristallene Kugel, und all deine Mühe ist vergeblich gewesen.« Der Jüngling stieg hinab zu der Quelle, wo der Auerochse schnaubte und ihn anbrüllte. Nach langem Kampf stieß er ihm sein Schwert in den Leib und er sank nieder. Augenblicklich erhob sich aus ihm der Feuervogel und wollte fort fliegen, aber der Adler, der Bruder des Jünglings, der zwischen den Wolken daher zog, stürzte auf ihn herab, jagte ihn nach dem Meer hin und stieß ihn mit seinem Schnabel an, so daß er in der Bedrängnis das Ei fallen ließ. Es fiel aber nicht in das Meer, sondern auf eine Fischerhütte, die am Ufer stand, und die fing gleich an zu rauchen und wollte in Flammen aufgehen. Da erhoben sich im Meer haushohe Wellen, strömten über die Hütte und bezwangen das Feuer. Der andere Bruder, der Wallfisch, war heran geschwommen und hatte das Wasser in die Höhe getrieben. Als der Brand gelöscht war, suchte der Jüngling nach dem Ei und fand es glücklicher Weise: es war noch nicht geschmolzen, aber die Schaale war von der plötzlichen Abkühlung durch das kalte Wasser zerbröckelt und er konnte die Kristallkugel unversehrt heraus nehmen. Als der Jüngling zu dem Zauberer ging und sie ihm vorhielt, so sagte dieser »meine[[Besitz]] Macht ist zerstört und du bist von nun an der König vom Schloß der goldenen Sonne. Auch deinen Brüdern kannst du die menschliche Gestalt damit zurück geben.« Da eilte der Jüngling zu der Königstochter, und als er in ihr Zimmer trat, so stand sie da in vollem Glanz ihrer Schönheit, und beide wechselten voll Freude ihre Ringe mit einander. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="198._Jungfrau_Maleen" 198. Jungfrau Maleen. &&wt0 {{[Maleen]}} &&wt1 &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein König, der hatte einen Sohn, der warb um die Tochter eines mächtigen Königs, die hieß Jungfrau Maleen und war wunderschön. Weil ihr Vater sie einem andern geben wollte, so ward sie ihm versagt. Da sich aber beide von Herzen liebten, so wollten sie nicht von einander lassen, und die Jungfrau Maleen sprach zu ihrem Vater »ich kann und will keinen andern zu meinem Gemahl nehmen.« Da geriet der Vater in Zorn und ließ einen finstern Turm bauen, in den kein Strahl von Sonne oder Mond fiel. Als er fertig war, sprach er »darin sollst du sieben Jahre lang sitzen, dann will ich kommen und sehen ob dein trotziger Sinn gebrochen ist.« Für die sieben Jahre ward Speise und Trank in den Turm getragen, dann ward sie und ihre Kammerjungfer hinein geführt und eingemauert, und also von Himmel und Erde geschieden. Da saßen sie in der Finsternis, wußten nicht wann Tag oder Nacht anbrach. Der Königssohn ging oft um den Turm herum und rief ihren Namen, aber kein Laut drang von außen durch die dicken Mauern. Was konnten sie anders tun als jammern und klagen? Indessen ging die Zeit dahin und an der Abnahme von Speise und Trank merkten sie daß die sieben Jahre ihrem Ende sich näherten. Sie[[1]] dachten der Augenblick ihrer Erlösung wäre gekommen, aber kein Hammerschlag ließ sich hören und kein Stein wollte aus der Mauer fallen: es schien als ob ihr Vater sie vergessen hätte. Als sie nur noch für kurze Zeit Nahrung hatten und einen jämmerlichen Tod voraus sahen, da sprach die Jungfrau Maleen »wir müssen das letzte versuchen und sehen ob wir die Mauer durchbrechen.« Sie[[1]] nahm das Brotmesser, grub und bohrte an dem Mörtel eines Steins, und wenn sie müd war, so löste sie die Kammerjungfer ab. Nach langer Arbeit gelang es ihnen einen Stein heraus zu nehmen, dann einen zweiten und dritten, und nach drei Tagen fiel der erste Lichtstrahl in ihre Dunkelheit, und endlich war die Öffnung so groß daß sie hinaus schauen konnten. Der Himmel war blau, und eine frische Luft wehte ihnen entgegen, aber wie traurig sah rings umher alles aus: das Schloß ihres Vaters lag in Trümmern, die Stadt und die Dörfer waren, so weit man sehen konnte, verbrannt, die Felder weit und breit verheert: keine Menschenseele ließ sich erblicken. Als die Öffnung in der Mauer so groß war, daß sie hindurchschlüpfen konnten, so sprang zuerst die Kammerjungfer herab und dann folgte die Jungfrau Maleen. Aber wo sollten sie sich hinwenden? Die Feinde hatten das ganze Reich verwüstet, den König verjagt und alle Einwohner erschlagen. Sie[[1]] wanderten fort um ein anderes Land zu suchen, aber sie fanden nirgend ein Obdach oder einen Menschen, der ihnen einen Bissen Brot gab, und ihre Not war so groß daß sie ihren Hunger an einem Brennesselstrauch stillen mußten. Als sie nach langer Wanderung in ein anderes Land kamen, boten sie überall ihre Dienste an, aber wo sie anklopften wurden sie abgewiesen, und niemand wollte sich ihrer erbarmen. Endlich gelangten sie in eine große Stadt und gingen nach dem königlichen Hof. Aber auch da hieß man sie weiter gehen, bis endlich der Koch sagte sie könnten in der Küche bleiben und als Aschenputtel dienen. Der Sohn des Königs, in dessen Reich sie sich befanden, war aber gerade der Verlobte der Jungfrau Maleen gewesen. Der Vater hatte ihm eine andere Braut bestimmt, die ebenso häßlich von Angesicht als bös von Herzen war. Die Hochzeit war festgesetzt und die Braut schon angelangt, bei ihrer großen Häßlichkeit aber ließ sie sich vor niemand sehen und schloß sich in ihre Kammer ein, und die Jungfrau Maleen mußte ihr das Essen aus der Küche bringen. Als der Tag heran kam, wo die Braut mit dem Bräutigam in die Kirche gehen sollte, so schämte sie sich ihrer Häßlichkeit und fürchtete wenn sie sich auf der Straße zeigte, würde sie von den Leuten verspottet und ausgelacht. Da sprach sie zur Jungfrau Maleen »dir steht ein großes Glück bevor, ich habe mir den Fuß vertreten und kann nicht gut über die Straße gehen: du sollst meine[[Besitz]] Brautkleider anziehen und meine[[Besitz]] Stelle einnehmen: eine größere Ehre kann dir nicht zu Teil werden.« Die Jungfrau Maleen aber schlug es aus und sagte »ich verlange keine Ehre, die mir nicht gebührt.« Es war auch vergeblich daß sie ihr Gold anbot. Endlich sprach sie zornig »wenn du mir nicht gehorchst, so kostet es dir dein Leben: ich brauche nur ein Wort zu sagen, so wird dir der Kopf vor die Füße gelegt.« Da mußte sie gehorchen und die prächtigen Kleider der Braut sammt ihrem Schmuck anlegen. Als sie in den königlichen Saal eintrat erstaunten alle über ihre große Schönheit und der König sagte zu seinem Sohn »das ist die Braut, die ich dir ausgewählt habe und die du zur Kirche führen sollst.« Der Bräutigam erstaunte und dachte »sie gleicht meiner Jungfrau Maleen, und ich würde glauben sie wäre es selbst, aber die sitzt schon lange im Turm gefangen oder ist tot.« Er nahm sie an der Hand und führte sie zur Kirche. An dem Wege stand ein Brennesselbusch, da sprach sie &&wt0 {{»Brennettel¬busch, Brennettel¬busch so klene, wat steist du hier allene? ik hef de Tyt geweten da hef ik dy unge¬saden unge¬braden eten.«}} &&wt1 »Was sprichst du da?« fragte der Königssohn. »Nichts,« antwortete sie, »ich dachte nur an die Jungfrau Maleen.« Er verwunderte sich daß sie von ihr wußte, schwieg aber still. Als sie an den Steg vor dem Kirchhof kamen, sprach sie &&wt0 {{»Karkstegels, brik nich, Bün de rechte Brut nich.«}} &&wt1 »Was sprichst du da?« fragte der Königssohn? »Nichts,« antwortete sie, »ich dachte nur an die Jungfrau Maleen.« »Kennst du die Jungfrau Maleen?« »Nein,« antwortete sie, »wie sollt ich sie kennen, ich habe nur von ihr gehört.« Als sie an die Kirchtüre kamen, sprach sie abermals &&wt0 {{»Karkendär, brik nich, bün de rechte Brut nich.«}} &&wt1 »Was sprichst du da?« fragte er. »Ach,« antwortete sie, »ich habe nur an die Jungfrau Maleen gedacht.« Da zog er ein kostbares Geschmeide hervor, legte es ihr an den Hals und hakte die Kettenringe in einander. Darauf traten sie in die Kirche und der Priester legte vor dem Altar ihre Hände in einander und vermählte sie. Er führte sie zurück, aber sie sprach auf dem ganzen Weg kein Wort. Als sie wieder in dem königlichen Schloß angelangt waren, eilte sie in die Kammer der Braut, legte die prächtigen Kleider und den Schmuck ab, zog ihren grauen Kittel an und behielt nur das Geschmeide um den Hals, das sie von dem Bräutigam empfangen hatte. Als die Nacht heran kam und die Braut in das Zimmer des Königssohns sollte geführt werden, so ließ sie den Schleier über ihr Gesicht fallen, damit er den Betrug nicht merken sollte. Sobald alle Leute fortgegangen waren, sprach er zu ihr »was hast du doch zu dem Brennesselbusch gesagt, der an dem Weg stand?« »Zu welchem Brennesselbusch?« fragte sie, »ich spreche mit keinem Brennesselbusch.« »Wenn du es nicht getan hast, so bist du die rechte Braut nicht« sagte er. Da half sie sich und sprach &&wt0 {{»mut herut na myne Maegt, de my myn Gedanken draegt.«}} &&wt1 Sie[[1]] ging hinaus und fuhr die Jungfrau Maleen an, »Dirne, was hast du zu dem Brennesselbusch gesagt?« »Ich sagte nichts als &&wt0 {{Brennettel¬busch, Brennettel¬busch so klene, wat steist du hier allene? Jk hef de Tyt geweten, da hef ik dy unge¬saden unge¬braden eten.«}} &&wt1 Die Braut lief in die Kammer zurück und sagte »jetzt weiß ich was ich zu dem Brennesselbusch gesprochen habe,« und wiederholte die Worte, die sie eben gehört hatte. »Aber was sagtest du zu dem Kirchensteg, als wir darüber gingen?« fragte der Königssohn. »Zu dem Kirchensteg?« antwortete sie, »ich spreche mit keinem Kirchensteg.« »Dann bist du auch die rechte Braut nicht.« Sie[[1]] sagte wiederum &&wt0 {{»mut herut na myne Maegt, de my myn Gedanken draegt.«}} &&wt1 Lief hinaus und fuhr die Jungfrau Maleen an, »Dirne, was hast du zu dem Kirchsteg gesagt?« »Ich sagte nichts als &&wt0 {{Kark¬ste¬gels, brik nich, bün de rechte Brut nich.«}} &&wt1 »Das kostet dich dein Leben« rief die Braut, eilte aber in die Kammer und sagte »jetzt weiß ich was ich zu dem Kirchsteg gesprochen habe« und wiederholte die Worte. »Aber was sagtest du zur Kirchentür?« »Zur Kirchentür?« antwortete sie, »ich spreche mit keiner Kirchentür.« »Dann bist du auch die rechte Braut nicht.« Sie[[1]] ging hinaus, fuhr die Jungfrau Maleen an »Dirne, was hast du zu der Kirchentür gesagt?« »Ich sagte nichts als &&wt0 {{Karken¬där, brik nich, bün de rechte Brut nich.«}} &&wt1 »Das bricht dir den Hals« rief die Braut und geriet in den größten Zorn, eilte aber zurück in die Kammer und sagte »jetzt weiß ich was ich zu der Kirchentür gesprochen habe,« und wiederholte die Worte. »Aber, wo hast du das Geschmeide, das ich dir an der Kirchentüre gab?« »Was für ein Geschmeide,« antwortete sie, »du hast mir kein Geschmeide gegeben.« »Ich habe es dir selbst um den Hals gelegt und selbst eingehakt: wenn du das nicht weißt, so bist du die rechte Braut nicht.« Er zog ihr den Schleier vom Gesicht, und als er ihre grundlose Häßlichkeit erblickte, sprang er erschrocken zurück und sprach »wie kommst du hierher? wer bist du?« »Ich bin deine verlobte Braut, aber weil ich fürchtete die Leute würden mich verspotten, wenn sie mich draußen erblickten, so habe ich dem Aschenputtel befohlen meine[[Besitz]] Kleider anzuziehen und statt meiner zur Kirche zu gehen.« »Wo ist das Mädchen« sagte er, »ich will es sehen, geh und hol es hierher.« Sie[[1]] ging hinaus und sagte den Dienern das Aschenputtel sei eine Betrügerin, sie sollten es in den Hof hinabführen und ihm den Kopf abschlagen. Die Diener packten es und wollten es fortschleppen, aber es schrie so laut um Hilfe, daß der Königssohn seine Stimme vernahm, aus seinem Zimmer herbei eilte und den Befehl gab das Mädchen augenblicklich loszulassen. Es wurden Lichter herbei geholt und da bemerkte er an ihrem Hals den Goldschmuck den er ihm vor der Kirchentür gegeben hatte. »Du bist die rechte Braut« sagte er, »die mit mir zur Kirche gegangen ist: komm mit mir in meine[[Besitz]] Kammer.« Als sie beide allein waren, sprach er »du hast auf dem Kirchgang die Jungfrau Maleen genannt, die meine[[Besitz]] verlobte Braut war: wenn ich dächte es wäre möglich, so müßte ich glauben sie stände vor mir: du gleichst ihr in allem.« Sie[[1]] antwortete »ich bin die Jungfrau Maleen, die um dich sieben Jahre in der Finsternis gefangen gesessen, Hunger und Durst gelitten und so lange in Not und Armut gelebt hat: aber heute bescheint mich die Sonne wieder. Ich bin dir in der Kirche angetraut und bin deine rechtmäßige Gemahlin.« Da küßten sie einander und waren glücklich für ihr Lebtag. Der falschen Braut ward zur Vergeltung der Kopf abgeschlagen. Der Turm, in welchem die Jungfrau Maleen gesessen hatte, stand noch lange Zeit, und wenn die Kinder vorüber gingen, so sangen sie &&wt0 {{»kling klang kloria, wer sitt in dissen Toria? Dar sitt en Königs¬dochter in, die kann ik nich to seen krygn. De Muer de will nich bräken, de Steen de will nich stechen. Hänschen mit de bunte Jak, kumm unn folg my achterna.«}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="199._Der_Stiefel_von_Büffelleder" 199. Der Stiefel von Büffelleder. &&ax &&lg=x &&fe Ein Soldat, der sich vor nichts fürchtet, kümmert sich auch um nichts. So einer hatte seinen Abschied erhalten, und da er nichts gelernt hatte und nichts verdienen konnte, so zog er umher und bat gute Leute um ein Almosen. Auf seinen Schultern hing ein alter Wettermantel, und ein paar Reiterstiefeln von Büffelleder waren ihm auch noch geblieben. Eines Tages ging er, ohne auf Weg und Steg zu achten, immer ins Feld hinein und gelangte endlich in einen Wald. Er wußte nicht wo er war, sah aber auf einem abgehauenen Baumstamm einen Mann sitzen, der gut gekleidet war und einen grünen Jägerrock trug. Der Soldat reichte ihm die Hand, ließ sich neben ihm auf das Gras nieder und streckte seine Beine aus. »Ich sehe du hast feine Stiefel an, die glänzend gewichst sind« sagte er zu dem Jäger, »wenn du aber herum ziehen müßtest wie ich, so würden sie nicht lange halten. Schau die meinigen an, die sind von Büffelleder und haben schon lange gedient, gehen aber durch dick und dünn.« Nach einer Weile stand der Soldat auf und sprach »ich kann nicht länger bleiben, der Hunger treibt mich fort. Aber, Bruder Wichsstiefel, wohinaus geht der Weg?« »Ich weiß es selber nicht« antwortete der Jäger, »ich habe mich in dem Wald verirrt.« »So geht dirs ja, wie mir« sprach der Soldat, »gleich und gleich gesellt sich gern, wir wollen bei einander bleiben und den Weg suchen.« Der Jäger lächelte ein wenig, und sie gingen zusammen fort immer weiter, bis die Nacht einbrach. »Wir kommen aus dem Wald nicht heraus« sprach der Soldat, »aber ich sehe dort in der Ferne ein Licht schimmern, da wirds etwas zu essen geben.« Sie[[1]] fanden ein Steinhaus, klopften an die Türe und ein altes Weib öffnete. »Wir suchen ein Nachtquartier« sprach der Soldat, »und etwas Unterfutter für den Magen, denn der meinige ist so leer wie ein alter Tornister.« »Hier könnt ihr nicht bleiben,« antwortete die Alte, »das ist ein Räuberhaus, und ihr tut am klügsten daß ihr euch fortmacht, bevor sie heim kommen, denn finden sie euch, so seid ihr verloren.« »Es wird so schlimm nicht sein,« antwortete der Soldat, »ich habe seit zwei Tagen keinen Bissen genossen, und es ist mir einerlei ob ich hier umkomme oder im Wald vor Hunger sterbe. Ich gehe herein.« Der Jäger wollte nicht folgen, aber der Soldat zog ihn am Ärmel mit sich: »komm, Bruderherz, es wird nicht gleich an den Kragen gehen.« Die Alte hatte Mitleiden und sagte »kriecht hinter den Ofen, wenn sie etwas übrig lassen und eingeschlafen sind, so will ichs euch zustecken.« Kaum saßen sie in der Ecke, so kamen zwölf Räuber herein gestürmt, setzten sich an den Tisch, der schon gedeckt war, und forderten mit Ungestüm das Essen. Die Alte trug einen großen Braten herein, und die Räuber ließen sichs wohl schmecken. Als der Geruch von der Speise dem Soldaten in die Nase stieg, sagte er zum Jäger »ich halts nicht länger aus, ich setze mich an den Tisch und esse mit.« »Du bringst uns ums Leben« sprach der Jäger und hielt ihn am Arm. Aber der Soldat fing an laut zu husten. Als die Räuber das hörten, warfen sie Messer und Gabel hin, sprangen auf und entdeckten die beiden hinter dem Ofen. »Aha, ihr Herrn,« riefen sie, »sitzt ihr in der Ecke? was wollt ihr hier? seid ihr als Kundschafter ausgeschickt? wartet, ihr sollt an einem dürren Ast das Fliegen lernen.« »Nur manierlich« sprach der Soldat, »mich hungert, gebt mir zu essen, hernach könnt ihr mit mir machen was ihr wollt.« Die Räuber stutzten und der Anführer sprach »ich sehe du fürchtest dich nicht, gut, Essen sollst du haben, aber hernach mußt du sterben.« »Das wird sich finden« sagte der Soldat, setzte sich an den Tisch und fing an tapfer in den Braten einzuhauen. »Bruder Wichsstiefel, komm und iß,« rief er dem Jäger zu, »du wirst hungrig sein, so gut als ich, und einen bessern Braten kannst du zu Haus nicht haben;« aber der Jäger wollte nicht essen. Die Räuber sahen dem Soldaten mit Erstaunen zu und sagten »der Kerl macht keine Umstände.« Hernach sprach er »das Essen wäre schon gut, nun schafft auch einen guten Trunk herbei.« Der Anführer war in der Laune sich das auch noch gefallen zu lassen und rief der Alten zu »hol eine Flasche aus dem Keller und zwar von dem besten.« Der Soldat zog den Pfropfen heraus daß es knallte, ging mit der Flasche zu dem Jäger und sprach »gib acht, Bruder, du sollst dein blaues Wunder sehen: jetzt will ich eine Gesundheit auf die ganze Sippschaft ausbringen.« Dann schwenkte er die Flasche über den Köpfen der Räuber, rief »ihr sollt alle leben, aber das Maul auf und die rechte Hand in der Höhe« und tat einen herzhaften Zug. Kaum waren die Worte heraus, so saßen sie alle bewegungslos als wären sie von Stein, hatten das Maul offen und streckten den rechten Arm in die Höhe. Der Jäger sprach zu dem Soldaten »ich sehe du kannst noch andere Kunststücke, aber nun komm und laß uns heim gehen.« »Oho, Bruderherz, das wäre zu früh abmarschiert, wir haben den Feind geschlagen und wollen erst Beute machen. Die sitzen da fest und sperren das Maul vor Verwunderung auf: sie dürfen sich aber nicht rühren bis ich es erlaube. Komm iß und trink.« Die Alte mußte noch eine Flasche von dem besten holen, und der Soldat stand nicht eher auf als bis er wieder für drei Tage gegessen hatte. Endlich als der Tag kam, sagte er »nun ist Zeit daß wir das Zelt abbrechen, und damit wir einen kurzen Marsch haben, so soll die Alte uns den nächsten Weg nach der Stadt zeigen.« Als sie dort angelangt waren, ging er zu seinen alten Kameraden und sprach »ich habe draußen im Wald ein Nest voll Galgenvögel aufgefunden, kommt mit, wir wollen es ausheben.« Der Soldat führte sie an und sprach zu dem Jäger »du mußt wieder mit zurück und zusehen wie sie flattern, wenn wir sie an den Füßen packen.« Er stellte die Mannschaft rings um die Räuber herum, dann nahm er die Flasche, trank einen Schluck, schwenkte sie über ihnen her und rief »ihr sollt alle leben!« Augenblicklich hatten sie ihre Bewegung wieder, wurden aber niedergeworfen und an Händen und Füßen mit Stricken gebunden. Dann hieß sie der Soldat wie Säcke auf einen Wagen werfen und sagte »fahrt sie nur gleich vor das Gefängnis.« Der Jäger aber nahm einen von der Mannschaft bei Seite und gab ihm noch eine Bestellung mit. »Bruder Wichsstiefel,« sprach der Soldat, »wir haben den Feind glücklich überrumpelt und uns wohl genährt, jetzt wollen wir als Nachzügler in aller Ruhe hinter her marschieren.« Als sie sich der Stadt näherten, so sah der Soldat wie sich eine Menge Menschen aus dem Stadttor drängten, lautes Freudengeschrei erhuben und grüne Zweige in der Luft schwangen. Dann sah er daß die ganze Leibwache herangezogen kam. »Was soll das heißen?« sprach er ganz verwundert zu dem Jäger. »Weißt du nicht« antwortete er, »daß der König lange Zeit aus seinem Reich entfernt war, heute kehrt er zurück, und da gehen ihm alle entgegen.« »Aber wo ist der König« sprach der Soldat, »ich sehe ihn nicht.« »Hier ist er,« antwortete der Jäger, »ich bin der König und habe meine[[Besitz]] Ankunft melden lassen.« Dann öffnete er seinen Jägerrock, daß man die königlichen Kleider sehen konnte. Der Soldat erschrak, fiel auf die Knie und bat ihn um Vergebung daß er ihn in der Unwissenheit wie seines Gleichen behandelt und ihn mit solchem Namen angeredet habe. Der König aber reichte ihm die Hand und sprach »du bist ein braver Soldat und hast mir das Leben gerettet. Du sollst keine Not mehr leiden, ich will schon für dich sorgen. Und wenn du einmal ein Stück guten Braten essen willst, so gut als in dem Räuberhaus, so komm nur in die königliche Küche. Willst du aber eine Gesundheit ausbringen, so sollst du erst bei mir Erlaubnis dazu holen.« &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="200._Der_goldene_Schlüssel" 200. Der goldene Schlüssel. &&ax &&lg=x &&fe Zur Winterszeit, als einmal ein tiefer Schnee lag, mußte ein armer Junge hinausgehen und Holz auf einem Schlitten holen. Wie er es nun zusammengesucht und aufgeladen hatte, wollte er, weil er so erfroren war, noch nicht nach Haus gehen, sondern erst Feuer anmachen und sich ein bischen wärmen. Da scharrte er den Schnee weg, und wie er so den Erdboden aufräumte, fand er einen kleinen goldenen Schlüssel. Nun glaubte er wo der Schlüssel wäre, müßte auch das Schloß dazu sein, grub in der Erde und fand ein eisernes Kästchen. »Wenn der Schlüssel nur paßt!« dachte er, »es sind gewiß kostbare Sachen in dem Kästchen.« Er suchte, aber es war kein Schlüsselloch da, endlich entdeckte er eins, aber so klein daß man es kaum sehen konnte. Er probierte und der Schlüssel paßte glücklich. Da drehte er einmal herum, und nun müssen wir warten bis er vollends aufgeschlossen und den Deckel aufgemacht hat, dann werden wir erfahren was für wunderbare Sachen in dem Kästchen lagen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g0="Kinderlegenden" Kinderlegenden. &&g1="1._Der_heilige_Joseph_im_Walde" 1. Der heilige Joseph {{[Joseph]}} im Walde. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal eine Mutter, die hatte drei Töchter, davon war die älteste unartig und bös, die zweite schon viel besser, obgleich sie auch ihre Fehler hatte, die jüngste aber war ein frommes gutes Kind. Die Mutter war aber so wunderlich, daß sie gerade die älteste Tochter am liebsten hatte und die jüngste nicht leiden konnte. Daher schickte sie das arme Mädchen oft hinaus in einen großen Wald, um es sich vom Hals zu schaffen, denn sie dachte es würde sich verirren und nimmermehr wieder kommen. Aber der Schutzengel, den jedes fromme Kind hat, verließ es nicht, sondern brachte es immer wieder auf den rechten Weg. Einmal indessen tat das Schutzenglein als wenn es nicht bei der Hand wäre, und das Kind konnte sich nicht wieder aus dem Walde herausfinden. Es ging immer fort bis es Abend wurde, da sah es in der Ferne ein Lichtchen brennen, lief darauf zu und kam vor eine kleine Hütte. Es klopfte an, die Türe ging auf, und es gelangte zu einer zweiten Türe, wo es wieder anklopfte. Ein alter Mann, der einen schneeweißen Bart hatte und ehrwürdig aussah, machte ihm auf, und das war niemand anders als der heilige Joseph. Er sprach ganz freundlich »komm, liebes Kind, setze dich ans Feuer auf mein Stühlchen und wärme dich, ich will dir klar Wässerchen holen, wenn du Durst hast; zu essen aber hab ich hier im Walde nichts für dich als ein paar Würzelcher, die mußt du dir erst schaben und kochen.« Da reichte ihm der heilige Joseph die Wurzeln: das Mädchen schrappte sie säuberlich ab, dann holte es ein Stückchen Pfannkuchen, und das Brot, das ihm seine Mutter mitgegeben hatte, und tat alles zusammen in einem Kesselchen beis Feuer, und kochte sich ein Mus. Als das fertig war, sprach der heilige Joseph »ich bin so hungrig, gib mir etwas von deinem Essen.« Da war das Kind bereitwillig und gab ihm mehr als es für sich behielt, doch war Gottes Seegen dabei, daß es satt ward. Als sie nun gegessen hatten, sprach der heilige Joseph »nun wollen wir zu Bett gehen: ich habe aber nur Ein Bett, lege du dich hinein, ich will mich ins Stroh auf die Erde legen.« »Nein,« antwortete es, »bleib du nur in deinem Bett, für mich ist das Stroh weich genug.« Der heilige Joseph aber nahm das Kind auf den Arm und trug es ins Bettchen, da tat es sein Gebet und schlief ein. Am andern Morgen, als es aufwachte, wollte es dem heilige Joseph guten Morgen sagen, aber es sah ihn nicht. Da stand es auf und suchte ihn, konnte ihn aber in keiner Ecke finden: endlich gewahrte es hinter der Tür einen Sack mit Geld, so schwer, als es ihn nur tragen konnte, darauf stand geschrieben das wäre für das Kind, das heute Nacht hier geschlafen hätte. Da nahm es den Sack und sprang damit fort und kam auch glücklich zu seiner Mutter, und weil es ihr alle das Geld schenkte, so konnte sie nicht anders, sie mußte mit ihm zufrieden sein. Am folgenden Tag bekam das zweite Kind auch Lust in den Wald zu gehen. Die Mutter gab ihm ein viel größer Stück Pfannkuchen und Brot mit. Es erging ihm nun gerade wie dem ersten Kinde. Abends kam es in das Hüttchen des heiligen Joseph, der ihm Wurzeln zu einem Mus reichte. Als das fertig war, sprach er gleichfalls zu ihm »ich bin so hungerig, gib mir etwas von deinem Essen.« Da antwortete das Kind »iß als mit.« Als ihm danach der heilige Joseph sein Bett anbot und sich aufs Stroh legen wollte, antwortete es »nein, leg dich als mit ins Bett, wir haben ja beide wohl Platz darin.« Der heilige Joseph nahm es auf den Arm, legte es ins Bettchen und legte sich ins Stroh. Morgens, als das Kind aufwachte und den heiligen Joseph suchte, war er verschwunden, aber hinter der Türe fand es ein Säckchen mit Geld, das war händelang, und darauf stand geschrieben es wäre für das Kind, das heute Nacht hier geschlafen hätte. Da nahm es das Säckchen und lief damit heim, und brachte es seiner Mutter, doch behielt es heimlich ein paar Stücke für sich. Nun war die älteste Tochter neugierig geworden und wollte den folgenden Morgen auch hinaus in den Wald. Die Mutter gab ihr Pfannkuchen mit, so viel sie wollte, Brot und auch Käse dazu. Abends fand sie den heiligen Joseph in seinem Hüttchen gerade so, wie ihn die zwei andern gefunden hatten. Als das Mus fertig war und der heilige Joseph sprach »ich bin so hungerig, gib mir etwas von deinem Essen,« antwortete das Mädchen »warte, bis ich satt bin, was ich dann übrig lasse, das sollst du haben.« Es aß aber beinah alles auf und der heilige Joseph mußte das Schüsselchen ausschrappen. Der gute Alte bot ihm hernach sein Bett an und wollte auf dem Stroh liegen, das nahm es ohne Widerrede an, legte sich in das Bettchen und ließ dem Greis das harte Stroh. Am andern Morgen, wie es aufwachte, war der heilige Joseph nicht zu finden, doch darüber machte es sich keine Sorgen: es suchte hinter der Türe nach einem Geldsack. Es kam ihm vor als läge etwas auf der Erde, doch weil es nicht recht unterscheiden konnte, was es war, bückte es sich und stieß mit seiner Nase daran. Aber es blieb an der Nase hangen, und wie es sich aufrichtete, sah es zu seinem Schrecken, daß es noch eine zweite Nase war, die an der seinen festhing. Da hub es an zu schreien und zu heulen, aber das half nichts, es mußte immer auf seine Nase sehen, wie die so weit hinausstand. Da lief es in einem Geschrei fort, bis es dem heiligen Joseph begegnete, dem fiel es zu Füßen und bat so lange, bis er aus Mitleid ihm die Nase wieder abnahm und noch zwei Pfennige schenkte. Als es daheim ankam, stand vor der Türe seine Mutter und fragte »was hast du geschenkt kriegt?« Da log es und antwortete »einen großen Sack voll Gelds, aber ich habe ihn unterwegs verloren.« »Verloren!« rief die Mutter, »o den wollen wir schon wieder finden,« nahm es bei der Hand und wollte mit ihm suchen. Zuerst fing es an zu weinen und wollte nicht mit gehen, endlich aber ging es mit, doch auf dem Wege kamen so viele Eidechsen und Schlangen auf sie beide los, daß sie sich nicht zu retten wußten; sie stachen auch endlich das böse Kind tot, und die Mutter stachen sie in den Fuß, weil sie es nicht besser erzogen hatte. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="2._Die_zwölf_Apostel" 2. Die zwölf Apostel. &&ax &&lg=x &&fe Es war dreihundert Jahre vor des Herrn Christi Geburt, da lebte eine Mutter, die hatte zwölf Söhne, war aber so arm und dürftig, daß sie nicht wußte womit sie ihnen länger das Leben erhalten sollte. Sie[[1]] betete täglich zu Gott, er möchte doch geben daß alle ihre Söhne mit dem verheißenen Heiland auf Erden zusammen wären. Als nun ihre Not immer größer ward, schickte sie einen nach dem andern in die Welt, um sich ihr Brot zu suchen. Der älteste hieß Petrus, der ging aus, und war schon weit gegangen, eine ganze Tagreise, da geriet er in einen großen Wald. Er suchte einen Ausweg, konnte aber keinen finden und verirrte sich immer tiefer; dabei empfand er so großen Hunger daß er sich kaum aufrecht erhalten konnte. Endlich ward er so schwach, daß er liegen bleiben mußte und glaubte dem Tode nahe zu sein. Da stand auf einmal neben ihm ein kleiner Knabe, der glänzte und war so schön und freundlich wie ein Engel. Das Kind schlug seine Händchen zusammen daß er aufschauen und es anblicken mußte. Da sprach es »warum sitzest du da so betrübt?« »Ach,« antwortete Petrus, »ich gehe umher in der Welt und suche mein Brot, damit ich noch den verheißenen lieben Heiland sehe; das ist mein größter Wunsch.« Das Kind sprach »komm mit, so soll dein Wunsch erfüllt werden.« Es nahm den armen Petrus an der Hand und führte ihn zwischen Felsen zu einer großen Höhle. Wie sie hineinkamen, so blitzte alles von Gold Silber und Krystall, und in der Mitte standen zwölf Wiegen neben einander. Da sprach das Englein »lege dich in die erste und schlaf ein wenig, ich will dich wiegen.« Das tat Petrus, und das Englein sang ihm und wiegte ihn so lange bis er eingeschlafen war. Und wie er schlief, kam der zweite Bruder, den auch sein Schutzenglein herein führte, und ward wie der erste in den Schlaf gewiegt, und so kamen die andern nach der Reihe, bis alle zwölfe da lagen in den goldenen Wiegen und schliefen. Sie[[1]] schliefen aber dreihundert Jahre, bis in der Nacht, worin der Weltheiland geboren ward. Da erwachten sie und waren mit ihm auf Erden und wurden die zwölf Apostel genannt. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="3._Die_Rose" 3. &&wt0 {{Die Rose.}} &&ax &&lg=x &&fe {{Et was mal eine arme Frugge, de hadde twei Kinner; dat jungeste moste olle Dage in en Wald gohn un langen (holen) Holt. Asset nu mal ganz wiet söken geit, kam so en klein Kind, dat was awerst ganz wacker, to em und holp (half) flietig Holt lesen un drog et auck bis für dat Hus; dann was et awerst, eh en Augen¬schlägsken (Augen¬blick) vergienk, ver¬swunnen. Dat Kind vertelde et siner Moder, de wul et awerst nig glöven. Up et lest brochte et en Rause (Rose) mit un vertelde dat schöne Kind hädde em deise Rause gieven un hädde em sägt wenn de Rause upblöhet wär, dann wull et wier kum¬men. De Moder stellde dei Rause in't Water. Einen Morgen kam dat Kind gar nig ut dem Bedde, de Moder gink to dem Bedde hen un fund dat Kind daude (tot); et lag awerst ganz anmotik. Un de Rause was den sulftigen Morgen upblöhet.}} &&wt1 &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="4._Armut_und_Demut_führen_zum_Himmel" 4. Armut und Demut führen zum Himmel. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Königssohn, der ging hinaus in das Feld und war nachdenklich und traurig. Er sah den Himmel an, der war so schön rein und blau, da seufzte er und sprach »wie wohl muß einem erst da oben im Himmel sein!« Da erblickte er einen armen greisen Mann, der des Weges daher kam, redete ihn an und fragte »wie kann ich wohl in den Himmel kommen?« Der Mann antwortete »durch Armut und Demut. Leg an meine[[Besitz]] zerrissenen Kleider, wandere sieben Jahre in der Welt und lerne ihr Elend kennen: nimm kein Geld, sondern wenn du hungerst, bitt mitleidige Herzen um ein Stückchen Brot, so wirst du dich dem Himmel nähern.« Da zog der Königssohn seinen prächtigen Rock aus und hing dafür das Bettlergewand um, ging hinaus in die weite Welt und duldete groß Elend. Er nahm nichts als ein wenig Essen, sprach nichts, sondern betete zu dem Herrn daß er ihn einmal in seinen Himmel aufnehmen wollte. Als die sieben Jahre herum waren, da kam er wieder an seines Vaters Schloß, aber niemand erkannte ihn. Er sprach zu den Dienern »geht und sagt meinen[[Besitz]] Eltern daß ich wiedergekommen bin.« Aber die Diener glaubten es nicht, lachten und ließen ihn stehen. Da sprach er »geht und sagts meinen[[Besitz]] Brüdern, daß sie herab kommen, ich möchte sie so gerne wieder sehen.« Sie[[1]] wollten auch nicht, bis endlich einer von ihnen hinging und es den Königskindern sagte, aber diese glaubten es nicht und bekümmerten sich nicht darum. Da schrieb er einen Brief an seine Mutter, und beschrieb ihr darin all sein Elend, aber er sagte nicht daß er ihr Sohn wäre. Da ließ ihm die Königin aus Mitleid einen Platz unter der Treppe anweisen und ihm täglich durch zwei Diener Essen bringen. Aber der eine war bös und sprach »was soll dem Bettler das gute Essen!« behielts für sich oder gabs den Hunden und brachte dem Schwachen, Abgezehrten nur Wasser; doch der andere war ehrlich und brachte ihm was er für ihn bekam. Es war wenig, doch konnte er davon eine Zeit lang leben; dabei war er ganz geduldig, bis er immer schwächer ward. Als aber seine Krankheit zunahm, da begehrte er das heilige Abendmahl zu empfangen. Wie es nun unter der halben Messe ist, fangen von selbst alle Glocken in der Stadt und in der Gegend an zu läuten. Der Geistliche geht nach der Messe zu dem armen Mann unter der Treppe, so liegt er da tot, in der einen Hand eine Rose, in der andern eine Lilie, und neben ihm ein Papier, darauf steht seine Geschichte aufgeschrieben. Als er begraben war, wuchs auf der einen Seite des Grabes eine Rose, auf der andern eine Lilie heraus. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="5._Gottes_Speise" 5. Gottes Speise. &&ax &&lg=x &&fe Es waren einmal zwei Schwestern, die eine hatte keine Kinder und war reich, die andere hatte fünf Kinder und war eine Wittwe und war so arm, daß sie nicht mehr Brot genug hatte, sich und ihre Kinder zu sättigen. Da ging sie in der Not zu ihrer Schwester, und sprach »meine[[Besitz]] Kinder leiden mit mir den größten Hunger, du bist reich, gib mir einen Bissen Brot.« Die steinreiche war auch steinhart, sprach »ich habe selbst nichts in meinem Hause« und wies die Arme mit bösen Worten fort. Nach einiger Zeit kam der Mann der reichen Schwester heim, und wollte sich ein Stück Brot schneiden, wie er aber den ersten Schnitt in den Laib tat, floß das rote Blut heraus. Als die Frau das sah, erschrak sie und erzählte ihm was geschehen war. Er eilte hin und wollte helfen, wie er aber in die Stube der Wittwe trat, so fand er sie betend; die beiden jüngsten Kinder hatte sie auf den Armen, die drei ältesten lagen da und waren gestorben. Er bot ihr Speise an, aber sie antwortete »nach irdischer Speise verlangen wir nicht mehr; drei hat Gott schon gesättigt, unser Flehen wird er auch erhören.« Kaum hatte sie diese Worte ausgesprochen, so taten die beiden Kleinen ihren letzten Atemzug, und darauf brach ihr auch das Herz und sie sank tot nieder. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="6._Die_drei_grünen_Zweige" 6. Die drei grünen Zweige. &&ax &&lg=x &&fe Es war einmal ein Einsiedler, der lebte in einem Walde an dem Fuße eines Berges und brachte seine Zeit in Gebet und guten Werken zu, und jeden Abend trug er noch zur Ehre Gottes ein paar Eimer Wasser den Berg hinauf. Manches Tier wurde damit getränkt und manche Pflanze damit erquickt, denn auf den Anhöhen weht beständig ein harter Wind, der die Luft und die Erde austrocknet, und die wilden Vögel, die vor den Menschen scheuen, kreisen dann hoch und suchen mit ihren scharfen Augen nach einem Trunk. Und weil der Einsiedler so fromm war, so ging ein Engel Gottes, seinen Augen sichtbar, mit ihm hinauf, zählte seine Schritte und brachte ihm, wenn die Arbeit vollendet war, sein Essen, so wie jener Prophet auf Gottes Geheiß von den Raben gespeiset ward. Als der Einsiedler in seiner Frömmigkeit schon zu einem hohen Alter gekommen war, da trug es sich zu, daß er einmal von weitem sah wie man einen armen Sünder zum Galgen führte. Er sprach so vor sich hin »jetzt wiederfährt diesem sein Recht.« Abends, als er das Wasser den Berg hinauftrug, erschien der Engel nicht, der ihn sonst begleitete und brachte ihm auch nicht seine Speise. Da erschrak er, prüfte sein Herz und bedachte womit er wohl könnte gesündigt haben, weil Gott also zürne, aber er wußte es nicht. Da aß und trank er nicht, warf sich nieder auf die Erde und betete Tag und Nacht. Und als er einmal in dem Walde so recht bitterlich weinte, hörte er ein Vöglein, das sang so schön und herrlich, da ward er noch betrübter und sprach »wie singst du so fröhlich! dir zürnt der Herr nicht: ach, wenn du mir sagen könntest womit ich ihn beleidigt habe, damit ich Buße täte, und mein Herz auch wieder fröhlich würde!« Da fing das Vöglein an zu sprechen und sagte »du hast unrecht getan, weil du einen armen Sünder verdammt hast, der zum Galgen geführt wurde, darum zürnt dir der Herr; er allein hält Gericht. Doch wenn du Buße tun und deine Sünde bereuen willst, so wird er dir verzeihen.« Da stand der Engel neben ihm und hatte einen trockenen Ast in der Hand und sprach »diesen trockenen Ast sollst du so lange tragen, bis drei grüne Zweige aus ihm hervorsprießen, aber Nachts, wenn du schlafen willst, sollst du ihn unter dein Haupt legen. Dein Brot sollst du dir an den Türen erbitten und in demselben Hause nicht länger als eine Nacht verweilen. Das ist die Buße, die dir der Herr auflegt.« Da nahm der Einsiedler das Stück Holz und ging in die Welt zurück, die er so lange nicht gesehen hatte. Er aß und trank nichts, als was man ihm an den Türen reichte; manche Bitte aber ward nicht gehört, und manche Türe blieb ihm verschlossen, also daß er oft ganze Tage lang keinen Krumen Brot bekam. Einmal war er vom Morgen bis Abend von Türe zu Türe gegangen, niemand hatte ihm etwas gegeben, niemand wollte ihn die Nacht beherbergen, da ging er hinaus in einen Wald, und fand endlich eine angebaute Höhle, und eine alte Frau saß darin. Da sprach er »gute Frau, behaltet mich diese Nacht in euerm Hause.« Aber sie antwortete »nein, ich darf nicht, wenn ich auch wollte. Ich habe drei Söhne, die sind bös und wild, wenn sie von ihrem Raubzug heim kommen und finden euch, so würden sie uns beide umbringen.« Da sprach der Einsiedler »laßt mich nur bleiben, sie werden euch und mir nichts tun,« und die Frau war mitleidig und ließ sich bewegen. Da legte sich der Mann unter die Treppe und das Stück Holz unter seinen Kopf. Wie die Alte das sah, fragte sie nach der Ursache, da erzählte er ihr daß er es zur Buße mit sich herum trage und Nachts zu einem Kissen brauche. Er habe den Herrn beleidigt, denn als er einen armen Sünder auf dem Gang nach dem Gericht gesehen, habe er gesagt diesem widerfahre sein Recht. Da fing die Frau an zu weinen und rief »ach, wenn der Herr ein einziges Wort also bestraft, wie wird es meinen[[Besitz]] Söhnen ergehen, wenn sie vor ihm im Gericht erscheinen.« Um Mitternacht kamen die Räuber heim, lärmten und tobten. Sie[[1]] zündeten ein Feuer an, und als das die Höhle erleuchtete und sie einen Mann unter der Treppe liegen sahen, gerieten sie in Zorn und schrien ihre Mutter an, »wer ist der Mann? haben wirs nicht verboten irgend jemand aufzunehmen?« Da sprach die Mutter »laßt ihn, es ist ein armer Sünder der seine Schuld büßt.« Die Räuber fragten »was hat er getan?« »Alter,« riefen sie, »erzähl uns deine Sünden.« Der Alte erhob sich und sagte ihnen wie er mit einem einzigen Wort schon so gesündigt habe, daß Gott ihm zürne, und er für diese Schuld jetzt büße. Den Räubern ward von seiner Erzählung das Herz so gewaltig gerührt, daß sie über ihr bisheriges Leben erschraken, in sich gingen und mit herzlicher Reue ihre Buße begannen. Der Einsiedler, nachdem er die drei Sünder bekehrt hatte, legte sich wieder zum Schlafe unter die Treppe. Am Morgen aber fand man ihn tot, und aus dem trocknen Holz, auf welchem sein Haupt lag, waren drei grüne Zweige hoch empor gewachsen. Also hatte ihn der Herr wieder in Gnaden zu sich aufgenommen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="7._Muttergottesgläschen" 7. Muttergottesgläschen. &&wt0 {{[Muttergottesgläschen]}} &&wt1 &&ax &&lg=x &&fe Es hatte einmal ein Fuhrmann seinen Karren, der mit Wein schwer beladen war, festgefahren, so daß er ihn trotz aller Mühe nicht wieder losbringen konnte. Nun kam gerade die Mutter Gottes des Weges daher, und als sie die Not des armen Mannes sah, sprach sie zu ihm »ich bin müd und durstig, gib mir ein Glas Wein, und ich will dir deinen Wagen frei machen.« »Gerne,« antwortete der Fuhrmann, »aber ich habe kein Glas, worin ich dir den Wein geben könnte.« Da brach die Mutter Gottes ein weißes Blümchen mit roten Streifen ab, das Feldwinde heißt und einem Glase sehr ähnlich sieht, und reichte es dem Fuhrmann. Er füllte es mit Wein, und die Mutter Gottes trank ihn, und in dem Augenblick ward der Wagen frei und der Fuhrmann konnte weiter fahren. Das Blümchen heißt noch immer Muttergottesgläschen. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="8._Das_alte_Mütterchen" 8. Das alte Mütterchen. &&ax &&lg=x &&fe Es war in einer großen Stadt ein altes Mütterchen, das saß Abends allein in seiner Kammer: es dachte so darüber nach wie es erst den Mann, dann die beiden Kinder, nach und nach alle Verwandte, endlich auch heute noch den letzten Freund verloren hätte und nun ganz allein und verlassen wäre. Da ward es in tiefstem Herzen traurig, und vor allem schwer war ihm der Verlust der beiden Söhne, daß es in seinem Schmerz Gott darüber anklagte. So saß es still und in sich versunken, als es auf einmal zur Frühkirche läuten hörte. Es wunderte sich daß es die ganze Nacht also in Leid durchwacht hätte, zündete seine Leuchte an und ging zur Kirche. Bei seiner Ankunft war sie schon erhellt, aber nicht, wie gewöhnlich, von Kerzen, sondern von einem dämmernden Licht. Sie[[1]] war auch schon angefüllt mit Menschen, und alle Plätze waren besetzt, und als das Mütterchen zu seinem gewöhnlichen Sitz kam, war er auch nicht mehr ledig, sondern die ganze Bank gedrängt voll. Und wie es die Leute ansah, so waren es lauter verstorbene Verwandten, die saßen da in ihren altmodischen Kleidern aber mit blassem Angesicht. Sie[[1]] sprachen auch nicht und sangen nicht, es ging aber ein leises Summen und Wehen durch die Kirche. Da stand eine Muhme {{[Muhme]}} auf, trat vor, und sprach zu dem Mütterlein »dort sieh nach dem Altar, da wirst du deine Söhne sehen.« Die Alte blickte hin und sah ihre beiden Kinder, der eine hing am Galgen, der andere war auf das Rad geflochten. Da sprach die Muhme »siehst du, so wär es ihnen ergangen, wären sie im Leben geblieben und hätte sie Gott nicht als unschuldige Kinder zu sich genommen.« Die Alte ging zitternd nach Haus und dankte Gott auf den Knieen daß er es besser mit ihr gemacht hätte als sie hätte begreifen können; und am dritten Tag legte sie sich und starb. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="9._Die_himmlische_Hochzeit" 9. Die himmlische Hochzeit. &&ax &&lg=x &&fe Es hörte einmal ein armer Bauernjunge in der Kirche wie der Pfarrer sprach »wer da will ins Himmelreich kommen, muß immer gerad aus gehen.« Da machte er sich auf, und ging immer zu, immer gerade ohne abzuweichen, über Berg und Tal. Endlich führte ihn sein Weg in eine große Stadt, und mitten in die Kirche, wo eben Gottesdienst gehalten wurde. Wie er nun all die Herrlichkeit sah, meinte er nun wäre er im Himmel angelangt, setzte sich hin und war von Herzen froh. Als der Gottesdienst vorbei war und der Küster ihn hinausgehen hieß, antwortete er »nein, ich gehe nicht wieder hinaus, ich bin froh daß ich endlich im Himmel bin.« Da ging der Küster zum Pfarrer und sagte ihm es wäre ein Kind in der Kirche, das wollte nicht wieder heraus, weil es glaubte es wäre im Himmelreich. Der Pfarrer sprach »wenn es das glaubt, so wollen wir es darin lassen.« Darauf ging er hin und fragte ob es auch Lust hätte zu arbeiten. »Ja,« antwortete der Kleine, ans Arbeiten wäre er gewöhnt, aber aus dem Himmel ginge er nicht wieder heraus. Nun blieb er in der Kirche, und als er sah wie die Leute zu dem Muttergottesbild mit dem Jesuskind, das aus Holz geschnitten war, kamen, knieten und beteten, dachte er »das ist der liebe Gott« und sprach »hör einmal, lieber Gott, was bist du mager! gewiss lassen dich die Leute hungern: ich will dir aber jeden Tag mein halbes Essen bringen.« Von nun an brachte er dem Bilde jeden Tag die Hälfte von seinem Essen, und das Bild fing auch an die Speise zu genießen. Wie ein paar Wochen herum waren, merkten die Leute daß das Bild zunahm, dick und stark ward, und wunderten sich sehr. Der Pfarrer konnt es auch nicht begreifen, blieb in der Kirche und ging dem Kleinen nach, da sah er wie der Knabe sein Brot mit der Mutter Gottes teilte und diese es auch annahm. Nach einiger Zeit wurde der Knabe krank und kam acht Tage lang nicht aus dem Bett; wie er aber wieder aufstehen konnte, war sein erstes daß er seine Speise der Mutter Gottes brachte. Der Pfarrer ging ihm nach und hörte wie er sprach »lieber Gott, nimms nicht übel, daß ich dir so lange nichts gebracht habe: ich war aber krank und konnte nicht aufstehen.« Da antwortete ihm das Bild und sprach »ich habe deinen guten Willen gesehen, das ist mir genug; nächsten Sonntag sollst du mit mir auf die Hochzeit kommen.« Der Knabe freute sich darüber und sagte es dem Pfarrer, der bat ihn hinzugehen und das Bild zu fragen ob er auch dürfte mitkommen. »Nein,« antwortete das Bild, »du allein.« Der Pfarrer wollte ihn erst vorbereiten und ihm das Abendmahl geben, das war der Knabe zufrieden; und nächsten Sonntag, wie das Abendmahl an ihn kam, fiel er um, und war tot und war zur ewigen Hochzeit. &&x &&ns &&am &&lg=0 &&fa &&g="10._Die_Haselrute" 10. Die Haselrute. &&ax &&lg=x &&fe Eines Nachmittags hatte sich das Christkind in sein Wiegenbett gelegt und war eingeschlafen, da trat seine Mutter heran, sah es voll Freude an und sprach »hast du dich schlafen gelegt, mein Kind? schlaf sanft, ich will derweil in den Wald gehen und eine Handvoll Erdbeeren für dich holen; ich weiß wohl, du freust dich darüber, wenn du aufgewacht bist.« Draußen im Wald fand sie einen Platz mit den schönsten Erdbeeren, als sie sich aber herabbückt um eine zu brechen, so springt aus dem Gras eine Natter in die Höhe. Sie[[1]] erschrickt, läßt die Beere stehen und eilt hinweg. Die Natter schießt ihr nach, aber die Mutter Gottes, das könnt ihr denken, weiß guten Rat, sie versteckt sich hinter eine Haselstaude und bleibt da stehen, bis die Natter sich wieder verkrochen hat. Sie[[1]] sammelt dann die Beeren, und als sie sich auf den Heimweg macht, spricht sie »wie die Haselstaude diesmal mein Schutz gewesen ist, so soll sie es auch in Zukunft andern Menschen sein.« Darum ist seit den ältesten Zeiten ein grüner Haselzweig gegen Nattern, Schlangen und was sonst auf der Erde kriecht, der sicherste Schutz. &&am Göttingen, Druck der Dieterich'schen Buchdruckerei. (W. Fr. Kästner.)